1. Petrus 3, 15 heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist,

„heiligt den Herrn in euren Herzen“ heißt: laßt euer Herz allein von der Wirklichkeit Gottes her bestimmen. In Jesaja 8,13 ist „der Herr“ = Jahwe. Es ist bedeutsam, daß Petrus die Gottesbezeichnung des AT (Jahwe, grie kyrios1″) auf Christus überträgt.
Christen müssen bereit zur Verantwortung sein. Von dem griechischen Begriff für Verantwortung (apologia) leiten sich unsere deutschen Worte Apologie und Apologetik her. Gemeint ist oftmals eine formale Verteidigung vor einem Gericht (vgl. Apg 25,16; 2Tim 4,16), aber Paulus gebrauchte das Wort auch in inoffizieller Hinsicht zur Beschreibung seiner Fähigkeit, denen Rede und Antwort zu stehen, die ihn infrage stellten (Phil 1,16). Allezeit deutet an, dass Christen stets zur Verteidigung bereit sein sollten, ob nun vor einem offiziellen Gericht oder gegenüber jedermann, der von ihnen Rechenschaft über ihre Lebensführung und ihren Glauben fordert. Rechenschaft ist die Übersetzung des griechischen Wortes logos, was „Wort“ oder „Botschaft“ bedeutet. Christen werden aufgerufen, mit dem richtigen Wort auf Fragen zum Evangelium zu antworten, wenn jemand Rechenschaft von ihnen fordert (Präsens).
Erstaunlich ist: Christen fallen nicht zuerst an ihrem Glauben auf – so setzt Petrus hier voraus -, sondern an ihrer „Hoffnung“. „Hoffnung“ ist ein zusammenfassender Begriff für unser ganzes Handeln im und aus dem Glauben (vgl. zu 1. Petr 1,3), ja kennzeichnet den Glauben in seiner Ziel- und Blickrichtung auf die Ewigkeit.

1. Petrus 3, 14 Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht;

Eins ist jedenfalls klar: Der Glaube enthält keine „Unfallversicherung“.
Der Apostel macht keine falschen Versprechungen. Wenn Vers 13 auch die normale Reaktion aufzeigt, so kann doch der Fall eintreten, daß Gutestun Leiden einbringt.
Trotz der allgemeinen Grundregel, trotz Ihrer geradlinigen Lebensführung, trotz Ihres Gottvertrauens gibt es einfach Situationen, in denen Sie einstecken müssen. Und von dieser Ausnahme der Regel ist hier die Rede. Die optative Formulierung zeigt, „wenn ihr leiden solltet (päschoite)“, an, daß die Situation des Leidens nicht generell gegeben ist und sich auch wieder ändern kann, wenn Gott dies will (V. 17). In dieser Formulierung kommt zum Vorschein, daß Gott über das Maß des Leidens wacht, das den einzelnen Christen trifft. Gott wirkt in allem, das den Christen trifft, so mit, daß „ihm alles zum Guten gereichen muß“ (Röm 8,28). Darum sollen sich die Christen vor dem Schrecken, den ihre Gegner verbreiten, nicht fürchten (wörtlich: „Ihre Furcht, phobos, aber fürchtet nicht, me phobethete“; das Wortspiel, das im Anschluß an Jes 8,12 gebildet wurde, ist wohl so zu verstehen: ). Mit logischer Folgerichtigkeit schließt Vers 14 mit einem Zitat aus Jesaja 8,12, in dem es darum geht, daß man Gott fürchten muß und nicht die Menschen.
Das hier mit „selig“ übersetzte griechische Wort, makarioi (vgl. 1. Petr 4,14), gebraucht auch Jesus in der Bergpredigt (Mt 5,3 – 11). „Selig“ zu sein bedeutet nicht, „froh“, sondern vielmehr „bevorzugt“ zu sein.

