Bemerkungen zu drei atheistischen Argumenten gegen den Gottesglauben

Das geistige Klima der vergangenen Jahre wurde oft mit dem Ausdruck ,postmodern‘ gekennzeichnet. Damit war der prinzipielle Abschied von Weltanschauungssystemen und absoluten Wahrheiten gemeint, gepaart mit einer damit einhergehenden Toleranz, die es dem Einzelnen selber überlässt, seine ganz persönlichen Wertvorstellungen und Glaubensinhalte zu wählen.
Im Hinblick auf das Christentum hat dieses Klima einerseits zum Niedergang der Autorität der, Institution Kirche‘ geführt, zugleich aber einen Freiraum des Subjektivismus eröffnet, in welchem auch der Glaube des Individuums kreativ und ungebremst gedeihen kann. Der alte Gegensatz zwischen Glaube und Unglaube schien überwunden, zumindest seines Konfliktpotentials entkernt. Denn ‚jeder glaubt schließlich irgendetwas‘. Der damit verbundene Traum eines toleranten multikulturellen Zeitalters ist jedoch schwieriger zu verwirklichen als anfänglich gedacht. Und so hat sich, vor allem unter dem Eindruck der Stosskraft des Islam, für den viele junge Moslems offenbar zu sterben bereit sind, der von manchen schon tot geglaubte Atheismus wieder zu Wort gemeldet. Religion und Gottesglaube seien inkompatibel mit Toleranz, Freiheit und Demokratie; diese könnten sich vielmehr nur unter Voraussetzungen des Atheismus entfalten.
In der sich hier und da wieder abzeichnenden Theismus-Atheismus-Debatte tauchen einige Argumente gegen den Gottesglauben auf, die ich kurz beleuchten möchte. Manche Einwände richten sich gegen den Gottesglauben im Allgemeinen (Theismus), andere machen nur Sinn im Hinblick auf den christlichen Glauben. Im Wesentlichen sind es drei Argumente, die in mannigfachen Variationen vorgebracht werden. Weiterlesen

Daniel 1

EINLEITUNG ZU DANIEL

Der Mann Daniel

Wie bereits in der Einleitung zu Hesekiel erwähnt wurde, ließ der Herr zwei Männer in die babylonische Gefangenschaft ziehen, damit sie in Babylon für Sein Volk als Propheten dienten. Diese waren Hesekiel und Daniel.

Während der Regierungszeit der letzten drei Könige Judas gab es mindestens vier Wegführungen von Juden nach Babylon:

Der Name Daniel ist auf hebräisch „Daniyye’l“ und bedeutet „Gott ist Richter (oder) Fürst, oder Gott ist mein Richter (oder) mein Fürst“. In Kap. 1,7 wurde ihm der Name „Beltsazar“ gegeben. Dies bedeutet „der Fürst Bels“. Bel war der Hauptgott Babylons (siehe 4,8; Jes 46,1; Jer 50,2). Er war der Sohn von Merodak, der Schutzgottheit Babylons. Bel wird als der Held der babylonischen Schöpfungsgeschichte, genannt Enuma Elish, verehrt.

Der junge Daniel wurde 605 v. Chr. nach Babylon weggeführt. Er lebte dort während der besten Zeit des neo-babylonischen Reiches und auch während des Überganges, 539 v. Chr., als die Perser das babylonische Reich eroberten. Auch einige Jahre danach diente er dem großen persischen König Darius.

Das Buch bezeugt einige der hervorragenden Qualitäten von Daniel, welche vielleicht dazu beitrugen, dass er in Gottes Wort dreimal „Vielgeliebter“ genannt wird (9,23; 10,11; 10,19):

  1. entschieden
    Gleich zu Beginn des Buches wird die außergewöhnliche Entschiedenheit (Herzensentschluss) Daniels geoffenbart (1,8). Nebukadnezar hatte die Heimat, den Namen, die Arbeit, die Sprache, das Essen Daniels verändert, aber den Charakter dieses jungen Mannes konnte er nicht ändern. Daniel hatte sich vorgenommen, sich nicht zu verunreinigen und er blieb dabei.
  2. weise, höflich
    Er „erbat sich von dem Obersten der Kämmerer“ einen Aufschub hinsichtlich des Essens. Er schlug eine andere Möglichkeit vor (1,8 – 13).
  3. Verständnis für das Wort Gottes
    Daniel hatte geistliches Verständnis, nicht nur in Bezug auf „Gesichte und Träume“ (1,17), sondern auch für das geschriebene Wort – das Gesetz Moses (9,11-13) und die Propheten (9,2).
  4. ein Mann des Glaubens und Gebets
    Kap. 2,13-28 bezeugt ganz besonders den großen Glauben von Dan 6,11 gibt Einblick in sein Gebetsleben:

Vier Merkmale kennzeichneten diesen Dienst:

    1. er betete im Glauben
    2. er betete in Demut
    3. er betete täglich
    4. Beten war ein Teil seines Alltags

Daniel betete nicht nur in Notsituationen, sein Leben bestand aus dem Dienst des Gebetes. Dies war der Grund dafür, dass der Herr ihn befreite, wenn es eine Notsituation gab.

Die Botschaft Daniels

Einige Fragen haben die Juden in der Gefangenschaft ganz sicherlich beschäftigt; sie waren nun in Babylon, ihr Land wurde von Fremden bewohnt und der Thron Davids stand nun leer:

  1. Hat der Herr Seinem Volk nicht versprochen, dass es das Land für immer besitzen würde?
  2. Wie sollte man die jetzige politische Lage verstehen?
  3. Hat die Wegführung die Verheißungen Gottes aufgehoben?

