Konformistische Toleranz

„Denn ein wesentliches Lebensprinzip der hellenistischen Gesellschaft war die konformistische Toleranz, das gegenseitige Sichannehmen auch und gerade auf religiös-sittlichem Gebiet. Das Judentum hatte sich in der Makkabäerzeit in bitteren Auseinandersetzungen mit hellenistischen Herrschern gegen dieses Prinzip für die Absolutheit seiner Religion entschieden … Dieser Nonkonformismus wurde den Juden als völkische, von den Vätern überkommene Eigenart gemeinhin, wenn auch mit Widerwillen, zugestanden. Er mußte jedoch, wenn man ihm nun bei den eigenen Mitbürgern, Bekannten und Verwandten begegnete, Empörung hervorrufen, die sich in gehässigem Mißverstehen und Mißdeuten christlicher Aussagen und Lebensweise äußerte.“ (Leonhart Goppelt, 1. Petrusbrief, 59)

Alle haben Recht

„Ein Bürgermeister muss eine schwierige kommunale Angelegenheit regeln. Er lädt die verschiedenen Parteien mit ihren unterschiedlichen Positionen und widersprüchlichen Interessen zu Einzelgesprächen ein. Nachdem er den ersten Interessenvertreter angehört hat, sagt er: ,Sie haben ganz recht.‘ Nachdem er die zweite Position gehört hat, sagt er auch zu deren Vertreter: ,Ich kann Sie gut verstehen. Sie haben ganz recht.‘ Nachdem er mit der dritten Partei gesprochen hat, sagt er auch zu dieser: ,Selbstverständlich haben Sie recht.‘ Sein Sekretär sitzt dabei und stellt ihn hinterher zur Rede: ,Wie kannst du denn zu allen sagen: Sie haben recht? Das geht doch nicht; das kann doch gar nicht sein.‘ Die Antwort des Bürgermeisters: ,Da hast du ganz recht.‘“ (Diese nette Geschichte findet sich bei Heinzpeter Hempelmann: Glauben wir alle an denselben Gott?, Wuppertal (R. Brockhaus) 1997)

Was hat diese Stadt für einen vorbildlich toleranten Bürgermeister! Die Frage ist nur, welche Entscheidung er am Ende trifft. Findet er einen Kompromiss, der allen Ansprüchen gerecht wird? Hört er auf den Interessenvertreter, der ihm am sympathischsten ist oder ihm einen netten Urlaub spendiert? Oder schlägt er sich auf die Seite dessen, der den größten Einfluss hat im Landkreis? Schließlich könnte  er die Entscheidung auch hinausschieben und die Lösung des Problems seinem Nachfolger überlassen: Soll der sich doch unbeliebt machen!

Meinung ist nicht Wahrheit

In vielen Fragen des täglichen Lebens ist klar: Es gibt verschiedene Meinungen, aber nicht jede Meinung kann richtig sein. Es gibt verschiedene Wahrheitsansprüche, aber nicht jeder Wahrheitsanspruch kann die Wahrheit sein. Deshalb muss ich abwägen und mich entscheiden. Und um die richtige Entscheidung zu treffen, muss ich die Wahrheit finden.

Wenn es jedoch um die persönliche Lebensführung oder den Glaubens geht, um Religion und Ethik, sind sich viele nicht sicher, ob es ein richtig und falsch, ob es eine Wahrheit für alle geben kann. Muss da nicht jeder das glauben und machen, was für ihn oder sie richtig ist, was für ihn oder sie „wahr“ ist? Solange man keinem anderen Menschen schadet ist alles erlaubt, oder?

Wahrheit hat Konsequenzen

Bei der Auseinandersetzung um die verschiedenen Weltanschauungen, verliert man schnell aus dem Blick, dass es hier um mehr geht, als um Ideen, Theorien oder Gedankengebäude. Das was Menschen glauben, hat immer handfeste Auswirkungen. Und an ihnen zeigt sich, ob es sich um die Wahrheit handelt oder um eine Lüge.

Die Bibel betont darum immer wieder: Wahrheit kommt von dem Gott, der die Menschen geschaffen hat und um ihr Wohl besorgt ist. Deshalb ist Wahrheit das, was das Leben fördert, was sich für den einzelnen und die Gemeinschaft bewährt. Wahrheit wird nicht in der Bibel zuerst theoretisch begründet, sie beruht auf Gottes Reden und Handeln und beweist sich im Lebensvollzug oder spätestens an der Grenze des irdischen Lebens. Wer die Wahrheit gefunden hat und sich nach ihr richtet, dessen Leben gelingt und der kommt ans Ziel.