The Company Men

Finanzkrise und Rezession sind derzeit im amerikanischen Kino ein Dauerthema. Was wir zur Zeit sehen, sind die Verfilmungen der Drehbücher, die auf dem Höhepunkt der Depression geschrieben wurden. Die Finanzkrisen-Filme, die bislang in Hollywood entstanden sind – „Margin Call“ mit Kevin Spacey oder Oliver Stones „Wall-Street“-Fortsetzung, alle singen das immergleiche Lied von der Gier als Motor aller Dinge.
Inhaltsangabe
Der Film „The Company Men“ mit Ben Affleck und Tommy Lee Jones erzählt von Männern, die ihre Führungsposten verlieren. Und die dramatische Geschichte über eine amerikanische Firma, die sich von einer Großzahl ihrer Mitarbeiter trennen muss, um einen Bankrott zu verhindern
Der Film spielt im Herbst 2008, jenen Tagen, als Corporate America von der Finanzkrise erstmals erschüttert wurde. Damals gingen die Bilder der entlassenen Banker und Manager, die mit ihren Kartons die Büros an der Wall Street und anderswo verlassen, um die Welt. Egal, was du im Laufe deiner Karriere an Besitzständen und Privilegien eingesammelt hast: Am Ende passt doch alles wieder in eine Pappschachtel. Die Ledercouch aus deinem Büro kannst du genauso wenig mitnehmen wie die persönliche Assistentin, den Schlüssel zum Klo der Chefetage muss du genauso abgeben wie sämtliche elektronische Datenträger. Dann stehst du da in der Lobby deines einstigen Arbeitgebers, unterm Arm einen Schuhkarton mit Bleistiften und unbrauchbaren Briefbeschwerern. Weiterlesen

1. Petrus 3, 13 Und wer ist’s, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert?

Eine Frage, die für die, die wirklich im tiefsten Leiden stehen, zunächst provozierend klingt. Warum müssen sie leiden, wenn sie ihr Leben entsprechend der Weisung des Glaubens voll Eifer nach dem Willen Gottes ausrichten? Bewirkt diese Lebensweise wirklich Glück und Heil oder nicht eher das Gegenteil? Die Frage des Briefschreibers ist aber so formuliert, daß sie nur mit Nein beantwortet werden kann. Auch Paulus fragt in ähnlichem Zusammenhang, wenn er die geballten Angriffsmächte gegen die Jesusleute aufzählt: „Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein?“ (Röm 8,31). Etwas von diesem triumphalen Ton liegt in dieser Frage des Petrus: Wer kann euch denn wirklich ernsthaft noch bedrohen, etwas Böses antun? Wer könnte euch eigentlich noch schaden? Hier wird der verfolgten und angefochtenen Gemeinde der Blick dafür geöffnet, dass sie einen sieghaften Herrn hat, der für die Seinen eintritt, wie es ja die Verse vorher gerade eindrücklich zugesprochen haben. Das ist doch die Wirklichkeit der Christen: Sie sind „Eiferer (Zeloten!) für das Gute geworden“ (so das Griechische wörtlich). Zeloten (zēlōtēs) beinhaltet den Gedanken an „Intensität“ oder „Enthusiasmus“ und beschreibt eine Person mit großer Leidenschaft für eine bestimmte Sache. Zu neutestamentlichen Zeiten gab es eine radikale politische Gruppierung jüdischer Patrioten, Zeloten genannt, die versprachen, die Juden von jeglicher Fremdherrschaft zu befreien. Zu diesem Ziel machten sie auch vor unmoralischen Maßnahmen nicht halt (wie Lügen, Stehlen, Mordanschlägen), selbst wenn diese zu ihrem eigenen Tod führten.

1. Petrus 3, 12 Denn die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr Gebet; das Angesicht des Herrn aber steht wider die, die Böses tun« (Psalm 34,13-17).

Das Zitat aus Psalm 34,16-17 beschreibt anschaulich die Tatsache, die Gläubige zu einer Gott wohlgefälligen Lebensführung motivieren sollte. Die Worte des Psalmisten sprechen von einem souveränen, herrschenden Gott (Ps 90,2; 102,26-28; Dan 4,32; Eph 3,11), der alles sieht (Hi 28,24; Spr 5,21), alles weiß (Ps 147,5; Röm 11,33), der Menschen für ihr Verhalten verantwortlich macht (1Mo 2,16-17; Röm 1,20) und bei Ungehorsam mit Strafe droht (Hes 18,4; Röm 6,23). Aber Petrus’ Hauptanliegen hier ist nicht das Gericht, sondern Gottes Fürsorge für sein Volk.
Die Ausdrücke die Augen des Herrn… und seine Ohren wollen die liebevolle Achtsamkeit Gottes ausdrücken zugunsten der Gerechten, und ihrer Bitten. Das Gottesverhältnis äußert sich im Bitten, im Beten, und hier ist die Verheißung, daß Gott aufmerksam hört. Wer Bedrängnis und Schmähung erduldet, hat viel zu bitten. Wer betet, bekommt die Kraft, auf Böses nicht mit Bösem zu reagieren. Das Angesicht des Herrn (ist gerichtet) gegen die, die Böses tun. Diese Worte zeigen die aktive Gegnerschaft Gottes. Wer Böses tut, hat Gott frontal gegen sich. Gottes Zorn ist gegen die gerichtet, die Böses tun, und gegen jene, die seinem Wort ungehorsam sind (vgl. Offb 6,16). Ob heute oder zur Zeit von Petrus: Christen haben schon immer mit einer feindlich gesinnten Welt zu kämpfen gehabt. Doch sie können in Demut leben, in christusgemäßer Weise auf Verfolgung reagieren und am göttlichen Autoritätsmaßstab festhalten, weil sie die Verheißung haben, dass Gott selbst inmitten von Versuchungen über sie wacht, sie beschützt und ihnen seinen Segen schenken möchte.

