Am 25. April 1719, also vor genau 300 Jahren, erschien »Robinson Crusoe« von Daniel Defoe.

Am 25. April 1719, also vor genau 300 Jahren, erschien »Robinson Crusoe« von Daniel Defoe. Der »erste englische Roman« war so erfolgreich, dass im ersten Jahr vier Auflagen erschienen. Das Werk gehört zu den größten Bucherfolgen der Weltliteratur.
Der Inhalt des Romans ist allgemein bekannt: Robinson wird als Schiffbrüchiger auf eine unbewohnte Insel verschlagen und kämpft 28 Jahre lang ums Überleben.
Daniel Defoe war ein frommer Mann reformierten Glaubens. Sein wichtigstes Anliegen war nicht die Unterhaltung seiner Leser, sondern die Unterweisung im christlichen Glauben und die Verehrung Gottes, wie er im Vorwort betont. Die Geschichte Robinsons ist eine bildliche Darstellung des Weges in die Gottesferne und der gnädigen göttlichen Rettung.
Nachdem der Romanheld sich bewusst von Gott abgewandt hatte, fand er sich in einer hoffnungslosen Situation wieder – vereinsamt, krank und ohne Hilfe: »Ich bin in die Hand der göttlichen Gerechtigkeit gefallen, und niemand ist da, mir zu helfen und mich zu hören. … Dann rief ich aus: »Herr, sei meine Zuflucht, denn ich bin in großen Not.« Er sagt dann weiter: »Das war das erste Gebet, wenn man es so nennen kann, das ich seit vielen Jahren sprach.« Indessen wurde ihm bewusst, dass die einsame Insel nicht das größte Problem war: »Jetzt blickte ich auf mein voriges Leben mit solchem Grauen zurück, und meine Sünden schienen so grässlich, dass meine Seele nichts von Gott erflehte als nur die Erlösung von der Last der Schuld, die mich ganz zu Boden drückte.« Seine scheinbare Ausweglosigkeit trug dazu bei, Gottes Gnade zu finden und »Gott dafür zu danken, dass er mich an diesen Ort gebracht hat«.
Gerrit Alberts
Ließe ich mich nieder am äußersten Ende des Meeres, auch dort würde deine Hand mich leiten und deine Rechte mich fassen. Psalm 139, 9-10
https://www.soulsaver.de/blog/am-25-april-1719-also-vor-genau-300-jahren-erschien-robinson-crusoe-von-daniel-defoe-2/

Entweder gibt´s Gott oder das Böse.

Das ist die einzige Alternative
für Philosophen wie Epikur. Nur
gibt´s wirklich nichts dazwischen?
Andere sagen: Gott gibt es!
Und er liebt uns!
Aber er ist eben nicht allmächtig,
nicht wirklich so prächtig,
wie wir ihn gerne hätten.
Sonst würde er uns retten
aus all den Grausamkeiten,
die wir Menschen uns gegenseitig bereiten,
an denen unzählige Unschuldige leiden
und elendiglich sterben.
Doch was, wenn Allmacht
nicht einfach alles macht,
so wie wir es gerne hätten?
An Jesus sehe ich nämlich
eine andere Allmacht,
eine, die es anders macht,
als sofort unsre Probleme zu glätten.
Er, der „Sohn Gottes“ heißt,
ist bereit, mit Blut und Schweiß
einzutauchen in all den Scheiß,
den wir Menschen verbrechen:
Hass und Gewalt und unschuldige Menschen brechen,
Raub und Lüge, Terror und Krieg,
töten für den vermeintlichen Sieg.
Menschen begradigen Flüsse,
durch die dann Schlammlawinen rauschen,
die andere Menschen
bei lebendigem Leibe begraben.
Doch all das und noch viel mehr
hält den Sohn Gottes nicht davon ab,
sein Glück für unser Leid einzutauschen,
sein Leben für uns hinzugeben,
damit wir durch ihn für immer leben.
In den Mist, den wir „Sünde“ nennen,
der nichts anderes tut,
als uns von Gott und voneinander zu trennen,
in diesen Mist taucht Jesus ein,
um selbst darin uns nahe zu sein.
In seiner Allmacht
lässt er nicht seine Muskeln zucken;
er macht sich klein
und ohnmächtig,
wie wir es sind.
Was nett ist,
aber nichts bringt,
wenn Jesus mit uns im Elend versinkt.
Das tut er aber nicht!
Sondern er liebt konsequent,
bis zum letzten Tropfen Blut,
den er am Kreuz verschenkt.
Er liebt die, die ihn hassen,
vergibt denen, die ihn schassen.
Weder Asche noch Schutt
noch der Teufel höchst persönlich
noch der Tod
kriegen seine göttliche Liebe kaputt.
Wäre das nicht eine allmächtige Liebe,
die noch in größter Grausamkeit
liebevoll bliebe?
Die es schafft, das ultimative Ende der Zeit,
den Tod,
zu verwandeln in Ewigkeit,
so dass Not und Leid
begrenzt bleiben auf Zeit,
weil ein Leben nach dem Leben kommt
in unendlicher Herrlichkeit?
Ja, manchmal ist es unerträglich,
die unsägliche Spannung auszuhalten,
zwischen Hoffnung schon jetzt
und dem Unrecht immer noch,
zwischen dem Reich Gottes, das schon anbricht,
aber noch nicht ganz vollendet ist,
während uns das Leid von Menschen anficht.
Das hieße dann wohl „glauben“:
Dass wir uns nicht den Glauben rauben lassen,
sondern immer wieder neu Vertrauen fassen
und uns von jener allmächtigen Liebe erfassen lassen.
Christian Lehmann https://www.facebook.com/christian.lehmann.961556

Am 22. April jährt sich der Geburtstag des deutschen Philosophen Immanuel Kant zum 300.Mal 

Man kann nicht beweisen, daß es einen Gott gibt! Das ist einer der verbreiteten Gedanken, durch die Immanuel Kant noch heute gegenwärtig ist. Wie vor ihm schon der französische Philosoph René Descartes wollte Kant alles ganz sicher wissen. Zwei Dinge, rief Kant, muß ich verbitten: erstens das Spielwerk von Wahrscheinlichkeit und Mutmaßung; zweitens die Entscheidung vermittelst der Wünschelrute des sogenannten gesunden Menschenverstandes.“ Man sollte meinen, daß das Abwägen von Gründen sowie der Einsatz des gesunden Menschenverstandes der Weg sei, den wir vernünftigerweise einschlagen sollten, um uns eine Meinung zu bilden und um Erkenntnis und Wissen zu erlangen. Kant aber wollte sich darauf nicht einlassen. Auch eine Überzeugung, die auf Gründen und Indizien beruht, ist fehlbar. Er wollte aber nichts weniger als unumstößliches Wissen.

