Gott ist unkaputtbar — eine Buchkritik

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Wer ein Buch als Vorwort zu einer Trilogie von Trilogien schreibt, muss etwas ganz Gewichtiges auf dem Herzen haben. Christian A. Schwarz liefert mit seinem Buch Gott ist unkaputtbar (2020, Gerth Medien) einen Teaser zu insgesamt neun (!) Büchern, die er in den nächsten Jahren veröffentlichen will. Mit seinem Institut für Natürliche Gemeindeentwicklung (NGE) hat sich Schwarz im deutschsprachigen Raum viel Anerkennung bei Pastoren und Kirchgemeinden erworben. Mit seinem neuen Grossprojekt will er uns in ein “neues Christentum” begleiten. Grund genug, “Unkaputtbar” zu Gemüte zu führen.

Beim Lesen von Unkaputtbar erlebe ich ein ständiges Wechselbad der Gefühle. Einen Moment finde ich mich innerlich nickend und staunend über wertvolle Einsichten und Weisheiten zu christlicher Gemeinde und Glauben. Wenige Sätze oder Worte später frage ich mich perplex, was Schwarz wirklich meint oder muss kopfschüttelnd feststellen, wie fremd das “neue Christentum” für mich ist, welches er uns präsentiert. Eines muss ich Schwarz lassen: Er hat den wohl coolsten Buchtitel im deutschen Raum seit Jahren gefunden!

Der Mehrwert liegt im Nicht-theologischen Bereich

Einige Kapitel im Buch sind nicht so explizit theologisch ausgerichtet. Diese sind mitunter richtig gut. Sie zeigen die gesammelten Erfahrungen von Schwarz in seiner Beratung von Gemeinden, und sollten von Leitern in christlichen Organisationen und Kirchgemeinden studiert werden!

Insbesondere das Kapitel “Führung neu definieren” formuliert unabdingbare Leitungs-Prinzipien, welche ungesunden, manipulierenden und missbräuchlichen Entwicklungen vorbeugen oder diese ausrotten helfen. Übergriffe verschiedenster Art finden, so Schwarz, fast immer in Kontexten statt, die durch ein klar erkennbares Muster gekennzeichnet sind: “Ein Leiter, dem es nicht gelingt — oder dem es überhaupt kein Anliegen ist -, die eigene Macht darauf zu konzentrieren, andere Menschen zu bevollmächtigen.” Die Kunst der Bevollmächtigung ist “ein Mittel gegen emotionalen, geistlichen und körperlichen Missbrauch”. (Seite 30)

Das Kapitel über die “10/90 Realität” zeigt, wie wichtig es ist, Menschen in Kirchenzu befähigen für ihren Dienst ausserhalb der Kirche. Das empfinde auch ich als sehr wichtig.

Die Betonung in Kapitel 12 eines Prozesses fortlaufenden geistlichen und persönlichen Wachstums ist angebracht, auch wenn ich mich da weniger optimistisch fühle wie Schwarz. Ich erlebe in jahrzehntelanger Seelsorge, wie Menschen alle möglichen Ideen, Prinzipien und Praktiken anwenden, um im Leben und Glauben zu wachsen. Sie erfahren dabei reale Veränderung! Dann kommt ein ungewöhnlich grosser Druck auf sie, und sie fallen in die Muster zurück, die sie noch vor vielen Jahren auslebten. Es gibt selbstverständlich Ausnahmen. Ich frage mich immer mal wieder, wie viel Veränderung Menschen erfahren können. Deshalb mag ich Ansätze, welche auch mit dem Nicht-Wachstum von Christen zurecht kommen, ohne dass dabei unreifes oder sündhaftes Verhalten gutgeheissen oder gerechtfertigt würde.

Theologische Einsichten

Die mehr auf Theologie ausgerichteten Kapitel und Teile führen uns zu den spannenden und kontroversen Elementen des Buches. Ich versuche hier zusammenzufassen, was meine Aufmerksamkeit erregt hat.

Das Konzept der “Energie Gottes” hat seit der Veröffentlichung von Unkaputtbar Interesse und auch Widerspruch geweckt. Schwarz lokalisiert diese Theologie in der Bibel. Inspiriert ist er dabei von der Ostkirche, welche sich im ersten Jahrtausend von der Westkirche getrennt hat. Hier schlummern, so Schwarz, theologische Schätze, welche uns “im Westen” abhanden gekommen seien und uns helfen, den Weg ins “Christentum 3.0” zu finden.

Die Energie Gottes bildet gemäss Schwarz sozusagen ein gemeinsames metaphysisches Fundament, das Christen mit Nichtchristen aller Art verbindet. Auf dieser Grundlage soll es möglich sein, gemeinsame Lernprozesse und spirituelle Erlebnisse zu ermöglichen, denn die Energie ist…

… ein Schlüssel zu geistlichen Interaktionen zwischen Christen und Nichtchristen. Das Energieparadigma ermöglicht beiden Gruppen, sich auf neue Formen der Kommunikation einzulassen. Es bietet eine Grundlage, um gemeinsame spirituelle Erfahrungen zu erkunden. (Seite 66)

Sogar mit Atheisten sollen neue Kommunikationsoptionen und spirituelle Erlebnisse möglich sein. Diese führen zur Überwindung von destruktiven “Wir/Ihr” Unterscheidungen. Aber es müssen Atheisten der nicht-fundamentalistischen Variante sein! Denn: Mit fundamentalistischen Atheisten kann man nicht gemeinsam lernen. Auch nicht mit fundamentalistischen Christen. Überhaupt: fundamentalistische Tendenzen gehören für Schwarz wohl zu den grössten Sünden, welche Menschen begehen können und gehören klar “ausgetrocknet” (ein emotionales Wort im Titel von Kapitel 9). Schwarz hat diesbezüglich so etwas wie eine Nulltoleranz, auch wenn er fairerweise im eigenen Leben das Potential von Fundamentalismus ahnt:

Wenn ich mich mit Fundamentalismus beschäftige, dann habe ich es nicht mit Menschen in einem anderen ‘Camp’ zu tun, sondern ich beschäftige mich mit Realitäten in mir selbst (Seite 118)

Das Thema “Fundamentalismus” zieht sich durch das ganze Buch und wird als eine der grössten Übel dargestellt. Dies kommt sicher bei vielen Lesern gut an. Schwarz geht auf klare Distanz zu Christen, die zu sehr fundamentalistisch ticken. Lieber assoziiert er sich mit nicht-fundamentalistischen Agnostikern und Atheisten (z.B. Seiten 94–95) oder mit der “mündig gewordenen Welt”, welche der “unmündigen Christenheit” viel beizubringen hat (Seiten 26–27).

Um derartige Lernprozesse zu durchlaufen, muss gemäss Schwarz binäres Denken überwunden werden. Binäres “entweder-oder”-Denken hindert uns, bestimmte für unsere Zeit wichtige Wesenszüge von Gott zu erkennen. Zum Beispiel soll “er” nicht nur “personal”, sondern auch “transpersonal” sein. Dies merkt oder erkennt man aber erst, wenn man binäres Denken ablegt.

Weiter müssen dazu antiquierte Ideen über den Widerspruch von Glaube und Wissenschaft abgelegt werden. Glaube hat mehrheitlich mit Dingen zu tun, welche jenseits der Reichweite der Wissenschaft sind (transempirische Sachen). Umgekehrt soll Wissenschaft eine verlässliche Informationsquelle sein für Dinge, die empirisch zugänglich sind und über die der Glaube infolgedessen nicht so viel zu sagen hat.

Schwarz begründet seine Erkenntnisse oder Aussagen immer wieder in Bezug auf zwei Autoritäten, welche im Buch wiederholt in Anspruch genommen werden: Dietrich Bonhoeffer und seine Datenbank mit empirischen Informationen aus 75’000 Gemeinden und über 2 Millionen Christen. So gerüstet, möchte Schwarz Wege aufzeigen, welche die Christenheit aus dessen angeblicher Relevanzkrise führen können.

Meine Fragen

Es ist keine Frage für mich, dass Christian Schwarz ein grosses Anliegen für die Zukunft der Christenheit hat! Dafür hat er sein Denken, Schaffen und Leben hingegeben und tut es weiterhin. Schwarz muss dafür gewürdigt werden. Immer wieder “poppen” mir beim Lesen wichtige und weise Aussagen auf. Doch insgesamt bleiben mir viele Fragen offen und Dinge, die ich anders sehe. Wenn ich in diesem Kapitel vor allem diese Elemente beleuchte, will ich damit die vielen wirklich guten Aussagen im Buch nicht in den Schatten stellen — auch jene nicht, die ich in diesem Text gar nicht erwähne.

Energie Gottes

Sein erstes weiterführendes Buch thematisiert die “Energie Gottes” und ist zu einem satten Preis im Buchhandel erhältlich. Ich freue mich darauf, es bald zu lesen. Vielleicht beantwortet Schwarz dort folgende Frage: Gibt es einen Zusammenhang von dem, was er “transpersonale Energie Gottes” nennt, mit dem, was wir in der westlichen Kirche die “erhaltende Kraft” Gottes nennen?

In der westlichen Kirche redet man ungefähr so: Gott allein hat die Eigenschaft, aus eigener Kraft existieren zu können. Alles andere besitzt diese Eigenschaft nicht, und muss deshalb von Gott in Existenz erhalten sein. Wenn Gott irgendwo in der Welt diese erhaltende Energie zurückziehen würde, wäre diese Gegend des Universums sofort im absoluten Nichts aufgelöst. Angenommen, dieses Gottesbild ist einigermassen wahr, ist es auch wahr, dass alle Menschen diese Energie erleben, egal welcher Religion sie angehören. Überhaupt “erlebt” alles, was erschaffen ist, diese erhaltende Kraft Gottes — Bäume, Sterne, Naturkräfte, etc. Meint Schwarz diese Kraft/Energie? Wenn ja, wäre die Energie-Theologie von Schwarz nicht so neu oder revolutionär, wie er zu glauben meint.

Aber ganz abgesehen von der Antwort auf obige Frage, beschäftigt mich etwas anderes viel mehr. Warum soll die Erkenntnis nötig sein, dass eine sinnlich nicht erfahrbare, aber universell vorhandene Kraft/Energie existiert, um gemeinsame Lernprozesse von Menschen verschiedener Religionen zu ermöglichen? Für trans-religiöse Lernprozesse braucht es aus meiner Sicht nicht so etwas wie eine “energetische kosmische Hintergrundstrahlung”, sondern ein universelles Menschenbild, das die Begegnung von Menschen unterschiedlicher Religionen möglich macht. Dieses Menschenbild finden wir gemäss der jüdisch-christlichen Weltanschauung in der Gottes-Ebenbildlichkeit jedes Menschen (vgl. 1. Mose 1:26). Insgesamt habe ich mich beim Lesen ständig gefragt, ob Schwarz mit der ‘Energie Gottes’ wirklich etwas Neues bringt oder ob ich einfach noch nicht verstanden habe, was er meint.

Ich hinterfrage auch den Wert der angeblichen spirituellen Erfahrung von Menschen anderer Religionen, die aufgrund der Energie Gottes möglich sein soll. Nichtchristen sind gemäss Schwarz…

… aufgeschlossen, ein Gottesbild in nicht-personalen Kategorien (z.B. einer aktiven Kraft, einem leitenden Prinzip oder einer schöpferischen Energie) zu erkunden, auch wenn sie selbst andere Begriffe als “Gott” benutzen würden, um diese Realität zu beschreiben. (Seite 68)

Fast jede Woche bin ich mit nichtchristlichen Freunden und Menschen im Gespräch über religiöse Dinge. Nicht wenige sind begeistert von der Idee einer nichtpersonalen göttlichen Kraft und Anwesenheit. Aber sobald ich mit dem personalen “Teil” Gottes (= Jesus) komme, winken sie ab. Sie wollen aus verschiedensten Gründen etwas Göttliches, das ausschliesslich transpersonal, oder besser gesagt unpersonal ist.

Was bringt es, wenn die Menschen nur das Trans- oder Unpersonale wollen und das Personale bewusst ablehnen? Aus meiner Sicht nicht sonderlich viel, weil sie damit bewusst oder unbewusst Jesus Christus ablehnen. Ich meine, es kann sogar kontraproduktiv sein, wenn eine angeblich gemeinsame spirituelle Erfahrung als genügend verstanden wird. Ein “spiritueller Fortschritt” hin zum personalen Gott der Bibel würde dann als unnötig betrachtet werden. Dies wäre aus christlicher Sicht mehr als nur schade. Es wäre ein “Fortschritt” am Zentrum des christlichen Glaubens vorbei. Es droht ein christusfreies Christentum. Schwarz muss uns zeigen, wie spirituelle Erfahrungen aufgrund der universell erfahrbaren Energie Gottes zu einer Hinführung zu Christus beitragen können.

Fundamentalismus

Bei diesem Thema empfinde ich Schwarz beim Lesen weniger interessant, dafür umso frustrierender. Zwei Gründe dafür. Erstens fehlt mir eine saubere Definition davon, was Fundamentalismus aus seiner Sicht genau ist. Zweitens grenzen seine Aussagen an ein “Fundi Bashing”, was für sich wiederum einem ganz eigenen Fundamentalismus nahekommt. Damit baut der, der behauptet, er wolle “Wir/Ihr” Unterschiede abbauen, schon fast wieder so etwas wie ein “Wir alle” gegen “Ihr Fundamentalisten” auf. Zum Beispiel zeichnet er Gruppen mit positiven Eigenschaften und fundamentalistische Gruppen als deren Gegner (starkes Wort, siehe z.B. Seiten 97 und 99 ). Ich weiss, dass Schwarz die fundamentalistischen Tendenzen nicht primär als Eigenschaften bestimmter Gruppen sehen will, sondern als Tendenzen in jedem Mensch. Trotzdem: Schwarz mag “Fundis” partout nicht leiden. Und es scheint eines seiner primären Ziele zu sein, eine Religion zu beschreiben, die frei von “Fundamentalismus” ist.

