Heinrich Bullinger schreibt über die Herkunft einer schlechten Obrigkeit (H. Bullinger, Schriften III, S. 334–336):
Die meisten Autoren unterscheiden zwei Arten von Obrigkeiten, nämlich gute und schlechte. Gut ist eine Obrigkeit, wenn sie auf rechtmäßige Weise eingesetzt worden ist und rechtmäßig ihr Amt versieht. Schlecht ist sie, wenn sie ihre Herrschaft mit Übeln Machenschaften erlangt hat und willkürlich ausübt. Dabei stellt sich aber die Frage, ob eine schlechte, d. h. tyrannische Obrigkeit von Gott sei. Darauf antworte ich, dass Gott das Gute bewirkt, nicht das Böse. Gott ist von seinem Wesen her gut, und alles, was er einrichtet, ist gut und ist eingesetzt worden zum Wohl und Heil der Menschen, nicht zu ihrem Schaden. So ist die Obrigkeit als eine gute und heilsame Einrichtung ohne Zweifel von Gott, dem Urheber alles Guten. An dieser Stelle muss man aber das Amt und die Einrichtung Gottes von der Person unterscheiden, die nicht mit diesem guten Amt übereinstimmt. Wenn demnach an einer Obrigkeit Schlechtes gefunden wird statt des Guten, um dessentwillen sie eingerichtet wurde, sind andere Gründe dafür verantwortlich: Die Schuld liegt bei den Personen, den Menschen, die Gott missachten und eine gute Einrichtung verderben, nicht bei Gott oder der Einrichtung Gottes. Ein schlechter Herrscher, der vom Teufel verführt worden ist, verkehrt die Wege Gottes zum Schlechten. Er verletzt mit seiner Lasterhaftigkeit und seinem üblen Tun seine Pflicht, so dass er den Namen einer satanischen, nicht der göttlichen Macht verdient. Das lässt sich an der Obrigkeit von Jerusalem ersehen. Der Ursprung dieser Obrigkeit geht zwar bis auf Mose zurück, und sie kann sich damit auf Gott selbst als Gründer berufen; weil sie aber den Heiland gefangen genommen und im Garten Gethsemane gefesselt hat, bekommen ihre Diener zu hören [Lk 22,52f.]: »Wie gegen einen Räuber seid ihr ausgezogen mit Schwertern und Stöcken. Als ich täglich bei euch im Tempel war, habt ihr nicht Hand an mich gelegt. Aber dies ist eure Stunde und die Macht der Finsternis.« Er nennt also die rechtmäßige Obrigkeit, die jedoch ihre Macht missbraucht, eine teuflische Macht. Wie könnte man es klarer sagen? Der Tadel richtet sich gegen die Personen, nicht gegen das Amt.
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So ist es wichtig, dass man niemals eine tyrannische Regierung verteidigt, als sei sie eine göttliche. Denn eine tyrannische Regierung ist teuflisch und nicht von Gott, und Tyrannen sind recht eigentlich des Teufels, nicht die Diener Gottes. Es kommt auch vor, dass es ein Volk mit seinem lasterhaften Leben verdient, einen Tyrannen anstatt eines Königs zu haben. Die Schuld fällt also wiederum auf den sündigen Menschen zurück. Manchmal gewährt der Herr zwar einen König, aber lässt einen Heuchler regieren. So kommt die schlechte Obrigkeit von Gott, wie auch Aufruhr und Krieg, Seuchen, Hagel, Kälte und andere Plagen der Menschen von Gott kommen als Strafen für die Sünden und Verbrechen, Strafen, die er ihnen auferlegt, der spricht [Jes 3,4.8]: »Ich will ihnen Knaben zu Fürsten geben, und Buben sollen über sie herrschen. Denn ihre Zunge und ihr Trachten ist wider den Herrn.«
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