Die Wahrheit in Person

Im Neuen Testament bestätigt Jesus diese Tatsache: „Dein Wort, Gott, ist Wahrheit“ (Johannes 17,17). Zugleich spitzt er die Wahrheitsfrage zu, indem er auf sich selbst verweist: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zu Gott, dem Vater als nur durch mich.“ (Johannes 14,6)

Wer die Wahrheit sucht, muss Jesus anschauen: wie er gelebt hat, wie er Menschen geholfen und wiederhergestellt hat, wie er sich für andere geopfert hat und auferstanden ist. Am Leben Jesu wird deutlich: Die Wahrheit befreit. Sie schafft Leben und bewährt sich am Ende. Und seine anmaßend klingende These: „Ich bin die Wahrheit!“ ist in Wirklichkeit eine Einladung: „Orientiere dich an mir, folge mir nach, vertraue mir und dein Leben wird sinnerfüllt und fruchtbar sein, du wirst am Ziel ankommen.“

Wenn das stimmt, dann führt die Ignoranz oder gar Ablehnung gegenüber Jesus unweigerlich ins Verderben. Auch diesen Aspekt der Wahrheit hat Jesus seinen Hörern nicht verschwiegen (Johannes 3,18-19).  

Ein heilsamer Absolutheitsanspruch

Ja, Jesus erhebt einen Absolutheitsanspruch. Doch die Behauptung einer absoluten Wahrheit führt nicht zwangsläufig zu Überheblichkeit und Machtansprüchen. Das Gegenteil ist der Fall. Gerade Jesus, der die Wahrheit für sich reklamierte, hat sein ganzes Leben lang anderen gedient. Als er wegen seines Wahrheitsanspruchs hingerichtet wurde, wehrte er sich nicht. Deshalb wird jeder wahre Nachfolger Jesu die Wahrheit nicht missbrauchen, um andere zu manipulieren oder zu beherrschen. Nein, die Wahrheit, die sich in Jesus zeigt, ist die Wahrheit, die Menschen barmherziger macht und die sie sogar dazu befähigt, ihre Feinde zu lieben.
Von Andreas Schmidt
https://www.steps-leaders.de/beitrag/jesus-die-absolute-wahrheit

Toleranz

„Toleranz verlangt nicht danach Unstimmigkeiten und Widersprüche zu verschleiern. Im Gegenteil, sie fordert, die Unmöglichkeit eines umfassenden einheitlichen Denkens anzuerkennen und darum fremde und gegensätzliche Ansichten ohne Hass und Feindschaft zur Kenntnis zu nehmen.“ Lew Kopelew

Gott bewahre uns vor einer falschen Toleranz

Gott bewahre uns also vor dieser „Toleranz“, von der wir so viel hören: Gott erlöse uns von der Sünde, mit denen gemeinsame Sache zu machen, die das gesegnete Evangelium Jesu Christi leugnen oder ignorieren!
Wenn Sie sich dafür entscheiden, für Christus zu einzustehen, werden Sie kein leichtes Leben haben. Natürlich können Sie versuchen, sich dem Konflikt zu entziehen. Alle Menschen werden gut von Ihnen sprechen, wenn Sie, nachdem Sie am Sonntag ein noch so unpopuläres Evangelium gepredigt haben, am nächsten Tag in den Kirchenräten nur gegen dieses Evangelium stimmen; man wird Ihnen gnädigerweise erlauben, an das übernatürliche Christentum zu glauben, so viel Sie wollen, wenn Sie nur so tun, als würden Sie nicht daran glauben, wenn Sie nur mit seinen Gegnern gemeinsame Sache machen. Das ist das Programm, das die Gunst der Kirche gewinnen wird. Ein Mensch mag glauben, was er will, solange er nicht stark genug glaubt, um sein Leben dafür zu riskieren und dafür zu kämpfen.
Aber um Toleranz zu beten, abgesehen von den eben genannten Formen, insbesondere um Toleranz zu beten ohne sorgfältig definieren, in welchem Sinne man tolerant sein soll, heißt nur, den Zusammenbruch der christlichen Religion herbeizubeten; denn die christliche Religion ist [im Blick auf die Lehre] durch und durch intolerant. Darin liegt das ganze Ärgernis des Kreuzes – und auch die ganze Kraft des Kreuzes. Immer wäre das Evangelium von der Welt mit Wohlwollen aufgenommen worden, wenn es nur als ein Weg der Erlösung dargestellt worden wäre; der Anstoß kam, weil es als der einzige Weg dargestellt wurde und weil es allen anderen Wegen unerbittlich den Kampf angesagt hat. Gott bewahre uns also vor dieser „Toleranz“, von der wir so viel hören: Gott erlöse uns von der Sünde, mit denen gemeinsame Sache zu machen, die das gesegnete Evangelium Jesu Christi leugnen oder ignorieren! Gott bewahre uns vor der tödlichen Schuld, die Anwesenheit derer als unsere Vertreter in der Kirche zuzulassen, die Jesu Kinder in die Irre führen; Gott mache uns, was immer wir sonst sind, zu rechten und treuen Boten, die ohne Furcht und Gunst nicht unser Wort, sondern das Wort Gottes verkündigen.
Christentum und Liberalismus: Wie die liberale Theologie den Glauben zerstört von Machen, J. Gresham (Autor)