Weil ich keine klare Definition fand, habe ich verschiedene Merkmale zusammengetragen, die Schwarz mit Fundamentalismus in Verbindung bringt:

  • Bekehren wollen, damit die anderen so sind wie ich selbst bin (Seite 87).
  • Menschen hindern, in ihrer Freiheit, Mündigkeit und Verantwortung zu wachsen (Seite 97).
  • Fundamentalismus als eine Brille, welche vorbestimmt, wie wir die Welt deuten und sogar die Bibel lesen (Seite 111).
  • Ein Hauptmerkmal von fundamentalistischen Tendenzen ist “binäres Denken” (Seiten 111 und 112).
  • Es beinhaltet autoritäre Führung, von Mitarbeitern fordern statt sie zu fördern, gesetzliches Klima, statisches Denken, Fokus auf Kontrolle (Seite 115).

So wie Schwarz es beschreibt, ist das alles wirklich sehr negativ. Kein Wunder, dass er Fundamentalismus wiederholt als etwas bezeichnet, das geheilt werden muss — also so etwas wie eine Krankheit.

Ich hatte beim Lesen ständig den Verdacht, dass Schwarz mich als jemand mit starken fundamentalistischen Tendenzen sehen würde, weil ich in theologischen Belangen doch in so Vielem nicht einverstanden bin mit ihm. Nicht einverstanden bin ich zum Beispiel mit seiner Unterscheidung von “binärem Denken” im Kontrast zu “komplementärem Denken” — also ausgerechnet etwas, was er als Schlüssel zur Überwindung von Fundamentalismus betrachtet. Diese Unterscheidung halte ich für nicht durchdacht. Komplementäres Denken brauchen wir tatsächlich, aber das komplementäre Denken ruht selbst auf der Grundlage von binärem Denken. Schwarz kann “binäres Denken” nur zugunsten von “komplementärem Denken” ablegen, indem er ‘binäres Denken’ ablehnt, was selbst ein Akt von “binärem Denken” ist. “Nicht-binäres Denken” ist erkenntnistheoretisch also selbstwiderlegend und jeder Versuch, “binäres Denken” aus der Welt zu schaffen, ist zum Scheitern verurteilt.

Ich sehe mich also als jemand, der binär denkt. Dies macht mich gemäss der Beschreibung von Schwarz zu einem ziemlich fundamentalistischen Menschen. Will ich deshalb, dass die Menschen sich zum Christentum bekehren, einfach nur, damit sie gleich sind wie ich? Keinesfalls! Hindere ich die Menschen meiner Gemeinde deshalb auch in ihrem Wachstum, ihrer Entwicklung in die Mündigkeit? Man müsste sie mal fragen! Ist mein Denken unbeweglich und statisch, weil ich mich nicht auf seine neue Art von Christentum einlasse? Nun ja, ich hoffe nicht… Muss ich meine mentale Beweglichkeit beweisen, indem ich Glaubensüberzeugungen annehme, die ich bisher für falsch angesehen habe? Hoffentlich nicht!

Interessant finde ich, dass Schwarz nirgends über die Geschichte der Entwicklung von “Fundamentalismus” zu reden scheint. Vor ca. 100 Jahren war der Begriff die Selbstbezeichnung einer Bewegung konservativer Theologen. Diese wollten feststellen, was ihrer Meinung nach die “Fundamente” des christlichen Glaubens sind. Das wären also jene Überzeugungen oder Wahrheiten, die dermassen wesentlich sind, dass man sie nicht aufgeben kann, ohne gleichzeitig das Christentum aufzugeben. Das wäre ein “theologisch-philosophischer Fundamentalismus”. Diese Art von Fundamentalismus finden wir meiner Meinung nach überall, und zwar zurecht. Auch das liberale Christentum hat eine Sicht davon, was unaufgebbare und grundlegende Überzeugungen sind. Sowohl der Soft-Atheismus als auch der aggressive, laute Atheismus haben derartige Grundüberzeugungen. Ich glaube, so definiert sind alle Ideologien oder Weltanschauungen letztendlich auch “fundamentalistisch”.

Meine Vermutung ist, dass Schwarz den Fundamentalismus eher als eine Art “soziologischen Fundamentalismus” sieht. Ich ahne aber, dass er eine grössere Anzahl theologisch-philosophischer Überzeugungen sieht, welche seiner Meinung nach “sozialen Fundamentalismus” fördern. Das mit dem “binären Denken”, welches eine erkenntnistheoretische Überzeugung ist, wäre so etwas. Es wäre hilfreich zu sehen, welche anderen Glaubensüberzeugungen er als Fundamentalismus-förderlich sieht (im Sinne eines “soziologischen Fundamentalismus”).

Persönlich denke ich: Eben gerade weil ich gewisse wichtige theologische Überzeugungen für zutiefst wahr halte, sind mir Grenzen gesetzt in meinem Umgang mit Menschen allgemein und mit Menschen anderer Religionen konkret. Beispielsweise ist es mir, gerade weil ich zutiefst an den Gott der Bibel glaube und mich an der jüdisch-christlichen Weltanschauung orientiere, verwehrt, Menschen zu manipulieren. Gerade deshalb ist es mir verboten, sie bekehren zu wollen, einfach nur, damit sie so sind wie ich. Diese Art “theologisch-philosophischer Fundamentalismus” schützt mich also vor einem “soziologischen Fundamentalismus”.

Die Frage, vor der wir stehen, ist diese: Welche Variante von “theologisch-philosophischem Fundamentalismus” brauchen wir, um “soziologischen Fundamentalismus” zu verhindern? Die Definitions-Ungenauigkeit von Schwarz führt zu frustrierender Konfusion zwischen diesen Kategorien und damit zu einer pauschalen Verurteilung von Fundamentalismus, welche ich als unfair und potentiell gefährlich erachte.

Wissenschaft und Glaube

Im Kapitel 10 bringt Schwarz viel Gutes. Es gibt tatsächlich die von ihm genannten Kategorie-Fehler: Die Bibel ist nun mal nicht primär ein auf naturwissenschaftliche Präzision bedachtetes Buch und auch die Wissenschaft muss ihre Grenzen kennen. Wir müssen auch aufpassen, Gott nicht als ‘Lückenbüsser-Gott’ zu verstehen, um alles zu erklären, was die Wissenschaft bis jetzt nicht erklären konnte. Und es stimmt: Rationalität (nicht mit Rationalismus zu verwechseln) ist auch ein Kennzeichnen mündigen Glaubens.

Trotz viel Gutem empfand ich dieses Kapitel aber als eines der schwächsten des Buches. Dass der Glaube keinen Einfluss haben soll auf die Forschungsmethodik (Seite 132) halte ich für falsch. Wissenschaftliche Interpretation von Daten ist aus meiner Sicht mehr geprägt von weltanschaulichen Grundannahmen, als Schwarz wahrhaben will. Das gilt auch für seine Interpretation seiner grossen und empirischen Datenbank über christliche Gemeinden. Es ist nun mal so: Der Glaube will und muss eine metaphysische Grundperspektive definieren, von der aus wissenschaftliche Daten verstanden werden können. Dies gilt sowohl für den christlichen Glauben, als auch für den atheistischen oder buddhistischen (etc.) Glauben.

Alvin Plantinga hat schon vor Jahrzehnten dazu aufgerufen, Wissenschaft aller Art zu betreiben, selbstbewusst ausgehend von der Annahme des Theismus (hier eine Übersetzung des Artikels ins Deutsche). Wichtig ist aus meiner Sicht nicht, eine weltanschaulich neutrale Wissenschaft zu haben (eine Unmöglichkeit), sondern sich der eigenen weltanschaulichen Voraussetzungen bewusst zu sein und diese offenzulegen.

Es stimmt natürlich, dass in bestimmten Wissenschaftsbereichen der weltanschauliche Hintergrund weniger einflussreich ist als in anderen. Doch sobald es zum Beispiel in die Humanwissenschaften geht, werden anthropologische Grundannahmen enorm einflussreich sein, und Anthropologie (die Lehre des Menschen) ist eine zutiefst weltanschaulich bestimmte Grösse.

In der Tabelle auf S. 127 macht Schwarz Aufteilungen, die viel zu vereinfacht sind und deshalb falsche Kontraste implizieren. In der einen Hälfte beschreibt er die Merkmale der empirischen Wirklichkeit (immanent, kausal, erklärbar, beweisbar etc). Hier sei die “Wissenschaft” allein (oder primär) zuständig. In der anderen Hälfte befindet sich die transempirische Wirklichkeit (transzendent, teleologisch, Bedeutungen der Dinge, etc.). Hier darf der Glaube sein, wo es keine Beweisbarkeiten gibt, sondern nur Möglichkeiten. Ich zitiere aus einem Brief eines Freundes, der dieses Kapitel las. Er arbeitet zur Zeit an seiner Doktorarbeit in Wissenschaftstheorie und zieht folgendes Fazit: “Die Aufteilung hätte er gerne so. Die Grenzen verlaufen aber anders. Kausalität gibt es auf beiden Seiten, Theologie vielleicht auch, oder vielleicht auf gar keiner (wenn die transzendente Ebene impersonal ist!)… Physik und Metaphysik so aufzuteilen, ist ein weiteres Symptom seiner unreflektierten Wissenschaftsphilosophie. Keine Physik kommt letztlich ohne Metaphysik aus (ausser vielleicht die Kopenhagener „Shut up and calculate“ Quantenphysiker)

Könnte es sein, dass Schwarz selbst verhaftet ist in althergebrachten Zusammenhängen von Glaube und Wissenschaft?

Verbundenheit mit allem Möglichen, ausser mit ‘fundamentalistischen Christen’

Christian Schwarz berät über sein Institut weltweit viele Gemeinden, Pastoren und und Christen, die ähnlich ticken wie ich. Er geht aber — so scheint mir — auf deutliche Distanz zu vielen von ihnen. Unser “Christentum 2.0” ist gemäss Schwarz so sehr in Schieflage und dermassen irrelevant, dass wir (s)eine Version 3.0 brauchen. Nicht 2.1 oder 2.2, sondern eine signifikant andere Version, also 3.0:

Dieses Buch handelt von einer neuen Form des Christentums (Seite 13)

Ich bin einverstanden mit Schwarz, dass im 2.0 nicht alles gut läuft. Ich bin ebenso einverstanden, dass wir von anderen Phasen der Christenheit etliches oder gar vieles lernen können oder sogar müssen. Es wäre arrogant zu denken, wir müssten das nicht tun. Aber es ist ebenso arrogant zu behaupten, dass 2.0 dermassen schief liegt, dass wir 2.0 de facto ganz über Bord werfen müssen? Ich bin einfach skeptisch, wenn jemand daher kommt und vereinfacht gesagt “ein nahezu ganz anderes Paradigma” bringen will. Im Fall von Schwarz umso mehr, weil er — so kommt es jedenfalls bei mir an — für eine Form von Christentum plädiert, in der die Verbindlichkeiten entlang einer völlig neuen Linie verlaufen: Der Linie zwischen stark fundamentalistischen Gläubigen (aller Religionen?) und von Fundamentalismus mehr von weniger geheilten Gläubigen (aller Religionen?).

Vielleicht verstehe ich Schwarz falsch oder bin … eben einfach zu fundamentalistisch. Aber ich halte mich gerne an das, wie Jesus seine Familie definiert hat und es von seinen Jüngern weitergetragen wurde:

All denen jedoch, die ihn aufnahmen und an seinen Namen glaubten, gab er das Recht, Gottes Kinder zu werden. (Joh 1:12)

Und er streckte die Hand aus über seine Jünger und sprach: Siehe da, das ist meine Mutter und das sind meine Brüder! Denn wer den Willen tut meines Vaters im Himmel, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter. (Mt 12:49–50)

Ihr Herren, was muss ich tun, dass ich gerettet werde? Sie sprachen: Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig! (Apg 16:30–31)

Ich liebe jeden Atheisten und jeden Menschen einer anderen Religion. Ich manipuliere niemanden, wenn ich ihnen von Jesus Christus erzähle. Aber ich kann mich nicht freuen, wenn sie eine spirituelle Erfahrung machen, welche nicht in einer glaubenden und gehorsamen Beziehung mit dem personalen Jesus Christus mündet! Ich liebe sie auch nachher, geniesse weiter das Gespräch, den Diskurs oder auch die echte Auseinandersetzung mit ihnen. Ich akzeptiere immer ihre Entscheidung. Aber mein Wunsch ist, dass sie Jesus so erleben dürfen, wie ich Jesus erlebt habe. Sie müssen nicht Christen werden, nur um so zu werden wie ich. Aber ich wünsche mir, dass sie Jesus erleben in der glaubenden und gehorsamen Beziehung mit ihm!

Familien halten zusammen, auch wenn disfunktionale Beziehungen vorhanden sind. Ich sehe in der Bibel die Nachbarschaft aller Menschen. Alle Menschen sind zueinander Nachbarn aufgrund der Tatsache, dass Gott der Schöpfer aller Menschen ist (z.B. Apg 17:28) und seine Ebenbildlichkeit in sie alle gelegt hat. So sollten alle Menschen zueinander auch respektvoll nachbarschaftlich umgehen. Aber Gott ist Vater derer, die an Christus glauben (Joh 1:12). In dieser Familie gibt es — dummerweise für Schwarz — einige “disfunktionale” Brüder und Schwester, die etwas mehr fundamentalistisch (wie auch immer definiert) unterwegs sind als andere, die da “mündiger” sind. Sie gehören durch ihren Glauben an Christus trotzdem zur Familie. Zu ihnen zu stehen mag nicht Allen einfach fallen. Aber tun sollten wir es trotzdem. Auf jeden Fall sollten wir unsere primäre, familiäre Verbindlichkeit mit Christus und mit ihnen sehen und nicht mit “mündigen” und sozial erträglicheren Personen, die sich nicht zu Christus bekennen. Letztere sind unsere Nachbarn, unsere Freunde, wir lieben sie! Aber sie gehören nicht zur Familie von Jesus, wenn sie nicht an Jesus Christus glauben. Damit habe ich vermutlich die “Wir/Ihr” Sünde begangen. Nun, Jesus und die ersten Jünger begingen sie (davon bin ich überzeugt) auch, dann bin ich ja in guter Gesellschaft.

Fazit

Schwarz behauptet, ein recht umfassend neues und anderes Christentum zu präsentieren. Mag er noch so erfahren und belesen sein — an diesem Anspruch ist schon so mancher gescheitert. Ja — Gott ist unkaputtbar. Menschliche Konzepte und Ideen jedoch vergehen. 

