„Der Psalter ist das Gebetsbuch Jesu Christi im eigentlichen Sinne. Er hat den Psalter gebetet, nun ist Er Sein Gebet für alle Zeiten geworden. Wird es jetzt begreiflich, wie der Psalter zugleich Gebet zu Gott und doch Gottes eigenes Wort sein kann, eben weil der betende Christus uns hier begegnet? Jesus Christus betet den Psalter in seiner gemeinde. Seine Gemeinde betet auch, ja, Einzelne betet, aber er betet eben … im Namen Jesu Christi. … Weil Christus das Psalmengebet des Einzelnen und der Gemeinde vor dem himmlischen Thron mitbetet, vielmehr weil die Betenden hier in das Gebet Jesus Christi miteinfallen, darum dringt ihr Gebet zu Gottes Ohren. Christus ist ihr Fürbitter geworden.“ Dietrich Bonhoeffer, Gemeinsames Leben.
Archiv für den Monat November 2014
Gott Kennt Mich
„Worauf es also hauptsächlich ankommt, ist letzen Endes nicht die Tatsache, dass ich Gott kenne, sondern die größere und grundlegendere Tatsache, dass Er mich kennt. Ich stehe in den Linien seiner Handfläche und bin nie aus seinem Sinn verschwunden. All meine Kenntnis von ihm ist abhängig von seinem beständigen Willen, mich zu kennen. Ich kenne ihn, weil Er zuerst mich erkannt hat und fortfährt, mich zu kennen. Er kennt mich wie ein Freund, der mich liebt. Es gibt keinen Augenblick, in dem seine Augen nicht auf mir ruhen oder in dem seine Aufmerksamkeit von mir abgelenkt wäre, und daher keine Sekunde in der seine Sorge um mich schwankend würde.
Dieses Wissen hat große Bedeutung. In ihm liegt unglaubliches Wohlbefinden – ein Wohlbefinden wohlgemerkt, das vorantreibt, nicht schwächt – zu wissen, dass Gott ständig Kenntnis von mir nimmt und in Liebe über mich zu meinem Besten wacht. Es ist enorm erleichternd, zu wissen, dass seine Liebe zu mir absolut realistisch ist, dass ihm jederzeit auch das Schlimmste von mir bekannt ist, so dass nichts nachträglich zutage treten kann, was ihn über mich eines Schlechteren belehren und seine Entscheidung für mich rückgängig machen könnte.
Es kann für uns bestimmt ein guter Anlass zur Demut sein, zu bedenken, dass Er all die Sachen über uns weiß, die nicht ganz in Ordnung sind, und die unsere Mitmenschen (Gott sei Dank) nicht wissen. Und dabei sieht Er mehr Verderbtheit in mir, als ich selbst wahrnehmen kann – dabei würde das, was ich sehe, ja eigentlich schon reichen.
Gleichfalls müsste es einen großen Antrieb für uns darstellen, wenn wir uns überlegen, dass Gott aus irgendeinem unerfindlichen Grund uns zu Freunden wünscht, dass Er Verlangen hat, mein Freund zu sein, und aus diesem Grund seinen Sohn für mich in den Tod schickte.“
J I Packer, Gott Erkennen.
Gotteserkenntnis und Menschlichkeit
„Wo Gott erkannt wird, wird auch Menschlichkeit gepflegt; wo aber die Menschen sich gegenseitig unterdrücken und betrügen, da kann man daraus schließen, dasss die Gottesfurcht erloschen ist.“ (Johannes Calvins Auslegung des Propheten Jeremia, zu Jer 22,16, S. 332)
Buchbesprechung: Von Gott berufen – aber zu was?
