Gekreuzigt, gestorben und begraben …

Am Ende seines öffentlichen Auftretens steht Jesus vor der Entscheidung, ob er nach Galiläa zurückkehren oder nach Jerusalem hinaufgehen soll. Lukas teilt mit, dass Jesus sich fest entschlossen nach Jerusalem begab (Lk 9,51). Markus erwähnt, dass Jesus seinen Jüngern klar machte, was Gott mit ihm vorhatte: „Der Menschensohn muss vieles erleiden und verworfen werden“ (Mk 8,31). Johannes charakterisiert diese Situation mit den Worten: „Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war …“ (Joh 13,1). Weiterlesen

Das Abendmahl

Das Abendmahl ist   durch Jesus Christus eingesetzt worden in der Nacht, da Er verraten wurde. Die Synoptiker berichten darüber in Mt 26,26-30; Mk 14,22-26; Lk 22,19-20. Johannes erwähnt das Mahl nicht. Manche meinen zwar, in Joh 6 einen Hinweis auf das Abendmahl zu finden. Dieser Abschnitt hat aber keine Beziehung zum Abendmahl. Die Symbole, auch Elemente oder Zeichen genannt, sind Brot und Wein. Beide werden von allen Teilnehmern genommen. Interessant sind dabei die Worte Jesu. Beim Brot sagt er nur: „Nehmet, esset!“ – aber beim Kelch: „Trinket alle daraus!“

Mt 26,27 „Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus;“
Mk 14,23 „Und er nahm den Kelch, dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus.“ Weiterlesen

Jesu Schweigen

Zu diesem Zeitpunkt wurde Jesus auf dem Balkon des Prätoriums – direkt neben Pilatus stehend – wahrscheinlich von römischen Soldaten bewacht. Matthäus schreibt: »Und als er von den Hohenpriestern und den Ältesten angeklagt wurde, antwortete er nichts. Da spricht Pilatus zu ihm: ”ºHörst du nicht, wie vieles sie gegen dich vorbringen? ”¹ Und er antwortete ihm auch nicht auf ein einziges Wort, so dass der Statthalter sich sehr verwunderte« (Matthäus 27,12-14). Pilatus wusste sehr wohl, dass Jesus sich keines der Vergehen hatte zuschulden kommen lassen, derer sie ihn anklagten. Er konnte erkennen, dass die Ratsmitglieder von Neid getrieben wurden (V. 18). Er hatte Jesus verhört und keine Schuld an ihm gefunden. Er hatte bereits in der Öffentlichkeit Jesu Unschuld verkündet. Der Fall hätte abgeschlossen werden können. Pilatus hätte Jesus freilassen und die aufgebrachte Menge zerstreuen sollen. Er fürchtete aber noch immer zu sehr die politischen Auswirkungen, die eine Kränkung des Hohen Rats mit sich gebracht hätte. In zahllosen gegen Verbrecher geführten Prozessen war Pilatus der Richter gewesen. Er hatte Hunderte – vielleicht sogar Tausende – angeklagter Verbrecher gesehen. Sie alle – unschuldige und schuldige gleichermaßen – hatten bei jeder Gelegenheit nachdrücklich ihre Unschuld beteuert. Niemals zuvor war Pilatus jemandem begegnet, auf den das Urteil »unschuldig« so vollkommen zutraf und der dennoch darauf verzichtete, zu seiner Verteidigung zu sprechen. Pilatus war über das gelassene und majestätische Schweigen Jesu erstaunt und verwundert. Im Grunde wünschte er, dass Jesus es seinen Anklägern verbal gehörig zurückgab. Doch Jesus blieb still. Was gab es noch zu sagen? Wer sollte noch überzeugt werden? Bei welchen der vorliegenden Anklagen lohnte sich die Beantwortung noch? Pilatus hatte ihn bereits von jedem Fehlverhalten freigesprochen. Und auch die Mitglieder des Hohen Rats wussten von seiner Unschuld – selbst wenn sie weiterhin entschlossen waren, ihn zu töten. Weil es an dieser Stelle nichts bewirkt hätte, wenn Jesus zu seiner Verteidigung gesprochen hätte, schwieg er. Erneut stellte dies alles eine vollkommene Erfüllung des göttlichen Plans dar. Hunderte Jahre zuvor schrieb Jesaja davon, dass Christus sich selbst opfern würde: »Er wurde misshandelt, aber er beugte sich und tat seinen Mund nicht auf wie das Lamm, das zur Schlachtung geführt wird, und wie ein Schaf, das stumm ist vor seinen Scherern; und er tat seinen Mund nicht auf« (Jesaja 53,7). John F. MacArthur „Tatort Golgatha.Gedanken über das Leiden und Sterben Jesus CLVBielefeld, 2004 ISBN3-89397-958-I  www.factum-magazin.de 2/08 http://schwengeler.ch/wFactum_de/aktuelles_heft/aktuelles_heft.php