Auch meine Reflexionen über Unkaputtbar müssen provisorischen Charakter haben. Denn die drei Trilogien werden ja erst in den nächsten Jahren veröffentlicht. Wer weiss, vielleicht liest Christian Schwarz diesen Text und sieht, wie ein Typ wie ich seinen Teaser verstanden hat. Vielleicht kann er in seinen Büchern zeigen, wo und warum ich ihn missverstanden habe. Tausende von Seiten stehen ihm dafür zur Verfügung 🙂

Paul Bruderer
Jahrgang 1972, als Kind von Missionaren in Afrika aufgewachsen, 1998 Gründungsmitglied der erwecklichen ‹Godi›-Jugendarbeit in Frauenfeld. Seit 2001 Pastor in der Chrischona Gemeinde Frauenfeld. Paul lebt mit seiner Familie in Frauenfeld, Schweiz.
https://danieloption.ch/kultur/literatur/unkaputtbar/#comment-739


Christian A. Schwarz 2 Jahren ago

Reply

Lieber Paul, ganz herzlichen Dank für deine substanzielle Auseinandersetzung nicht nur mit dem Unkaputtbar-Buch, sondern auch mit dem dahinterstehenden Anliegen. Mir ging es darum, unter Christen Prozesse eines (vor allem, wenn auch nicht ausschließlich) “selbsthinterfragenden” Bemühens in Bewegung zu setzen bzw. da, wo diese Haltung bereits vorhanden ist, neue Impulse für diese Prozesse zu geben. Du bist nun einer derjenigen, die diese Herausforderung aufgenommen hat und dazu auch noch weiter führt. Das ist super! 

In deinem Text sind viele Kommentare, mit denen du bei mir offene Türen einrennst (weil ich die dahinter stehenden Anliegen nicht nur teile, sondern sie mit allen mir zur Verfügung stehenden Kräften befördern möchte), und solchen, bei denen ich mich entweder missverstanden fühle oder auch anderer Meinung bin (wobei das Zweitgenannte in der Christenheit ja auch nicht notwendigerweise etwas Böses ist). Gerade da, wo wir – Christian und Paul – anderer Meinung sind, können wir möglicherweise besonders viel voneinander lernen. 

Lass mich zunächst einige derjenigen Aspekte aufgreifen, bei denen ich meine Aussagen nicht adäquat wiedergegeben finde, d.h. wo wir (möglicherweise) dichter beieinander sind, als es beim Lesen deines Textes erscheint. Ich greife sieben Beispiele heraus:

1. “Fehlende Definition” von Fundamentalismus

Es ist doch gerade die Pointe des im Buch beschriebenen empirischen Verfahrens, sich das, was man dann am Ende als so etwas wie eine “Definition” sehen könnte, von empirischen Beobachtungen zeigen zu lassen. Ein a priori “definitorischer Ansatz” hätte, stark vereinfacht, etwa so laufen können: ICH lege eine theologisch deduzierte Definition von Fundamentalismus vor, die verschiedene Teilaspekte enthält, die dann in der Fragebogenentwicklung in Form von Items operationalisierbar gemacht würden. Vielleicht wären, von MEINER theologischen Haltung abhängig, dieser Aspekte durchgängig negativ, vielleicht auch durchgängig positiv. Dann würde ich Samples von Gemeinden, die nach diesen Kriterien unterschieden wurden, auf diese Kriterien hin untersuchen und freudestrahlend ein Ergebnis mit null Aussagekraft verkünden: “Fundamentalistische Gemeinden sind genau so” (nämlich so, wie ich es vorher in meiner “Definition” festgelegt habe, da die Definition natürlich die Kriterien der Auswahl des entsprechenden Samples bestimmt hätte). 

Um diese “circular logic” zu vermeiden, habe ich das im Buch dargestellte empirische Verfahren angewandt. Wiederum stark vereinfacht gesagt: Als erster Schritt beinhaltete dieser Ansatz, diejenigen Aspekte in unserem Datenpool als “typisch für Fundamentalismus” zu sehen, die statistisch am stärksten mit der Selbstbeschreibung “fundamentalistisch” korrelieren. Also keine von mir ausgedachte Definition, sondern ein Verständnis, das ich schlicht neugierig zur Kenntnis nahm! Dann folgten darauf noch einige weitere Schritte, die im Buch beschrieben werden, bis ein “Fundamentalismus-Index” gewonnen werden konnte, der sich auf unterschiedliche Gemeinden anwenden lässt – also weit über die genannte Selbsteinstufung hinausgeht.

2. Fundamentalismus – eine “Krankheit”?

Die Analyse dieser Daten führte u.a. zu der Erkenntnis, dass es durchaus adäquat ist, Fundamentalismus in Analogie zu einer “Krankheit” zu verstehen. Das habe ich mir ja gerade nicht so “ausgedacht”, indem ich etwa Fundamentalisms von vornherein als Krankheit “definiert” hätte, sondern das ergibt sich aus den Daten. In einer ausführlicheren und stärker theologisch reflektierenden Darstellung des Fundamentalismus-Phänomens im zweiten Band von “Gottes Energie” gehe ich auch auf positive Aspekte – also keinesfalls krankhafte – in dem ein, was ich in diesem Kontext (also primär auf das Gottesbild zielend) als “fundamentalistisches Gesamtpaket” bezeichne. Diese positiven Aspekte sind allerdings auch ohne fundamentalistisches Paradigma zu haben, ja, das fundamentalistische Paradigma behindert geradezu die Verwirklichung dieser Aspekte.

3. Fundi-bashing?

Die Rezension macht den Eindruck, als würde ich wildes “Fundi-bashing” betreiben. Das aber ist nicht der Fall. Ein “bashing” zeigt sich ja gerade in der Unwilligkeit (vielleicht auch Unfähigkeit), mit denen, von denen man sich “abgrenzt”, gemeinsam an einem erkannten Problem unterstützend zu arbeiten und dann auch die erwünschten Ergebnisse festzustellen. Die Daten zeigen doch gerade, wie stark NCD (auch) in Gemeinden mit fundamentalistischen Tendenzen unterschiedlicher Stärke vertreten ist und wie durch die Anwendung der entsprechenden Prinzipien fundamentalistische Tendenzen sukzessive “ausgetrocknet” werden (den Ausdruck habe ich bewusst so gewählt, weil Begriffe wie “bekämpfen” – eine Variante von Bashing – die Sache überhaupt nicht treffen würden und vor allem: auch nicht funktionieren würden). 

Dass sich hinter diesem Konzept nicht das unterkomplexe Verständnis “Ein Fundamentalist unterscheidet in der Bibel zwischen ‘fundamentals’ und dem nicht Fundamentalen” (wie jeder andere Christ auch, müsste man dann ja hinzufügen) steht, ergibt sich von selbst. 

4. “Binäres Denken”

Mit der Kurzform “binäres Denken” meine ich natürlich nicht den selbstverständlichen Fakt, dass ein Mensch zwischen zwei Größen zu unterscheiden vermag (oder noch schlichter: bis zwei zählen kann). Im Buch steht dieser Begriff als Kürzel für Denken “in categories of binary opposition”, eine Haltung, die zwar den Schritt des “negare” (verneinen) im Hegelschen dialektischen Dreischritt zu gehen vermag, dann aber das “conservare” (bewahren) nur auf die eigene Position bezieht und gar nicht versteht, was das sich aus doppelter Verneinung ergebende “elevare” (aufheben in der dreifachen Bedeutung des deutschen Wortes) überhaupt sein soll. Dieses Denken ist bezeichnenderweise in mono- und maximal bi-lingualen Kulturen mit einem Zwei-Parteien-System besonders stark ausgeprägt, kann aber auch kulturell in fundamentalistischen Gemeinden befördert werden (bzw. der Fundamentalismus zieht bevorzugt Menschen an, die von ihrer Sozialisation her zu dieser Art von Binärismus neigen). Das ist die sich aus außerbiblischen Aspekten gebaute “Brille”, die wir bereits tragen, BEVOR wir die Bibel überhaupt öffnen. Von der sollte in der Fundamentalismus-Diskussion viel stärker die Rede sein, weil sie mehr erklärt, als es Begriffe wie “Ernstnehmen der Schrift” vermuten lassen.

5. “Glaubensmäßige Neutralität von Forschungsmethoden”

Beeinflusst die Tatsache, dass ich Christ bin – nicht nur das: sondern dass ich dazu auch noch die christliche Sache proaktiv voranbringen möchte – die angewandten statistischen Forschungsmethoden? Es gibt Leute, auch Forscher – egal ob Christen oder Atheisten –, die an dieser Stelle ein erstaunlich geringes Problembewusstsein haben und in vielen Bereichen beide Ebenen miteinander verquirlen. Ich schreibe, dass im Blick auf Forschung die Auswahl der Themen und auch die Energie, diese Projekte dann auch bis zum Ende durchzuführen, stark von meinem Glauben angetrieben wird (und auch bei der Interpretation der Daten spielen theologische Aspekte, in der Regel klar gekennzeichnet, mit hinein). Allerdings bestimmt MEIN Glaube nicht die sozialwissenschaftliche METHODIK, die ich anwende (wenngleich ich natürlich weiß, dass auch statistische Methoden keineswegs pure Mathematik sind, sondern weltanschauliche Hintergründe haben, aber um diese allgemeine Beobachtung geht es hier ja nicht, sondern um “meinen” Glauben und dessen Einfluss konkret auf Forschungstmethoden). Ich würde mich als Nichtchrist für exakt die gleichen Verfahren entscheiden. Mir geht es ja gerade nicht darum, etwas bereits im Vorhinein feststehendes zu “beweisen”, sondern – möglichst – Neues ans Licht zu bringen. Auch wenn wir es in unserem an der Forschung beteiligten Team mit Menschen zu tun haben, die keine Christen sind, gibt es zwischen uns keinerlei Unterschiede in der Forschungsmethodik. Unsere unterschiedlichen Glaubensparadigmen beeinflussen unzählige Bereiche, aber diesen nun gerade nicht.

6. “Vereinfachte Aufteilung empirisch/metaphysisch”

Ja klar, die von dir erwähnte Tabelle, und auch die im Teaserbuch benutzten Worte dazu, sind stark vereinfachend. Mir ist klar, dass die allermeisten Aussagen (auch außerhalb des christlichen bzw. religiösen Bereiches) einen metaphysischen bzw. transempirischen Hintergrund haben. Insofern stimme ich dem von dir zitierten Satz “Keine Physik kommt letztlich ohne Metaphysik aus” vollumfänglich zu. Bisweilen wird dieser Hintergrund schlicht nicht reflektiert, was ich kritisiere, oder er ist ein mit anderen Inhalten als denen von einem vom christlichen Glauben bereitgestellten Paradigma versehen – was ich zwar nicht kritisiere, wohl aber für eine alternative Sicht werbe. Mir geht es ja gerade um das Zusammenspiel dieser beiden Ebenen. Ob man diesen Begriff benutzen mag oder nicht: Man kommt ohne eine metaphysisch/transempirische Ebene nicht aus. Es macht aber einen Unterschied, mit welchen Inhalten diese Ebene gefüllt wird. Hier ist meine eigene Position eine dezidiert christliche – nicht, weil dies die einzige Möglichkeit ist, das Thema widerspruchsfrei anzugehen, sondern weil sie FÜR MICH die größte Plausibilität hat.

7. “Neuheit des Energiethemas”

Mein Anliegen ist es nicht zu zeigen, wie “neu” dieses Thema ist. Ich möchte lediglich verstehen, warum es für westliche Christen als neu (im Extremfall sogar im Sinne von unbiblisch) empfunden wird und zeigen, wie “alt” (im Sinne von neutestamentlich gegründet) es eigentlich ist. Dazu muss ich aber weit ausholen, was ich nicht im Rahmen des “Teasers” kann. Mein Kapitel über den neutestamentlichen Befund ist in der Energie-Trilogie denn auch das bei weitem ausführlichste.

Bereiche, in denen ich mich selbst durch Impulse von dir in Frage stellen lassen möchte:

Naturgemäß ist meine Replik in erster Linie auf Dinge in deiner Rezension gerichtet, in denen ich mich nicht adäquat verstanden gefühlt habe (was, zu einem ganz erheblichen Teil, durch meine Darstellungsart des Teaserbuches, das die eigentlich wichtigen und notwendig komplexen Hintergrundinformationen naturgemäß nicht bieten kann, bedingt ist). Aber dann sind da auch viele Aspekte in deiner Rezension, die mich für zukünftiges Arbeiten nachdenklich gemacht haben. Dies sind für mich die eigentlich wichtigen Punkte. Hier nur einige Stichworte:

8 • Deine kritischen Anmerkungen zu “lebenslangem Wachstum”: Reale Veränderungen erfahren, das Ganze dann aber als (ungeistlichen?) Druck empfinden. Wie kann ein legalistisches Verständnis von fortwährendem Wachstum vermieden werden (“Gemeindewachstums-Druck”)?

9 • “Fundamentalismus als größte Sünde”: Dieser Eindruck darf natürlich nicht entstehen. Je nachdem, welchem Thema ich mich fokussiert zuwende, werden jeweils andere Positionen besonders wichtig oder auch besonders beschwerlich. Insbesondere darf nicht der Eindruck entstehen, Fundamentalismus – wie von mir behandelt, d.h. als Krankheitserscheinung – sei irgendwie im “Evangelikalismus” angelegt. Das ist sehr eindeutig nicht der Fall.

10 • “Energie in Kurzfassung”: Mir ist klar, dass insbesondere die Kurz-Kurz-Darstellung von dem, worum es bei “Gottes Energie” geht, fast zwangsläufig zu Missverständnissen führen muss und ich – in den wenigen Worten dazu in “Gott ist unkaputtbar” – fast alle tiefergehende Begründungen schuldig bleibe. Mich bringt das dazu, zumindest in der näheren Zukunft von ähnlich gelagerten Kurzfassungen gänzlich Abstand zu nehmen und meine Kraft zunächst einmal ganz auf die umfassende Darstellung in der Energie-Trilogie zu konzentrieren (alle Kritik, die dann dieses Verfahren auf sich zieht, dickhäutig in Kauf nehmend). Ich muss zugeben, dass ich mich zu dieser Kurzdarstellung auch ein bisschen überreden ließ, ohne – im Blick auf das Energiethema – vollumfänglich von diesem Weg überzeugt gewesen zu sein.