Pietistische Erziehung

Immanuel Kant wurde am 22. April 1724 im ostpreußischen Königsberg als das fünfte von neun Kindern in eine Handwerkerfamilie geboren. Seine Eltern starben beide früh. Über seine Mutter sagte er einmal, sie habe ihm den Sinn für das Gute eingepflanzt und auf langen Sonntagsspaziergängen seine Augen für die Natur geöffnet. So schrieb Kant später: Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.“ Dieses Bewußtsein von moralischen Gesetzen und Pflichten wurde der Mittelpunkt von Kants Ethik. Bis zu seinem 16. Lebensjahr besuchte er die pietistische Schule Collegium Fridericianum. Das war keine gute Zeit für Kant. Im Fridericianum herrschte eiserne Disziplin. Immanuel empfand Schrecken, Unfreiheit und Einsamkeit. Im Rückblick sprach er gar von Jugendsklaverei. Naturwissenschaften wurden wenig gelehrt, wohl auch, weil man freie wissenschaftliche Forschung mitunter als Konkurrenz zur Autorität der Bibel empfand. Die Mathematik fand man zwar für die Buchhaltung nützlich, aber nicht für die Beschreibung der Welt. Der Mangel an naturwissenschaftlicher und mathematischer Ausbildung behinderte später Kants Erforschung der Natur. Gelehrt wurde am Fridericianum durch Wiederholung und Drill: Der Lehrer sprach, die Schüler mußten wiederholen. Widerspruch oder Zweifel waren nicht vorgesehen. Auf diese Weise wurde auch Religion gelehrt. Vom Christentum bekam Kant keinen guten Eindruck. Er entwickelte eine Abneigung gegen alles Fromme. Seine ersten Biographen, allesamt lutherische Theologen, stellten Kant als dem Christentum gegenüber freundlich eingestellt dar. Neuere Forschungen haben jedoch gezeigt, daß Kant eine Abneigung gegen das Christentum empfand. Seine Einstellung erinnert an die heute weitverbreitete Abneigung gegenüber Fundamentalisten. Im Alter von 16 Jahren begann Kant, an der Universität von Königsberg zu studieren. Dort lehrte er auch sein Leben lang. Königsberg verließ er selten, Preußen nie. Man sagt ihm eine außerordentliche Ordnungsliebe nach. Um fünf Uhr morgens begann sein Arbeitstag. Nach seinem Spaziergang am Nachmittag immer zur gleichen Zeit konnte man die Uhr stellen.

Erstaunlicher Ausweg

Man sagt manchmal Glauben heißt, nicht wissen“ oder „Glaubst du es, oder weißt du es?“ Das ist ganz im Sinne Kants, denn er sah „Wissen“ als etwas vom Glauben“ ganz Verschiedenes an, weil er nur absolut Gewisses Wissen nennen wollte. Auch Kant sah jedoch ein, daß wir keine absolute Gewißheit über Dinge haben können, die unabhängig von uns sind. Da war für Kant guter Rat teuer. Wie können wir etwas mit absoluter Gewißheit wissen? Kants Ausweg ist erstaunlich. Normalerweise nehmen wir an, daß wir unsere Überzeugungen an den Gegenständen ausrichten, indem wir sie erforschen. Kant sagte: Versuchen wir es doch einmal andersherum: Nehmen wir mal an, die Gegenstände richten sich nach uns! Wir konstruieren die Gegenstände unserer Erkenntnis selber. Was wir an den Gegenständen erkennen, ist nichts als das, was wir selbst ihnen übergestülpt haben. Unser Wissen reicht nicht über unser Denken hinaus. Das mag man schwer nachvollziehbar finden, für Kant war es die Lösung seiner philosophischen Probleme. Wie die Dinge unabhängig davon sind, wie wir sie uns konstruieren, können wir nach Kant nicht wissen. Die „Dinge an sich“ sind uns nicht zugänglich. So kommt Kant denn auch zu der Auffassung, daß man die Existenz Gottes nicht beweisen und daß man über Gott eigentlich gar nichts wissen kann. Ihn interessiert nicht, ob zum Beispiel die Ordnung in der Natur dafür spricht, daß es einen Gott gibt, weil sich diese Ordnung am besten durch die Annahme eines Schöpfergottes erklären läßt. Ihn interessiert nur, ob es einen unbezweifelbaren „Beweis“ gibt. Und weil es den nicht gibt, ist alles Suchen nach Argumenten für die Existenz Gottes oder nach Gotteserfahrung vergeblich. Diese Einstellung ist immer noch weit verbreitet.

Religion nur als Moral

Für Religion hatte Kant nur insofern etwas übrig, als sie von Moral handelt. Von Gott spricht Kant im Sinne der Idee eines höchsten Gutes. Über Gott kann man ja laut Kant nichts wissen. Wie alle Dinge an sich sei er uns nicht zugänglich. Von einer Religion, die Lehren über Gott aufstellt, hielt Kant nichts. Christliche Lehren wie etwa die von der Göttlichkeit Jesu oder der Dreieinigkeit Gottes glaubte er nicht, aber er sagte das nicht so, sondern gab den Lehren einen neuen, die Moral betreffenden Inhalt, der seinen eigenen Vorstellungen entsprach. Damit wurde er zum Wegbereiter der deutschen liberalen Theologie, wie wir sie von Friedrich Schleiermacher (1768-1834) und Rudolf Bultmann (1884-1976) kennen. Kant nahm keine Harmonie mehr zwischen christlichem Glauben und Vernunft an, wie sie christliche Philosophen eineinhalb Jahrtausende lang gesehen hatten.
Unvernünftige“ Auferstehung

Mit späteren liberalen Theologen hat Kant auch einen starken Glauben an die Naturnotwendigkeit gemeinsam. Er war überzeugt, daß alles, was geschieht, natürliche Ursachen hat und unausweichlich geschieht. Wunder wie die körperliche Auferstehung Jesu sind damit kurzerhand ausgeschlossen. Daher kommt die häufig anzutreffende Meinung, daß die Auferstehung Jesu gegen die Vernunft gehe. Man könnte ja denken, daß es vernünftig sei, an die Auferstehung Jesu zu glauben, wenn man gute Gründe dafür hat, z.B. zuverlässige Berichte von Augenzeugen. Kant schließt das aus, weil er Übernatürliches, wie zum Beispiel eine körperliche Auferstehung oder einen Gott, der die Welt geschaffen hat, kurzerhand aus dem Bereich der Vernunft ausschließt. Diese Ablehnung des Übernatürlichen ist der Dreh- und Angelpunkt der späteren liberalen Theologie.
Dr.Dr.Daniel von Wachter
https://www.soulsaver.de/blog/am-22-april-jaehrt-sich-der-geburtstag-des-deutschen-philosophen-immanuel-kant-zum-300-mal/

Überblick über die Gottesbeweise

1. Der kosmologische Gottesbeweis

a) der kinetische Beweis

In der Welt gibt es Bewegtes; es muss einen ersten Beweger geben (primum movens)

b) der Kausalbeweis

Alles, was ist, wird verursacht; es muss einen ersten Verursacher geben, eine erste Ursache (prima causa), die von nichts anderem verursacht ist.

c) der Kontingenzbeweis

Es gibt Zufälliges (Nicht-Notwendiges) und Notwendiges. Es muss ein notwendiges Sein geben, das das Nicht-Notwendige (z.B. die Welt) aus sich heraussetzt.

2. Der henologische Gottesbeweis

(von to hen [griechisch] = das Eine)

Es gibt verschiedene „Seinsstufen“ (Seinspyramide)

Dieser Gottesbeweis geht von der aristotelischen Seinsmetaphysik aus, die Thomas von Aquin für die christliche Theologie fruchtbar machte.

Es muss ein Maximum an Seinsqualität“ geben die Spitze der Seinspyramide liegt im Nebel.

3. Der teleologische Gottesbeweis

(von to telos [griechisch] = des Ziel, die Vollkommenheit)

Weil es in der Welt „Ordnung“ gibt, muss es einen „Ordner“ geben.

4. Der moralische Gottesbeweis

Weil es überall so etwas wie ein Gewissen und ein Sittengesetz gibt, muss es etwas Vollkommenes geben, von dem dies ausgeht.

Immanuel Kant (1724-1804) hat in der Aufklärungszeit allein diesen Gottesbeweis gelten lassen. Gott als sog. Postulat der praktischen Vernunft (Kritik der praktischen Vernunft, 1788).