Das Leben des Pilatus

Über die Zeit vor seinem Wirken, seine Herkunft, Familie etc., ist nicht viel bekannt. Man kennt nicht einmal seinen Vornamen. Das „Pontius“ in seinem Namen ist ein sogenannter „nomen gentile“, also ein Geschlechtsname. Dieser nomen gentile weist darauf hin, dass Pilatus aus dem samnitischen Geschlecht stammt. Der Beiname „Pilatus“ wird verschieden interpretiert. Die Spanne reicht von „der Haarige“, über „Hut der Freiheit“ bis „der Speerträger“. Eine weitere Sache, die wir über Pilatus wissen, ist, dass er dem Ritterstand angehörte. Es war üblich, dass der Prokurator von Judäa aus dem Ritterstand kam, so wie wahrscheinlich auch alle anderen Prokuratoren. Darüber hinaus wissen wir noch, dass er verheiratet war (Mt 27,19). Bei einigen apokryphen Schriften und Kirchenvätern werden verschiedene Namen gehandelt, die alle nicht gesichert sind.

Die Zeit in Judäa

Er war der fünfte Statthalter der Provinz Judäa. Er trat die Nachfolge des Valerus Gratus an. Sowohl Pilatus als auch Gratus waren Schützlinge des mächtigen Sejan. Dieser vertrat eine Politik der Strenge gegen die Juden, was sich auch auf die Art der Herrschaft der beiden Prokuratoren auswirkte. Pilatus wurden zuweilen sogar antisemitische Züge angekreidet. Datiert wird seine Regierungszeit auf 27 – 37 n. Chr.20. Durch sein Handeln zog er sich immer wieder den Zorn der Juden auf sich, sei es nun, um zu provozieren, oder teilweise aus Unwissenheit. Er galt als bestechlich und gewalttätig. Hier eine Darstellung der gröbsten Skandale während der Amtszeit des Pilatus. Weiterlesen