11 • “Spirituelle Erfahrungen von Nichtchristen bzw. in anderen Religionen”: In “Unkaputtbar” behandle ich nicht die Bereiche von Abgrenzung, sondern stelle den “common ground” in den Vordergrund der Erörterungen. In der Energie-Trilogie und darüber hinaus werde ich sehr viel ausführlicher auf die Bereiche außerhalb des “common ground” eingehen. Im zweiten Band der Energie-Trilogie habe ich – im Kapitel über Esoterik – bereits einen ersten Schritt getan. 

12 • “Spiritualität ohne Jesus”: Das Phänomen gibt es natürlich, aber es ist – nach meiner theologischen Überzeugung – nicht der Punkt, an dem wir stehenbleiben sollten. Ich habe ja in anderen Büchern, gerade auch im trinitarischen Horizont, die Rolle und Zentralität von Jesus unaufhörlich beschrieben, und die Erörterungen von Gottes Energie stellen davon überhaupt nichts in Frage. Dieser Aspekt muss, gerade wenn es um zukünftige praktische Anwendungen geht, noch viel detaillierter und pointierter herausgearbeitet werden: Welche Wege führen von der beschriebenen Herausarbeitung eines “common ground” (was Gemeinsamkeiten im Blick auf das Energiethema einschließen kann) zu einer Einladung zu Jesus? 

13 • Christentum 2.0 “de facto ganz über Bord werfen” (dein Zitat). Das schreibe ich zwar nirgendwo und meine es noch weniger – mir geht es ja darum, die Erkenntnisse von Christentum 1.0 und 2.0 auf die neuen Herausforderungen von 3.0 zu beziehen, ohne bei den Beschränkungen insbesondere von Christentum 2.0 stehenzubleiben –, aber ganz offensichtlich wird mein Text von zu vielen Christen so verstanden, als wolle ich “Christentum 2.0” gleichsam schlachten. Das wäre das genaue Gegenteil dessen, um was es mir geht. In Zukunft wird es darum gehen, nicht nur die (biblisch gegründeten und bleibenden) Aspekte von Christentum 1.0 herauszustellen, sondern auch die bleibenden Aspekte in der langen Kirchengeschichte vom frühen Christentum bis heute. 

14 Lustig ist, dass in deiner Rezension der Satz “Aber ich wünsche mir, dass sie (gemeint sind: heute nichtchristlich lebende Menschen) Jesus erleben in der glaubenden und gehorsamen Beziehung mit ihm” offensichtlich als Gegenposition zu dem von mir Beschriebenen gemeint ist. “Lustig” deshalb, weil es sich hier doch nicht um einen der Bereiche handelt, wo wir uns unterscheiden, sondern wo wir miteinander verbunden sind und alle Kraft investieren, damit dies – bei allen unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen, die an sich ja etwas Kreatives sind – auch wirklich geschehen möge.

  • Paul Bruderer 2 Jahren ago Reply Lieber Christian, ich danke dir nochmals dass du dir Zeit genommen hast, meine Rezi so ausführlich zu kommentieren/beantworten. Das schätze ich sehr. Ich wollte dir früher eine Rückmeldung geben, aber Covid und einige personelle Herausforderungen haben mich in meinem Zeitplan zurückgeworfen — zumal deine Antwort so ausführlich ist, dass ich nicht einfach so rasch etwas schreiben will, das deinem Anliegen Unrecht täte. Ich habe soeben alles gelesen und werde mir einige Tage Zeit nehmen und spätestens nächste Woche etwas antworten. Ich denke, du wolltest in der Schweiz sein am IGW oder? Findest das noch statt?
  • Paul Bruderer 2 Jahren ago Reply Lieber Christian, allem voran danke ich dir nochmals, dass du meine Rezi gelesen und ernst genommen hast. Das hat mich gefreut. Deine Antworten zeigen mir, dass du mich an den meisten Punkten gut verstanden hast und du antwortest passend darauf. Ich antworte dir anhand deiner eigenen Nummerierung. Deine letzten Abschnitte hatten keine Punktierung – ich habe mir erlaubt, eine einzufügen zwecks Vereinfachung meiner Antwort.Ich fange an mit Nr 10 (War es gut ein Teaser-Buch zu schreiben?). Ich würde dich darin bestärken, es wieder gleich zu tun. Du bist ja auch nicht grad ein Mann weniger Worte 😉 Dann ist es umso besser, eine etwas kürzere Zusammenfassung vorliegen zu haben. Was ideal gewesen wäre: Mehr zeitliche Verzögerung zwischen Teaser und Veröffentlichung der anderen Bücher, sodass du auf Rückmeldungen auf den Teaser reagieren kannst in den eigentlichen Büchern. Keine Ahnung, ob so etwas möglich gewesen wäre, aber aus meiner Sicht wäre das cool gewesen.1. «Fehlende Definition» von Fundamentalismus
    Ich habe dein Anliegen schon im Buch deutlich herausgehört, dass du nicht deine eigene Meinung darüber, was Fundamentalismus ist, auf falsche Weise in die Forschung einfliessen lassen willst. Du willst einerseits eine ‘selfreferential incoherence’ meiden und du willst kein A Priori – danke, dass du das nochmals mit anderen Worten deutlich machst. Du möchtest, dass es induktiv statt deduktiv läuft – oder? Das kann ich gut akzeptieren, verstehen und finde es auch gut. Es bleibt für mich aber trotzdem die Frage, die für meine Begriffe doch wichtig ist: Warum habe ich keine klare Formulierung der Schlussfolgerung? Denn: Sowohl ein deduktiver, wie auch ein induktiver Prozess sollte einen Output haben, eine Formulierung des Resultats der Erforschung. Und dieses Resultat fehlt mir im Buch. Oder habe ich es nicht gesehen? Ich kann gut auf das Wort ‘Definition’ verzichten. Mir scheint, du verbindest das zu sehr mit dem A Priori Ansatz, den du aus guten Gründen meiden willst. Darum, let me rephrase my question: Was ist das Resultat deiner empirischen Forschung über Fundamentalismus? (in einem Satz oder einem Abschnitt formuliert).
    Was ich im Buch sehe sind an mehreren Orten zerstreute Aussagen und einige Inbezugnahmen anderer Autoren. Der Grund, weshalb ich ein Resultat suche ist: Ich will auch besser verstehen, was du mit Fundamentalismus NICHT meinst. Aktuell bleibt die Gefahr, dass ich dich misrepräsentiere, weil ich andere Verständnisse von Fundamentalismus in meinem Denken über dich mitschwingen.
    Noch etwas zum methodischen Vorgehen. Du hast ein berechtigter Wunsch nach einem gesunden Stück Unabhängigkeit vor dir. Aber hat das nicht einfach dazu geführt, dass jetzt alle Leute, welche die Formulare ausfüllen, ihre Vor-Meinung über Fundamentalismus ins Projekt eingeführt haben? Ich war beim Lesen deines Buches immer unsicher an diesem Punkt.
    Zuletzt noch: Mich würde interessieren, was du von meiner Unterscheidung haltest zwischen “theologisch-philosophischem Fundamentalismus” und “soziologischen Fundamentalismus”. Darüber hast du dich nicht geäussert.Nr 2: Danke für die Klärungen. Band 2 ist wie es aussieht aktuell ausverkauft. Es interessiert mich, welche positiven Aspekte du findest. Was du hier sagst hängt für mich wie schon gesagt am Problem des (immer noch) fehlenden ‘Beschriebs’ von Fundamentalismus, wie du es verstehst und für eine ‘Gefahr’ siehst.Nr. 3. Ich find’s schön, dass du behauptest, das sei nicht der Fall. Und ich würdige dich dafür, dich gemeinsam mit Menschen mit einem höheren Anteil Fundamentalismus als du hinzusetzen (ich meine das nicht ironisch!). Trotzdem kommt für mich subtil (wie in meiner Rezi) beschrieben doch viel ‘atmosphärisch Negatives’ rüber. Das hat mit deiner Wortwahl zu tun. Und damit, dass viel deiner Kraft darauf ausgerichtet ist, Fundamentalismus grundsätzlich auszumerzen. Vielleicht sagt meine Reaktion mehr aus über mich als über dich. Doch ich komme von einer Sicht her, dass jeder einen ‘theologisch-philosophischer Fundamentalismus’ hat – und dass dies auch etwas Gutes ist. Das Problem ist nicht, ob jemand grundsätzlich so etwas hat — jeder hat es. Das Problem ist, wenn dessen Inhalt nicht wahr und nicht gut ist. Also wenn ein theologisch-philosophischer Fundamentalismus gewählt wird, der (z.B.) einem soziologischen Fundamentalismus führt. Von dieser Sicht her gesehen sind deine Versuche, Fundamentalismus grundsätzlich auszutrocknen, unangebracht.
    Du schreibst «Dass sich hinter diesem Konzept nicht das unterkomplexe Verständnis “Ein Fundamentalist unterscheidet in der Bibel zwischen ‘fundamentals’ und dem nicht Fundamentalen” (wie jeder andere Christ auch, müsste man dann ja hinzufügen) steht, ergibt sich von selbst.» Nun das hättest du im Buch sagen können (ich weiss: Platzprobleme…). Ich würde dich hier gerne fragen, ob du ein Beispiel gegeben könntest, um das konkreter auszuführen. If you have time.Nr. 4. Danke für deine Ausführungen. Das hilft. Auch hier wäre ein Beispiel hilfreich (if you have time). Für mich sieht das an einem bestimmten Punkt ähnlich aus wie Tückenmacher’s Stufenlehre (oder auch Ken Wilber). Klingt für mich zu sehr nach einer Art Fortschritt in etwas nahezu fast Neues, ohne dass man den voherigen Versionen gegenüber zu unanständig mitteilen will «you are out». Ich bin einverstanden mit dir, dass es ausserbiblische Ansätze gibt, die AN den Text herangetragen werden. Aber ist dein Ansatz nicht auch so? Persönlich halte ich mich epistemologisch an einen kritischen Realismus – wie z.B. NT Wright ihn gut formuliert hat.Nr. 5 und 6. Gute Klärungen, danke. Das passt gut was du sagst.Nr 7. So habe ich dich verstanden. Es ist insofern ‘neu’ als es etwas ist, das bis jetzt nicht so sehr auf dem Radar war in der westlichen Christenheit. Darum bringst du es ja auch gell. Ich werde bei Gelegenheit deine weiteren Bücher lesen (ach die Länge… darum gefällt mir der Teaser halt schon gut 🙂Nr. 8: Gut formuliert. Danke!Nr. 9. Da bist du fair – das gestehe ich dir zu. Du nennst keine Denominationen oder Gruppen, die du vor allen anderen mit Fundamentalismus in Verbindung bringst. Da etliche andere deutschen Exponate Fundamentalismus offen mit Evangelikalismus in Verbindung bringen, habe ich da vielleicht etwas in deine Aussagen hineingelesen. Obschon ich nicht ein Problem hätte zu sagen, dass es dort tatsächlich negative Varianten von Fundamentalismus gibt. Aber das kann ich als einer, der sich dazu zählt, vielleicht eher sagen als andere.Nr. 11: da bin ich gespannt auf Band 2.Nr 12: Danke für die Klärung. Uns beiden ist wohl klar, dass man nie weiss, ob jemand wirklich zu Christus kommen wird. Man kann das nicht ‘produzieren’ oder ‘machen’. Doch gerade wenn man sich auf ‘common ground’ Sachen einlässt, muss mitgedacht (und vielleicht mitkommuniziert) werden, was ein möglicher Weg zu Christus hin ist.Nr. 13. Ich habe schon unter Punkt 4 meine Anfrage diesbezüglich formuliert. Mein Hauptgedanke diesbezüglich ist: Was müsstest du Leuten wir mir sagen, um unsere Sorge zur Ruhe zu bringen? Wir stehen ja in einer Zeit grosser Shifts und Unruhen in der Kirchenlandschaft. Allianzen brechen und neue entstehen. Es ist darum kein Wunder, dass die Leute sensibel reagieren. Was könntest du sagen, damit in deinen Lesern dieser scheinbar häufig entstandene Verdacht nicht aufkommt? Ich weiss: du bist letztlich nicht dafür verantwortlich. Aber es würde helfen.Nr 14. Du nimmst das schon gut wahr. War tatsächlich auch so gemeint. Ich werde den Verdacht nicht los, dass du dich letztlich vom historischen Christentum löst (ob bewusst oder unbewusst). Darum nochmals: Wie könntest du Leuten wie mir zeigen, dass dem nicht der Fall ist? I am very open das zu hören.So, das wäre meine offene Rückmeldung auf deine ausführlichen Antworten (für die ich dir wirklich herzlich danke!). Wir müssen nicht in einen grossen Dialog treten – ich nehme es, wie es kommt, aber freue mich über eine weitere Rückmeldung.

Christian A. Schwarz 2 Jahren ago

Reply

Lieber Paul, ganz herzlichen Dank für deine substanzielle Auseinandersetzung nicht nur mit dem Unkaputtbar-Buch, sondern auch mit dem dahinterstehenden Anliegen. Mir ging es darum, unter Christen Prozesse eines (vor allem, wenn auch nicht ausschließlich) “selbsthinterfragenden” Bemühens in Bewegung zu setzen bzw. da, wo diese Haltung bereits vorhanden ist, neue Impulse für diese Prozesse zu geben. Du bist nun einer derjenigen, die diese Herausforderung aufgenommen hat und dazu auch noch weiter führt. Das ist super! 

In deinem Text sind viele Kommentare, mit denen du bei mir offene Türen einrennst (weil ich die dahinter stehenden Anliegen nicht nur teile, sondern sie mit allen mir zur Verfügung stehenden Kräften befördern möchte), und solchen, bei denen ich mich entweder missverstanden fühle oder auch anderer Meinung bin (wobei das Zweitgenannte in der Christenheit ja auch nicht notwendigerweise etwas Böses ist). Gerade da, wo wir – Christian und Paul – anderer Meinung sind, können wir möglicherweise besonders viel voneinander lernen. 