Der Herr offenbarte Daniel gewisse Prophezeiungen, die Antwort auf diese Fragen geben würden. Die Antworten benötigten eine prophetische Aufzeichnung der Geschichte des Landes bis zur Wiederkunft Jesu Christi. Diese prophetische Aufzeichnung offenbart, dass die Heiden (oder die Nationen) das Land besetzen würden, und zwar während der Zeit bevor der Herr Jesus zur Erde zurückkehrt, um Seine Verheißungen an Israel wahr zu machen. Der Herr selbst bezeichnete diese Zeit als „die Zeiten der Nationen“ (Lk 21,24).

Das ist die Zeit, die Daniel ganz besonders beschäftigt. Sie fängt beim Sturz des Thrones Davids (586 v. Chr.) an und dauert bis zu der Wiederkunft Jesu.

Daniel hatte die Geschichte des Landes im Sinn. Hesekiel hingegen, der zweite Prophet Gottes für sein Volk in der Gefangenschaft, hatte den Tempel im Sinn.

Eine der Einmaligkeiten des Buches ist die Verwendung von verschiedenen Sprachen. Daniel schreibt in Hebräisch und in Aramäisch. Wenn er über ein Thema von dem Standpunkt der Juden schreibt, verwendet er Hebräisch; wenn er von dem Standpunkt der Nationen schreibt, verwendet er Aramäisch. Diese Verwendung der Sprachen ergibt auch die Unterteilung des Buches.

Karte 143 – Die Unterteilung des Buches Daniel

1 2-7 8-12
DIE GESCHICHTLICHE
EINTEILUNG
DIE PROPHETISCHE
GESCHICHTE DER NATIONEN
DIE PROPHETISCHE
GESCHICHTE DER JUDEN
Hebräisch Aramäisch Hebräisch

Daniel ist das einzige apokalyptische Buch im AT (die Offenbarung im NT ist das Gegenstück davon). Ein apokalyptisches Buch (gr. „apokalupsis“ bedeutet „Offenbarung“) offenbart oder enthüllt die verborgenen Absichten Gottes, die bis zu dem Zeitpunkt der Offenbarung völlig unbekannt waren. Normalerweise werden diese verborgenen Absichten durch Visionen oder Gesichte geoffenbart, wobei Symbole und Bildersprache eine wichtige Rolle spielen. Das Wort „Gesicht“ oder „Gesichte“ kommt in Daniel etwa 32 mal vor.

Daniel ist aus drei Gründen ein sehr wichtiges Buch:

  1. Das Buch vermittelt ein prophetisches Fundament, worauf später andere Prophezeiungen aufgebaut werden konnten.
    Ein Studium in der Offenbarung z.B. zeigt, dass Johannes auf dem Fundament von Daniel aufbaut und für das Verständnis seiner Offenbarungen eine Kenntnis des Buches Daniel voraussetzt.
  2. Das Buch zeigt den ganzen Themenkreis der menschlichen Geschichte vom Standpunkt Gottes aus.
    Menschen haben immer nach dem Sinn von „Geschichte“ gefragt. Sie rätseln, ob Menschen oder Ereignisse (Umstände) in der Geschichte maßgeblicher sind. Daniel offenbart, dass Gott der souveräne Herr der Geschichte ist:

    „Er ändert Zeiten und Zeitpunkte, setzt Könige ab und setzt Könige ein;
    Er gibt den Weisen Weisheit und Verstand den Verständigen“ (2,21)

  3. Das Buch zeigt den erstaunlichen Glauben dieses Dieners Gottes
    Obwohl das Hauptthema des Buches nicht die Person Daniels ist, wird doch immer wieder Einblick in sein Leben gewährt.

Daniel und die liberalen Theologen

Alle liberalen Theologen geben den Zeitpunkt der Niederschrift des Buches mit etwa 165 v. Chr. an, d.h. dass der geschichtliche Daniel nicht der Autor des Buches ist. Sie behaupten, dass ein unbekannter jüdischer Schreiber dieses Werk während der Zeit der Makkabäer schrieb und sich des Namens Daniel nur bediente, um Anerkennung und Akzeptanz des Buches zu erlangen.

Grundsätzlich werden vier Argumente angeführt, um diese Auffassung zu untermauern:

  1. Die fantastischen Wunder
    Z.B. , dass Daniel nicht von den Löwen gefressen wurde. Da diese Zweifler natürlich nicht an einen Gott glauben, der Wunder wirkt, finden sie es sehr schwer, die Erklärung Daniels zu akzeptieren: „Mein Gott hat Seinen Engel gesandt und hat den Rachen der Löwen verschlossen, dass sie mich nicht verletzt haben“ (6,23).
  2. Die theologischen Themen des Buches
    Weiters argumentieren die Liberalen, dass die Themen (z.B. Engel, Auferstehung) viel zu fortgeschritten seien, für eine Niederschrift im sechsten Jahrhundert vor Christi Geburt. Daher muss das Buch viel später geschrieben worden sein. Dabei wird völlig übersehen, dass solche Themen bereits im 1. Buch Mose oder in Hiob zu finden sind.
  3. Die angeblichen geschichtlichen Fehler
    Es wird argumentiert, dass, wenn wirklich Daniel der Schreiber gewesen wäre, er nicht Fehler gemacht hätte, wie sie angeblich bezüglich des letzten Königs des babylonischen Reiches vorhanden sind. In Daniel wird Belsazar als der letzte König Babylons dargestellt. Es ist aber wohlbekannt, dass Nabonidus der letzte König war. Neuere archäologische Entdeckungen haben jedoch gezeigt, dass es zwischen Belsazar und Nabonidus eine Art Parallel-Herrschaft gegeben hat. Daniel machte keine geschichtlichen Fehler.
  4. Die Genauigkeit der Prophezeiungen
    Die Liberalen können nicht akzeptieren, dass Daniel im Voraus so genau über die Geschichte des Landes zwischen 580-170 v. Chr. Bescheid wissen konnte. Sie behaupten daher, dass der Schreiber des Buches diese Ereignisse nicht im Voraus beschrieben, sondern von ihnen nachträglich berichtete. Diese Erklärung kann jedoch nicht bestehen, da einige der Prophezeiungen viel weiter in die Zukunft reichen, als nur bis 170 v. Chr. Die einzige Erklärung dafür ist das übernatürliche Wesen der Prophetie. Dies aber wollen liberale Theologen nicht annehmen!

EINTEILUNG VON DANIEL

HAUPTGEDANKE: JESUS CHRISTUS,
KÖNIG DER KÖNIGE UND HERR DER HERREN

I) DIE GESCHICHTLICHE EINLEITUNG: 1

1) DANIEL IN BABYLON  1

II) DIE PROPHETISCHE GESCHICHTE DER NATIONEN: 2-7

2) DIE ERSTE VISION: DAS GROSSE STANDBILD  2
3) VIER GESCHICHTLICHE EREIGNISSE  3-6

a) Der brennende Feuerofen (3)
b) Der Wahnsinn Nebukadnezars (4)
c) Das große Mahl Belsazars (5)
d) Die Löwengrube (6)

4) DIE ZWEITE VISION: DIE VIER GROSSEN TIERE  7

III) DIE PROPHETISCHE GESCHICHTE DER JUDEN: 8-12

5) DIE EROBERUNG DURCH PERSIEN UND GRIECHENLAND  8
6) DIE CHRONOLOGIE DER SIEBZIG WOCHEN  9

a) Das Gebet (9,1-23)
b) Die Prophezeiung (9,24-27)

7) DER ABSCHLUSS DER GESCHICHTE DER JUDEN  10-12


I) DIE GESCHICHTLICHE EINLEITUNG:  1

1) DANIEL IN BABYLON  1

Wie bereits erwähnt wurde, kam Daniel während der Wegführung 605 v. Chr. nach Babylon. Diese Wegführung war kein Zufall, sondern der Herr gab Jojakim, den König von Juda, in Nebukadnezars Hand.

Daniel gehörte zu einer Gruppe von jüdischen Jünglingen, die für eine besondere Vorbereitung in den Schulen Babylons ausgewählt wurden. Daniel wird mit seinen drei Freunden erwähnt:

Hebräischer Name Bedeutung
DANIEL Gott ist (mein) Richter/Fürst
HANANJA Die Barmherzigkeit Jahweh’s
MISAEL Wer ist wie Gott?
ASARJA Jahweh wird helfen
Babylonischer Name Bedeutung
BELTSAZAR Der Fürst Bels
SADRACH Der Befehl Akus (Mondgott)
MESACH Wer ist Aku gleich?
ABENDNEGO Der Sklave Nebos

Da das vorgeschriebene Essen gegen die Verordnungen im AT verstieß, verweigerte Daniel dieses Essen und bekam die Erlaubnis des Kämmerers, eine andere Art von Essen zu sich zu nehmen. Die späteren Ereignisse bestätigen den Weg, den Daniel eingeschlagen hatte.

Das erste Kapitel dient zur Einleitung des übrigen Buches. Es werden im Besonderen zwei Aspekte hervorgehoben:

  1. die Person von Daniel (und seiner drei Freunde)
  2. die heidnische (gottlose) Umgebung, die als Hintergrund für die Geschichte dient.

Man kann dieses erste Kapitel wie folgt zusammenfassen:

GEFANGEN-
GENOMMEN

um einem
heidnischen König
zu dienen

AUSGEWÄHLT

gemäß den
Vorschriften des
Königs

GEPRÜFT

gemäß dem
Standard Gottes

BEWÄHRT

in jedem Bereich

BESTIMMT

dem lebendigen
Gott zu dienen und
Ihn zu verherrlichen

Daniel 2-7

Daniel 2-7
II) DIE PROPHETISCHE GESCHICHTE DER NATIONEN: 2-7

Dieser ganze Abschnitt ist, abgesehen von den einleitenden Versen in Kap. 2 in Aramäisch geschrieben. Daniel bekommt zwei Gesichte, die das Geschick der heidnischen Nationen während „der Zeit der Nationen“ darstellen. Zwischen diesen beiden Gesichten kommen vier geschichtliche Ereignisse aus der Zeit Daniels vor. Man kann den Abschnitt wie folgt einteilen:

2 3-6 7
DIE ERSTE VISION VIER GESCHICHTLICHE
EREIGNISSE
DIE ZWEITE VISION
das große Standbild die vier großen Tiere

2) DIE ERSTE VISION: DAS GROSSE STANDBILD 2

Der babylonische König Nebukadnezar sah diese Vision in einem Traum. Er wusste, dass diese Vision etwas mit ihm zu tun hatte. Er rief seine weisen Männer zu sich, damit sie ihm den Traum deuten sollten. Da diese weisen Männer nicht imstande waren, den Traum zu deuten, bekam Daniel die Gelegenheit, dem König seinen Traum zu erzählen und gleichzeitig auch zu deuten.