Die Auferstehung Jesu

Die Auferstehung Jesu aus der Sicht eines Historikers
„Ist Christus nicht auferstanden, so ist euer Glaube eine Illusion…dann seid ihr noch in euren Sünden…dann laßt uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot.“ So schrieb Paulus an die Christen in Korinth (1.Korinther 15,14.17.32).
Ohne die Auferstehung Jesu gäbe es keinen christlichen Glauben. Ohne die Auferstehung Jesu gäbe es keine christliche Hoffnung, auch nicht auf die Vergebung unserer Sünden. Was kann ein (Alt-)Historiker über diese Auferstehung sagen? Kann er überhaupt etwas dazu sagen? Sollte er überhaupt etwas dazu sagen? Schließlich ist das Ganze doch eine Glaubenssache – oder nicht? Beruht der christliche Glaube etwa auf (fragwürdigen?) historischen Behauptungen? Den Schreibern des Neuen Testaments und den ersten Christen war die historische Frage wichtig, deshalb ist später der Name von Pontius Pilatus als einziger Name neben dem von Jesus Christus ins Glaubensbekenntnis aufgenommen worden. „Gekreuzigt unter Pontius Pilatus“, d.h. nicht irgendwann, irgendwo, irgendwie, sondern in der Zeit der Statthalterschaft von Pilatus in Judäa (26-36 n.Chr.). Zunächst sollen einige grundlegende Vorüberlegungen und Vorfragen angesprochen werden: In jeder Wissenschaft richtet sich die Methode, mit der man arbeitet, nach dem Gegenstand, über den man die Wahrheit herausfinden will. Deshalb arbeiten Historiker z.B. anders als Naturwissenschaftler, denn Historiker können ja nicht einfach in einem wiederholbaren Experiment die historische Vergangenheit rekonstruieren. Historiker arbeiten eher wie Juristen. Sie rekonstruieren vergangene Ereignisse auf Grund von Quellen, Indizien, Zeugenaussagen; sie führen also einen Indizienprozeß. Manchmal muß man auf Grund einer neuen Quellenlage, neuer Indizien einen Fall auch erneut aufrollen. Ein besonderes Problem stellt die Frage dar: „Sind historische Überlieferung und Bewertung nicht subjektiv? Unsere Bewertungen bezüglich der Bedeutung von Ereignissen ändern sich doch immer wieder einmal.“ Das stimmt. Überlieferung und Bewertung von Ereignissen können subjektiv sein. Die Ereignisse aber sind es nicht; Ereignisse finden statt. Die Geschichte der Welt findet statt, die Geschichte meines Lebens findet statt. Und nicht immer findet das statt, was am wahrscheinlichsten ist. Das wissen wir aus der Geschichte unseres eigenen Lebens und aus der Geschichte der Welt. So war es z.B. Anfang Oktober 1989 noch extrem unwahrscheinlich, daß die Berliner Mauer jemals, oder jedenfalls in absehbarer Zeit, fallen würde. Aber sie ist Anfang November 1989 gefallen. In der Geschichte tritt nicht immer das ein, was am wahrscheinlichsten ist. Die entscheidende Frage bei allen Berichten, die wir über Ereignisse hören, sehen oder lesen, lautet deshalb: „Ist der Bericht wahr? Hat das wirklich stattgefunden?“ Historiker haben es also mit einem Indizienprozeß zu tun. Welche Indizien, Quellen oder Zeugnisse gibt es nun für die Auferstehung Jesu? Historisch ernst zu nehmen sind hier vor allem die Schriften des Neuen Testaments, d.h. die Evangelien, die Apostelgeschichte und auch die Briefe. Weiteres Material außerhalb des Neuen Testaments ist historisch nicht sehr ergiebig. Eine interessante Ausnahme stellt hierbei eine Notiz des römischen Geschichtsschreibers Tacitus (ca. 55-110 n.Chr.) dar, der sich im Zusammenhang mit dem Brand Roms zur Zeit des Kaisers Nero auch über die Christen (sie wurden von Nero fälschlich als Brandstifter bezeichnet) äußert und schreibt, daß „…der Stifter dieser Sekte, Christus…unter der Regierung des Tiberius durch den Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden“ ist (Tacitus, Annalen XV,44), also eine präzise Übereinstimmung mit der gleichen Aussage im Neuen Testament. Eine andere Vorfrage lautet: Wollen die Texte des Neuen Testaments überhaupt historisch verstanden werden? War das überhaupt ihr Selbstverständnis? Hatten die Autoren der Evangelien ein Interesse an historischen Fragen und falls ja, hatten die Menschen in der Antike nicht andere Vorstellungen von historischer Wahrheit als wir heute? Sehen wir uns daraufhin den Prolog von Lukas aus seinem Evangelium (Lukas 1,1-4) an: „Da es nun schon viele unternommen haben, einen Bericht von den Ereignissen zu verfassen, die sich unter uns zugetragen haben, wie sie uns die überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind, hat es auch mir gut geschienen, der ich allem von Anfang an genau gefolgt bin, es dir, vortrefflichster Theophilos, der Reihe nach zu schreiben, damit du die Zuverlässigkeit der Dinge erkennst, in denen du unterrichtet worden bist.“