Lass mich zunächst einige derjenigen Aspekte aufgreifen, bei denen ich meine Aussagen nicht adäquat wiedergegeben finde, d.h. wo wir (möglicherweise) dichter beieinander sind, als es beim Lesen deines Textes erscheint. Ich greife sieben Beispiele heraus:

1. “Fehlende Definition” von Fundamentalismus

Es ist doch gerade die Pointe des im Buch beschriebenen empirischen Verfahrens, sich das, was man dann am Ende als so etwas wie eine “Definition” sehen könnte, von empirischen Beobachtungen zeigen zu lassen. Ein a priori “definitorischer Ansatz” hätte, stark vereinfacht, etwa so laufen können: ICH lege eine theologisch deduzierte Definition von Fundamentalismus vor, die verschiedene Teilaspekte enthält, die dann in der Fragebogenentwicklung in Form von Items operationalisierbar gemacht würden. Vielleicht wären, von MEINER theologischen Haltung abhängig, dieser Aspekte durchgängig negativ, vielleicht auch durchgängig positiv. Dann würde ich Samples von Gemeinden, die nach diesen Kriterien unterschieden wurden, auf diese Kriterien hin untersuchen und freudestrahlend ein Ergebnis mit null Aussagekraft verkünden: “Fundamentalistische Gemeinden sind genau so” (nämlich so, wie ich es vorher in meiner “Definition” festgelegt habe, da die Definition natürlich die Kriterien der Auswahl des entsprechenden Samples bestimmt hätte). 

Um diese “circular logic” zu vermeiden, habe ich das im Buch dargestellte empirische Verfahren angewandt. Wiederum stark vereinfacht gesagt: Als erster Schritt beinhaltete dieser Ansatz, diejenigen Aspekte in unserem Datenpool als “typisch für Fundamentalismus” zu sehen, die statistisch am stärksten mit der Selbstbeschreibung “fundamentalistisch” korrelieren. Also keine von mir ausgedachte Definition, sondern ein Verständnis, das ich schlicht neugierig zur Kenntnis nahm! Dann folgten darauf noch einige weitere Schritte, die im Buch beschrieben werden, bis ein “Fundamentalismus-Index” gewonnen werden konnte, der sich auf unterschiedliche Gemeinden anwenden lässt – also weit über die genannte Selbsteinstufung hinausgeht.

2. Fundamentalismus – eine “Krankheit”?

Die Analyse dieser Daten führte u.a. zu der Erkenntnis, dass es durchaus adäquat ist, Fundamentalismus in Analogie zu einer “Krankheit” zu verstehen. Das habe ich mir ja gerade nicht so “ausgedacht”, indem ich etwa Fundamentalisms von vornherein als Krankheit “definiert” hätte, sondern das ergibt sich aus den Daten. In einer ausführlicheren und stärker theologisch reflektierenden Darstellung des Fundamentalismus-Phänomens im zweiten Band von “Gottes Energie” gehe ich auch auf positive Aspekte – also keinesfalls krankhafte – in dem ein, was ich in diesem Kontext (also primär auf das Gottesbild zielend) als “fundamentalistisches Gesamtpaket” bezeichne. Diese positiven Aspekte sind allerdings auch ohne fundamentalistisches Paradigma zu haben, ja, das fundamentalistische Paradigma behindert geradezu die Verwirklichung dieser Aspekte.

3. Fundi-bashing?

Die Rezension macht den Eindruck, als würde ich wildes “Fundi-bashing” betreiben. Das aber ist nicht der Fall. Ein “bashing” zeigt sich ja gerade in der Unwilligkeit (vielleicht auch Unfähigkeit), mit denen, von denen man sich “abgrenzt”, gemeinsam an einem erkannten Problem unterstützend zu arbeiten und dann auch die erwünschten Ergebnisse festzustellen. Die Daten zeigen doch gerade, wie stark NCD (auch) in Gemeinden mit fundamentalistischen Tendenzen unterschiedlicher Stärke vertreten ist und wie durch die Anwendung der entsprechenden Prinzipien fundamentalistische Tendenzen sukzessive “ausgetrocknet” werden (den Ausdruck habe ich bewusst so gewählt, weil Begriffe wie “bekämpfen” – eine Variante von Bashing – die Sache überhaupt nicht treffen würden und vor allem: auch nicht funktionieren würden). 

Dass sich hinter diesem Konzept nicht das unterkomplexe Verständnis “Ein Fundamentalist unterscheidet in der Bibel zwischen ‘fundamentals’ und dem nicht Fundamentalen” (wie jeder andere Christ auch, müsste man dann ja hinzufügen) steht, ergibt sich von selbst. 

4. “Binäres Denken”

Mit der Kurzform “binäres Denken” meine ich natürlich nicht den selbstverständlichen Fakt, dass ein Mensch zwischen zwei Größen zu unterscheiden vermag (oder noch schlichter: bis zwei zählen kann). Im Buch steht dieser Begriff als Kürzel für Denken “in categories of binary opposition”, eine Haltung, die zwar den Schritt des “negare” (verneinen) im Hegelschen dialektischen Dreischritt zu gehen vermag, dann aber das “conservare” (bewahren) nur auf die eigene Position bezieht und gar nicht versteht, was das sich aus doppelter Verneinung ergebende “elevare” (aufheben in der dreifachen Bedeutung des deutschen Wortes) überhaupt sein soll. Dieses Denken ist bezeichnenderweise in mono- und maximal bi-lingualen Kulturen mit einem Zwei-Parteien-System besonders stark ausgeprägt, kann aber auch kulturell in fundamentalistischen Gemeinden befördert werden (bzw. der Fundamentalismus zieht bevorzugt Menschen an, die von ihrer Sozialisation her zu dieser Art von Binärismus neigen). Das ist die sich aus außerbiblischen Aspekten gebaute “Brille”, die wir bereits tragen, BEVOR wir die Bibel überhaupt öffnen. Von der sollte in der Fundamentalismus-Diskussion viel stärker die Rede sein, weil sie mehr erklärt, als es Begriffe wie “Ernstnehmen der Schrift” vermuten lassen.

5. “Glaubensmäßige Neutralität von Forschungsmethoden”

Beeinflusst die Tatsache, dass ich Christ bin – nicht nur das: sondern dass ich dazu auch noch die christliche Sache proaktiv voranbringen möchte – die angewandten statistischen Forschungsmethoden? Es gibt Leute, auch Forscher – egal ob Christen oder Atheisten –, die an dieser Stelle ein erstaunlich geringes Problembewusstsein haben und in vielen Bereichen beide Ebenen miteinander verquirlen. Ich schreibe, dass im Blick auf Forschung die Auswahl der Themen und auch die Energie, diese Projekte dann auch bis zum Ende durchzuführen, stark von meinem Glauben angetrieben wird (und auch bei der Interpretation der Daten spielen theologische Aspekte, in der Regel klar gekennzeichnet, mit hinein). Allerdings bestimmt MEIN Glaube nicht die sozialwissenschaftliche METHODIK, die ich anwende (wenngleich ich natürlich weiß, dass auch statistische Methoden keineswegs pure Mathematik sind, sondern weltanschauliche Hintergründe haben, aber um diese allgemeine Beobachtung geht es hier ja nicht, sondern um “meinen” Glauben und dessen Einfluss konkret auf Forschungstmethoden). Ich würde mich als Nichtchrist für exakt die gleichen Verfahren entscheiden. Mir geht es ja gerade nicht darum, etwas bereits im Vorhinein feststehendes zu “beweisen”, sondern – möglichst – Neues ans Licht zu bringen. Auch wenn wir es in unserem an der Forschung beteiligten Team mit Menschen zu tun haben, die keine Christen sind, gibt es zwischen uns keinerlei Unterschiede in der Forschungsmethodik. Unsere unterschiedlichen Glaubensparadigmen beeinflussen unzählige Bereiche, aber diesen nun gerade nicht.

6. “Vereinfachte Aufteilung empirisch/metaphysisch”

Ja klar, die von dir erwähnte Tabelle, und auch die im Teaserbuch benutzten Worte dazu, sind stark vereinfachend. Mir ist klar, dass die allermeisten Aussagen (auch außerhalb des christlichen bzw. religiösen Bereiches) einen metaphysischen bzw. transempirischen Hintergrund haben. Insofern stimme ich dem von dir zitierten Satz “Keine Physik kommt letztlich ohne Metaphysik aus” vollumfänglich zu. Bisweilen wird dieser Hintergrund schlicht nicht reflektiert, was ich kritisiere, oder er ist ein mit anderen Inhalten als denen von einem vom christlichen Glauben bereitgestellten Paradigma versehen – was ich zwar nicht kritisiere, wohl aber für eine alternative Sicht werbe. Mir geht es ja gerade um das Zusammenspiel dieser beiden Ebenen. Ob man diesen Begriff benutzen mag oder nicht: Man kommt ohne eine metaphysisch/transempirische Ebene nicht aus. Es macht aber einen Unterschied, mit welchen Inhalten diese Ebene gefüllt wird. Hier ist meine eigene Position eine dezidiert christliche – nicht, weil dies die einzige Möglichkeit ist, das Thema widerspruchsfrei anzugehen, sondern weil sie FÜR MICH die größte Plausibilität hat.

7. “Neuheit des Energiethemas”

Mein Anliegen ist es nicht zu zeigen, wie “neu” dieses Thema ist. Ich möchte lediglich verstehen, warum es für westliche Christen als neu (im Extremfall sogar im Sinne von unbiblisch) empfunden wird und zeigen, wie “alt” (im Sinne von neutestamentlich gegründet) es eigentlich ist. Dazu muss ich aber weit ausholen, was ich nicht im Rahmen des “Teasers” kann. Mein Kapitel über den neutestamentlichen Befund ist in der Energie-Trilogie denn auch das bei weitem ausführlichste.

Bereiche, in denen ich mich selbst durch Impulse von dir in Frage stellen lassen möchte:

Naturgemäß ist meine Replik in erster Linie auf Dinge in deiner Rezension gerichtet, in denen ich mich nicht adäquat verstanden gefühlt habe (was, zu einem ganz erheblichen Teil, durch meine Darstellungsart des Teaserbuches, das die eigentlich wichtigen und notwendig komplexen Hintergrundinformationen naturgemäß nicht bieten kann, bedingt ist). Aber dann sind da auch viele Aspekte in deiner Rezension, die mich für zukünftiges Arbeiten nachdenklich gemacht haben. Dies sind für mich die eigentlich wichtigen Punkte. Hier nur einige Stichworte:

8 • Deine kritischen Anmerkungen zu “lebenslangem Wachstum”: Reale Veränderungen erfahren, das Ganze dann aber als (ungeistlichen?) Druck empfinden. Wie kann ein legalistisches Verständnis von fortwährendem Wachstum vermieden werden (“Gemeindewachstums-Druck”)?

9 • “Fundamentalismus als größte Sünde”: Dieser Eindruck darf natürlich nicht entstehen. Je nachdem, welchem Thema ich mich fokussiert zuwende, werden jeweils andere Positionen besonders wichtig oder auch besonders beschwerlich. Insbesondere darf nicht der Eindruck entstehen, Fundamentalismus – wie von mir behandelt, d.h. als Krankheitserscheinung – sei irgendwie im “Evangelikalismus” angelegt. Das ist sehr eindeutig nicht der Fall.

10 • “Energie in Kurzfassung”: Mir ist klar, dass insbesondere die Kurz-Kurz-Darstellung von dem, worum es bei “Gottes Energie” geht, fast zwangsläufig zu Missverständnissen führen muss und ich – in den wenigen Worten dazu in “Gott ist unkaputtbar” – fast alle tiefergehende Begründungen schuldig bleibe. Mich bringt das dazu, zumindest in der näheren Zukunft von ähnlich gelagerten Kurzfassungen gänzlich Abstand zu nehmen und meine Kraft zunächst einmal ganz auf die umfassende Darstellung in der Energie-Trilogie zu konzentrieren (alle Kritik, die dann dieses Verfahren auf sich zieht, dickhäutig in Kauf nehmend). Ich muss zugeben, dass ich mich zu dieser Kurzdarstellung auch ein bisschen überreden ließ, ohne – im Blick auf das Energiethema – vollumfänglich von diesem Weg überzeugt gewesen zu sein.

11 • “Spirituelle Erfahrungen von Nichtchristen bzw. in anderen Religionen”: In “Unkaputtbar” behandle ich nicht die Bereiche von Abgrenzung, sondern stelle den “common ground” in den Vordergrund der Erörterungen. In der Energie-Trilogie und darüber hinaus werde ich sehr viel ausführlicher auf die Bereiche außerhalb des “common ground” eingehen. Im zweiten Band der Energie-Trilogie habe ich – im Kapitel über Esoterik – bereits einen ersten Schritt getan. 

12 • “Spiritualität ohne Jesus”: Das Phänomen gibt es natürlich, aber es ist – nach meiner theologischen Überzeugung – nicht der Punkt, an dem wir stehenbleiben sollten. Ich habe ja in anderen Büchern, gerade auch im trinitarischen Horizont, die Rolle und Zentralität von Jesus unaufhörlich beschrieben, und die Erörterungen von Gottes Energie stellen davon überhaupt nichts in Frage. Dieser Aspekt muss, gerade wenn es um zukünftige praktische Anwendungen geht, noch viel detaillierter und pointierter herausgearbeitet werden: Welche Wege führen von der beschriebenen Herausarbeitung eines “common ground” (was Gemeinsamkeiten im Blick auf das Energiethema einschließen kann) zu einer Einladung zu Jesus? 

13 • Christentum 2.0 “de facto ganz über Bord werfen” (dein Zitat). Das schreibe ich zwar nirgendwo und meine es noch weniger – mir geht es ja darum, die Erkenntnisse von Christentum 1.0 und 2.0 auf die neuen Herausforderungen von 3.0 zu beziehen, ohne bei den Beschränkungen insbesondere von Christentum 2.0 stehenzubleiben –, aber ganz offensichtlich wird mein Text von zu vielen Christen so verstanden, als wolle ich “Christentum 2.0” gleichsam schlachten. Das wäre das genaue Gegenteil dessen, um was es mir geht. In Zukunft wird es darum gehen, nicht nur die (biblisch gegründeten und bleibenden) Aspekte von Christentum 1.0 herauszustellen, sondern auch die bleibenden Aspekte in der langen Kirchengeschichte vom frühen Christentum bis heute. 