Ein Thema, das jeden unbedingt angeht
In diesem Andachtsbuch geht es um ein Thema, das jeden Menschen „unbedingt angeht“. Warum bin ich da? Was ist meine Aufgabe? „An irgendeinem Punkt in unserem Leben wird ein jeder von uns mit der Frage konfrontiert: Wie finde ich den zentralen Sinn meines Lebens und wie kann ich ihn erfüllen?“ (9) „Dieses Buch ist für alle diejenigen unter uns geschrieben, die sich danach sehnen, den Sinn und das Ziel ihres Lebens zu finden und zu erfüllen.“ (12) Es gab selten ein Buch, das mich in letzter Zeit so bewegt hat wie dieses. Ich las es in zwei Anläufen. Anfangs dachte ich: Klar, wenn Os Guinness, Sprössling aus dem berühmten Bier-Imperium von Guinness, promoviert an der Oxford University, ein solches Buch aus dem bequemen finanziellen und zeitlichem Polster heraus schreiben konnte, wen wundert’s? Ich lag falsch. Hier liegt ein Bericht vor, der nicht nur Substanz hat, sondern von der tiefgreifenden Erfahrung des Autors und vieler Zeugen der Vergangenheit lebt. „‘Können Sie sich vorstellen, am Grunde eines tiefen Brunnens zu leben, mit einem Mühlstein um den Hals? So empfand ich mein Aufwachsen.‘ Niemals werde ich das Pathos vergessen, mit dem mir dies von dem Erben einer der reichsten Familien der Welt gesagt wurde. Die meisten Menschen können sich nur schwer die Sogen eines ‚armen reichen Kindes‘ vorstellen. Sie wären nur zu erfreut, nur ein einziges Mal von einem solchen Reichtum verführt zu werden. Aber nicht nur Menschen, die reich an Geld sind, spüren diese Last; auch Menschen die reich an Talenten sind.“ (149) Ob Guinness dabei auch an sich selbst dachte? Beide Lasten, die des Geldes und der Begabung, so scheint es mir, hat der Autor kennengelernt. Er selber lebt bis heute in seiner Berufung „(als Apologet) der Welt das Evangelium zu erklären, und (als Analytiker) die Welt der Kirche verständlich zu machen“ (95). Weiterlesen
Der Anspruch auf die Wahrheit
„Der Anspruch auf die Wahrheit ist selbst schon politisch unkorrekt, weil man ihm unterstellt, die Gleichberechtigung des anderen nicht anzuerkennen. Damit wird aber auch die Toleranz bedeutungslos, denn sie muss einen Grund haben, der nur in der Achtung der Würde des anderen bestehen kann. Dazu gehört, ihm die Wahrheitsfähigkeit zuzusprechen. Nichteinmischung im Meinungsstreit ist keine Toleranz – Gleichgültigkeit vor der Meinung des anderen bedeutet, ihn nicht ernst zu nehmen.“ (pro)
Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern.
Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern. Aber nichts kann so gegenwärtig sein wie ein altes Buch, gerade wenn es nicht um jeden Preis aktuell sein will. Gerade das nicht Zeitgemäße kann zur kritischen Einrede werden. Biblische Worte kommen von weit her. Statt krampfhaft ihre Aktualität zu propagieren, wäre gerade das stark zu machen. Weil viele Worte der Bibel nicht zeitgemäß sind, sagen sie uns, was wir uns nicht selbst sagen können und was nicht auf der Tagesordnung steht. Wir sind von gestern. Deshalb sollten wir nicht schon von morgen sein wollen, sondern uns sagen lassen, was vorgestern und vorvorgestern war. Dabei wird sich noch etwas zeigen: Es geht nicht nur darum, Antworten auf die Fragen, sondern heute mehr noch Fragen auf die Antworten zu finden. Manchmal zeigen die ganz alten Fragen die Kurzschlüssigkeit vieler in Kirche und Gesellschaft so modern und zukunftsorientiert sich aufplusternder Antworten – z.B. die ganz alten Fragen der Bibel. Jürgen Ebach: Schrift-Stücke. Biblische Miniaturen
Buchrezension: Preisgabe der Vernunftvon Francis Schaeffer
Francis Schaeffer. Preisgabe der Vernunft: Kurze Analyse der Ursprünge und Tendenzen des modernen Denkens. Brockhaus Verlag: Genf/Wuppertal, 1985. 96 Seiten.