Es gibt interessante Parallelen zwischen diesem Traum von Nebukadnezar und dem Traum von Daniel in Kap.7.

2 7
DER TRAUM NEBUKADNEZARS DER TRAUM DANIELS
der Hintergrund   (2,1-30)
der Traum          (2,31-35)
die Auslegung    (2,36-45)
die Auswirkung   (4,46-49)
der Hintergrund   (7,1)
der Traum          (7,2-14; 7,21-22)
die Auslegung    (7,15 –20; 7,23-27)
die Auswirkung   (7,28)

Daniel beschreibt ein großes Standbild, das aus verschiedenen Metallen gemacht ist. Die Teile des Standbildes können mit den folgenden Weltreichen verglichen werden:

GOLD Neo-Babylon 612-539 v. Chr.
SILBER Medo-Persien 539-331 v. Chr.
ERZ Griechenland 331-63 v. Chr.
EISEN Rom 63 v. Chr. – 476 n. Chr.

Das vierte Reich wird näher beschrieben. Die Schenkel bestehen aus Esien, die Füße und die (zehn) Zehen aber aus einer Mischung von Eisen und Ton. Dieser aus Eisen und Ton gemischte Teil wird von einem Stein zermalmt (2,34).

Der eiserne Teil des Standbildes ist mit dem vierten Tier von Kap. 7 zu vergleichen. Dieses Tier hat zum Unterschied von den anderen, zehn Hörner. Das Reich, das in Kap. 2 durch die Füße und (zehn) Zehen aus Eisen und Ton sowie in Kap. 7 als zehnhörniges Tier dargestellt wird, findet beim Kommen des Messias, wenn Er Sein irdisches Reich aufstellen wird, sein Ende. In Kap. 7 wird dezidiert gesagt, dass die zehn Hörner zehn Könige sind (7,7 und 7,24). Daher kann man annehmen, das das (römische) Endzeitreich mit zehn Königen in Zusammenhang gebracht wird. Da dies zur Zeit des Römischen Reiches im NT nicht der Fall war, bleibt die Erfüllung dieser Prophezeiung einer zukünftigen Zeit vorbehalten. Dieses Reich wird das letzte auf Erden sein, bevor der Herr Jesus Sein Tausendjähriges Reich aufrichtet.

Was kann man über dieses Reich sagen? Es gibt drei grundsätzliche Punkte:

  1. Es wird eine politische Einheit sein (dies waren auch alle anderen Reiche, die in dem Traum dargestellt wurden).
  2. Es wird bei der Wiederkunft Christi zerstört und durch das irdische Reich Jesu Christi (dem Tausenjährigen Reich) ersetzt werden.
  3. Es wird in etwa die geographischen Grenzen des alten (zur Zeit des NT) Römischen Reiches haben (siehe Karte 144).

Karte 144 – Das Römische Reich

3) VIER GESCHICHTLICHE EREIGNISSE 3-6

a) der brennende Feuerofen (3)
b) der Wahnsinn Nebukadnezars (4)
c) das große Mahl Belsazars (5)
d) die Löwengrube (6)

Diese vier Ereignisse wurden ausgewählt, da sie Einblick gewähren, in welchen Umständen sich die Juden während der „Zeiten der Nationen“ befanden. Dies ist die Behandlung, die sie unter der Hand von heidnischen Herrschern erwarten können. Zusätzlich offenbart jedes Ereignis einen Aspekt der Person Gottes.

ad a) Der brennende Feuerofen  3

Zwei Merkmale sind bei diesem Ereignis wichtig:

  1. Der Herr bewahrte Daniels Freunde in der Prüfung; Er hat die Trübsal nicht entfernt, sondern Er half ihnen hindurch.
  2. In der Endzeit, während der großen Trübsal, wird ein anderer Weltherrscher, nämlich der Antichrist, weltweit eine Religion mit Zwang durchsetzen. Diejenigen, die sich dieser Religion nicht unterordnen, werden auch durch den Feuerofen der Drangsal gehen müssen.

Der in diesem Ereignis gezeigte Aspekt der Person Gottes ist: Gott, der Erretter des wahren Anbeters.

ad b) Der Wahnsinn Nebukadnezars  4

Hier ist das Beispiel eines Mannes, dessen Leben durch Hochmut zerstört wurde. Er musste als Ausgestoßener der Gesellschaft im Wahnsinn leben, bis er sich die Wahrheit in 4,17 zu Herzen nahm: „auf dass die Lebenden erkennen, dass der Höchste über das Königtum der Menschen herrscht und es verleiht, wem Er will, und den Niedrigsten der Menschen darüber bestellt“.

Die Herrscher während der „Zeiten der Nationen“ kommen nicht immer durch ihre persönliche Integrität an die Macht, manchmal werden „die Niedrigsten“ der Menschen zu Königen und Herrschern erhoben. Ihre Stellung im Rahmen der Weltpolitik ist im Einklang mit der Souveränität Gottes.