14 Lustig ist, dass in deiner Rezension der Satz “Aber ich wünsche mir, dass sie (gemeint sind: heute nichtchristlich lebende Menschen) Jesus erleben in der glaubenden und gehorsamen Beziehung mit ihm” offensichtlich als Gegenposition zu dem von mir Beschriebenen gemeint ist. “Lustig” deshalb, weil es sich hier doch nicht um einen der Bereiche handelt, wo wir uns unterscheiden, sondern wo wir miteinander verbunden sind und alle Kraft investieren, damit dies – bei allen unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen, die an sich ja etwas Kreatives sind – auch wirklich geschehen möge.

  • Paul Bruderer 2 Jahren ago Reply Lieber Christian, ich danke dir nochmals dass du dir Zeit genommen hast, meine Rezi so ausführlich zu kommentieren/beantworten. Das schätze ich sehr. Ich wollte dir früher eine Rückmeldung geben, aber Covid und einige personelle Herausforderungen haben mich in meinem Zeitplan zurückgeworfen — zumal deine Antwort so ausführlich ist, dass ich nicht einfach so rasch etwas schreiben will, das deinem Anliegen Unrecht täte. Ich habe soeben alles gelesen und werde mir einige Tage Zeit nehmen und spätestens nächste Woche etwas antworten. Ich denke, du wolltest in der Schweiz sein am IGW oder? Findest das noch statt?
  • Paul Bruderer 2 Jahren ago Reply Lieber Christian, allem voran danke ich dir nochmals, dass du meine Rezi gelesen und ernst genommen hast. Das hat mich gefreut. Deine Antworten zeigen mir, dass du mich an den meisten Punkten gut verstanden hast und du antwortest passend darauf. Ich antworte dir anhand deiner eigenen Nummerierung. Deine letzten Abschnitte hatten keine Punktierung – ich habe mir erlaubt, eine einzufügen zwecks Vereinfachung meiner Antwort.Ich fange an mit Nr 10 (War es gut ein Teaser-Buch zu schreiben?). Ich würde dich darin bestärken, es wieder gleich zu tun. Du bist ja auch nicht grad ein Mann weniger Worte 😉 Dann ist es umso besser, eine etwas kürzere Zusammenfassung vorliegen zu haben. Was ideal gewesen wäre: Mehr zeitliche Verzögerung zwischen Teaser und Veröffentlichung der anderen Bücher, sodass du auf Rückmeldungen auf den Teaser reagieren kannst in den eigentlichen Büchern. Keine Ahnung, ob so etwas möglich gewesen wäre, aber aus meiner Sicht wäre das cool gewesen.1. «Fehlende Definition» von Fundamentalismus
    Ich habe dein Anliegen schon im Buch deutlich herausgehört, dass du nicht deine eigene Meinung darüber, was Fundamentalismus ist, auf falsche Weise in die Forschung einfliessen lassen willst. Du willst einerseits eine ‘selfreferential incoherence’ meiden und du willst kein A Priori – danke, dass du das nochmals mit anderen Worten deutlich machst. Du möchtest, dass es induktiv statt deduktiv läuft – oder? Das kann ich gut akzeptieren, verstehen und finde es auch gut. Es bleibt für mich aber trotzdem die Frage, die für meine Begriffe doch wichtig ist: Warum habe ich keine klare Formulierung der Schlussfolgerung? Denn: Sowohl ein deduktiver, wie auch ein induktiver Prozess sollte einen Output haben, eine Formulierung des Resultats der Erforschung. Und dieses Resultat fehlt mir im Buch. Oder habe ich es nicht gesehen? Ich kann gut auf das Wort ‘Definition’ verzichten. Mir scheint, du verbindest das zu sehr mit dem A Priori Ansatz, den du aus guten Gründen meiden willst. Darum, let me rephrase my question: Was ist das Resultat deiner empirischen Forschung über Fundamentalismus? (in einem Satz oder einem Abschnitt formuliert).
    Was ich im Buch sehe sind an mehreren Orten zerstreute Aussagen und einige Inbezugnahmen anderer Autoren. Der Grund, weshalb ich ein Resultat suche ist: Ich will auch besser verstehen, was du mit Fundamentalismus NICHT meinst. Aktuell bleibt die Gefahr, dass ich dich misrepräsentiere, weil ich andere Verständnisse von Fundamentalismus in meinem Denken über dich mitschwingen.
    Noch etwas zum methodischen Vorgehen. Du hast ein berechtigter Wunsch nach einem gesunden Stück Unabhängigkeit vor dir. Aber hat das nicht einfach dazu geführt, dass jetzt alle Leute, welche die Formulare ausfüllen, ihre Vor-Meinung über Fundamentalismus ins Projekt eingeführt haben? Ich war beim Lesen deines Buches immer unsicher an diesem Punkt.
    Zuletzt noch: Mich würde interessieren, was du von meiner Unterscheidung haltest zwischen “theologisch-philosophischem Fundamentalismus” und “soziologischen Fundamentalismus”. Darüber hast du dich nicht geäussert.Nr 2: Danke für die Klärungen. Band 2 ist wie es aussieht aktuell ausverkauft. Es interessiert mich, welche positiven Aspekte du findest. Was du hier sagst hängt für mich wie schon gesagt am Problem des (immer noch) fehlenden ‘Beschriebs’ von Fundamentalismus, wie du es verstehst und für eine ‘Gefahr’ siehst.Nr. 3. Ich find’s schön, dass du behauptest, das sei nicht der Fall. Und ich würdige dich dafür, dich gemeinsam mit Menschen mit einem höheren Anteil Fundamentalismus als du hinzusetzen (ich meine das nicht ironisch!). Trotzdem kommt für mich subtil (wie in meiner Rezi) beschrieben doch viel ‘atmosphärisch Negatives’ rüber. Das hat mit deiner Wortwahl zu tun. Und damit, dass viel deiner Kraft darauf ausgerichtet ist, Fundamentalismus grundsätzlich auszumerzen. Vielleicht sagt meine Reaktion mehr aus über mich als über dich. Doch ich komme von einer Sicht her, dass jeder einen ‘theologisch-philosophischer Fundamentalismus’ hat – und dass dies auch etwas Gutes ist. Das Problem ist nicht, ob jemand grundsätzlich so etwas hat — jeder hat es. Das Problem ist, wenn dessen Inhalt nicht wahr und nicht gut ist. Also wenn ein theologisch-philosophischer Fundamentalismus gewählt wird, der (z.B.) einem soziologischen Fundamentalismus führt. Von dieser Sicht her gesehen sind deine Versuche, Fundamentalismus grundsätzlich auszutrocknen, unangebracht.
    Du schreibst «Dass sich hinter diesem Konzept nicht das unterkomplexe Verständnis “Ein Fundamentalist unterscheidet in der Bibel zwischen ‘fundamentals’ und dem nicht Fundamentalen” (wie jeder andere Christ auch, müsste man dann ja hinzufügen) steht, ergibt sich von selbst.» Nun das hättest du im Buch sagen können (ich weiss: Platzprobleme…). Ich würde dich hier gerne fragen, ob du ein Beispiel gegeben könntest, um das konkreter auszuführen. If you have time.Nr. 4. Danke für deine Ausführungen. Das hilft. Auch hier wäre ein Beispiel hilfreich (if you have time). Für mich sieht das an einem bestimmten Punkt ähnlich aus wie Tückenmacher’s Stufenlehre (oder auch Ken Wilber). Klingt für mich zu sehr nach einer Art Fortschritt in etwas nahezu fast Neues, ohne dass man den voherigen Versionen gegenüber zu unanständig mitteilen will «you are out». Ich bin einverstanden mit dir, dass es ausserbiblische Ansätze gibt, die AN den Text herangetragen werden. Aber ist dein Ansatz nicht auch so? Persönlich halte ich mich epistemologisch an einen kritischen Realismus – wie z.B. NT Wright ihn gut formuliert hat.Nr. 5 und 6. Gute Klärungen, danke. Das passt gut was du sagst.Nr 7. So habe ich dich verstanden. Es ist insofern ‘neu’ als es etwas ist, das bis jetzt nicht so sehr auf dem Radar war in der westlichen Christenheit. Darum bringst du es ja auch gell. Ich werde bei Gelegenheit deine weiteren Bücher lesen (ach die Länge… darum gefällt mir der Teaser halt schon gut 🙂Nr. 8: Gut formuliert. Danke!Nr. 9. Da bist du fair – das gestehe ich dir zu. Du nennst keine Denominationen oder Gruppen, die du vor allen anderen mit Fundamentalismus in Verbindung bringst. Da etliche andere deutschen Exponate Fundamentalismus offen mit Evangelikalismus in Verbindung bringen, habe ich da vielleicht etwas in deine Aussagen hineingelesen. Obschon ich nicht ein Problem hätte zu sagen, dass es dort tatsächlich negative Varianten von Fundamentalismus gibt. Aber das kann ich als einer, der sich dazu zählt, vielleicht eher sagen als andere.Nr. 11: da bin ich gespannt auf Band 2.Nr 12: Danke für die Klärung. Uns beiden ist wohl klar, dass man nie weiss, ob jemand wirklich zu Christus kommen wird. Man kann das nicht ‘produzieren’ oder ‘machen’. Doch gerade wenn man sich auf ‘common ground’ Sachen einlässt, muss mitgedacht (und vielleicht mitkommuniziert) werden, was ein möglicher Weg zu Christus hin ist.Nr. 13. Ich habe schon unter Punkt 4 meine Anfrage diesbezüglich formuliert. Mein Hauptgedanke diesbezüglich ist: Was müsstest du Leuten wir mir sagen, um unsere Sorge zur Ruhe zu bringen? Wir stehen ja in einer Zeit grosser Shifts und Unruhen in der Kirchenlandschaft. Allianzen brechen und neue entstehen. Es ist darum kein Wunder, dass die Leute sensibel reagieren. Was könntest du sagen, damit in deinen Lesern dieser scheinbar häufig entstandene Verdacht nicht aufkommt? Ich weiss: du bist letztlich nicht dafür verantwortlich. Aber es würde helfen.Nr 14. Du nimmst das schon gut wahr. War tatsächlich auch so gemeint. Ich werde den Verdacht nicht los, dass du dich letztlich vom historischen Christentum löst (ob bewusst oder unbewusst). Darum nochmals: Wie könntest du Leuten wie mir zeigen, dass dem nicht der Fall ist? I am very open das zu hören.So, das wäre meine offene Rückmeldung auf deine ausführlichen Antworten (für die ich dir wirklich herzlich danke!). Wir müssen nicht in einen grossen Dialog treten – ich nehme es, wie es kommt, aber freue mich über eine weitere Rückmeldung.

Weihnachten ohne Gott?