Ein Weg vom Theologen zum Christen

„… Ich stürzte mich in die Arbeit in sehr unchristlicher und undemütiger Weise. Ein wahnsinniger Ehrgeiz, den manche an mir gemerkt haben, machte mir das Leben schwer und entzog mir die Liebe und das Vertrauen meiner Mitmenschen. Damals war ich furchtbar allein und mir selbst überlassen. Das war sehr schlimm.
Dann kam etwas anderes, etwas, was mein Leben bis heute verändert und herumgeworfen hat. Ich kam zum ersten Mal zur Bibel. Das ist auch wieder sehr schlimm zu sagen. Ich hatte schon oft gepredigt, ich hatte schon viel von der Kirche gesehen, darüber geredet und geschrieben – und ich war noch kein Christ geworden, sondern ganz wild und ungebändigt mein eigener Herr. Ich weiß, ich habe damals aus der Sache Jesu Christi einen Vorteil für mich selbst, für meine wahnsinnige Eitelkeit gemacht. Ich bitte Gott, dass es nie wieder so kommt. Ich hatte auch nie, oder doch sehr wenig gebetet. Ich war bei aller Verlassenheit ganz froh an mir selbst. Daraus hat mich die Bibel befreit und insbesondere die Bergpredigt. Seitdem ist alles anders geworden. Das habe ich deutlich gespürt und sogar andere Menschen um mich herum. Das war eine große Befreiung. Da wurde es mir klar, dass das Leben eines Dieners Jesu Christi der Kirche gehören muss…
Dann kam die Not von 1933. Das hat mich darin bestärkt. Ich fand nun auch Menschen, die dieses Ziel mit mir ins Auge fassten. Es lag mir nun alles an der Erneuerung der Kirche und des Pfarrerskindes… Und so ging es weiter, Schritt für Schritt. Ich sah und dachte an gar nichts anderes mehr… Vor mir steht der Beruf. Was Gott daraus machen will, weiß ich nicht. Es ist bei mir immer noch viel Ungehorsam und Unlauterkeit im Beruf. Ich ertappe mich täglich dabei. Aber der Weg muss durchgegangen werden.“
Dietrich Bonhoeffer (1932)

1. Petrus 3, 11 Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach.

Der auf Psalm 34,15 basierende Vers 11 enthält vier imperative Anweisungen. Erstens sollen sich Gläubige vom Bösen abwenden (vgl. 1Thes 5,22 Meidet das Böse in jeder Gestalt).
Das Verb abwenden (ekklinatō) suggeriert eine starke Ablehnung von sündigen Dingen – in diesem Zusammenhang die sündige Behandlung anderer, selbst jener, die die Heiligen verfolgen (vgl. Mt 5,44; Röm 12,14). Zweitens fordert Petrus seine Leser auf, Gutes zu tun, etwas, das von ausgezeichneter Qualität ist und eine tiefe Tugendhaftigkeit zum Ausdruck bringt. Dies steht in scharfem Kontrast zur gegenwärtigen Vorstellung von einem guten Leben, wo jeder das tut, was er will, was ihm ein gutes Gefühl beschert – alles auf Kosten des Gehorsams gegenüber dem Willen Gottes. Der dritte und vierte Imperativ erscheinen zusammen in der Aufforderung an die Gläubigen: Suche den Frieden und jage ihm nach! Die Verben, die mit suche und jage übersetzt wurden, vermitteln beide ein intensives und dynamisches Handeln. (Der Satz enthält unausgesprochen das Bild eines Jägers, der seine Beute mit Leidenschaft aufspürt.) Frieden (eirēnēn) bezeichnet einen konstanten Zustand von Ruhe, der dauerhafte Freude und Glück zur Folge hat (vgl. Lk 2,14; 8,48; 19,38; Joh 14,27; 16,33; Röm 5,1; 8,6; 15,13; Gal 5,22; Phil 4,7; Kol 3,15; 2Thes 3,16).
Friede „muß eine Angelegenheit sorgfältigen Suchens“ sein. Jede Straße muß erforscht, jedes Hindernis muß überwunden, jede Tür muß geöffnet werden, um Frieden zu finden und den göttlichen Frieden herzustellen. Friede ist nicht nur die Abwesenheit eines Konfliktes; das kann ein Waffenstillstand besorgen. Es ist vielmehr die wohltuende, positive Herrschaft des Friedefürsten im Herzen, der Seele und im Verstand. Diese stille Freude kann im Leben regieren, selbst wenn es unter Druck steht oder angesichts einer Krise. Im Schatten des bevorstehenden Kreuzes sagte der Herr Jesus: „meinen Frieden gebe ich euch“ (Joh 14,27).