Toleranz

Toleranz bedeutet nicht, alles anzuerkennen, was von aussen an eine Gesellschaft herangetragen wird. Diese Feststellung muss man sich in Zeiten von Globalisierung, Migration und einem verbreiteten Gefühl des «Anything goes» immer wieder in Erinnerung rufen. Auch der weltoffene, freiheitlich-pluralistische Staat hat die Aufgabe, eigene Massstäbe zu setzen und zu verteidigen. Eric Gujer, NZZ
https://bibelkreismuenchende.wordpress.com/2020/11/25/was-bedeutet-es-fur-die-religionsfreiheit-wenn-christen-muslime-oder-menschen-anderen-glaubens-aus-vermeintlichen-toleranzgrunden-keinen-wahrheitsanspruch-fur-ihre-religion-erheben-durfen/

https://bibelkreismuenchende.wordpress.com/2011/06/29/wahrheit-und-toleranz/

Was bedeutet es für die Religionsfreiheit, wenn Christen, Muslime oder Menschen anderen Glaubens aus vermeintlichen Toleranzgründen keinen Wahrheitsanspruch für ihre Religion erheben dürfen?

Der Vorwurf der Intoleranz ist eine Gefahr für die Religionsfreiheit heute. Denn Religions- oder Meinungsfreiheit heißt ja: Jede Meinung und jeder Widerspruch dürfen geäußert werden. Der eine sagt, der Islam hat recht, dann darf jeder sagen, der Islam hat unrecht. Ich darf sagen, das Christentum ist wahr, und jeder darf sagen, das Christentum ist nicht wahr. Der Postmodernismus löst das auf und damit die Religionsfreiheit gleich mit. Das geht so: Wenn ich dem Moslem sage, dass er irrt, dann ist das laut den Postmodernisten eine gewalttätige Tat und muss verboten werden. In diese Richtung gehen tatsächlich schon Gesetzesentwürfe in Brüssel, die besagen, man darf anderen Religionen nicht widersprechen. Weil man diese Grenze zwischen Meinungsäußerung und wirklicher Gewalt- oder Unrechtstat aufgelöst hat, verlieren wir die Meinungs- und die Religionsfreiheit. Brüssel geht ganz klar in diese Richtung. Das ist politisch dramatisch und wird, wenn es so weitergeht, zu erheblichen Bedrängnissen führen.
https://www.bibelundbekenntnis.de/stellungnahmen/interview-von-pro-mit-daniel-von-wachter/

Der Anspruch auf die Wahrheit ist selbst schon politisch unkorrekt

Der Anspruch auf die Wahrheit ist selbst schon politisch unkorrekt, weil man ihm unterstellt, die Gleichberechtigung des anderen nicht anzuerkennen. Damit wird aber auch die Toleranz bedeutungslos, denn sie muss einen Grund haben, der nur in der Achtung der Würde des anderen bestehen kann. Dazu gehört, ihm die Wahrheitsfähigkeit zuzusprechen. Nichteinmischung im Meinungsstreit ist keine Toleranz – Gleichgültigkeit vor der Meinung des anderen bedeutet, ihn nicht ernst zu nehmen. Robert Spaemann  
Quelle: In einem Interview des Hamburger Magazins „Spiegel“