5. Der ethnologische Gottesbeweis

(von ta ethne [griechisch] = die Völker)

(auch als Gottesbeweis „e consensu gentium“ = aus der Übereinstimmung der Völker bekannt)

Weil es in allen Völkern religiöse Verehrung und Religion gibt (eine Ahnung von etwas Höherem), deshalb muss es denjenigen geben, der den Menschen dieses religiöse Bewusstsein eingepflanzt hat. Die prinzipielle Religiosität zeigt, dass alle Menschen auf Gott hin angelegt sind.

(vgl. z.B. N. Berdjajew: „Der Mensch ist unheilbar religiös“)

6. Der eudämonologische Gottesbeweis

(von he eudaimonia [griechisch] = Glück, Glückseligkeit)

Eine Ahnung von Glück und Vollkommenheit ist überall und jederzeit vorhanden. Diese Ahnung ist ein Zeichen dafür, dass der Mensch auf Gott hin angelegt ist und letztlich Gott sucht (als letzten Inbegriff von Vollkommenheit und Glück).

7. Der ontologische Gottesbeweis

(von ho on [griechisch] = das Sein)

Dieser Beweis geht von einer sprachphilosophischen Voraussetzung aus: Sprache und Wirklichkeit entsprechen einander. Sprache weist immer auf eine entsprechende Wirklichkeit, auf entsprechendes Sein hin (Realismus). Weil es für die Wirklichkeit Gottes und für Gott eine Sprache bzw. ein Wort gibt, muss es auch das entsprechende Sein, also Gott geben.

(Anselm von Canterbury, 1033-1109)
Alois Böck

Ein Reisender fiel in eine sehr tiefe Grube. Einige Leute liefen vorbei und sahen ihn, wie er versuchte, aus dieser Grube zu kommen. Sie gaben folgende Kommentare dazu ab:

1. Die sensible Person sagte: «Ich fühle mit dir.»
2. Die reflektierende Person sagte: «Es ist doch logisch, dass irgendwann jemand in diese Grube fällt. War nur eine Frage der Zeit.»
3. Die ästhetische Person sagte: «Ich gebe dir einige Ideen, wie du die Grube dekorieren kannst.»
4. Die richtende Person sagte: «Nur schlechte Menschen fallen in eine Grube.»
5. Die analytische Person sagte: «Kannst du mir sagen, wie tief diese Grube ist?»
6. Die interessierte Person sagte: «Wie bist du denn in diese Grube gefallen?»
7. Die berechnende Person sagte: «Sag mir, zahlst du Steuern für diese Grube?»
8. Die selbstanklagende Person sagte: «Du hättest meine Grube sehen sollen, in die ich gefallen war.»
9. Die meditierende Person sagte: «Entspann dich doch einfach und denke nicht immer an die Grube.»
10. Der Optimist sagte: «Ist ja voll easy. Es könnte ja noch viel schlimmer sein.»
11. Der Pessimist sagte: «Sei vorbereitet, ich glaube, es wird noch schlimmer werden.»
12. Jesus sah den Mann, sagte kein Wort, streckte ihm seine Hand entgegen und zog ihn aus der Grube. https://www.soulsaver.de/blog/ein-reisender-fiel-in-eine-sehr-tiefe-grube

Ein Gott, der Fragen aufwirft

Was waren die ersten Worte, die Gott nach der Schöpfung zu einem Menschen sprach? „Wo bist du?“ Es war eine Frage, die erste von mehreren. „Wer sagte euch, dass du nackt bist?“, „Was hast du getan?“ (Genesis 3:9.11.13) setzte Gott sein Verhör fort. Als Schöpfer und Herr musste Gott natürlich nicht so handeln. Nach der ersten Sünde hatte er das Recht, sofort seine Faust auf den Tisch zu schlagen und den Sündern harte Worte zu sagen. Aber der Weg, den er zu Beginn des ersten Buches der Bibel wählte, war anders.

Gott wollte, dass die Menschen, die er nach seinem Bild gemacht hatte, anfangen, über ihre Handlungen nachzudenken. Er wollte sie auf neue Weise über sich und ihre Beziehung zu Gott denken, denn das ist der Sinn der Reue (in der griechischen Metanoia). Das nächste Kapitel über Kain und Abel bestätigt dieses Prinzip. Wieder wandte sich Gott dem Mann Kain zu und fragte: „Warum bist du wütend? Warum ist Ihr Gesicht niedergeschlagen? Wenn Sie tun, was richtig ist, werden Sie nicht akzeptiert?“ Und nach der Tötung seines Bruders: „Wo ist dein Bruder Abel?… Was hast du getan?“ (1. Mose 4,6–7,9-10)

Im Neuen Testament lesen wir, dass der junge Jesus selbst die Lehrer der Schrift befragt hat (Lukas 2,46). Später in seinem Leben stellte er viele Fragen, zum Beispiel den Pharisäern (Matthäus 22,42) und den Jüngern (Lukas 9,20). Natürlich predigte und erwiderte auch das Evangelium und die Ethik des Reiches Gottes (z.B. in der Bergpredigt, Matthäus 5-7). Aber Jesus stellte auch überraschend häufig Fragen (z.B. am Ende des Gleichnisses vom barmherzigen Samariter, Lukas 10,36) – über dreihundert in allen Evangelien! Es ist offensichtlich, dass Gott selbst möchte, dass alle Bibelleser tief über Ihn und seine Gegenwart nachdenken und auf der Erde arbeiten.

In gewisser Weise sind Fragen wichtiger als Antworten. Zu Beginn der Geschichte des barmherzigen Samariters fragt ein „Experte des Gesetzes“ Jesus: „Lehrer, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben?“ (Lukas 10,25). Christen wissen, dass diese Frage allein dazu neigt, in die falsche Richtung zu führen. Es gibt nichts, was wir tun können, um für immer zu leben. Der Rechtslehrer versucht Jesus mit seinen klugen Fragen zu testen (Lukas 10,25 und 29). Aber Jesus tadelt ihn nicht mit einer äußerlichen Predigt. Er erzählt eine Geschichte, die in der Tat auch Fragen aufwirft und uns zum Nachdenken ansah und unser Leben untersucht.

Wenn Jesus am Ende ermahnt: „Geh und mach es auch“ (Lukas 10,37), fragt er wirklich: „Werden Sie das wirklich tun? Glaubst du, dass du, eine sündige Person, zu einer solchen aufopferungsvollen Hilfe fähig bist? Weißt du nicht, dass du der Beraubte bist und ich bin der Samariter, der einzige barmherzige Retter und Heiler?“ Es ist wichtig, schlechte, irreführende und Testfragen mit guten, tiefen und prüfenden Fragen zu ersetzen.

Fragen können also ein großer Auftakt für ein Gespräch über die Ansprüche des Christentums sein. Dies ist keine Erfindung von James Kennedy und „Evangelism Explosion“ („Wissen Sie sicher, dass, wenn Sie heute sterben würden, Sie in den Himmel gehen würden?“ oder Bill Bright und „Cru“ („Haben Sie von den vier spirituellen Gesetzen?“ gehört). Wie wir sahen, geht das Aufwerfen von Fragen auf die Bibel zurück. Und es wurde in der Geschichte der Kirche lange vor dem 20. Jahrhundert praktiziert.