Gewaltpornografie kehrt alle Errungenschaften der Gleichberechtigung um

Unsere Gesellschaft weigert sich, die Schattenseite der alle Bereiche des Alltags und des Webs durchdringenden Pornografisierung anzusprechen
Am 17.10.2011 diskutierte ich in der 17. Folge von Eins gegen Eins in Sat.1 mit der Porno-Rapperin Lady Bitch Ray, der Clubbetreiberin Dominique und dem Sexualwissenschaftler Prof. Jakob Pastötter unter der Moderation von Claus Strunz das Thema „Porno als Massenphänomen – macht das unsere Gesellschaft kaputt?“ (Auszüge hier, hier und hier). Die Sendung hatte die bisher höchste Einschaltquote der Serie mit 6,4% der Zuschauer (Belege hier und hier). Heute habe ich mir die Zeit genommen, einmal die breite Diskussion in zahlreichen Blogs genauer anzuschauen. Deswegen möchte ich im Nachhinein meinen eigenen Haupteindruck wiedergeben und mein Plädoyer schriftlich niederlegen.
Am meisten schockierte mich, dass, wenn immer ich von Vergewaltigungsvideos im Web sprach, ausgerechnet zwei Frauen die Sache völlig verharmlosten. Das sei doch wie im Krimi. Da sehe man auch, dass Menschen getötet werden, und wisse doch, dass das nur ein Film sei. Aber gut wäre sicher, wenn die Frauen am Anfang des Films sagen würden, dass sie das freiwillig täten und gerne so behandelt würden. Hier wird doch Vergewaltigung bis zum geht nicht mehr verharmlost. Die Millionen von Männern, die „rape sex“ bei Google eingeben, wollen doch nicht Kunst sehen und denken auch nicht die ganze Zeit daran, dass das nur eine Aufnahme ist (und woher weiß man, ob es wirklich nur eine Aufnahme und nicht Realität ist?), sondern sich schlicht und einfach an der völligen Macht und brutalen Gewalt über Frauen berauschen. Die Frage müsste doch eher sein: Wie um alles in der Welt kann brutale Gewalt gegen Frauen nur erregen? Und sind die vermeintlich zunehmenden Vergewaltigungsfantasien von Frauen wirklich so harmlos und werden nur filmisch umgesetzt oder sind sie nicht selbst schon wieder Folge der ‚Normalisierung‘ und Gewöhnung durch Internetpornografie?
Hier nun mein Schlussplädoyer, zu dessen Zusammenfassung am Stück es leider am Ende der Sendung nicht mehr gekommen ist:
1. Unsere Gesellschaft weigert sich, die Schattenseite der alle Bereiche des Alltags und des Webs durchdringenden Pornografisierung anzusprechen. An die Stelle des alten Tabus ist das Tabu getreten, über die zu sprechen, die einen negativen Preis bezahlen, Süchtige, Mädchen, die sich nicht mehr annehmen können, bis hin zu Opfern der Zwangsprostitution. Wer sich hier engagiert, wird als Feind des Spaßes oder als verlängerter Arm des Papstes gesehen, dabei kommen die Warnungen längst nicht mehr von Priestern, sondern von Fachleuten und Therapeuten. Wir brauchen eine neue offene Diskussion und einen gesellschaftlichen Konsens, wo wir denn alle gemeinsam eine Grenze ziehen wollen. Bei Kinderpornografie ist das gelungen, wieso sollte das bei anderen Formen der Pornografie nicht auch gelingen? Denn die Entwicklung wird wie in den letzten Jahrzehnten zu immer härteren und allerlei Verbrechen darstellenden Darstellungen fortschreiten.
2. Die Darstellung von Gewaltpornografie gegen Frauen kehrt alle Errungenschaften der Gleichberechtigung um. Frauen werden zum würdelosen Objekt, ihr „Nein“ zum Vorspiel. Doch die feministische Bewegung hat weiterhin Recht: Bei Vergewaltigung und ihrer Darstellung geht es nicht um Sex, sondern um Gewalt und Beherrschen. Dagegen brauchen wir einen gesamtgesellschaftlichen Konsens, vor allem auch, dass wir dieses würdelose Frauenbild nicht Kindern und Jugendlich hochemotional einbrennen wollen.
Prof. Dr. theol. Dr. phil. Thomas Schirrmacher http://www.thomasschirrmacher.info/archives/2097