Das Büchlein bildet Teil I der berühmten „Trilogie“ Schaeffer (Original: Escape From Reason, 1968). Zusammen mit „Gott ist keine Illusion“ sowie „und er schweigt nicht“ beschäftigt sich Schaeffer grundlegend mit dem intellektuellen und kulturellen Klima der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In Preisgabe der Vernunftentwickelt er insbesondere die Schemata von „Natur und Gnade“ und der „Linie der Verzweiflung“.
Der Zwiespalt des modernen Menschen: Etappen der geistesgeschichtlichen Entwicklung
Im Schnelldurchgang durchschreitet Schaeffer die abendländische Geistesgeschichte.
Thomas v. Aquin (1225 – 1274) teilte die Welt in Gnade (das Höhere) und Natur (das Niedere) ein. Letztlich verdanken wir diesem der Renaissance zu Grunde liegenden Weltbild ein angemessenes Verständnis der Natur. Andererseits lehrte von Aquin, dass der menschliche Wille vom Sündenfall betroffen war, der Intellekt jedoch nicht. Daraus entwickelte sich die natürliche Theologie, die ohne Bezugnahme auf die Heilige Schrift auskam. (Die inhaltliche Haltbarkeit dieser Gedankengänge sind sehr umstritten. Ron Kubsch geht im Schaeffer-Sammelband „Wahrheit und Liebe“ näher auf die Kritik ein.)
Leonardo da Vinci (1452 – 1519) unterschied zwischen Gnade (Allgemeinbegriffe/Universalien) und Natur (Einzeldinge/Besonderes). Autonomes, rationales Denken führte zu einer starken Betonung der Mathematik. Die Problematik in einer Frage zusammengefasst: Wo ist die Einheit, wenn man der Verschiedenheitfreien Raum gibt?
Die Renaissance trennt die ideale Liebe (lyrische Dichter, geistige Liebe) von der sinnlichen Liebe (Romanschriftsteller, komische Dichter). Der Mensch wird frei um den Preis der Unmoral.
Im 18. Jahrhundert wird durch den Einfluss wichtiger Denker wie Immanuel Kant (1724 – 1804) und Jean-Jacques Rousseau (1712 – 1778) der Gedanke an Gnade völlig fallengelassen. Sie wird durch Freiheit ersetzt. Nachdem der Lebensbereich der Natur völlig autonom geworden war, wurde das Vakuum durch der Determinismus gefüllt. Der Mensch wurde in diese (Welt-)Maschinerie einbezogen. Die Freiheit des Individuums hingegen (der obere Bereich), das keiner Erlösung mehr bedurfte, war absolut. Das erzeugte eine mächtige Spannung.
Das Gesetz der Naturkausalität in einem geschlossenen System setzt sich in der Wissenschaft durch. Lediglich Einzeldinge können erkannt werden. Deshalb landete man bei der Meschanik. Dabei wird die Freiheit völlig preisgegeben. Die Frage nach dem Sinn des Lebens wird nicht mehr gestellt. Auf dem Gebiet der Moral bedeutete dies, dass die Vorstellung von Gut und Böse letztlich nur noch ein Werkzeug der Manipulation durch die menschliche Gesellschaft in einer mechanisierten Welt darstellte (Marquis de Sade, 1740 – 1814).
Die seit der Antike gültige Erkenntnistheorie setzte bei der Ratio an. Der Mensch ging völlig und ausschliesslich von sich selbst aus. Auf seine Vernunft war Verlass, deshalb war ein einheitliches Erkenntnisfeld gegeben. Durch G. F. Hegel (1770 – 1831) änderten sich sowohl die Erkenntnistheorie wie auch die Methologie. Die Rationalität an sich wurde preisgegeben. Wahrheit ist nicht mehr unbedingte Wahrheit. Kierkegaard (1813 – 1855) veränderte die beiden Sphären von Freiheit und Natur in Glaube und Vernunft. Dieses neue duale Denken – Schaeffer nennt es die Linie der Verzweiflung – hat sich über die Philosophie in der Malerei, Musik und schliesslich in der Theologie niedergeschlagen.