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Warum Ostern gefeiert wird

Ostern ist das älteste christliche Fest. Es hat zentrale Bedeutung, weil Jesus in dieser Zeit von den Toten auferweckt wird und aufersteht. Die Feier seiner Auferstehung ist der Höhepunkt der Ostertage. Der Ostertag überforderte zunächst die ersten Christen. Die Enttäuschung von Petrus, Johannes, Jakobus war bodenlos, die Frustration grenzenlos und die Angst machte haltlos. Zum Osterjubel gab es zunächst überhaupt keinen Grund. Sie konnten Jesus noch nicht den sehen, der auferstanden war, sondern nur den, der sie hatte sitzen lassen. Nicht Auferstehung hiess ihre Devise, sondern Aufstehen und Abhauen.

Osterbotschaft – kein Betrug

Die Jünger konnten und wollten sich mit dem Scheitern ihrer Hoffnungen nicht abfinden und haben das grösste Täuschungsmanöver der Weltgeschichte in Szene gesetzt, sagen manche Kritiker. Diese Behauptung ist unwahrscheinlich: Die Jünger Jesu, die ihn nach seinem Tod schon verlassen und verleugnet hatten, haben sich durch diese Botschaft von der Auferstehung ungeheuren Unannehmlichkeiten ausgesetzt, die in einigen Fällen im Märtyrertod gipfelten. Dafür lohnt kein Betrug. Die Osterberichte in der Bibel wirken gerade darin sehr authentisch, weil sie von dem Zweifel und der fehlenden Bereitschaft der ehemaligen Jünger berichten, die Tatsache anzuerkennen, dass Jesus wieder unter ihnen war. Schliesslich war er gekreuzigt worden und in der schlimmsten Stunde seines Lebens hatten sie ihn alleingelassen. Jesus hatte alle Not, sich gegenüber der Skepsis der Jünger durchzusetzen. Sie waren bereit, alles möglich zu akzeptieren: dass es sich um einen Geist oder einen Gärtner handele, oder dass Jesu Leichnam gestohlen worden sei, nur das eine nicht, dass ihr Meister von den Toten auferstanden war. Es bestand also keinerlei Bereitschaft zum Betrug. Mit Ostern bekam das Hoffen der ersten Christen ein sicheres Fundament und viel Grund zur Freude. Deshalb kann Ostern durch nichts ersetzt werden. Wenn es darum geht, wie der Tod überwunden wird, ist Ostern ohne Vergleich und ohne Entsprechung. Hauskreis-Thema

