„Die Gerechtigkeit ist ohnmächtig ohne die Macht; die Macht ist tyrannisch
ohne die Gerechtigkeit.“ (Blaise Pascal, 1623-1662)
Häufig wirkt der Ruf zur Gerechtigkeit irgendwie schal und leer. Zumeist
beklagen nur diejenigen Ungerechtigkeit, die unter ihr zu leiden haben. Sobald
sie aber selbst die Macht errungen haben, zögern dieselben Personen kaum damit
ihre ehemaligen Gegner zu unterdrücken. In diesem Fall wird lediglich die
eigene Machtlosigkeit beklagen, nicht die Ungerechtigkeit an sich. Gelegentlich
wird Ungerechtigkeit auch nur diskutiert, um die Position gesellschaftlicher
Kontrahenten zu schwächen. Das Leiden der Menschen hingegen ist den politischen
Propagandisten weitgehend egal. Manchmal ist Ungerechtigkeit sogar
hochwillkommen, weil sie argumentative Munition gegen eigene Konkurrenten
liefert.
Pascal aber geht es hier allerdings noch um einen ganz anderen Aspekt. In einer
sehr realistischen Gesellschaftsanalyse stellt er fest, dass Gerechtigkeit nur
dann relevant ist, wenn eine einsprechende moralische Instanz auch die
Möglichkeit hat, diese durchzusetzen. Anderenfalls bleibt Gerechtigkeit allzu
oft nur ein Gedanke, ein verbal beschworenes Ideal. Auf der anderen Seite
tendieren die Mächtigen dieser Welt dazu, das als gerecht zu erklären, was
ihnen gerade ins Konzept passt. Gerechtigkeit degeneriert dabei zur bloßen
Vokabel. Im Grunde geht es vielen Herrschenden nur noch um den Erhalt eigener
Macht und Privilegien. – Tatsächlich aber ist Gerechtigkeit immer auf Macht
angewiesen, um realisiert werden zu können. Macht braucht Gerechtigkeit, um die
eigenen Möglichkeiten nicht zu missbrauchen.
Für Pascal vereinten sich die Aspekte von Macht und Gerechtigkeit in vollkommener
Weise in Gott. Mit seiner unendlichen Weisheit erkennt Gott das Gute und
Gerechte. Gleichzeitig verfügt er über die Macht, diese Gerechtigkeit auch
einzufordern und durchzusetzen. Das allerdings stellen heute nicht wenige
Menschen infrage. Ihrer Meinung nach zeigt sich Gott weitgehend ohnmächtig
angesichts der unermesslichen Leiden der Welt. Das aber gilt nur für den
relativ kurzzeitigen Beobachter.
Realistisch gesehen greift Gott ständig in das Weltgeschehen ein. Dabei
verhindert er viele Fälle möglicher Ungerechtigkeit. Außerdem beendet er immer
wieder ungerechte Handlungen zahlreicher Machthaber. – Am Ende der Zeiten wird
sich jeder Mensch vor Gott für sein Handeln verantworten müssen, Mächtige und
Machtlose, Herrscher und einfache Menschen. Oftmals hat Gott allerdings viel
Geduld mit seinen Geschöpfen. Das gilt auch für die Ungerechten. Er betreibt
nicht deren baldmöglichste Bestrafung, sondern hofft auf ihre Einsicht und
Umkehr. Glücklicherweise liebt Gott auch ungerechte Menschen. Schlussendlich
aber wird er mit seiner ganzen Macht Gerechtigkeit durchsetzen. Seine
Gerechtigkeit ist vollkommen selbstlos, dauerhaft und tragfähig. Sie ist nicht
nur eine oberflächliche Floskel zur Förderung eigener Interessen. Gottes
Gerechtigkeit werden am Ende der Zeiten alle Menschen bereitwillig zustimmen.
„Gott wird die Armen mit Gerechtigkeit richten und den Elenden im Land ein
unparteiisches Urteil sprechen. Er wird die Erde mit dem Stab seines Mundes
schlagen und den Gesetzlosen mit dem Hauch seiner Lippen töten.“ (Jesaja 11, 4)
https://www.facebook.com/michael.kotsch.9/posts/1539677952838644
Gerechtigkeit braucht Macht
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