„Was ist das Hauptende des Menschen?“

Ich möchte schnell zwei Fragen aus dem Zeitalter der Reformation stellen. Beide Fragen sind die allererer in zwei protestantischen Katechismen. Ein Katechismus ist ein Werkzeug, um die Grundlagen des christlichen Glaubens zu lehren. Sehr oft bestehen sie aus Fragen und Antworten. Katechismen – vom griechischen katechein : zu lehren – wurden im 16. Jahrhundert nicht erfunden, aber die Reformation war das Goldene Zeitalter der Veröffentlichung dieser Art von Büchern und Heften.

Anfangs werfen die beiden Katechismen Fragen auf, die heute noch relevanter sind als vor Hunderten von Jahren. Sie drehen sich um dieses Thema: Was ist ein Mensch? Wer sind wir? Zeitgenössische Menschen sind über diese Fragen verwirrt. Ist Yuval Noah Harari Recht, der in seinem Bestseller Homo deus behauptet, dass wir oder zumindest einige von uns hoffen, dank der Hilfe moderner Technologie zu übermenschlichen, fast gottähnlichen Wesen zu entwickeln?

Der Westminster Shorter Catechism wurde 1647 veröffentlicht. Die britischen Presbyterianer versammelten sich in der Westminster Cathedral in London, um ein Geständnis und zwei Katechismen zu schreiben. Die berühmte erste Frage des Kürzers lautet: „Was ist das Hauptende des Menschen?“ Oder mit anderen Worten: Was ist der primäre Zweck unseres menschlichen Lebens? Wie rufen wir Menschen an? Was ist unsere Identität? Sind wir uns im Wesentlichen von Tieren unterscheiden? Gehen wir irgendwo hin oder wartet nur eine große Leere auf uns?

Die Antwort des britischen Katechismus ist kurz, präsiv und doch voller Einfallsreichtum: „Manns Hauptendes ist es, Gott zu verherrlichen und ihn für immer zu genießen.“ Menschen sind für eine Beziehung zu Gott gemacht, sie sollen Ihn lieben, dienen, ihnen gehorchen und verherrlichen. Gott ist der Schöpfer und Herr des Universums, Er steht im Mittelpunkt. Der Mensch ist weder Gott noch das Zentrum der Welt. Wir sind unter ihm, verantwortlich für ihn.

Wir wurden dazu gebracht, für Gott zu leben. Kirchenvater Augustinus hat es in diesen Worten auf der ersten Seite seiner Beichten formuliert: „Ihr habt uns für euch gemacht, o Herr, und unser Herz ist unruhig, bis es in dir ruht.“ Ohne Gott werdet ihr keine Ruhe und keinen Zweck finden. Der Katechismus sagt es in positiverer Begriffe: Gläubige sollen Gott genießen. Das ist die Frohe Botschaft des Christentums: Auch in Ewigkeit wird Gott verherrlicht und seine Herrlichkeit für immer erstrahlen, werden auch die Gläubigen in Christus zur Ehre gebracht werden (Hebräer 2:10). Paulus sagt in den Römern, dass wir jetzt an Christuss „Leiden teilen, damit wir auch an seiner Herrlichkeit teilhaben“ (8:17). Die Herrlichkeit Gottes schwappt auf die Menschen. In Ewigkeit werden wir Menschen bleiben, aber wir werden Teil der freudigen Gemeinschaft des dreieinigen Gottes sein.

Der Heidelberger Katechismus kam 1563 in der deutschen Stadt Heidelberg, der damaligen Hauptstadt des Fürstentums der Pfalz, heraus. Autor war ein junger Theologieprofessor, Zacharias Ursinus. Die erste Frage ist: „Was ist Ihr einziger Trost in Leben und Tod?“ Diese erste Frage stellt nicht nur das Thema für den ganzen Katechismus dar, sie wirft auch die wichtigste Frage auf, mit der wir jemals konfrontiert werden. Was ermöglicht es Ihnen, Leben zu ertragen und dem Tod ohne Angst zu begegnen? Ist es, dass Sie jeden Tag Ihre Bibel lesen und fleißig evangelisieren? Dass Sie jeden Sonntag in die Kirche gehen? Dass du den Armen gibst? Dass ihr keine der großen Sünden im Leben begangen habt?

Wir leben in einer Welt, in der wir Komfort in Besitz, Stolz, Macht und Position erwarten. Aber der Katechismus lehrt uns, dass unser einziges wahrer Trost daraus kommt, dass wir nicht einmal uns selbst angehören. Die Antwort beginnt so: Mein einziges Trost ist: „Dass ich nicht mein eigenes bin, sondern dem Leib und der Seele, sowohl im Leben als auch im Tod, zu meinem treuen Retter Jesus Christus gehört.“

Das ist sehr gegensätzlich. Unsere weltliche Kultur verkündet laut, dass ihr der Kapitän eurer Seele seid. Sie leiten das Schiff Ihres Lebens, wo immer Sie wollen. Nein, sagt Heidelberg, das wird Ihnen keinen Trost geben. Erlösung bedeutet Abhängigkeit – abhängig von einer Person. Wir können Leiden und Enttäuschungen im Leben und im Tod ertragen, nicht wegen dem, was wir getan haben oder was wir besitzen, sondern wegen dem, was wir nicht besitzen – unser eigenes Selbst. Wir verlieren unsere Autonomie, aber das ist gute Nachricht!

Nach dem ersten Satz der Antwort erklärt Ursinus, was die Grundlage für diese Hoffnung und diesen Trost ist – was die drei Menschen der Dreieinigkeit getan haben und tun: Jesus „hat meine Sünden mit seinem kostbaren Blut voll bezahlt und mich von der ganzen Macht des Teufels befreit. Er bewahrt mich auch so, dass ohne den Willen meines himmlischen Vaters kein Haar aus meinem Kopf fallen kann; in der Tat müssen alle Dinge für mein Heil zusammenarbeiten. Deshalb versichert er mir durch seinen Heiligen Geist auch des ewigen Lebens und macht mich von nun an herzhaft und bereit, für ihn zu leben.“

In dieser langen Antwort ist Gott die aktive. Das Heil ist Gottes Werk allein – es gibt keinen Austausch, keine Zusammenarbeit zwischen Gott und Mensch. Obwohl das Wort „Grace“ nicht erwähnt wird, erklärt die Antwort das protestantische Prinzip der Solagratia – allein durch Gnade. Der Gläubige ist berufen, für Christus zu leben, und der Wunsch, dies zu tun, wird von Gott selbst geweckt.

Wie Westminster schmeichelt auch der Heidelberger Katechismus den Menschen nicht. Es fordert uns heraus und provoziert. Die Erlösung hat ihren Preis: Sie werden etwas verlieren. Aber Losschmieren bedeutet gewinnen: der einzige Trost in Leben und Tod.

Besonders auffällig in der ersten Frage und Antwort des deutschen Katechismus ist die häufige Verwendung des Ich-Pronomens „I“, „mein“, „ich“ (und dementsprechend davor die Zweitperson-Pronomen „your“). Diese Sprache macht deutlich, dass wir nicht abstrakt sprechen und nicht über andere, sondern direkt über mich, Sie, uns. Die Antwort ist der persönliche Nutzen der Gnade Christi. Das bedeutet aber nicht, dass der Mensch in den Mittelpunkt von allem gestellt wird. Auch hier ist das Zentrum klar Gott und sein Werk – was er für mich getan hat, für euch und was er heute noch tut.

