Wenn wir uns unter Gottes starke Hand demütigen, erkennen wir damit bereitwillig sein Eingreifen als ein Mittel zu unserem eigenen Besten und zu Gottes Ehre an. Mit anderen Worten verzichten wir darauf, andere Menschen oder Ereignisse zu manipulieren. Wir sehen davon ab, Gottes Zeitplan forcieren zu wollen. Wir überlassen ihm die Planung. Und wir beugen uns unter seine starke, stabilisierende Hand. In unserer Ellbogengesellschaft findet sich immer irgendein Weg, um die Dinge voran zu treiben, wenn es uns zu langsam geht. Es gibt Leute, die man anrufen kann, Einflüsse, die man geltend machen kann, und Schwitzkästen, mit denen man drohen kann. Solche Methoden sind wirksam und schinden Eindruck – aber letzten Endes bereut man sie doch nur. Ein Gefühl der Unzufriedenheit und Enttäuschung macht sich breit. Nicht Gott hat gehandelt, sondern man selbst! Überlassen Sie es Gott, Sie zu erhöhen! Bis dahin bleiben Sie getrost unter seiner starken Hand. Mir ist zwar klar, dass ein solcher Rat unpopulär klingt, aber er ist goldrichtig. Zudem werden Sie sich in Zukunft nie fragen müssen, wer die Dinge ins Rollen gebracht hat, Sie oder Gott. Und wenn er Sie dann zu etwas ganz Großartigem einsetzt und Sie so erhöht, werden Sie keinen Grund haben, sich etwas darauf einzubilden. Alles Lob, alle Anerkennung geht allein an Gottes Adresse!
Demut ist die Konsequenz des Wissens, daß Gott die Niedrigen erhöht.
Demut kann nicht etwas Selbstgemachtes sein, sonst wirkt sie verkrampft und unglaubwürdig. Sie kann nur geschenkt sein. Echte Demut kann nur vom Wissen um die gewaltige Hand Gottes her kommen. Nur jene Hand selber kann wahrhaftig demütig machen (2. Mose 14, 31; vgl. 13, 3; 14, 8), aber eben so auch wahrhaft aufrichten, erhöhen. Rechte Demut hat nichts zu tun mit Minderwertigkeitskomplexen. Wer wirklich bis zu innerst weiß, dass er nur lebt von dem gnädigen Urteil Gottes über ihn und nicht von seinen eigenen Werten oder Unwerten, der kann ebenso getrost und demütig seine Werte wie seine Unwerte sehen.
Im Alten Testament, vor allem im Zusammenhang mit dem Auszug aus Ägypten, ist immer wieder von der „Hand des Herrn“ die Rede, die stärker ist als die „Hand der Ägypter“. „So errettete der Herr an jenem Tage Israel aus der Hand der Ägypter, und Israel sah die Ägypter am Gestade des Meeres liegen. Als Israel sah, wie gewaltig sich die Hand des Herrn an den Ägyptern erwiesen hatte, da fürchtete das Volk den Herrn“ (Ex 14,30 f.).
Das wird „zur Zeit“ (so wörtlich) geschehen. Das Griechische unterscheidet chronos, die regelmäßig ablaufende Zeit von kairos, der erfüllten, wesentlichen und prägenden, für das NT also der von Gott erfüllten Zeit. Damit ist in 1,5 (wie auch 5,6) die endgültig von Gott qualifizierte Zeit jenseits unseres Todes und unserer Welt gemeint.