Der Wolf im Toleranzpelz

Religiöser Pluralismus ist heute IN. Wer glaubt, dass es nur einen Weg zu Gott gibt, der ist arrogant und unverschämt. Viele unserer Freunde glauben sogar das genaue Gegenteil, nämlich dass viele Wege zu Gott führen. Religiöser Pluralismus eben. Sie denken nicht nur, dass religiöser Pluralismus netter und freundlicher ist, sondern auch aufgeklärter, demütiger und vor allem toleranter. Doch ist er das wirklich?
Was lehren die Religionen über Gott?
Die Vorstellung, dass alle Religionen zu demselben Gott führen, hängt maßgeblich davon ab, was die vielen Religionen über Gott denken. Das Problem hierbei ist gerade, dass alle sehr verschieden über Gott denken und darüber lehren. Es gibt sehr große Widersprüche in Bezug auf die Natur Gottes. Der Buddhismus beispielsweise glaubt an gar keinen Gott. Der Islam glaubt an einen unpersönlichen Monotheismus, Allah. Der Koran behauptet, dass Gott zwar seinen Willen offenbart, jedoch niemals seine Person. Das Christentum lehrt den persönlichen, dreieinigen Gott, der gleichzeitig drei Personen in einer Beziehung ist, Vater-Sohn- Heiliger- Geist, der erkannt und erfahren werden kann. Der Hinduismus grenzt sich dort gar nicht ein, von Polytheismus bis Atheismus reicht seine Bandbreite. Sie haben keine klare Theologie. Weiterlesen

Wahrheit und Toleranz

Wahrheit und Toleranz (1)
Unsere Haltung zur Toleranz wurde ganz wesentlich durch Lessings „Ringparabel“ zur Frage nach der wahren Religion geprägt. Nach Lessing haben alle Religionen einen gemeinsamen Kern. Dieser Kern ist die tätige Liebe. Streitobjekt in der Ringparabel aus Lessings Stück „Nathan der Weise“ sind drei Ringe, bei denen man nicht mehr feststellen kann, welcher der echte Ring ist. In dieser Parabel erben drei Brüder einen Ring; die drei Ringe sehen alle gleich aus, aber nur einer ist echt. Die Echtheit läßt sich nicht mehr feststellen, und es stellt sich schliesslich auch heraus, daß es unbedeutend ist, welcher Ring der echte ist. Der Kern der drei Religionen Christentum, Judentum und Islam ist tätige Liebe. Man kann in der Liebe tätig sein, egal, ob der Ring, den man trägt (bzw. die Religion, an die man glaubt) echt ist oder nicht. Man braucht ihn dazu nicht. Dieses Bild von den drei Ringen hat viele Zuschauer und Leser bis heute überzeugt.
Ring oder Seil?
Alle Bilder haben eine große Suggestivkraft und nehmen einen Teil der Antwort vorweg. Das gilt auch von Lessings Bild von den Ringen. Hätte Lessing ein biblisches Bild genommen, dann sähe der logische Schluss der Parabel anders aus. Hätte er stattdessen zum Beispiel das Bild eines Seils gewählt, verliefe die Diskussion erheblich anders. Nehmen wir einmal an, drei Leute wollen einen Berg besteigen und brauchen dazu ein Seil. Sie haben drei Seile zur Auswahl, aber nur eins ist ein echtes, strapazierfähiges Kletterseil. Fadenscheinige Seile nutzen dann nichts. Von der Frage, welches Seil das echte, tragfähige ist, hängt beim Bergsteiger das Leben ab. So leichtfertig kann man mit der Wahrheitsfrage im religiösen Bereich nur umgehen, wenn man glaubt, dass nichts davon abhängt. Dann kann man auch sagen: Egal, welcher Ring der richtige ist, ich bin tätig in der Liebe; das ist es ja, worauf es ankommt, und da ist die Frage nach dem Ring oder wahren Religion eigentlich unwesentlich.
Wenn man aber das Beispiel des Seils wählen würde, dann wüsste man: Von der richtigen Wahl hängt alles ab. Wenn es zwei falsche Seile gibt, könnte mich mein Freund irrtümlich mit einem schnell zerreißbaren Seil sichern wollen.
Im Hebräischen heißt „glauben“, dass man etwas als fest, als zuverlässig akzeptiert und sich darauf verlässt. Nur dann werden wir Bestand gewinnen. Der Mensch hat sich ja nicht selber geschaffen und ist deshalb darauf angewiesen, dass er sich irgendwo festmacht. Das Leben liegt nicht in uns selbst, wir haben es nicht hervorgebracht, auch nicht unser eigenes Leben. Wir sind geschaffen worden. Und durch den Sündenfall haben wir uns vom Ursprung des Lebens getrennt. Deshalb liegt für uns alles daran, dass wir uns wieder am Leben festmachen, um selber bestehen zu können und Bestand zu haben.
Was ist eigentlich Toleranz?
Von Toleranz zu reden hat nur in Gewissensfragen Sinn, aber nicht in Wissensfragen. Diese beiden Dinge werden häufig vermischt. Toleranz kommt vom Lateinischen „tolerare“, etwas erdulden. Toleranz bedeutet ursprünglich, dass man eine Last trägt, indem man einen anderen toleriert, ihn annimmt trotz unterschiedlicher Meinung.
In Gewissensfragen ist Toleranz wichtig. Sie bedeutet, dass man die Person achtet, obwohl man anderer Meinung ist. Aber in Wissensfragen ist Toleranz unsinnig. Nehmen wir an, jemand glaube, zwei und drei seien sechs. Dann wäre es nicht unbedingt ein Zeichen von Toleranz, wenn man ihn Häuser und Brücken bauen ließe, weil die Sache aufgrund seiner Berechnungen wahrscheinlich ziemlich übel ausgehen würde. Und was heißt Toleranz, wenn jemand sagt: „Ich muss in die Hauptstadt Russlands“ und sich ein Ticket nach Kiew kauft? Soll man ihn auf den Irrtum aufmerksam machen? Er wird es ja schließlich bei der Ankunft schon merken, dass er nicht dort angekommen ist, wo er hin wollte.
Goethe hat gesagt, Toleranz dieser Art heiße, dass man den Menschen nicht ernst nehme. In der Sache, in Wissensfragen ist Toleranz unsinnig. „Zwei und drei sind fünf“ – was heißt da Toleranz? Kiew ist nicht die Hauptstadt Russlands. Auch ein Staat kann nicht in allen Punkten tolerant sein, zum Beispiel in der Frage der Gewalt, die gegen Menschen ausgeübt wird. Er muß seine Bürger gegen Gewalt schützen, notfalls mit Gewalt. Da gibt es eine Grenze der Toleranz.
Im Zusammenhang mit dem anglo-indischen Schriftsteller Salman Rushdy wurde seinerzeit eine wichtige Debatte in der europäische Presse geführt. In England hatte jemand in einem Buch behauptet, wer nach islamischem Recht Blasphemie begehe, sei auch in England des Todes schuldig. Der Westen müsse doch das islamische Recht respektieren. Der Westen sage doch immer, er sei multikulturell. Dann müsse er auch diese Kultur respektieren.