Was bleibt übrig? Der Mensch entbehrt dem Sinn seines Daseins. Das führt zu einer pessimistischen Grundhaltung. Aufgrund aller Verstandeserkenntnis ist der Mensch bedeutungslos. Der zur Entstehungszeit dieses Buch sehr aktuelle Existenzialismus hatte seine weltlichen Vertreter (Sartre – Selbstverwirklichung, Jaspers – Grenzsituation, Heidegger – Angst) sowie seine religiösen Exponenten (Barth – Verstand ist kein Anhaltspunkt zur Verifikation, religiöse Wahrheit ist von der historischen abgetrennt).
In der zeitgenössischen Theologie zeigte sich dieser Sprung: Tillich sprach von Gott jenseits von Gott. Klar definierte Begriffe aus Naturwissenschaft und Geschichte ergaben sich im rationalen Bereich. Im nicht-rationalen Bereich hingegen konnte es sich nur um Worte handeln, welche Assoziationen auslösen. Jesuswar demnach die Illusion einer echten Mitteilung, welche eine kräftige Reaktion hervorrief. Gott erschien als das philosophische Andere, als das unendliche, persönliche Alles. Religiöse Fragen waren definitiv in den Bereich des Nichtdiskutierbaren verschoben worden.
Schaeffer ordnete das aktuelles Symtom des Drogenkonsums nicht als Wirklichkeitsflucht oder Nervenkitzel ein, sondern sah es als Folge der Hoffnungslosigkeit des Menschen. Der Mensch suchte eine Antwort in erstrangigen Erlebnissen, im „High“. Der rationale Mensch endete so als Mystiker. Neu an dieser Art von Mystik war die Auffassung, dass es belanglos ein, ein Gegenüber zu haben. Es komme allein auf den Glauben. Die neuen Propheten des Seins (d. h. des oberen Bereichs) waren die Dichter, Maler und Musiker. Sie waren diejenigen, welche in die grossen Fragen noch zu stellen verstanden. Bezeichnend war allerdings ihr fehlendes moralisches Urteil. Ihre Ausdrucksformen verstanden sie als blosse Wahrnehmungen.
Die gesamtheitliche Sicht der Bibel – Gottes Offenbarung in Raum und Zeit
Wie lautete Schaeffers Antwort auf die Linie der Verzweiflung?
Er setzte bei der Antwort der Reformation auf das Problem der Einheit von Natur und Gnade an. Die Reformatoren verneinten die Autonomie im Bereich letzter Autorität. Die Bibel war Quelle endgültiger und umfassender Erkenntnis. Sie bot kein erschöpfendes Wissen, jedoch wahre und ganzheitliche Erkenntnis.
Ein zentraler Teil dieser Erkenntnis war die Anthropologie. Schaeffer stellte heraus, dass wir unsere Mitmenschen nicht als Menschen behandeln könnten, ehe wir ihren Ursprung wirklich kennten. Der Mensch ist nach Gottes Bild geschaffen und darum etwas Wunderbares. Adam war ein unprogrammierter, verantwortungsbewusster Mensch in einer gestaltbaren Geschichte. (Im Gegensatz dazu neigt der moderne Mensch zum Gedanken, er sei ein Nichts.)
Zweitens gibt die Bibel zuverlässige Information über den Schöpfer des Universums. Sie spricht von ihm als dem persönlichen und unendlichen Gott. Im Hinblick auf Gottes Unendlichkeit ist der Mensch so getrennt wie eine Maschine. Seine Persönlichkeit ist jedoch darauf angelegt, um mit diesem Gott in persönlicher Verbindung zu stehen. Der Mensch ist zwar verloren, jedoch entscheidungsfähig. Er ist in der Lage, Geschichte zu beeinflussen, einschliessliche seiner eigenen Ewigkeit und derjenigen seiner Mitmenschen.
Die dritte Einsicht: Dieser vernünftige Gott hat ein vernünftiges Universum ausserhalb von sich selbst geschaffen. Das bietet die Gewissheit objektiver Existenz, von Ursache und Wirkung. Weil das Weltall einen wahrhaft persönlichen Anfang hat, stehen Liebe und Kommunikation nicht im Gegensatz zu dem, was im Wesen bereits vorhanden ist.