Naturtrüb

In der Anpreisung von »naturtrüben« Produkten ist eine Behauptung enthalten: dass das »Klare« im Umkehrschluss das Unnatürliche, Synthetische sei. Seit mindestens einem Jahrzehnt nehmen naturtrübe Biere, Säfte, aber auch Schnäpse oder Essige einen prominenten Platz in Bioläden und konventionellen Supermärkten ein. Ökologische Warentests treiben diese Etablierung voran, wenn sie in ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis kommen, dass ungefilterte Fruchtsäfte oder Biere weitaus größere Mengen an Vitaminen und Mineralien enthalten. Sie legitimieren den Schritt vieler Brauereien und Saftproduzenten, Hefe- beziehungsweise Frucht-zuckerrückstände nicht mehr aus den Getränken zu entfernen. Spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts, war die Perfektionierung von Filtrationsverfahren gleichbedeutend mit der Perfektionierung von menschlicher Zivilisation selbst. Das Vermögen, etwa Trinkwasser auf immer feinere Weise von Fremdstoffen zu befreien, erschien als Kulturleistung schlechthin, was sich auch auf den Umgang mit vielen anderen Flüssigkeiten übertrug. Der Siegeszug naturtrüber Getränke mindert diese konstante Bedeutung des Filters. Die Kategorie des »Klaren« erfährt eine grundsätzliche Umdeutung: Sie ist nicht mehr gleichbedeutend mit dem Reinen, sondern eher mit dem industriell Produzierten. Das Trübe dagegen, seit je das latent Verunreinigte, erscheint nun als Garant für Gesundheit und Wahrhaftigkeit. Einem Weißbier würden gründliche Filter nicht mehr Schadstoffe entziehen, sondern die Seele. Bis vor wenigen Jahrzehnten war das Konzept des »Naturtrüben« völlig undenkbar. »Die Entwicklung der Filtration kann als ein Spiegel für den jeweiligen kulturellen Stand und besonders für den Stand der Hygiene eines Zeitalters angesehen werden. Alkoholhaltige Getränke (Biere, Weine, Liköre) sowie alkoholfreie (Obstsäfte, Limonaden) würden bei Vorhandensein auch nur geringer Trübungen oder von Bodensatz schwer verkäuflich sein. Das aus der Alternativkultur der Siebziger- und Achtzigerjahre erwachsene Augenmerk auf möglichst naturbelassene Ernährung hat eine fast 200 Jahre lang stetig verfeinerte Kulturleistung, die Kunst des Filterns, zur Stagnation gebracht. Eines darf man allerdings nicht vergessen: Die scheinbare Rückkehr zu vormodernen, »natürlichen« Produktionsprozessen von Getränken ist eher deren Simulation mit allermodernsten Mitteln. Die Vergröberung oder Absenz von Filtern ist kein einfaches Besinnen auf Vergangenes, sondern geschieht im genauesten Wissen um die zeitgemäßen hygienischen und technischen Standards. Insofern sollte man eine Begriffskorrektur vornehmen. Die neuen Bier-, Fruchtsaft- und Schnapssorten sind allenfalls »kulturtrüb«.

Aus:ttp://sz-magazin.sueddeutsche.de/ (leicht verändert) Naturtrüb 12.07.2007     Von: ANDREAS BERNARD


Wenn es Gott nicht gibt, gibt es keine Wahrheit

Eine Kurzfassung von einem Interview mit Robert Spaemann

Frage: Warum gerade jetzt diese Häufung von neuer atheistischer Literatur und warum diese Vehemenz, um nicht zu sagen Militanz? Haben Sie dafür eine Erklärung?

Robert Spaemann: Eine wirkliche Erklärung habe ich nicht, jedoch ein paar Vermutungen. Zum einen gibt es eine gewisse Wiederkehr der Religion. Religiöse Themen interessieren heute mehr Menschen als noch vor zehn Jahren. Das Zweite ist der Vormarsch des Szientismus, das heisst einer Weltanschauung, für welche die Naturwissenschaft der ausschliessliche Zugang zu unserer Welterkenntnis darstellt. Der Szientismus verbindet sich mit einem geradezu rauschartigen Machtgefühl. Die Genforschung beispielsweise eröffnet uns Möglichkeiten der Manipulation und des Zugriffs auf die menschliche Natur. Da gibt es nur noch einen Widerstand, und das ist in einem weitgefassten Sinne ein religiöser. Es scheint mir so zu sein, dass die Menschen, die von diesem Machtwillen und von der Vorstellung besessen sind, allmählich alles machen zu können, nun das Haupthindernis beseitigen möchten, das diesem totalen Zugriff im Wege steht. Es erstaunt nicht, dass die meisten neuen Atheisten Biologen sind. Gerade in der Bioethik wird dieser Gegensatz – was darf man alles machen, was darf man nicht machen? – sehr deutlich. Und es gibt noch einen Punkt, an dem die Frage nach der Religion wichtig wird: im Zusammenhang mit dem Gedanken einer Verantwortung des Menschen für sich selbst. Weiterlesen