Der in diesem Ereignis gezeigte Aspekt der Person Gottes ist: Gott, der absolute Herrscher.

ad c) Das große Mahl Belsazars  5

Dieses Kapitel beschreibt den Zusammenbruch des babylonischen Reiches. Die Handschrift kündigte den Niedergang Babylons und die Eroberung durch die Medo-Perser an. Dies war eine Bestätigung des Traumes in Kap. 2. Alle Reiche der „Zeiten der Nationen“ werden eines nach dem anderen fallen, bis schließlich das Reich Christi hier auf Erden aufgerichtet wird.

Der in diesem Ereignis gezeigte Aspekt der Person Gottes ist: Gott, der Richter.

ad d) Die Löwengrube  6

Dieses Ereignis ist ein Typus dafür, wie die Juden in den Händen der Heiden behandelt werden. Gott aber brachte Seinen Diener durch.

Der in diesem Ereignis gezeigte Aspekt der Person Gottes ist: Gott, der Erretter aller treuen Diener, die zu Ihm beten.

4) DIE ZWEITE VISION: DIE VIER GROSSEN TIERE 7

Kap. 7 beschreibt zwar die gleiche geschichtliche Zeit wie Kap. 2, doch gibt es markante Unterschiede:

2 7
DER TRAUM NEBUKADNEZARS DER TRAUM DANIELS
„die Zeiten der Nationen“ „die Zeiten der Nationen“
gesehen vom Standpunkt des Menschen
– ein großes Standbild
gesehen vom Standpunkt Gottes
– gefräßige Tiere
herrlich, groß, ehrfurchtgebietend bestialisch, gefräßig, zerstörerisch

Man kann jetzt zwischen den Teilen des Standbildes in Kap. 2 und den vier Tieren in Kap. 7 einen Vergleich ziehen:

WELTMACHT 2 7
NEO-BABYLON
(612-539 v. Chr.)
Gold Löwe
MEDO-PERSIEN
(539-331 v. Chr.)
Silber Bär
GRIECHENLAND
(331-63 v. Chr.)
Erz Pardel (Panther)
ROM
(63 v. Chr. – 476 n. Chr.)
Eisen das schreckliche Tier

Kap. 7 behandelt auch den zukünftigen Aspekt des Römischen Reiches. Dieses Reich wird durch die zehn Hörner dargestellt, die aus dem vierten schrecklichen Tier emporwachsen. Daniel sieht (7,13-14), wie ein Menschensohn kommen wird, um die Herrschaft über die ganze Welt anzutreten. Dieser ist mit dem großen Stein von Kap. 2 zu vergleichen, der die Füße des Standbildes zertrümmerte.

Diese drei Aspekte können wie folgt dargestellt werden:

2 7 BEDEUTUNG
EISEN DAS SCHRECKLICHE TIER das „vergangene“ Römische Reich
(64 v. Chr. – 476 n. Chr.)
DIE FÜSSE UND DIE (ZEHN)
ZEHEN AUS EISEN UND TON
DIE ZEHN HÖRNER das „zukünftige“ Römische Reich
DER GROSSE STEIN DAS KOMMEN DES
MENSCHENSOHNES
das irdische Reich Jesu Christi
(das Tausendjährige Reich)

In 7,15-24 gibt Daniel selbst die Auslegung seiner Vision. Die zehn Hörner sind zum Beispiel ein politischer (Staaten-)Bund, der aus zehn Königen besteht (7,24). Weiters wird das Emporwachsen von einem „kleinen Horn“ (7,8; 7,20; 7,24) beschrieben, das „zwischen ihnen empor“ steigt. Dies ist der Antichrist. Er wird durch die Beherrschung dieser Könige und ihrer Königreiche mächtig werden. Doch ist seine Herrschaft kurzfristig, da sein Gericht bereits beschlossen ist (7,9-12). Sein Reich wird von Christus zerstört, der am Ende der Trübsalszeit erscheint, um Sein irdisches Reich aufzurichten (7,26-27).

Folgende Karte stellt einen umfassenden Vergleich zwischen den beiden Visionen dar.

Karte 145 – Ein Vergleich zwischen den Visionen in den Kap. 2 und 7



DER PROPHET DANIEL

DER PROPHET DANIEL – DIE ZEITEN DER NATIONEN

Daniel 1
EINLEITUNG ZU DANIEL Der Mann Daniel

Wie bereits in der Einleitung zu Hesekiel erwähnt wurde, ließ der Herr zwei Männer in die babylonische Gefangenschaft ziehen, damit sie in Babylon für Sein Volk als Propheten dienten. Diese waren Hesekiel und Daniel.

Während der Regierungszeit der letzten drei Könige Judas gab es mindestens vier Wegführungen von Juden nach Babylon:
Der Name Daniel ist auf hebräisch „Daniyye’l“ und bedeutet „Gott ist Richter (oder) Fürst, oder Gott ist mein Richter (oder) mein Fürst“. In Kap. 1,7 wurde ihm der Name „Beltsazar“ gegeben. Dies bedeutet „der Fürst Bels“. Bel war der Hauptgott Babylons (siehe 4,8; Jes.46,1; Jer.50,2). Er war der Sohn von Merodak, der Schutzgottheit Babylons. Bel wird als der Held der babylonischen Schöpfungsgeschichte, genannt Enuma Elish, verehrt.
Der junge Daniel wurde 605 v. Chr. nach Babylon weggeführt. Er lebte dort während der besten Zeit des neo-babylonischen Reiches und auch während des Überganges, 539 v. Chr., als die Perser das babylonische Reich eroberten. Auch einige Jahre danach diente er dem großen persischen König Darius.
Das Buch bezeugt einige der hervorragenden Qualitäten von Daniel, welche vielleicht dazu beitrugen, dass er in Gottes Wort dreimal „Vielgeliebter“ genannt wird (9,23; 10,11; 10,19):