1. Petrus 3, 10 Denn »wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen.

Diese Mahnung ist so wichtig, daß Petrus sie durch ein Zitat aus Ps 34, 13-17 unterstreicht. Dort geht es um einen Ratschlag für Menschen, die Freude am Leben haben wollen. Und wer „will“ das nicht? „gute Tage“ zu sehen ist der Wunsch aller Menschen. Solch universale Hoffnung wird in den Grußformeln so vieler Sprachen ausgedrückt wie „Guten Tag“, „Buenos Dias“ usw. Diesen Wunsch auszudrücken ist eine Sache, aber wirklich einen guten Tag zu haben, erfordert mehr als Worte und den Wunsch. Seltsamerweise folgen hier keine Tipps, wie man sich gesund ernährt, richtig Geld verdient und Erfolg hat. Der Rat beschränkt sich auf unser Reden: „… der sollte seine Zunge zurückhalten, Böses zu reden, und keine Falschheit über seine Lippen kommen lassen.“ „hüte“ steht hier als Befehlsform im Aorist und schließt ein gewaltsames Zurückhalten ein, wobei dann etwas zum Aufhören veranlaßt wird. Die Enthaltsamkeit von negativem Gerede verbessert also unsere Lebensqualität.

1. Petrus 3,9 Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, dass ihr den Segen ererbt.

Die Missionswissenschaft hat es nachgewiesen, der Schlüssel für die Ausbreitung des Christentums lag im einzigartigen Betriebsklima dieser jungen Gemeinden. Bei allen Streitigkeiten überzeugten sie durch ihre warmherzige, glaubwürdige und sympathische Atmosphäre. Sie zog die Menschen so in den Bann, dass sie das Geschwätz der anderen Leute auf der Straße in Kauf nahmen, so lange untereinander fair miteinander umgegangen wurde.
Bemerkenswert ist, daß Petrus keine passive Haltung, nicht Flucht und Reaktion der Schwäche fordert, sondern aktive Erwiderung: im Gegenteil segnet“. Im AT segneten die Patriarchen und Priester; sie waren von Gott beauftragt und beschenkt zum Segnen. Im NT ist jeder Wiedergeborene ein Priester (2, 9) und darum zum Segnen berufen. Jesus hat geboten, die Feinde zu segnen (Lk 6, 28).
„Segnet“ (eulogountes) bedeutet in diesem Fall, Gutes von jemand zu sagen. Es unterscheidet sich von dem Begriff „selig“ (makarioi, „glücklich oder bevorzugt“, in V. 14; vgl. 1. Petr 4,14; Mt 5,3 – 11).
Die Bedeutung des 1 Petrusbriefes liegt gerade darin, das die Worte Jesus in der Situation der Verfolgung unverkürzt zur Geltung zu bringen und den leidenden Christen zu sagen, daß sie gerade im Leiden berufen sind, sich als Christen zu bewähren. Er hat ernst mit der Forderung Jesu gemacht, alles Böse, gerade auch ungerechtes Leiden, im Geist Jesu gewaltlos, gläubig und liebend zu bestehen und so das Böse zum Guten hin zu wenden. Er hatte den Mut, im Anschluß an Jesu Seligpreisung der um seinetwillen Verfolgten, den leidenden Christen in Kleinasien, zu sagen, daß ihr Leiden in den Augen Gottes Gnade sei (2,20b; 4,14.16). „Nirgends sonst ist diese hohe Forderung in so ausführliche Beziehung zum Christus der Passion gebracht worden wie im 1 Petr (2,23)“. Es sollte einem Gläubigen leichtfallen,  einer anderen Person, die schuldig an ihm geworden ist, zu vergeben, denn  sowohl der Gläubige als auch die gegen ihn begangene Sünde sind so gering verglichen  mit der Größe Gottes und der gegen ihn gerichteten Sünde.