Der verstorbene Neil Postman (1931-2003), Medienorist und Kulturkritiker aus den USA, schrieb in seinem letzten Buch (A Bridge to the Eighteenth Century, 1999), dass die Kunst, gute Fragen zu stellen, „das bedeutendste intellektuelle Werkzeug ist, das den Menschen gegeben wird“. Aber „ist es nicht seltsam, dass das wichtigste Werkzeug zum Denken nicht in Schulen gelehrt wird?“ Also lasst uns diese Kunst in unseren Kirchen lehren. Kombinieren wir Sondierungs- und zum Nachdenken anregende Fragen mit biblischen, gottzentrierten Antworten. Und lernen wir von den alten Katechismen des Reformationszeitalters. Sie sind großartige Werkzeuge des Evangeliums! Nutzen wir ihre Kreativität und lassen Sie uns tief über neue Fragen für die Menschen in unserer Zeit nachdenken. Schließlich hat uns der Schöpfer kreativ gemacht.
https://lahayne.lt/2023/05/10/a-god-who-raises-questions/

Dietrich Bonhoeffer – Abendgebet

Herr, mein Gott,

ich danke dir, dass du diesen Tag zu Ende gebracht hast.
Ich danke dir, dass du Leib und Seele zur Ruhe kommen lässt.

Deine Hand war über mir und hat mich behütet und bewahrt.

Vergib allen Kleinglauben und alles Unrecht dieses Tages
und hilf, dass ich allen vergebe, die mir Unrecht getan haben.

Lass mich in Frieden unter deinem Schutz schlafen
und bewahre mich vor den Anfechtungen der Finsternis.

Ich befehle dir die Meinen, ich befehle dir dieses Haus,
ich befehle dir meinen Leib und meine Seele.

Gott, dein heiliger Name sei gelobt.

Amen.

Der Darwinismus kann alles erklären

Aus dem Schlusswort eines anerkannten Lehrbuchs zur Evolutionstheorie (Jan Zrzavý, Hynek Burda, David Storch u. a., Evolution: Ein Lese-Lehrbuch, Berlin u. Heidelberg: Springer, 2013, S. 455):
Wir wissen es nicht, wir haben keine Ahnung. Wir wissen nur, dass der Darwinismus in der Lage ist, alles zu erklären, und letztendlich irgendeine Erklärung bieten wird, wenn wir das Phänomen wirklich unter die Lupe nehmen würden. Dazu müssten wir aber wissen, wonach wir eigentlich genau fragen. Der Darwinismus bietet insoweit einen allgemeinen Erklärungsrahmen, als dass er als einziger mehr ermöglicht, als nur vor einer Vitrine mit Gehäusen zu stehen und zu staunen. Na dann. VD: RJ
https://theoblog.de/der-darwinismus-kann-alles-erklaeren/41692/

Die ausgebuchten Taylor Swift-Gottesdienste

Es gibt derzeit einen Hype um die US-Sängerin Taylor Swift – auch unter Frommen. Izaac Cowling, der für die Gospel Coalition in Australien schreibt, meint, mit Songtexten von Swift das Evangelium zusammenfassen zu können/müssen. Blake Glosson schrieb für TGC in den USA den Artikel „7 Dinge, die Christen von Taylor Swifts Eras-Tour lernen können“. Der wurde allerdings wegen vieler Proteste schnell wieder zurückgezogen. Die Heiliggeistkirche Heidelberg setzt dem Hype nun eine Krone auf, in dem sie im Mai zwei „Taylor Swift-Gottesdienste“ anbieten wird. Das Nachrichtenportal der katholischen Kirche in Deutschland meldet:

Zwei Gottesdienste am 12. Mai in Heidelberg um die Lieder der US-Sängerin Taylor Swift haben großes Interesse geweckt. Nachdem der erste Gottesdienst um 11 Uhr bereits ausgebucht ist, seien auch alle 420 Karten für die zweite Veranstaltung um 13 Uhr kurz nach der Freischaltung am Donnerstagmorgen vergriffen, sagte Citykirchenpfarrer Vincenzo Petracca dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag. „Ganz Deutschland scheint im Swift-Fieber zu sein“, sagte der evangelische Theologe. Am Freitag wolle der SWR-Rundfunksender „Das Ding“ vier Tickets für den Gottesdienst in der ersten Reihe verlosen. In den Gottesdiensten mit dem Titel „Anti Hero“ – nach dem gleichnamigen Swift-Song – interpretiert die Sängerin Tine Wiechmann, die bis vor kurzem Professorin für Pop-Kirchenmusik an der Hochschule für Kirchenmusik Heidelberg war, Stücke der Pop-Ikone. Thematisiert werde aber auch, welche Rolle der christliche Glaube im Leben der 34-jährigen Swift spiele. Mit 280 Millionen Followern auf Instagram, vier Grammys und musikalischen Milliardenumsätzen gilt Swift derzeit als eine der einflussreichsten Popstars.

Hauptsache, die Kirche ist mal wieder gefüllt. So einfach ist das.

Taylor Swift soll tatsächlich in einer christlichen Familie im US-Bundesstaat Tennessee aufgewachsen sein. In den letzten Jahren ist sie mehrfach als Missionarin der LGBTQ+Bewegung aufgetreten (siehe das eindrückliche Video zu ihrem Song „You need to calm down“).

Giles Gough hat versucht, die Dekonstruktion ihres Glaubens in „The changing faith of Taylor Swift“ nachzuvollziehen. Er schreibt dort :

Es scheint so, dass wir zwei Taylors haben. Die erste hat eine unkomplizierte, aber aufrichtige Beziehung zu Gott. Eine, die zu ihrer Bible Belt-Erziehung passt. Die zweite, die sich nur in Krisenzeiten an ihn wendet ist typisch für die säkulare Mainstream-Welt, in der sie lebt.

Natürlich ist dies eine Entwicklung, die über zwei Jahrzehnte hinweg stattgefunden hat, aber es ist verlockend, sich zu fragen, ob wir einen Wendepunkt finden können, einen Beweis für einen Moment, in dem Taylor ihren Glauben verloren haben könnte?

Vielleicht haben wir einen solchen Beweis in dem Song „Would’ve Should’ve Could’ve“ gefunden. Es wird allgemein angenommen, dass dieser Song von John Mayer handelt, einem amerikanischen Sänger, mit dem Swift angeblich eine Beziehung hatte, als er 32 und sie gerade 19 war. Die Beziehung endete unglücklich, und obwohl sie nur ein paar Monate dauerte, scheint diese Erfahrung Swift für ihr ganzes Erwachsenenleben gezeichnet zu haben. Nicht nur das, sondern sie deutet auch stark an, dass diese Beziehung ihre Beziehung zu Gott unwiderruflich beschädigt hat.

In einem Song voller biblischer Anspielungen sagt Swift uns das: „If you’d never touched me, I would’ve / Gone along with the righteous“ und „you’re a crisis of my faith“. Der Refrain „I regret you all the time“ hat zu intensiven Spekulationen geführt. Wie schlecht muss man eigentlich als Freund sein, um den Glauben an Gott zu erschüttern?

Für mich klingt Taylor Swift wie jemand, der seinen Glauben dekonstruiert hat und nun nicht mehr weiß, woran er glaubt. Das ist kein Urteil über ihren Charakter. Swift scheint sich immer noch nach Gott zu sehnen, und wenn sie ihn nicht finden kann, hat sie vielleicht versucht, ihr Heil in der romantischen Liebe zu suchen. Aber das ist nur eine fundierte Vermutung. Schließlich sprechen wir über den Glaubensweg einer Person, die sich noch auf diesem Weg befindet. Es ist durchaus möglich, dass Gott mit Taylor Swift noch nicht fertig ist.
https://theoblog.de/die-ausgebuchten-taylor-swift-gottesdienste/41678/

Darf man nicht mehr alles sagen? Wie woke Ideologen unsere Freiheit bedrohen. Und was geht das uns Christen an?