  1. entschieden
    Gleich zu Beginn des Buches wird die außergewöhnliche Entschiedenheit (Herzensentschluss) Daniels geoffenbart (1,8). Nebukadnezar hatte die Heimat, den Namen, die Arbeit, die Sprache, das Essen Daniels verändert, aber den Charakter dieses jungen Mannes konnte er nicht ändern. Daniel hatte sich vorgenommen, sich nicht zu verunreinigen und er blieb dabei.
  2. weise, höflich
    Er „erbat sich von dem Obersten der Kämmerer“ einen Aufschub hinsichtlich des Essens. Er schlug eine andere Möglichkeit vor (1,8 – 13).
  3. Verständnis für das Wort Gottes
    Daniel hatte geistliches Verständnis, nicht nur in Bezug auf „Gesichte und Träume“ (1,17), sondern auch für das geschriebene Wort – das Gesetz Moses (9,11-13) und die Propheten (9,2).
  4. ein Mann des Glaubens und Gebets
    Kap. 2,13-28 bezeugt ganz besonders den großen Glauben von Dan.6,11 gibt Einblick in sein Gebetsleben:

Vier Merkmale kennzeichneten diesen Dienst:
1.     er betete im Glauben
2.     er betete in Demut
3.     er betete täglich
4.     Beten war ein Teil seines Alltags
Daniel betete nicht nur in Notsituationen, sein Leben bestand aus dem Dienst des Gebetes. Dies war der Grund dafür, dass der Herr ihn befreite, wenn es eine Notsituation gab.
Die Botschaft Daniels
Einige Fragen haben die Juden in der Gefangenschaft ganz sicherlich beschäftigt; sie waren nun in Babylon, ihr Land wurde von Fremden bewohnt und der Thron Davids stand nun leer:

  1. Hat der Herr Seinem Volk nicht versprochen, dass es das Land für immer besitzen würde?
  2. Wie sollte man die jetzige politische Lage verstehen?
  3. Hat die Wegführung die Verheißungen Gottes aufgehoben?

Der Herr offenbarte Daniel gewisse Prophezeiungen, die Antwort auf diese Fragen geben würden. Die Antworten benötigten eine prophetische Aufzeichnung der Geschichte des Landes bis zur Wiederkunft Jesu Christi. Diese prophetische Aufzeichnung offenbart, dass die Heiden (oder die Nationen) das Land besetzen würden, und zwar während der Zeit bevor der Herr Jesus zur Erde zurückkehrt, um Seine Verheißungen an Israel wahr zu machen. Der Herr selbst bezeichnete diese Zeit als „die Zeiten der Nationen“ (Luk.21,24).
Das ist die Zeit, die Daniel ganz besonders beschäftigt. Sie fängt beim Sturz des Thrones Davids (586 v. Chr.) an und dauert bis zu der Wiederkunft Jesu.
Daniel hatte die Geschichte des Landes im Sinn. Hesekiel hingegen, der zweite Prophet Gottes für sein Volk in der Gefangenschaft, hatte den Tempel im Sinn.

Eine der Einmaligkeiten des Buches ist die Verwendung von verschiedenen Sprachen. Daniel schreibt in Hebräisch und in Aramäisch. Wenn er über ein Thema von dem Standpunkt der Juden schreibt, verwendet er Hebräisch; wenn er von dem Standpunkt der Nationen schreibt, verwendet er Aramäisch. Diese Verwendung der Sprachen ergibt auch die Unterteilung des Buches.

Karte 143 – Die Unterteilung des Buches Daniel

1 2-7 8-12
DIE GESCHICHTLICHE
EINTEILUNG
DIE PROPHETISCHE
GESCHICHTE DER NATIONEN
DIE PROPHETISCHE
GESCHICHTE DER JUDEN
Hebräisch Aramäisch Hebräisch

Daniel ist das einzige apokalyptische Buch im AT (die Offenbarung im NT ist das Gegenstück davon). Ein apokalyptisches Buch (gr. „apokalupsis“ bedeutet „Offenbarung“) offenbart oder enthüllt die verborgenen Absichten Gottes, die bis zu dem Zeitpunkt der Offenbarung völlig unbekannt waren. Normalerweise werden diese verborgenen Absichten durch Visionen oder Gesichte geoffenbart, wobei Symbole und Bildersprache eine wichtige Rolle spielen. Das Wort „Gesicht“ oder „Gesichte“ kommt in Daniel etwa 32 mal vor.