Ich mag Weihnachten oder das Christfest, wie es ursprünglich einmal hieß, um schon beim bloßen Namen an die Geburt Jesu zu erinnern. Mir ist es wichtig in dieser Zeit, an die Verbindung zwischen Denken und Glauben, zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Mensch und Gott erinnert zu werden. Zu Weihnachten durchbrach Gott von seiner Seite aus diese grundsätzliche Trennung. Aus der ewigen, geistlichen Realität kam er auf diese begrenzte, materielle Welt. Jesu Schüler Johannes drückt dieses Ereignis richtig philosophisch aus, wenn es schreibt: „Im Anfang war das Wort. Das Wort war bei Gott, ja, das Wort war Gott. Von Anfang an war es bei Gott. Alles ist dadurch entstanden. Ohne das Wort entstand nichts von dem, was besteht. In ihm war Leben, und dieses Leben war das Licht für die Menschen. Das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.“ (Joh 1, 1-5) Tatsächlich ist dieses Ereignis absolut einzigartig und eigentlich unvorstellbar. Nur weil Gott diesen Schritt auf seine Schöpfung zumacht, ist es dem Menschen überhaupt möglich ihn zu erkennen und Kontakt mit ihm aufzunehmen.
Weihnachten gefällt mir aber auch wegen seiner einzigartigen Atmosphäre, den speziellen Speisen und Liedern, dem besonderen Schmuck und den stimmungsvollen Lichterdekorationen. Wie kaum eine andere Jahreszeit kann man Weihnachten an ganz vielen Stellen wahrnehmen und sich daran freuen. Weihnachten ist nicht nur die Erinnerung an die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus, sondern auch ein beständiges Zeichen der Hoffnung, dass Gott die Menschen nicht alleine gelassen hat in ihrer oftmals chaotischen und eigensüchtigen Welt. Gott kommt auch heute noch zu jedem, der dazu bereit ist, selbst wenn das oft ziemlich unspektakulär aussehen kann, fernab von den Schlagzeilen für Millionen.
Irgendwie ist es schade, dass immer mehr Menschen der eigentliche Hintergrund von Weihnachten vorenthalten wird. Für machen wird Weihnachten dann zu einem geliebten oder gehasste Familienfest oder zu einer Orgie des Schenkens. Andere freuen sich einfach an der Dekoration, ohne viel über deren tiefere Bedeutung nachzudenken. Atheisten allerdings arbeiten schon seit Jahrzehnten daran, Weihnachten weitgehend zu säkularisieren. Eigentlich würden sie Weihnachtenn als religiösen Feiertag am liebsten ganz abschaffen. Weil das Fest aber bei den meisten Menschen außerordentlich populär ist, versucht man nach und nach die Glaubensinhalte zu entfernen, bis irgendwann nur noch ein wenig greifbares Winterfest übrigbleibt. Das unterscheidet sich im Kern dann kaum noch von den unzähligen anderen Stadtfesten, die zwischenzeitlich überall aus dem Boden sprießen. Wieder werden hier dieselben Buden aufgebaut, diesmal nur mit einer geringfügig anderen Dekoration.
Weihnachten auf den Winter, auf Kauforgien und eine Ansammlung von Fressbuden zu reduzieren ist nicht nur eine beängstigende kulturelle Verarmung. Das raubt dem vielfältigen Fest sein eigentliches Herz.
Gerade weil ich ein Freund von Weihnachten bin, vermisse ich in dieser Zeit mehr und mehr den eigentlichen, geistlichen Inhalt. Selbst die noch vor wenigen Jahren üblichen Andeutungen auf Jesus, Maria und Joseph sind zwischenzeitlich weitgehend beseitigt worden.
In Kindergärten und Schulen haben eifrige Atheisten dafür gesorgt, dass keine Lieder mehr gesungen werden, die auf Jesu hinweisen und die Weihnachtsgeschichte krampfhaft verschwiegen wird. Stattdessen treten wieder einmal Elfen oder Hexen auf, wie schon zu zehn anderen Anlässen im Jahr. Vielleicht werden zu Weihnachten noch Engel erwähnt, dann aber eher in einer esoterischen Einkleidung. Bei diesem ideologischen Umbau der Gesellschaft entschuldigen sich manche scheinheilig mit vorgeblicher Toleranz den Muslimen gegenüber. Dabei gibt es fast nirgends eine islamische Kritik an Weihnachten, weil Jesus für Muslime ein wichtiger, im Koran erwähnter Prophet ist. Die meisten Muslime haben weit weniger Probleme mit Weihnachten als Atheisten, die sich aus strategischen Gründen gerne hinter ihnen verstecken.
Selbst viele Christen haben sich zwischenzeitlich von Weihnachtsliedern und Weihnachtsgeschichten verabschiedet, in denen es um die Geburt Jesu geht.
Vor allem ist der Weihnachtsmann zwischenzeitlich zum Werbeträger für das Christfest geworden. Dabei wird wohl kaum noch jemand dahinter Nikolaus erkennen, den frommen Gemeindeleiter der kleinasiatischen Gemeinde von Myra. Auch hier wurden wieder einmal schöne christliche Erinnerungen durch seltsame Phantasiefiguren ersetzt.
Eigentlich liebe ich Weihnachtsmärkte und die damit verbundene Dekoration. In den letzten Jahren suche ich aber weitgehend vergeblich nach irgendwelchen Resten von Weihnachten auf diesen Events. Oftmals gibt es da nicht einmal mehr traditionelle Weihnachtsmusik an den Buden. Stattdessen wird hier der Pop gespielt, den man auch im übrigen Jahr überall zu hören bekommt. Bei den vielen Lichtern und Tannenzweigen sind Darstellungen von der Krippe, den Hirten, Jesus, Maria oder den Weisen aus dem Morgenland fast vollkommen verschwunden. Und das ist nicht nur auf Zufall oder den einhelligen Wunsch der Besucher zurückzuführen, sondern auf die gesellschaftsverändernde Strategie atheistisch gesinnter Kreise. Ehemals warben diese Leute für Toleranz. Zwischenzeitlich fordern sie die alleinige Herrschaft über die Köpfe und die Gesellschaft.
Angesichts einer zunehmenden Verdrängung geistlicher Aspekte aus der Advents- und Weihnachtszeit sind Christen herausgefordert, laut, offen und freudig von Jesus und von seiner wunderbaren Geburt zu erzählen. Neben stimmungsvollen Adventskonzerten können Christen noch deutlich mehr auf Weihnachtsmärkten präsent sein, mit Gesangbeiträgen auf offiziellen Bühnen, mit Geschichtenzelten für Kinder oder Ständen mit Gebäck und ansprechender Literatur. Auch Geschenkeaktionen in Heimen und Krankenhäuser oder einer geistlich ausgerichteten Advents- Einladung an die eigenen Nachbarn treffen oft auf freudiges Interesse. Bei entsprechendem Talent kann man natürlich auch mit kleinen, selbstgedrehten Filmen bei YouTube oder TikTok auf Jesus und die von ihm ausgehende Hoffnung aufmerksam machen.
Zu kaum einer anderen Jahreszeit ist es so naheliegend, über Glauben und Bibel zu reden. Hier liegt eine immense Chance, Gott wieder ins Gespräch zu bringen und Menschen dabei zu helfen, die Vielfalt und geistliche Tiefe von Weihnachten neu wahrzunehmen. In diesem Sinne war und ist Weihnachten ein Fest des Glaubens. Dafür wünsche ich allen wirklich gerne ein frohes Christfest. (von Michael Kotsch)
https://xuvu7p.podcaster.de/2022/12/08/weihnachten-ohne-gott/?fbclid=IwAR1va7Cix3qXg5XANiyZ89D3oBrjrAcTt5FgIS75GbYK4GFe__P1MrrHG6Y

Gott ist nicht beweisbar!? Physik- Nobelpreis 2022

Der im Oktober 2022 frischgebackene Physik- Nobelpreisträger Anton Zeilinger stellte in einem Interviewe fest: „Gott kann man naturwissenschaftlich nicht entdecken im Sinne von beweisen. […] Ich glaube, dass wir Menschen […] viel zu viele Definitionen zu machen versuchen: Gott ist allwissend, Gott ist allmächtig usw.. Ich bin da eher Anhänger einer mystischen Position: Ich finde, Gott kann man empfinden, aber man soll nicht so viel über ihn reden.“
Der österreichische Nobelpreisträger Zeilinger ist überzeugt, dass Naturwissenschaft Gott weder beweist noch in der Lage ist ihn zu widerlegen. Deshalb kann man als Christ und auch als Atheist wissenschaftlich arbeiten. Nur sollte man dabei immer die Grenzen seiner Forschung im Blick behalten und Wissenschaft nicht weltanschaulich instrumentalisieren. „Es gibt Naturwissenschaftler, die sind Atheisten. Genauso gibt es Naturwissenschaftler, die religiös sind. […] Angesichts der Schönheit der Naturgesetze kann man sagen: Das muss doch von irgendwoher kommen! Oder man sagt sich: So ist die Welt halt, und ich brauche keine weitere Ursache. Wenn man behauptet, dass Wissenschaft atheistisch macht, dann ist das genauso falsch wie die umgekehrte Position.“ Manche Wissenschaftler werben mit ihrem Renommee offen für den Atheismus. Auf der anderen Seite stellen sich andere Naturwissenschaftler aber auch immer wieder zu ihrem Glauben an Gott. So äußerte der 1932 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnete Werner Heisenberg: „Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch; aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott.“ Gerhard Ertl, der deutscher Chemie- Nobelpreisträger von 2007, bekennt sich in einem Interviewe zu seinem Glauben: „Das Leben ist ein gewaltiges Wunder. Wir nähern uns wissenschaftlich den Erklärungen an, aber eine Frage bleibt doch immer bestehen: Warum das alles? Hier glaube ich an Gott.“ Der Glaube eines Wissenschaftlers ist natürlich kein Beweis für die Existenz Gottes oder die Wahrheit der Bibel. Allerdings wird dadurch deutlich, dass wissenschaftliche Spitzenleistung und der Glaube an Gott sich keinesfalls ausschließen müssen.
Nobelpreisträger Zeilinger warnt vor einer Absolut- Setzung der Wissenschaft. Wissenschaft ist demnach nur eine gut funktionierende und anwendbare Interpretation der Wirklichkeit. Das Bild der Wirklichkeit aber unterliegt einem ständigen Wandel und darf nicht mit der Wirklichkeit an sich verwechselt werden. Zeilinger ist aufgrund seiner mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Forschungen über Quanten sogar davon überzeugt, dass unser bisheriges, streng materialistisches und kausalistisches Bild der Wirklichkeit dringend verändert werden sollte. „Wir müssen von unseren Vorstellungen über Raum und Zeit Abschied nehmen oder von unseren Vorstellungen über die Wirklichkeit. […] Wir brauchen eine neue Weltsicht, bei der wir unsere Vorstellungen von Wirklichkeit und von Raum und Zeit ändern.“
Bei Zeilingers Behauptung, Gott nicht beweisen zu können, werden viele Atheisten jubeln. Christen werden Protest erheben. Beide aber übersehen die wichtige Wahrheit hinter dieser Feststellung. Wenn man Gott nicht beweisen kann, heißt das natürlich nicht, dass es ihn notwendigerweise nicht gibt. Immerhin waren heute sichere Erkenntnisse der Naturwissenschaft noch vor 200 Jahren vollkommen unbekannt. Auch ohne dass man davon wusste gab es diese Dinge aber eben auch damals schon. Vor 200 Jahren konnte beispielsweise niemand Radioaktivität feststellen oder gar beweisen. Dazu fehlten sowohl die Theorie als auch die notwendige Technik. Und da man geringe, natürlich vorkommende Radioaktivität weder hören, noch riechen, fühlen oder schmecken kann, schien sie den damals lebenden Menschen nicht existent. Wie wir heute sicher wissen, gab es Radioaktivität aber trotzdem.
Es ist also wissenschaftlich absolut unzulässig, die Nichtexistenz einer Sache zu behaupten, nur weil man sie mit seinem jetzigen Horizont nicht für möglich hält oder mit den momentan vorhandenen Methoden nicht untersuchen kann. Mit einer solchen Behauptung geht man weit über seriöse Wissenschaft hinaus und behauptet indirekt sogar, genaue Kenntnisse über wissenschaftliche Fortschritte der kommenden Jahrhunderte zu haben.
Außerdem muss jeder seriöse Naturwissenschaftler eingestehen, dass Wissenschaft eben immer nur eine begrenzte Beschreibung bestimmter Aspekte der Wirklichkeit ist. Die Wirklichkeit selbst aber ist viel komplexer und größer. Es ist sogar sehr naheliegend, dass Naturwissenschaft bestimmte Bereiche der Wirklichkeit nie erforschen und beschreiben können wird, weil sie sich kategorisch von dem unterscheiden, was Naturwissenschaft untersuchen kann. Schon heute merkt jeder schnell, dass naturwissenschaftliche Versuche so etwas wie schön, gut, böse, Liebe, oder Treue zu erklären sehr platt und eindimensional wirken. Gott scheint definitionsgemäß auch zu diesem Bereich der Wirklichkeit zu gehören, der von Naturwissenschaft nicht adäquat beschrieben werden kann.
Darüber hinaus stößt Naturwissenschaft bei der Beschäftigung mit Gott auf ein weiteres, kaum überwindbares Hindernis.  Gott ist definitionsgemäß ein unendlich mächtiges, frei entscheidendes Wesen. Als solches steht er dem Naturwissenschaftler aber eben nicht für seine Untersuchungen zur Verfügung. Gott ist kein Bestandteil dieser irdischen, für den Naturwissenschaftler greifbaren Welt. Wenn er es nicht will, dann kann er von der Erde aus, selbst mit Teleskopen und anderen Messungen, nicht erforscht werden. In der Bibel wird deshalb auch immer wieder davor gewarnt, sich aufgrund eigener Überlegungen und Berechnungen ein Bild von Gott zu machen. Dort wird ganz deutlich darauf hingewiesen, dass Gott für Menschen nur dann wahrnehmbar ist, wenn er sich selbst zur Verfügung stellt, also offenbart. Dass hat er historisch in seinen Mitteilungen an die Propheten und durch spektakuläre Wunder getan, vor allem aber in Jesus Christus, in dem er selbst zeitweilig menschliche Gestalt angenommen hat. Jesus wies deutlich darauf hin, dass niemand von sich aus Gott erkennen kann, außer wenn er selbst diese Erkenntnis möglich macht (Mt 11, 27).
Atheisten sollten also zurückhaltend sein mit ihren Behauptungen über Gott und diese ehrlich als weltanschauliche Glaubensaussagen und nicht als wissenschaftliche Tatsachen kenntlich machen. Aber auch Christen sollten nicht mehr versprechen, als sie liefern können. Im besten Fall können sie plausible Hinweise für die Existenz Gottes anführen, was für die nähere Beschäftigung mit ihm allerdings auch schon genügen sollte. Biblische Aussagen, Berichte von Wundern und die Beobachtung einer höchst komplexen Natur sind eben keine Beweise im naturwissenschaftlichen Sinn. Es sind Behauptungen, Berichte und vernünftige Interpretationen. Als solche sollte man sie auch anführen. Aber natürlich kann man das alles auch rational bezweifeln. Christen halten die Wahrscheinlichkeit der von ihnen angeführten Indizien begründeterweise für sehr hoch. Das ist auch durchaus legitim. Es existieren eben einige gute und plausible Hinweise auf die Existenz Gottes, weshalb in der Bibel gesagt werden kann, dass alle Menschen in ihrem tiefsten Inneren von Gott wissen (Röm 1, 19f.). Um einen naturwissenschaftlich sicheren Beweis handelt es sich dabei allerdings nicht. Schlussendlich muss man feststellen, das Gott naturwissenschaftlich weder beweisbar, noch wiederlegbar ist, dass aber gute Gründe für seine Existenz sprechen. Wer sich persönlich für Gott öffnet, der wird, so wurde es von Jesus versprochen, eine noch tiefere Gewissheit seiner Existenz und der Wahrheit der Bibel bekommen; aber eben auf einer nicht- naturwissenschaftlichen Ebene.
Den aktuellen Physik- Nobelpreis verdankt Zeilinger übrigens seinen Experimente mit verschränkten Quantenzuständen, bei denen sich zwei Teilchen wie eine Einheit verhalten, auch wenn sie getrennt sind. Damit hatte er die Quantenteleportation nachgewiesen. Dabei kann ein Quantenzustand von einem Teilchen zu einem anderen zu übertragen werden. Quantenteleportation verschickt aber keine Gegenstände oder Personen, wie das in den Science-Fiction-Filmen zu sehen ist. Übertragen werden Informationen über Objekte. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Quantenfotografie und Quantencomputer der Zukunft.
(von Michael Kotsch)
https://xuvu7p.podcaster.de/2022/10/06/gott-ist-nicht-beweisbar-physik-nobelpreis-2022/

Einstein im Originalton

Jeder kennt die Bilder: Der Wuschelkopf, die weißen, zu Berge stehenden Haare – Einstein, der Non-Konformist. Aber seine Stimme ist nur selten zu hören – außer in den wenigen Filmausschnitten, die selten gezeigt werden. Auf der CD „Verehrte An- und Abwesende“ sind Originaltonaufnahmen von Einstein aus den Jahren 1921 bis 1951 gesammelt. Sie lassen erahnen, warum seine Zeitgenossen von ihm und seinen Worten fasziniert waren.Von Heinz Greuling
Einstein und die Religion
Im Tondokument erläutert Einstein sein „Glaubensbekenntnis“. Damit meint er allerdings seine politischen und moralischen Wertvorstellungen und nicht einen religiösen Glauben.