Ich empfand es bisher immer als übertrieben ängstlich, wenn Leute behaupteten, man könne heute nicht mehr alles sagen. Ich kann alles sagen, was ich meine. Ich sage es auch öffentlich. Meinungsfreiheit und Redefreiheit sind im Grundgesetz sogar garantiert. Klar, es gibt kein Recht auf Widerspruchsfreiheit. Jeder hat das Recht, mir zu widersprechen. Das ist ok. Ich nehme dieses Recht ja auch in Anspruch und widerspreche anderen. Jetzt beobachte ich aber eine erschreckende Entwicklung. Es erheben sich Stimmen, die unsere Gesellschaft auf dem Weg in die Unfreiheit sehen. Ich nenne zwei neue Bücher. Der Politikwissenschaftler und ZEIT-Herausgeber Yascha Mounk bezeichnet sich selber als Linker und erregt Aufsehen mit seinem 2024 auf Deutsch erschienenen Buch „Im Zeitalter der Identität – Der Aufstieg einer gefährlichen Idee“. Der amerikanische Titel des 2023 in USA erschienenen Buches lautet „The Identity Trap“ (Die Identitätsfalle). Mounk ist 1982 in München geboren und lehrt an der John-Hopkins-Universität in Baltimore, USA. Und die Ethnologin Prof. Susanne Schröter von der Frankfurter Goethe-Universität schrieb ein Buch mit dem Titel „Der neue Kulturkampf – Wie eine woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht“. Ebenfalls 2024 erschienen.
Sie beschreiben eine Entwicklung, die von amerikanischen Elite-Universitäten ausgehend bereits starken Einfluss in den USA und Kanada hat und in Europa zunehmend Einfluss gewinnt. Susanne Schröter schreibt über „Universitäten im Griff woker Ideologen“. Sie hat selber schlimme Erfahrungen damit gemacht. Ihre Forschungen zum Islamismus führten zu Kampagnen mit dem Ziel, ihre Veranstaltungen zu verbieten und sie von der Frankfurter Uni zu vertreiben.
Was ist da im Gange? Ich will es kurz beschreiben. Danach frage ich, ob diese Entwicklung uns Christen etwas angeht. Woke heißt erwacht. Was für eine Erweckung ist da im Gange? Ich lehne mich in der Beschreibung an Yascha Mounk an, der die woke Ideologie „Identitätssynthese“ nennt, weil sie sich aus verschiedenen Denkrichtungen zusammensetzt. Ich nenne hier fünf Zutaten für den woken Mix.
Die erste Zutat ist die Philosophie des Postmodernismus. Sie behauptet, „es gebe keine objektive Wahrheit, sondern nur eine unendliche Folge von [subjektiven] Sichtweisen.“ (Yascha Mounk S. 96) Das stellt nicht nur den Wahrheitsanspruch des christlichen Glaubens oder anderer Religionen in Frage, sondern auch die Allgemeingültigkeit der Grundwerte der freiheitlichen Demokratie.
Die zweite Zutat ist der Postkolonialismus. Er besagt: Auch nach dem Ende der Kolonialherrschaft beuten Europäer und Amerikaner den Rest der Welt aus. Die Ursachen der sozialen Nöte in der Welt liegen ausschließlich in der Macht dieser früheren und jetzigen Ausbeuter. Die weißen Ausbeuter sind auch heute die Täter. Die anderen die Opfer.
Dazu kommt als dritte Zutat die Kritische Rassen-Theorie. Sie besagt, dass Rassismus immer von Weißen ausgegangen ist und auch heute von Weißen ausgeht und sich immer gegen People of Color richtet. Dabei geht es nicht um persönliche Einstellungen Einzelner, sondern um strukturellen Rassismus. Von Weißen dominierte Gesellschaften sind immer Täter, People of Color sind immer Opfer. People of Color können darum nie rassistische Täter sein, weil sie ja immer Opfer des strukturellen Rassismus sind. Historische Tatsachen wie Sklaverei und Sklavenhandel durch Araber und andere Völker, die heute zu den People of Color gehören, werden ignoriert. Israelis z.B. gelten als Weiße und Palästinenser sind People of Color. Darum kann es keine Hamas-Terroristen geben. Sie sind Opfer der weißen jüdischen Unterdrücker und dadurch Freiheitskämpfer im berechtigten Widerstand und keine Terroristen.
So einfach ist das. Auf dem Hintergrund überrascht nicht mehr, dass sich linke Gruppen mit islamistischen Gewalttätern gegen Israel solidarisieren. Auch Deutschland ist nach postkolonialistischer Sicht ein strukturell rassistisches Land. Die Einstellungen der Einzelnen sind nicht entscheidend. Der Umgang der Deutschen mit People of Color, also z.B. mit den Flüchtlingen aus Afrika und Asien, ist von strukturellem Rassismus bestimmt. Jeder Gedanke an Steuerung der Flüchtlingsbewegungen etwa ist rassistisch. Jede Kritik am Islam ist antimuslimischer Rassismus.
Eine weitere Quelle der woken Ideologie ist die Forderung der Intersektionalität: Wer sich für eine Gruppe von Benachteiligten einsetzt, muss sich auch für alle anderen benachteiligten Gruppen einsetzen. Warum? Alle Unterdrückungen sind angeblich irgendwie miteinander verknüpft. Das hat manchmal wirre Folgen, wie wir kürzlich erlebten. Frauen gehören eigentlich zu den „vulnerablen, verletzlichen, Gruppen“. People of Color wie die Palästinenser auch. Aber israelische Frauen gehören zu den weißen, westlichen Unterdrückern und Tätern. Sie sind nicht Opfer wie die palästinensischen People of Color. Darum herrschte in der UNO lange peinliches Schweigen über die brutalen Vergewaltigungen und Abschlachtungen israelischer Mädchen und Frauen durch Hamas-Terroristen am 7. Oktober 2023. Sie seien ja nicht im luftleeren Raum geschehen, erklären die Woken.
Die woke Ideologie ist voller Widersprüche. Darum spaltet sie gerade die Frauenbewegung. Heftig wehren sich klassische Feministinnen gegen die Auflösung der Geschlechter durch die Transgender-Bewegung und den Queer-Feminismus. Worum geht es? Hier ein aktuelles Beispiel aus Deutschland: Im Deutschen Bundestag wird gerade über das Selbstbestimmungsgesetz beraten. Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend liest man: Das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) „soll trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen erleichtern, ihren Geschlechtseintrag ändern zu lassen.“ Wenn jemand demnächst beim Standesamt erklärt, er fühle sich als Frau, obwohl er aussieht wie ein Mann, wird er als Frau mit gewünschtem Namen ins Personenstandsregister eingetragen. Irgendwelche Beurteilungen durch Ärzte dürfen nicht mehr gefordert werden. Kritik daran kommt von klassischen Feministinnen. Wie soll man auch Frauenrechte gegen Männer verteidigen, die sich als Frauen ausgeben? Kritik kommt auch aus dem Justizvollzug, von Schulen, von Sportvereinen und Saunabesitzern. Wie soll das praktisch gehen? Keine Kritik kommt von den Kirchen. Woke, wie sie sind, finden sie das alles anscheinend gut. Das Gesetz soll zum 1. November 2024 in Kraft treten, wenn der Bundestag es beschließt. In dem Gesetz wird auch das „Offenbarungsverbot“ formuliert. Es besagt, dass jeder mit Bußgeld bestraft wird, der sagt, dass die Transfrau ursprünglich ein Mann war. Das ist mal ein klarer Fall von Sprechverbot, nicht wahr?