Daniel ist aus drei Gründen ein sehr wichtiges Buch:

  1. Das Buch vermittelt ein prophetisches Fundament, worauf später andere Prophezeiungen aufgebaut werden konnten.
    Ein Studium in der Offenbarung z.B. zeigt, dass Johannes auf dem Fundament von Daniel aufbaut und für das Verständnis seiner Offenbarungen eine Kenntnis des Buches Daniel voraussetzt.
  2. Das Buch zeigt den ganzen Themenkreis der menschlichen Geschichte vom Standpunkt Gottes aus.
    Menschen haben immer nach dem Sinn von „Geschichte“ gefragt. Sie rätseln, ob Menschen oder Ereignisse (Umstände) in der Geschichte maßgeblicher sind. Daniel offenbart, dass Gott der souveräne Herr der Geschichte ist:“Er ändert Zeiten und Zeitpunkte, setzt Könige ab und setzt Könige ein;
    Er gibt den Weisen Weisheit und Verstand den Verständigen“ (2,21)
  3. Das Buch zeigt den erstaunlichen Glauben dieses Dieners Gottes
    Obwohl das Hauptthema des Buches nicht die Person Daniels ist, wird doch immer wieder Einblick in sein Leben gewährt.

Daniel und die liberalen Theologen

Alle liberalen Theologen geben den Zeitpunkt der Niederschrift des Buches mit etwa 165 v. Chr. an, d.h. dass der geschichtliche Daniel nicht der Autor des Buches ist. Sie behaupten, dass ein unbekannter jüdischer Schreiber dieses Werk während der Zeit der Makkabäer schrieb und sich des Namens Daniel nur bediente, um Anerkennung und Akzeptanz des Buches zu erlangen.

Grundsätzlich werden vier Argumente angeführt, um diese Auffassung zu untermauern:

  1. Die fantastischen Wunder
    Z.B. , dass Daniel nicht von den Löwen gefressen wurde. Da diese Zweifler natürlich nicht an einen Gott glauben, der Wunder wirkt, finden sie es sehr schwer, die Erklärung Daniels zu akzeptieren: „Mein Gott hat Seinen Engel gesandt und hat den Rachen der Löwen verschlossen, dass sie mich nicht verletzt haben“ (6,23).
  2. Die theologischen Themen des Buches
    Weiters argumentieren die Liberalen, dass die Themen (z.B. Engel, Auferstehung) viel zu fortgeschritten seien, für eine Niederschrift im sechsten Jahrhundert vor Christi Geburt. Daher muss das Buch viel später geschrieben worden sein. Dabei wird völlig übersehen, dass solche Themen bereits im 1. Buch Mose oder in Hiob zu finden sind.
  3. Die angeblichen geschichtlichen Fehler
    Es wird argumentiert, dass, wenn wirklich Daniel der Schreiber gewesen wäre, er nicht Fehler gemacht hätte, wie sie angeblich bezüglich des letzten Königs des babylonischen Reiches vorhanden sind. In Daniel wird Belsazar als der letzte König Babylons dargestellt. Es ist aber wohlbekannt, dass Nabonidus der letzte König war. Neuere archäologische Entdeckungen haben jedoch gezeigt, dass es zwischen Belsazar und Nabonidus eine Art Parallel-Herrschaft gegeben hat. Daniel machte keine geschichtlichen Fehler.
  4. Die Genauigkeit der Prophezeiungen
    Die Liberalen können nicht akzeptieren, dass Daniel im Voraus so genau über die Geschichte des Landes zwischen 580-170 v. Chr. Bescheid wissen konnte. Sie behaupten daher, dass der Schreiber des Buches diese Ereignisse nicht im Voraus beschrieben, sondern von ihnen nachträglich berichtete. Diese Erklärung kann jedoch nicht bestehen, da einige der Prophezeiungen viel weiter in die Zukunft reichen, als nur bis 170 v. Chr. Die einzige Erklärung dafür ist das übernatürliche Wesen der Prophetie. Dies aber wollen liberale Theologen nicht annehmen!

EINTEILUNG VON DANIEL

HAUPTGEDANKE: JESUS CHRISTUS,
KÖNIG DER KÖNIGE UND HERR DER HERREN

I) DIE GESCHICHTLICHE EINLEITUNG: 1

1) DANIEL IN BABYLON  1

II) DIE PROPHETISCHE GESCHICHTE DER NATIONEN: 2-7

2) DIE ERSTE VISION: DAS GROSSE STANDBILD  2
3) VIER GESCHICHTLICHE EREIGNISSE  3-6

a) Der brennende Feuerofen (3)
b) Der Wahnsinn Nebukadnezars (4)
c) Das große Mahl Belsazars (5)
d) Die Löwengrube (6)

4) DIE ZWEITE VISION: DIE VIER GROSSEN TIERE  7

III) DIE PROPHETISCHE GESCHICHTE DER JUDEN: 8-12

5) DIE EROBERUNG DURCH PERSIEN UND GRIECHENLAND  8
6) DIE CHRONOLOGIE DER SIEBZIG WOCHEN  9

a) Das Gebet (9,1-23)
b) Die Prophezeiung (9,24-27)

7) DER ABSCHLUSS DER GESCHICHTE DER JUDEN  10-12


I) DIE GESCHICHTLICHE EINLEITUNG:  1

1) DANIEL IN BABYLON  1

Wie bereits erwähnt wurde, kam Daniel während der Wegführung 605 v. Chr. nach Babylon. Diese Wegführung war kein Zufall, sondern der Herr gab Jojakim, den König von Juda, in Nebukadnezars Hand.