Doch auch über Religion und Gott hat sich Einstein häufig geäußert. Und es gibt wohl kaum ein Anliegen, in dem der Physiker so unverstanden geblieben ist, wie beim Thema „Gott und die Physik“. Wir kennen viele Worte und Sätze, in denen Einstein auf Gott anspielt.

„Gott würfelt nicht…“ und „Raffiniert ist der Herrgott, doch boshaft ist Er nicht.“ Das soll er im Mai 1921 dem Mathematikprofessor Oscar Veblen in Princeton gesagt haben. Wie schillernd er mit solchen Aussprüchen spielte, bewies er zwei Jahre später, als er bekannte: „Ich habe noch einmal darüber nachgedacht. Vielleicht ist Er doch boshaft.“

Einstein glaubte an einen Schöpfer, aber nicht an einen persönlichen Gott. Für ihn war das Wort „Gott“ die Summe aller Gesetze und Ordnungen, nach denen diese Welt entstand und weiterbesteht. Auf die Frage eines New Yorker Rabbiners „Glauben Sie an Gott?“ antwortete er fast ausweichend: „Ich bin kein Atheist… Das Problem ist für unseren begrenzten Geist zu gewaltig.“

Einstein spürte eine große moralische und ethische Verantwortung. Für ihn war der Mensch in seinem Willen nicht frei. In der Schallplattenaufnahme „Mein Glaubensbekenntnis“ für die Deutsche Liga der Menschenrechte bezog er sich am 10. November 1930 in Berlin auf den deutschen Philosophen Arthur Schopenhauer:

„Jeder handelt nicht nur unter äußerem Zwang, sondern auch gemäß innerer Notwendigkeit. Schopenhauers Spruch: Ein Mensch kann zwar tun, was er will, aber nicht wollen, was er will, hat mich seit meiner Jugend lebendig erfüllt.“ Für ihn war das der Schlüssel, mit Humor und Realitätssinn die Fehler der Menschen ertragen zu können. Albert Einstein bei einem Vortrag im Jahr 1950
https://www.planet-wissen.de/geschichte/persoenlichkeiten/albert_einstein_das_jahrhundert_genie/pwieeinsteinimoriginalton100.html

Eine kleine Typologie des Atheisten

Bitte erst die Einleitung lesen. Wir wollen ja keine Verletzten!
Apologetik gehört zu meinen Lieblingsspielen. Und dazu kam es nicht ganz freiwillig. Bereits in der Schule wurde ich mit diversen Argumenten, bis hin zu Beleidigungen konfrontiert. Ich ging auf eine Schule in der Stadt mit ausschließlich gut situierten Mitschülern aus Elternhäusern, die sich wahnsinnig gebildet vorkamen, und diese waren der Meinung, dass ich DRINGEND über die schrecklichen Begleiterscheinungen von Religion und besonders Katholizismus aufgeklärt werden müsse.
Ich bringe auf diesem Gebiet also eine gewisse Übung mit. Im Laufe der Zeit lernte ich, dass Angriff eine der besten Verteidigungen ist, da sich die meisten Kritiker als Vertreter eines gesellschaftlichen Consens und paradoxerweise zeitgleich unheimlich subversiv fühlten. Einerseits dachten sie, ihr Standpunkt sei für einen intelligenten Menschen sofort logisch ersichtlich und der einzig Vernünftige, andererseits hielten sie sich für unfassbar originell. Es kommt in jedem Fall überraschend für sie, wenn man sich über sie lustig macht.
Ich bin mit einem Haufen überzeugter und zufriedener Atheisten befreundet, denen es nie einfiel, mich auf diese widerwärtige Art und Weise anzugehen. Ich habe auch nie versucht, sie zu missionieren. Das ist schließlich ihre Sache. Die hier dargestellten Tpen von atheistischen Nervensägen sind jene Leute, die ihrerseits die Gläubigen nicht in Frieden lassen können. Die denken, sie müssten mich aus irgendeiner Unmündigkeit und aus den Krallen des Vatikan retten.
Die Typen von Atheisten kennen heißt: bereits vorbereitet sein, auf das, was kommt ;) Also zieht Euch warm an, denn das hier sind die definitiv furchteinflößendsten Exemplare unter ihnen: Weiterlesen

Wer Gott nur braucht, der kennt ihn nicht – Von Ferkeln, Kühen, Toleranz und Nützlichkeit

„Wer Gott nicht kennt, der braucht ihn nicht“ Das ist die „Moral“ eines Kinderbuches, das als „atheistische Kinderbibel“ in Kreisen des missionarischen Atheismus Kultstatus genießt und vom Verfasser schon mal selbst in aller Bescheidenheit als „weltweit einzigartig“ bezeichnet wird: „Wo bitte geht’s zu Gott, fragte das kleine Ferkel“  (http://www.schmidt-salomon.de/ferkel.htm – die Behauptung der Einzigartigkeit findet sich dort unter dem FAQ-Link).
Man könnte eine Menge dazu sagen, manche haben das auch schon getan. Dass der Jude dort natürlich mal wieder eine Hakennase hat, dass die Vertreter der Religionen Judentum, Christentum und Islam ständig geifernde Sprüche absondern und hässliche Fratzengesichter haben ist nur das eine und lässt mich fragen, wie die genannte Seite eigentlich ausgerechnet zu der Behauptung kommt, das Buch sei „liebevoll (sic!) illustriert“? Atheisten tragen gerne die Behauptung vor sich her, sie würden zur Toleranz erziehen und unterstellen religiösen Eltern gerne das Gegenteil. Diese Behauptung wird durch dieses Buch bestimmt nicht untermauert …
Am wichtigsten finde ich aber die Auseinandersetzung mit dem genannten letzten Satz des Buches: „Wer Gott nicht kennt, der braucht ihn nicht“  Ich habe Atheisten erlebt, die darob in Verzückung geraten, wenn sie diese Worte zitieren, weil sie sie so furchtbar genial finden. Dabei sind sie völlig nichtssagend. In der Zeit, in der die Menschen keine Autos kannten, brauchte auch keiner eines. Tiere, die keine Beine haben – wie Fische zum Beispiel, brauchen auch keine. Jedes Lebewesen kann nur etwas nur brauchen, also benötigen und / oder benutzen (oder auf die Idee kommen, es zu brauchen), wenn es das, was es evtl. brauchen könnte auch gibt und wenn es davon weiß, es also kennt. „Wer Gott nicht kennt, der braucht ihn nicht“ ist also eine nahezu tautologische Banalität. Das ist das eine.
Das andere ist allerdings eine sich daran anschließende Kritik, die sich nicht nur Atheisten, sondern auch viele fromme Christen gefallen lassen müssen: Dass nämlich oft Nützlichkeit und Wahrheit verwechselt oder in einen Topf geworden werden. Meister Eckhart sagt völlig zu Recht:
„Etliche Leute wollen Gott mit Augen schauen, so, wie sie eine Kuh betrachten, und wollen Gott genauso minnen, wie sie eine Kuh liebhaben. Die Kuh, die minnest du um die Milch und um den Käs’, um deinen eigenen Nutz. So tun alle jene Leute, die Gott minnen um auswendigen Reichtums oder um einwendigen Trostes willen. Solche Leute minnen Gott nicht auf rechte Weise, sondern sie minnen ihren eigenen Nutzen. Und wahrlich, solches Minnen wird dir zum Hindernis auf dem Weg zur allernächsten Wahrheit.“ (zit. nach: http://www.evlka.de/extern/rinteln/choralschola/zu_Meister_Eckhart.htm)
Wir können den Schlusssatz des Ferkelbuches also umformulieren und ihn – in Anlehnung an Eckarts Kuh-Diktum – sowohl Christen wie Atheisten ins Stammbuch schreiben: „Wer Gott nur braucht, der kennt ihn nicht“
http://kraftwort.wordpress.com/2011/05/21/wer-gott-nur-braucht-der-kennt-ihn-nicht-von-ferkeln-kuhen-toleranz-und-nutzlichkeit/

Bemerkungen zu drei atheistischen Argumenten gegen den Gottesglauben

Das geistige Klima der vergangenen Jahre wurde oft mit dem Ausdruck ,postmodern‘ gekennzeichnet. Damit war der prinzipielle Abschied von Weltanschauungssystemen und absoluten Wahrheiten gemeint, gepaart mit einer damit einhergehenden Toleranz, die es dem Einzelnen selber überlässt, seine ganz persönlichen Wertvorstellungen und Glaubensinhalte zu wählen.
Im Hinblick auf das Christentum hat dieses Klima einerseits zum Niedergang der Autorität der, Institution Kirche‘ geführt, zugleich aber einen Freiraum des Subjektivismus eröffnet, in welchem auch der Glaube des Individuums kreativ und ungebremst gedeihen kann. Der alte Gegensatz zwischen Glaube und Unglaube schien überwunden, zumindest seines Konfliktpotentials entkernt. Denn ‚jeder glaubt schließlich irgendetwas‘. Der damit verbundene Traum eines toleranten multikulturellen Zeitalters ist jedoch schwieriger zu verwirklichen als anfänglich gedacht. Und so hat sich, vor allem unter dem Eindruck der Stosskraft des Islam, für den viele junge Moslems offenbar zu sterben bereit sind, der von manchen schon tot geglaubte Atheismus wieder zu Wort gemeldet. Religion und Gottesglaube seien inkompatibel mit Toleranz, Freiheit und Demokratie; diese könnten sich vielmehr nur unter Voraussetzungen des Atheismus entfalten.
In der sich hier und da wieder abzeichnenden Theismus-Atheismus-Debatte tauchen einige Argumente gegen den Gottesglauben auf, die ich kurz beleuchten möchte. Manche Einwände richten sich gegen den Gottesglauben im Allgemeinen (Theismus), andere machen nur Sinn im Hinblick auf den christlichen Glauben. Im Wesentlichen sind es drei Argumente, die in mannigfachen Variationen vorgebracht werden. Weiterlesen

Der letzte Hort für Atheismus-Argumente scheint die Psychologie zu sein.

Der letzte Hort für Atheismus-Argumente scheint die Psychologie zu sein. Denn irgendwie haben die Leute den Eindruck, die Psychologie habe den lieben Gott als so eine Art kleinen Mann im Ohr entlarvt, den man bei Bedarf mit guter Psychologie wegmachen könne. Kronzeuge ist Sigmund Freud (1856-1939), der in seinen religionskritischen Schriften gute Argumente geliefert habe. Doch wer diese Schriften kennt, der weiß, dass sie bloß einige wolkige Spekulationen auf der Basis spärlicher und längst überholter paläontologischer Literatur enthalten. Gewiss sind aber auch C. G. Jung und Victor Frankl, die sich ausdrücklich gegen den Atheismus Sigmund Freuds wandten, mit ihrer bild- und wortreichen psychologischen Beschwörung des Religiösen intellektuell nicht wirklich anregend. Da sehnt man sich nach der bildlosen Nüchternheit Freuds zurück. Die Psychologie jedenfalls ist für die Frage, ob Gott existiert oder nicht, nicht ergiebig. Oder etwa doch? Weiterlesen

Existiert Gott? – Ein Gespräch beim Friseur

Ein Mann lässt sich seine Haare schneiden und seinen Bart trimmen. Der Friseur spricht während seiner Arbeit mit dem Kunden über viele Dinge, wie Friseure es so tun. Auch das Thema Gott wird berührt.
„Ich glaube nicht, dass Gott existiert!“, meint der Friseur.
„Warum?“ fragt der Kunde.
„Sie müssen nur auf die Straße gehen. Wenn Gott existierte, gäbe es dann so viele kranke Leute? Würde es so viele Kinder geben, die verlassen wurden? Würde es so viel Leid und Schmerzen geben? Gäbe es einen Gott, würde er alle diese Dinge nicht zulassen!“
Der Kunde antwortet nicht. Schließlich sind die Haare geschnitten. Der Bart ist gestutzt und der Friseur entlohnt.
Auf der Straße begegnet der Kunde einem Mann mit langen, schmutzigen Haaren und ungepflegtem Bart. Er geht zurück und sagt zum Friseur: „Friseure existieren nicht! Es gibt keine Friseure!“
„Wie kommen Sie darauf? Ich habe ich Ihnen doch gerade eben die Haare geschnitten und den Bart getrimmt!“
Der Kunde wiederholt: „Friseure existieren nicht, denn wenn sie existierten, gäbe es nicht so viele Menschen mit schmutzigem, langem, ungepflegtem Haar und ungetrimmtem Bart. Sehen Sie jenen Mann auf der Straße? Gäbe es Sie, würden Sie so etwas nicht zulassen!“
„Ach was! Ich existiere! Nur – die Leute kommen nicht zu mir!“
Der Kunde erwidert: „Eben! Auch Gott existiert. Nur kommen die Menschen nicht zu ihm und suchen ihn nicht. Auch deswegen gibt es so viel Schmerz und Leid in der Welt.“
(Autor unbekannt)

Abschied vom Atheismus

„Weder die Böswilligkeit meiner Feinde, noch die pfiffige Torheit meiner Freunde, soll mich davon abhalten, über die wichtigste Frage der Menschheit, über das Wesen Gottes, unumwunden und offen, mein Bekenntnis auszusprechen“.
„Ich verdanke meine Erleuchtung ganz einfach der Lektüre eines Buches: Eines Buches? Ja, und es ist ein altes schlichtes Buch, bescheiden wie die Natur, auch natürlich wie diese; ein Buch, das werkeltägig und anspruchslos aussieht, wie die Sonne, die uns wärmt, wie das Brot, das uns nährt – und dieses Buch heißt auch ganz kurzweg das Buch, die Bibel. Mit Fug nennt man diese auch die Heilige Schrift; wer seinen Gott verloren hat, der kann ihn in diesem Buch wiederfinden, und wer ihn nie gekannt, dem weht hier entgegen der Odem des göttlichen Wortes.“
„Ja, ich bin zurückgekehrt zu Gott“, versichert der Dichter, „wie der verlorene Sohn, nachdem ich lange Zeit bei den Hegelianern Schweine gehütet.“ Heinrich Heine
http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=9114&ausgabe=200602