Zu Postmodernismus, Postkolonialismus, Kritischer Rassentheorie und Intersektionalität kommt als fünfte Zutat die Diskurs-Theorie. Die besagt, dass durch Sprache Macht ausgeübt wird und gesellschaftliche Verhältnisse verändert werden. Durch Gendersternchen und Sprechlücken sollen Personen, die sich nicht binär empfinden, sichtbar gemacht werden. Die Verballhornung der Sprache wird in Kauf genommen. Sie benachteiligt leider massiv ausgerechnet die Menschen, die mit dem Erlernen, dem Sprechen und Schreiben der deutschen Sprache Schwierigkeiten haben. Das aber beeindruckt die woken Aktivisten überhaupt nicht.
Jetzt fragen wir: Was geht uns Christen das an? Recht und Gerechtigkeit für benachteiligte Menschen müssen uns Christen selbstverständlich sehr viel angehen. Gott ist gerecht. Er liebt Recht und Gerechtigkeit. Um das zu belegen, muss ich hier gar keine Bibelstellen zitieren. Wer das bestreitet, dem empfehle ich dringend, die Bibel zu lesen. Unsere Verantwortung als Christen für die Gesellschaft, in der wir leben, ergibt sich aus Gottes Auftrag an sein Volk: „Suchet der Stadt Bestes!“ Diese Aufforderung Gottes lässt der Prophet Jeremia in einem Brief an die Juden in der babylonischen Gefangenschaft überbringen. (Jeremia 29,7) Obwohl die Stadt nicht ihre Heimat war, sollten sie sich für das Wohl der Stadt einsetzen. Sie sollten den Frieden – im Hebräischen steht da „Schalom“ – der Stadt suchen und für sie beten. Die Begründung ist ganz pragmatisch: „denn wenn’s ihr wohl geht, so geht‘s auch euch wohl.“
Was heißt das für Jesus-Nachfolger? Unsere Heimat, unser Bürgerrecht ist im Himmel, im Königreich Gottes. (Phil 3,20) Eine zweite Staatsbürgerschaft steht in unserem Pass. In meinem Fall Deutschland. Deutschland ist eine Demokratie. Als Staatsbürger in einer Demokratie gehöre ich zum Souverän, dem Volk. Ich trage, wie alle Bürger dieses Staates Mitverantwortung dafür, dass unser Land möglichst gerecht regiert wird. Da sich die Bürger einer Demokratie oft nicht einig sind, wird mit Mehrheit entschieden. Leider ist nicht garantiert, dass die Mehrheit immer für Gerechtigkeit eintritt. Menschen suchen ihren Vorteil und halten das für ihr gutes Recht. So kann es passieren, dass Gesetze mit Mehrheit beschlossen werden, die nicht wirklich gerecht sind. Perfekt läuft das wirklich nicht. Aber die Bemühung um mehr Gerechtigkeit und um die Abwehr der schlimmsten Ungerechtigkeiten ist den Schweiß aller Bürger wert. Erst recht aller Christen.
In unserem Grundgesetz steht, dass sich das Deutsche Volk zu den „unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten“ bekennt. Die Grundrechte werden dann aufgezählt. In Artikel 1,3 heißt es: „Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“ Die Grundrechte sind Freiheitsrechte. Hier einige auszugsweise: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Und wenn die Freiheit bedroht ist, sollten auch wir Christen aufwachen.
Die Professoren Susanne Schröter und Yascha Mounk zeigen, dass Freiheiten bei uns durch „woke“ Aktivisten bedroht werden. Sie gewinnen Macht in Organisationen, Medien, staatlichen Einrichtungen. Wenn wir uns dagegen nicht wehren, wird unsere Freiheit durch mächtige Gruppen und einen übergriffigen Staat eingeschränkt. Wie das in großem Stil geht, zeigen uns gerade die Planungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie handelt mit ihren 194 Mitgliedsstaaten gerade einen Pandemie-Vertrag aus, der schon im Mai 2024 verabschiedet werden soll. Menschenrechtler kritisieren die darin vorgesehenen Einschränkungen der Informationsfreiheit und der freien Meinungsäußerung. (1)
In der vergangenen Corona-Zeit haben wir die Übergriffigkeit des Staates schon erlebt. Einschränkungen der Versammlungsfreiheit. Impfpflicht. Jetzt werden massive Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bürger als angeblich notwendige Seuchenabwehr systematisch geplant. Bedauerliche Tatsache ist, dass die Freiheitsliebe auch bei Christen oft durch Angst erstickt wird. Die Freiheit wird nicht selten der Sicherheit bereitwillig geopfert. Das führt dazu, dass Christen – wie wir es in der Corona-Zeit erleben mussten – nicht gemeinsam für bestimmte Freiheitsrechte eintreten. In Gegenteil: Gemeinden sind durch Streit um diese Fragen gespalten und gelähmt. In manchen Gemeinden ist das bis heute spürbar. Dazu kommt: Wir Jesus-Nachfolger stellen leider nicht die Mehrheit in unserem Land. Wir können nicht verhindern, dass Gesetze im Bundestag mit Mehrheit beschlossen werden, auch wenn sie dem Wort Gottes widersprechen. Zum Beispiel das Gesetz über die „Ehe für alle“. Was tun wir dann? In solchen Fällen gilt das alte Apostelwort (Apg 5,29): „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Wenn wir das sagen, wird uns heute die Frage gestellt: Steht für euch die Bibel über dem Grundgesetz? Die Antwort: Selbstverständlich ja. Wo liegt das Problem? Das Grundgesetz beginnt in der Präambel mit dem Satz: „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“ Gott steht also über dem Grundgesetz. Gott soll sich das deutsche Volk verantwortlich fühlen.
Also ist es die Aufgabe von Christen, den Menschen in unserem Land den lebendigen Gott, der sich in Jesus Christus geoffenbart hat, zu bezeugen. Wir können und wollen nicht erzwingen, dass die Menschen an Gott glauben. Aber wir können und sollen das Evangelium allen Menschen sagen. Was aber sollen wir tun, wenn Gesetze beschlossen werden, die gegen Gottes geoffenbarten Willen sind? Antwort: Wir machen den Mund auf. Wir sagen, was nach Gottes Willen gut und gerecht ist. Wir sagen z.B. öffentlich, dass Gott alle Menschen als sein Ebenbild geschaffen hat, und zwar in der Polarität von Mann und Frau. So hat er die Menschen zu seinen Geschäftsführern berufen und gesegnet. Das steht in der Schöpfungsoffenbarung (1.Mose 1 und 2), und Jesus hat es bestätigt (Matthäus 19,4ff). Unser Geschlecht wählen wir nicht selber, es wird uns von Gott gegeben. Die Biologie lehrt uns, dass jede Körperzelle jeder Frau mit XX-Chromosomen ausgestattet ist und jede Körperzelle jedes Mannes mit XY-Chromomen. Offenbarung Gottes und Naturwissenschaft ergänzen sich bestens.
