Ein sehr empfehlenswerter Vortrag von Dr. Clemens Hägele vom Albrecht-Bengel-Haus zur Frage der Segnung/Trauung für gleichgeschlechtliche Paare
Ich stimme ihm zu: Es ist noch nicht alles gesagt.
Ein paar Notizen aus dem Vortrag: Bei Kontroversen von gemeinsamen Überzeugungen ausgehen!
1. Das Liebesgebot hat mit Segnung/Trauung gleichgeschlechtlicher Paare nichts zu tun. Trauung Heterosexueller ist schließlich auch kein Ausdruck von Liebe der Gemeinde oder des Traupfarrers.
2. Nicht nur die Schöpfung sprechen lassen, sondern den Schöpfer. Die Schöpfung für sich kann keine ethische Orientierung geben (vs. „es sind doch alle geschaffen“).
3. Das Wort Gottes und die Bibel: Lassen wir die Bibel nur sprechen, wenn sie auf unserer Linie liegt? Wenn ja, kann die Bibel nie (!) Autorität sein. Das Widerborstige nicht glattbügeln!
4. Wussten die biblischen Autoren nichts von gleichberechtigter Homosexualität? Das ist historisch falsch, aber um so zu argumentieren, muss man Bezug auf historische Forschung nehmen, die der Laie nicht nachvollziehen kann. Man kann auch ohne diesen historischen Bezug argumentieren: Kannten die biblischen Autoren nur die unterdrückerische Praxis der H.? Wenn das eigentliche Anliegen des Paulus die unterdrückerische H. gemeint hätte, hätte er das zum Ausdruck bringen können. Auch sonst unterscheidet Paulus die Sache an sich und ihr verkehrter Umgang (z. B. Ehe, Abendmahl)
5. Das „Wurstsalat-Argument“: Wenn man praktizierte Homosexualität und die „‚Ehe‘ für alle“ ablehnt, solle man der Bibel dann konsequenterweise immer in ihren Anweisungen folgen und z. B. keinen schwäbischen Wurstsalat essen (weil er Blutwurst enthält). Daher: Entweder alles befolgen oder vernünftige zeitgemäße Kriterien anlegen. Aber: Die Bibel selbst macht Unterschiede, und macht klar, dass z. B. bestimmte Speisegebote im neuen Bund nicht mehr gelten.
6. Oft ist die Exegese (unter professionellen Exegeten) wenig umstritten, aber es wird nicht akzeptiert, was der Text sagt.
7. Die Selbständigkeit der Kirche. Die Kirche ist nicht an den Staat gebunden; das wird auch im Gesetz zur „‚Ehe‘ für alle“ ausdrücklich festgestellt. „Diskriminierung“ ist Ungleichbehandlung von Gleichem, Ablehnung der „Efa“ ist nicht diskriminierend. Die neue Definition von „Ehe“ (dauerhaft Verantwortung übernehmen, Verlässlichkeit, Verbindlichkeit etc.) beschreibt „Ehe“ nicht vollständig (sondern nur Sekundärtugenden) und ist nicht spezifisch für die Ehe, nicht einmal für Zweierbeziehungen. Polyamorie und Geschwisterehen wären nicht ausgeschlossen. Ein fester Ehebegriff geht durch die neue „Definition“ verloren.
8. Das Bekenntnis der Kirche. Bekenntnisschriften sagen nichts zur Ehe gleichgeschlechtlicher Paare. Das ist aber kein Argument, denn sie äußern sich klar zur Ehe.
Zum Gegenargument, die Bekenntnisschriften seien doch schon 500 Jahre alt: Alter ist jedoch kein Argument. Man wendet dieses Scheinargument auch nicht auf andere Themen an.
Luther: Ehe sei „ein weltlich Ding“ (korrekt: „weltlich Geschäft“). Das ist aber nur halb zitiert, er führt ausführlich aus, dass die Ehe von Mann und Frau auch ein göttlicher Stand ist, also ein von Gott geschaffener und gewollter Stand. „Weltlich“ heißt bei Luther, dass es für die ganze Welt gilt.
Wie dürfen die Ehe nicht einfach neu definieren.
9. Die Einheit der Kirche. Die weltweite Kirche wird durch dieses Thema belastet.
10. Plausibilität. Welche andere Wege sollen Gemeinden gehen, wenn man sog. „Regenbogengemeinden“ ablehnt? Im Vertrauen auf Gottes Fürsorge kann man auch Wege gehen, die nicht plausibel erscheinen.
Reinhard Junker