Wie ist eine Umkehr des modernen Menschen möglich? Der Mensch muss, wenn er zurückfinden will, zwar seinen Rationalismus aufgeben. Doch findet er dann, auf der Basis des logisch Diskutierbaren, die Möglichkeit, seine Rationalität wieder zu gewinnen. Christus ist in beiden Lebensbereichen – Natur und Gnade – Herr, darum Herr des ganzen intellektuellen Lebens. Das System der Bibel erläutert, warum der einzelne tun darf, was alle tun müssen, nämlich bei sich selbst beginnen. Gott hat dem gefallenen Menschen inhaltsreiches Wissen gegeben, das er so dringend benötigt.
Fazit
Auch wenn man über den Beitrag einzelner Denker — insbesondere Thomas von Aquin und Sören Kierkegaard — geteilter Meinung sein kann, bilden diese Gedanken wertvolle Anhaltspunkte. Die Trennung zwischen dem „oberen“ und dem „unteren“ Bereich kann auf einem Bierdeckel skizziert werden. Die christliche Weltanschauung mit den drei Fixpunkten persönlich-unendlicher Gott, Mensch und Universum stellt für mich ein ergiebiges Metamodell dar.
Hanniel Strebel, www.hanniel.ch
2. Petrus 2, 11 wo doch die Engel, die größere Stärke und Macht haben, kein Verdammungsurteil gegen sie vor den Herrn bringen.
Die Irrlehrer werden hier charakterisiert als religiös ehrfurchtslose, anmaßende, selbstgerechte Menschen, die selbst Engelwesen, gegenüber vor Kritik und Abwertung nicht zurückschrecken. Vom Kontext her legt sich nahe, an gefallene, von Gott bereits in den Abgrund verbannte Engelwesen zu denken. Gemeint ist dass die den gefallenen Engeln überlegenen Engel, die vor Gott und Christus, dem Herrn stehen, kein abwertendes, ehrfurchtsloses Urteil über diese vor Gott auszusprechen wagen. Statt dessen stellt er allgemein fest, dass die mächtigsten Engelwesen vor Gott (s. dazu Mt 18,10; Lk 1,19) die gefallenen Engel nicht aburteilen oder gar schmähen, obwohl sie das böse Treiben Satans und seines Anhangs kennen.
So wird beispielsweise über Michael gesagt, der mit einer außerordentlichen Machtfülle ausgestattet ist: „Als er mit dem Teufel Streit hatte und über den Leib Moses verhandelte, wagte (er) kein lästerndes Urteil zu fällen, sondern sprach: Der Herr strafe dich!“ (Judas 9). Wie Michael sollten sich Gläubige nicht allein gegen Satan und seine Handlanger stellen.
Wie lästern die Irrlehrer diese Engelwesen? Vom Zusammenhang her stellen sie sich über die Engel (2,11) und über Jesus Christus (2,1.10a), maßen sich an, deren Wesen zu kennen (vgl. l,2f.8f; 2,12; auch 3,2-4), lehnen deren Verehrung ab und fürchten weder sie noch Satan und seine Engel (vgl. Offb 2,24), lehnen deshalb Gottes und Christi Gebote ab und verkünden Freiheit im Sinne religiöser und sittlicher Ungebundenheit. Insofern vertreten sie eine besondere Heilslehre und praktizieren eine freizügige sittliche Lebensweise.
Hier ist nicht die Abweisung gottfeindlicher teuflischer Mächte, der Hass gegen das Böse, getadelt, sondern die selbstsichere Überheblichkeit, die zur Art dieser seltsamen „Christen“ gehört. Die Meinung, alles von hoher Warte beurteilen zu dürfen und von keiner Gefahr bedroht zu sein. Gott hat uns zur Demut berufen, aus eigenem Wissen und Können ist da „nichts zu rühmen“.
