Es gibt einige Mythen rings um Judas Iskariot. Wo man nicht
viel weiß und eine Persönlichkeit besonders ist, wird viel ausgedacht. Doch was
ist wahr und glaubwürdig? Das sollten wir anhand der Glaubwürdigkeit der
Quellen entscheiden! Woher wissen wir von Judas Iskariot?
Woher wissen wir von Judas Iskariot? 1. Die biblischen Quellen
Die meisten historischen Informationen über Judas Iskariot finden wir in der
Bibel in den vier Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas & Johannes) & der
Apostelgeschichte. Diese fünf neutestamentlichen Bücher sind alle von
Augenzeugen (bzw. Augenzeugen waren Quelle der Informationen) im ersten
Jahrhundert nach Christus geschrieben worden, d.h. wenige Jahre nach dem
historischen Leben von Judas Iskariot.
Damit bieten die biblischen Quellen die ältesten und glaubwürdigsten
Informationen über Judas Iskariot! Es gibt keine hinreichende Begründung und
Belege für eine Verfälschung von Informationen über ihn in diesen Quellen.
2. Das Judas-Evangelium
Vor einigen Jahren machte das sogenannte Judas-Evangelium großes Aufsehen.
Manche „Experten“ meinten die Geschichte von Judas Iskariot (und damit auch die
von Jesus Christus) müsste durch diese Schrift umgeschrieben werden. Doch was
ist da wirklich dran?
Zunächst war die Vermutung, dass das Judasevangelium im 2. Jahrhundert n. Chr.
in einer frühchristlich-gnostischen Sekte entstanden ist. Die Schrift sei zum
ersten Mal von Irenäus von Lyon in Adversus haereses („Gegen die Irrlehren“ um
180) erwähnt worden (Adv. Haer. I 31,1) und schon von ihm deutlich abgelehnt.
Irenäus schreibt, dass die Gnostiker behaupten würden, Judas habe in Wahrheit
als einziger Jünger die wahre Bestimmung Jesu erkannt. Jesus selbst habe Judas,
um den Verrat gebeten – um sich von seiner körperlichen Hülle befreien und
seinen Daseinszweck erfüllen zu können.
„Du wirst sie alle übertreffen. Denn du wirst den Menschen opfern, der mich
kleidet.“
Dies sagt Jesus nach Angaben der National Geographic Society in der wichtigsten
Passage des Manuskripts.
Diese Deutung des Judas passt gut in das Gedankengebäude der Gnostiker. Sie
glaubten, dass Jesus Gott war, der sich durch die Schein-Kreuzigung seiner
menschlichen Hülle entledigt habe. Doch inzwischen ist diese Deutung des
Judas-Evangeliums zu hinterfragen:
Deren Gültigkeit ist inzwischen heftig umstritten [5][6] und eine neuere
Übersetzung durch Dr. April DeConick (2007: „The Thirteenth Apostle: What the
Gospel of Judas Really Says“) besagt, dass Judas im Judas-Evangelium keineswegs
als Freund Jesu beschrieben würde, sondern in Wahrheit als ein Dämon. Die
ursprüngliche Deutung durch National Geographic beruht laut DeConick eindeutig
auf Übersetzungsfehlern.
Wie auch immer das Judas-Evangelium zu verstehen ist – es ist und bleibt eine
apokryphe Schrift! Wie wahr kann eine Schrift sein, die mehr als hundert Jahre
nach dem Leben von Judas Iskariot geschrieben wurde? Entweder ist sie ein
Ausdruck einer christlich-gnostischen Sekte oder aber eine Bestätigung der
Evangelienberichte.
„Ob sie nun den Judas aus dem gleichnamigen Evangelium als Helden oder als
Dämon sehen — keiner der Wissenschaftler, die den Text untersuchten, ist der
Meinung, dass er genaue historische Informationen enthält. Bart Ehrman [Kenner
des frühen Christentums und des Gnostizismus] erklärt: „Es ist kein von Judas
verfasstes Evangelium, noch erhebt es Anspruch darauf. . . . Dieses Evangelium
wurde nicht zu Lebzeiten des Judas geschrieben und auch nicht von jemandem, der
ihn wirklich kannte . . . Dieses Buch wird uns also keine zusätzlichen
Erkenntnisse darüber liefern, was zur Zeit Jesu geschah“.
3. Woher wissen wir von Judas Iskariot?
Es gibt viele andere alte und neue Bücher, die weitere Informationen über Judas
Iskariot versprechen. Sie sind sicher spannend zu lesen. Doch woher haben diese
Menschen ihre neuen Informationen hunderte oder tausende Jahre später?
Andere versuchen die vorhandenen Informationen anders zu interpretieren. Zum
Beispiel rekonstruiert Martin Meiser in seinem Werk „Judas Iskariot: Einer von
uns“ die historischen Tatsachen neu. Was kommt Neues dabei heraus? Mit unserer
aktuellen Deutungsbrille enthalten die Texte auf einmal problematische
antijüdische Züge und andere aktuelle akute Nöte wie Freitod und
Männerprobleme…
Eine Deutung der Informationen aus dem Neuen Testament ist ja legitim, aber
nicht durch erfundene Tatsachen oder unberechtigte Literarkritik. Leider wird
Judas Iskariot aber gerne für die eigene Ideologie instrumentalisiert.
Aufgrund der Quellenlage sollten wir uns auf die biblischen Berichte über Judas
Iskariot fixieren. Sie sind glaubwürdige Primärquellen, die allen anderen
angeblich neuen Informationen und Interpretationen vorzuziehen sind.
Von Viktor Janke · Veröffentlicht 3. April 2019 · Aktualisiert 7. April 2019 https://viktorjanke.de/woher-wissen-wir-von-judas-iskariot/
Weiterführende Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Judasevangelium
Spiegel-Artikel „Wirbel um Judas-Evangelium“, 06.04.2006, http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,410159,00.html