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Gibt es Wahrheit? Und wenn ja, was ist Wahrheit überhaupt?

Wenn heute über „Wahrheit“ gesprochen wird, so lautet die herrschende Vorstellung, dass es mit Bezug auf die wirkliche Wirklichkeit, jenseits unserer wissenschaftlichen Modelle, so etwas wie Wahrheit nicht gibt. Also auch nicht mit Bezug auf alles sogenannte Orientierungswissen. Hier formiert sich im Namen von Freiheit ein heftiger Widerstand gegen jeden Wahrheitsanspruch. Es ist zwar ständig von „Werten“ die Rede, aber dieser -Begriff ist in seiner heutigen Verwendung durch und durch vom Relativismus initiiert. Schon die Rede von „unseren Werten“ oder von „christlichen Werten“ usw. ist relativistisch. Sie suggeriert ja, dass Werte in Wertungen gründen statt umgekehrt Wertungen in Werten. Und wenn dann doch für europäische Werte ein Absolutheitsanspruch erhoben wird, dann gilt dieser Anspruch eigentlich nur einem Wert, der unbedingt gelten soll, dem höchsten Wert Europas nach Auskunft unserer Bundeskanzlerin, dem Wert der Toleranz.
Darin steckt aber ein Denkfehler. Toleranz gilt den Überzeugungen anderer Menschen, die wir für irrig halten, aber achten, weil es Menschen sind, die sich mit ihnen identifizieren. Und solche Toleranz gründet selbst in einer höchst voraussetzungsvollen eigenen Überzeugung von der Würde jedes Menschen. Weiterlesen