Petrus spricht hier von der geistlichen Haltung aller Frommen, die unter der Sünde der anderen leiden wie Noah, Lot und die Propheten, wie Mose. Auch wir sollen bei aller Klarheit, mit der wir das Unrecht erkennen und beim Namen nennen, Mitleid mit den Sündern haben. Diese Haltung sehen wir am deutlichsten an Jesus, der als der Reine und Herrliche den Willen Gottes einzigartig erkannte und vertrat, dennoch für die Sünder büßte, um sie zu retten. Unser Auftrag ist, die Sünder zur Buße zu rufen (2. Kor 5,20).
Bei diesen Falschlehrern hängen Unzucht und Ehrfurchtslosigkeit eng zusammen. Paulus widerlegt die Apostel der geschlechtlichen Ungebundenheit mit der Erinnerung an die Fülle der Gnade, die auch den Leib des Christen durchwaltet: „Oder wißt ihr nicht, daß eure Glieder Tempel des Heiligen Geistes sind, der in euch ist, daß ihr den Leib von Gott habt, und daß er euch nicht gehört? Ihr seid um einen Preis erkauft. Ehret also Gott in eurem Leib“ (1 Kor 6,19 f.).
Vers 10 http://bibelkreis-muenchen.de/?p=3230
Vers 9 http://bibelkreis-muenchen.de/?p=3148
Vers 8 http://bibelkreis-muenchen.de/?p=3139
Das Heil liegt außerhalb unserer eigenen Kräfte
Der Mensch kann aber erst dann vollständig gedemütigt werden, wenn er weiß, dass sein Heil gänzlich außerhalb seiner eigenen Kräfte, Absichten, Bemühungen und seines eigenen Willens, seiner Werke liegt und ganz und gar von der Entscheidung, der Absicht, vom Willen und Werk eines anderen abhängt, nämlich Gottes allein. Solange er sich nun einredet, dass er auch nur ein klein wenig zu seinem Heil beitragen kann, bleibt er im Vertrauen auf sich selbst und verzweifelt nicht vollständig an sich, demütigt er sich nicht vor Gott. Statt dessen nimmt er sich Ort, Zeit oder irgendein Werk vor oder hofft es oder wünscht es mindestens, mit dem er schließlich zum Heil gelange. Wer aber in keiner Weise daran zweifelt, er hänge ganz vom Willen Gottes ab, der verzweifelt gänzlich an sich selbst, der wählt nichts, sondern erwartet den wirkenden Gott. Der ist der Gnade am nächsten, dass er heil wird.
Martin Luther schreibt (WA 18, 633)
Gott ist nicht interessant
Das ist ein zweiter Grund, warum die Methoden der exakten Naturwissenschaften nicht auf den religiösen Bereich übertragbar sind. Der Forscher im Bereich der Naturwissenschaften muss so unbeteiligt wie möglich sein. Seine Person muss völlig zurücktreten; Gefühlsmomente dürfen auf keinen Fall mitspielen. Das Ideal ist, sich in jeder Hinsicht von dem Gegenstand zu distanzieren, der untersucht werden soll.
Aber Gott ist kein Gegenstand für diese Art distanzierter Betrachtung. Gott ist nicht »interessant«. Gott ist in hohem Maße beunruhigend. Dasselbe gilt von Jesus Christus. Der historische Christus hat allein schon auf Grund seines ethischen Appells religiösen Charakter. Bei der Auseinandersetzung mit ihm ist unser Gewissen beteiligt. »Wir gedachten, ihn im Lichte der Vernunft zu prüfen: wir stellen fest, dass er im Geiste uns prüft. Die Rollen sind vertauscht… Wir studieren Aristoteles und sind erbaut von ihm; wir studieren Jesus und sind zutiefst beunruhigt. Wir werden genötigt, diesem Jesus gegenüber eine ganz persönliche Haltung des Herzens und Willens einzunehmen. Wer sich mit Jesus befasst, kann unvoreingenommen über ihn nachdenken, aber nicht innerlich neutral bleiben. Wir müssen Farbe bekennen. Wir begannen auf der Ebene kühler Sachlichkeit; unversehens finden wir uns auf das Feld persönlicher Entscheidung gerufen.« (R Carnegie Simpson, The Fact of Christ, S. 23f.)
Grundkurs Christlicher Glaube von John R Stott Seite 13