Einigen
Meinungsführern liegt besonders daran, den Menschen und seine Zivilisation
schlechtzureden, um stattdessen die Natur zu idealisieren. Dieser Megatrend
beeinflusst zwischenzeitlich alles, von der Erziehung bis zur Ernährung.
Wer für die prinzipielle Überlegenheit natürlicher Ernährung plädiert sollte
dabei aber nicht vergessen, dass selbst seine als „natürlich“ angepriesenen
Kulturpflanzen schon durch einen jahrhundertelagen von Menschen vorangetriebenen
Züchtungsprozess geformt wurden. Darüber hinaus kann man sich bekanntlich auch
mit rein natürlichen Produkten äußerst schnell vergiften oder grundfalsch
ernähren. Die Natur enthält eben nicht nur Gesundes, sondern ebenso auch
absolut Tödliches.
Die dem Menschen moralisch überlegene Natur wird gelegentlich auch mit dem
Hinweis auf das vorgeblich hemmungslose Töten des Menschen veranschaulicht.
Tiere dagegen seien deutlich friedlicher und würden ihre Artgenossen generell
verschonen, ist dann zu hören. In der Realität entpuppt sich diese These
schnell als Illusion. Viele Hauskatzen lieben es beispielsweise Mäuse und
kleine Vögel zu quälen und zu töten; auch wenn sie keinerlei Absicht haben
diese hinterher zu verspeisen. Ganz ähnlich wie die Tiere töten die Menschen
Artgenossen nur äußerst selten vollkommen grundlos. Beide morden zumeist weil
sie sich bedroht fühlen, unter Einfluss von Stress, aus Konkurrenz oder
Revierschutz.
Ein weiteres, sorgsam gepflegtes Vorurteil lautet: Wenn die Welt durch Kinder
regiert würde, wäre alles friedlich und schön. Fast könnte man vermuten, eine
solch idealistische Aussage müsse von vor allem von kinderlosen Akademikern
kommen. Wer einige Zeit im Kindergarten oder der Schule gearbeitet hat, merkt
schnell, dass Kinder lieb und mitfühlend sein können aber auch rücksichtslos
und grausam. Natürlich spielen dabei die Umwelt und die Erziehung immer eine
gewisse Rolle. Andererseits ist die Tendenz zum Bösen immer schon in jedem Kind
angelegt.
Christen idealisieren die Natur nicht, weil sie wissen, dass sich die ganze
Welt nicht mehr in dem von Gott kreierten Idealzustand befindet, sondern von
einer systematischen Gottlosigkeit und Destruktion betroffen ist. Dazu zählen
auch die zerstörerischen und gewalttätigen Aspekte der Natur. Allein der Mensch
aber ist von Gott in die Lage versetzt worden, zwischen Richtig und Falsch
unterscheiden zu können und sich dann für die gute Ordnung Gottes zu
entscheiden.
Paulus: „Ich bin nämlich überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit
nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden
soll. Denn die Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne
Gottes. Gewiss, die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen, nicht aus
eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat, auf Hoffnung hin:
21 Denn auch sie, die Schöpfung, soll von der Knechtschaft der Vergänglichkeit
befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir
wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in
Geburtswehen liegt.“ (Römer 8, 18-22) Michael Kotsch FB