Christliches Denken

1. Die Wichtigkeit christlichen Denkens

Wie bei all unseren Überlegungen müssen wir bei der Bibel an setzen und nach der biblischen Begründung einer Betonung der Wichtigkeit christlichen Denkens fragen, da sie nicht nur in Sachen des Glaubens, sondern auch für unsere Einstellung zu unserem gesamten Leben inmitten moderner Gesellschaft und Kultur den absoluten Maßstab bildet. Darüber hinaus wäre zur Begriffserklärung zu bemerken, daß unter christlichem Denken oder biblischer Verstandesbildung nichts. anderes verstehe als den Gebrauch der jedem Menschen von. Gott gegebenen intellektuellen Fähigkeiten, da der Verstand genauso selbstverständlich zu unserer Existenz gehört wie etwa Augen und Ohren und die Schrift uns dazu anhält «Du sollst den Herrn deinen Gott lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand» (Luk. 10,27, 5. Mose 6,5). Christliches Denken gehört daher zu der hier geforderten Aktivität, Gott mit dem Verstand lieben. Im Kern lehrt uns dieses Gebot zweierlei: Der Verstand ist nicht nur an sich wichtig, sondern ebenso Teil eines größeren Ganzen. Somit kann das Denken eines Christen nicht von den übrigen Pflichten des Menschseins losgelöst werden. Entscheidend ist auch, seine eindeutige Abgrenzung zu von griechischer Kultur geprägtem Denken zu sehen, da es sich hier nicht um ein rein intellektuelles Konzept handelt. Die Griechen erhoben die Ratio über alles und waren Rationalisten (mit zahlreichen modernen Anhängern), was der Christ in diesem philosophischen Sinne jedoch nicht ist. Obwohl der Glaube rational ist, ist er doch nicht rationalistisch, da Christsein zwar in der Erfahrung als vernünftige, dem Verstand zugängliche Wahrheit erfaßt werden kann, aber dies bedeutet noch eine Erhebung unseres menschlichen Verstandes über Gottes Person und Offenbarung hin aus. Die biblische Begründung für die Wichtigkeit des Verstandes und christlichen Denkens ist also in der Schöpferordnung Gottes und der Tatsache begriffen, daß Jesus ihm in der gesamtmenschlichen Erfahrung Herz, Seele, Kraft seinen Stellenwert gibt. Weiterlesen

Die Entwertung des Menschlichen

In diesem Zusammenhang: Das vergangene Jahrhundert offenbarte nicht nur eine Krise der Moderne, sondern eine Krise des Menschen überhaupt. Für Sigmund Freud (1856–1939) waren die Menschen alles andere als freie Persönlichkeiten, sondern triebgesteuerte Wesen, für die Rationalität einer von vielen Verdrängungsmechanismen ist. Im Jahre 1962 sprach Theodor Adorno (1903–1969) davon, dass der Anthropozentrismus »nicht zu retten« sei. 1966 schrieb Michel Foucault (1926–1984) begeistert vom »Verschwinden des Menschen« und deutete es als Befreiung von der Enge einer anthropologischen Axiomatik. François Lyotard (1924–1998) spricht davon, dass das Erbe Kants und Wittgensteins »von der Schuldenlast des Anthropomorphismus« zu befreien sei. Zyniker wie der aus Rumänien stammende E. M. Cioran oder der deutsche Ulrich Horstmann proklamieren sogar Sätze wie »Das Paradies ist die Abwesenheit des Menschen« oder »Daß es besser wäre, wenn es nicht wäre, hat sich das Untier [gemeint ist der Mensch] immer schon auf die ein oder andere Weise eingestanden.«

Kurz: Das Menschbild der nachmodernen Denker ist tief pessimistisch und in manchem Punkten geradezu biblisch düster. Warum verweigern so viele postmoderne Christen genau in dieser Frage ihren Lehrern die Gefolgschaft und entwerfen ein Menschenbild, dass bisweilen sogar den biblischen Sündenbegriff relativiert?.

Mehr dazu siehe http://www.theoblog.de/?p=265