Gerade heute ist es hilfreich, Menschen darauf hinzuweisen, dass Gott ihre Identität durch ihren Körper bestimmt hat. Es ist in Mode gekommen, auf das Gefühl zu hören, egal wie der Körper ist. Eigentlich weiß jeder, dass Gefühle nicht von Dauer sind. Es ist darum nicht wirklich klug, Gefühle zum Fundament des Lebens zu machen. Aber jetzt wird sogar gesetzlich festgelegt, dass jeder Mensch einfach durch einen Sprechakt beim Standesamt festlegen kann, ob er ein Mann oder eine Frau ist oder auch noch etwas Anderes. In einer freien Gesellschaft hat jeder das Recht, sich zu fühlen, wie er will. Aber warum sollen wir nicht das Recht haben, zu sagen und zu begründen, wenn wir das problematisch finden? Oder nehmen wir das Beispiel der Ehe. Der Bundestag hat 2017 beschlossen: BGB § 1353: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“ Nach der Bibel aber ist die Ehe die lebenslange Gemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau. Sex außerhalb der Ehe – egal ob hetero- oder homosexuell – bezeichnet die Bibel als Sünde. Der Bundestag hat allerdings zugleich mit der Änderung des Eheverständnisse beschlossen: „Die Rechte der Kirchen und Religionsgemeinschaften bleiben von dieser gesetzlichen Neuregelung unberührt.“ Damit hält sich der Deutsche Bundestag an das Grundrecht der Religionsfreiheit. Peinlich, dass die Evangelischen Kirchen sich den staatlichen Vorgaben gebeugt haben, obwohl der Staat ausdrücklich ihre Freiheit nicht beschränkt hat. Der Staat zwingt die Kirchen nicht, gleichgeschlechtliche Paare zu trauen.
Von Christengemeinden darf man erwarten, dass sie nach dem Maßstab des Wortes Gottes und aus der Kraft des Heiligen Geistes leben. Sie sollen nicht nur die Gebote Gottes hochhalten, sondern auch beweisen, dass sie aus der Liebe Gottes in der Kraft des Heiligen Geistes leben. Ehen sollen in der Gemeinde geschützt und gestärkt werden. Genauso sollen Singles, die nach dem Wort Gottes sexuell enthaltsam leben, Offenheit, Vertrautheit und persönliche Nähe in den Gemeinden erleben. Das sind große Aufgaben.
Aber es ist ja nicht neu, dass Christen in einer nichtchristlichen Mehrheitsgesellschaft leben. Im ersten Jahrhundert hat die Mehrheitsgesellschaft im Römischen Reich weder das Eheverständnis noch die Sexualethik der Christen geteilt. In vielen Ländern der Welt ist die Polygamie geltendes Recht. Trotzdem leben die Christen die Einehe nach Gottes Wort. Eine Empfehlung zum Schluss
Woke Ideologen gewinnen über staatlich finanzierte Organisationen und mehr und mehr auch über staatliche Institutionen Einfluss und Macht. Auch große Firmen folgen dem Trend. Yascha Mounk nennt das den „kurzen Marsch durch die Institutionen“, den woke Ideologen schon angetreten haben. Ich empfehle in dieser Lage, dass wir in den Evangelischen Kirchen neu über die Theologische Erklärung von Barmen nachdenken. Dieses Bekenntnis wurde 1934 von der Synode der Bekennenden Kirche im heutigen Wuppertal-Barmen als Widerspruch gegen die deutsch-christliche Irrlehre der damaligen Reichskirche formuliert.
Ich lese immer mal wieder mein Ordinationsgelübde, das ich als evangelischer Pfarrer vor 57 Jahren abgelegt habe. Darin heißt es u.a.: „Dabei sollst du ernstlich beachten, dass es dem evangelischen Prediger nicht zusteht, eine andere Lehre zu verkünden und auszubreiten als die, welche gegründet ist in Gottes lauterem und klaren Wort, wie es verfasst ist in der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments, unserer alleinigen Glaubensnorm, wie es bezeugt ist in den drei altkirchlichen Glaubensbekenntnissen, dem Apostolischen, dem Nicänischen und dem Athanasianischen und in den reformatorischen Bekenntnisschriften unserer Kirche und wie es als Wegweisung für die angefochtene Kirche aufs neue bekannt worden ist in der Theologischen Erklärung der Bekenntnissynode von Barmen.“
Die Berufung auf die Barmer Erklärung kommt heute nicht immer gut an. Wer erklärt, sie sei auch heute aktuell, dem wird gern von Kirchenleitungen vorgeworfen, dass er die heutige Lage unangemessen dramatisiere, indem er sie mit der Lage in der Nazi-Diktatur vergleiche. Mit diesem Argument wird die Barmer Erklärung zu einem Museumstück aus schrecklichen Zeiten gemacht. Man hat mich aber in meiner Ordination zum Predigtamt auch auf die Barmer Erklärung verpflichtet, weil dieses Bekenntnis wohl für meinen Dienst heute wichtig werden könnte. Und so lese ich sie auch heute. Die Barmer Erklärung umfasst 6 Thesen. Ich gebe hier insbesondere die These 5 zu bedenken. In jeder These gibt es 3 Teile. Ein Bibelwort, ein Bekenntnis, eine Verwerfung der falschen Lehre. These 5 lautet: „Fürchtet Gott, ehrt den König. (1. Petr 2,17) Die Schrift sagt uns, dass der Staat nach göttlicher Anordnung die Aufgabe hat in der noch nicht erlösten Welt, in der auch die Kirche steht, nach dem Maß menschlicher Einsicht und menschlichen Vermögens unter Androhung und Ausübung von Gewalt für Recht und Frieden zu sorgen. Die Kirche erkennt in Dank und Ehrfurcht gegen Gott die Wohltat dieser seiner Anordnung an. Sie erinnert an Gottes Reich, an Gottes Gebot und Gerechtigkeit und damit an die Verantwortung der Regierenden und Regierten. Sie vertraut und gehorcht der Kraft des Wortes, durch das Gott alle Dinge trägt. Wir verwerfen die falsche Lehre, als solle und könne der Staat über seinen besonderen Auftrag hinaus die einzige und totale Ordnung menschlichen Lebens werden und also auch die Bestimmung der Kirche erfüllen. Wir verwerfen die falsche Lehre, als solle und könne sich die Kirche über ihren besonderen Auftrag hinaus staatliche Art, staatliche Aufgaben und staatliche Würde aneignen und damit selbst zu einem Organ des Staates werden.“ Soweit der Wortlaut von These 5.
Die staatliche Ordnung wird einerseits dankbar als eine von Gott angeordnete Wohltat anerkannt, wenn der Staat „nach dem Maß menschlicher Einsicht und menschlichen Vermögens unter Androhung und Ausübung von Gewalt für Recht und Frieden“ sorgt. Die Aufgabe der Kirche ist es, „an Gottes Reich, an Gottes Gebot und Gerechtigkeit und damit an die Verantwortung der Regierenden und Regierten“ zu erinnern.
Als falsche Lehre wird ausdrücklich verworfen, „als solle und könne der Staat über seinen besonderen Auftrag hinaus die einzige und totale Ordnung menschlichen Lebens werden“. Jeder Tendenz des Staates, sich zur höchsten Autorität über menschliches Leben zu erheben, müssen Christen widerstehen. Wir müssen widersprechen, wenn der Staat die Rolle Gottes einnehmen will. Leider können sich auch in einer Demokratie solche totalitären Tendenzen einschleichen. Und eine Kirche, die sich nicht vor allem am Wort Gottes, wie es in der Bibel gegeben ist, orientiert, sondern sich zivilreligiös als Kitt für den Zusammenhalt der Gesellschaft anbietet, wird selbst zu einem Organ des Staates. Sie verrät damit ihre Berufung. Die Evangelischen Kirchen stehen heute genau in dieser Gefahr. Dem müssen wir widersprechen. Die Barmer Theologische Erklärung von 1934 schließt mit den Worten, mit denen ich jetzt auch schließe: Verbum Dei manet in aeternum. Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit.
Quelle: www.bibelundbekenntnis.de (16.4.2024)