Daniel gehörte zu einer Gruppe von jüdischen Jünglingen, die für eine besondere Vorbereitung in den Schulen Babylons ausgewählt wurden. Daniel wird mit seinen drei Freunden erwähnt:

Hebräischer Name Bedeutung
DANIEL Gott ist (mein) Richter/Fürst
HANANJA Die Barmherzigkeit Jahweh’s
MISAEL Wer ist wie Gott?
ASARJA Jahweh wird helfen
 
Babylonischer Name Bedeutung
BELTSAZAR Der Fürst Bels
SADRACH Der Befehl Akus (Mondgott)
MESACH Wer ist Aku gleich?
ABENDNEGO Der Sklave Nebos

Da das vorgeschriebene Essen gegen die Verordnungen im AT verstieß, verweigerte Daniel dieses Essen und bekam die Erlaubnis des Kämmerers, eine andere Art von Essen zu sich zu nehmen. Die späteren Ereignisse bestätigen den Weg, den Daniel eingeschlagen hatte.

Das erste Kapitel dient zur Einleitung des übrigen Buches. Es werden im Besonderen zwei Aspekte hervorgehoben:

  1. die Person von Daniel (und seiner drei Freunde)
  2. die heidnische (gottlose) Umgebung, die als Hintergrund für die Geschichte dient.

Man kann dieses erste Kapitel wie folgt zusammenfassen:

GEFANGEN-
GENOMMENum einem
heidnischen König
zu dienen
AUSGEWÄHLTgemäß den
Vorschriften des
Königs
GEPRÜFTgemäß dem
Standard Gottes
BEWÄHRTin jedem Bereich BESTIMMTdem lebendigen
Gott zu dienen und
Ihn zu verherrlichen



Matthäus 6,21 Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.

Die schönen Dinge des Lebens sind nicht verwerflich und schlecht, aber verglichen mit Gott und seinem Reich sind sie eigentlich kein Schatz, denn sie sind vergänglich und damit längst nicht so wertvoll. Und darum ist es nur folgerichtig, wenn wir unvergängliche Schätze im Himmelreich sammeln, nicht vermeintliche „Schätze“ auf Erden, die keinen Bestand haben. Die gute Nachricht des Evangeliums von Jesus lautet nun: Diese unvergänglichen Schätze im Himmel brauchst du dir nicht selbst zu erarbeiten, das kannst du auch gar nicht, dafür bist du längst nicht gut genug. Diese unvergänglichen Schätze schenkt Gott dir durch seinen Sohn Jesus Christus.
Wenn vom Herzen gesprochen wird, wird nicht nur Liebe oder Empfindungen, sondern die Gesamtrichtung des innersten Wollens beansprucht. Ist Wille und Herz auf den Himmel gerichtet, so ist es auf Gott gerichtet.
Ob es nun das neue Auto, Geld, Vergnügung, jemand von unseren Freunden oder ein besonderer Mensch ist, den wir im Herzen tragen. Und unser Herz braucht so etwas auch. Dinge, die uns wichtig sind und für die wir leben können. Doch es ist wichtig, sich zu überlegen, woran man man sein Herz hängt oder wem man es verschenkt. Von dem weisen König Salomo ist der Ratschlag überliefert: Mehr als alles (…) behüte dein HERZ, denn ihn ihm entspringt die Quelle des Lebens ( Sprüche 4, 23).
Das Wort an die Jünger gilt auch uns heute: Erschrecken wir nicht bei dieser Aussage, dass unser Herz fähig ist, sich an Dinge zu hängen, die so anfällig und leicht entwendbar sind? Wir wollen uns vor dem Herrn prüfen: Wem gehört mein Herz wirklich? Gehört es vor allem meinem Gott? „Eifersüchtig begehrt der Heilige Geist euer ganzes Herz für Gott!“ „Die Augen des Herrn durchlaufen die ganze Erde, um denen beizustehen, die mit ungeteiltem Herzen ihm anhangen“ (Jak.4,5; 2.Chron.16,9; vgl.1.Kön.8,61; Ps.73,25.28).
Woran hänge ich mein Herz? Was ist mir wichtig in meinem Leben? Was ist es, das mich bewegt, das, wofür ich lebe? mein Lebenssinn? Ich habe einen Mann vor Augen, der früh starb, schon mit 60 Jahren. Er hatte viel gearbeitet, sich seine Karriere aufgebaut, einen Lebensstandard, der sich sehen lassen konnte – er hatte viel gesammelt in seinen Lebensscheunen. Immer hatte er seine Frau vertröstet – und sich selbst wohl auch: Dann erst, wenn ich im Ruhestand bin, dann werden wir leben, reisen, Zeit haben, viel Zeit. Es kam anders damals, ganz anders, er starb plötzlich und sein Tod hat die Familie ziemlich durchgerüttelt. An seinem Grab waren viele sprachlos.
„Wenn Du etwas besitzt, das Du nicht weggeben kannst, besitzt Du es nicht – sondern es besitzt Dich!“
Jim Elliot
http://bibelkreis-muenchen.de/?p=1007

Facebook – ein soziales Netzwerk?

Facebook – ein soziales Netzwerk?
Wir wollen es gleich auf den Punkt bringen! Es geht um ein einsames arrogantes „Arschloch“, das uns alle zu dem Selbigen machen möchte!
Alle kennen Facebook, aber kaum jemand kennt Mark Zuckerberg, den Erfinder des größten sozialen Netzwerks aller Zeiten. Regiseur David Fincher (Fight Club) malt uns in seinem neuen Film The sozial Network das Bild eines selbstverliebten Informatiker vor Augen, der einerseits hochintelligent, aber andererseits total unbeliebt ist. Eine Szene zeigt Mark Zuckerberg mit seiner Freundin Erica in einer Studentenkneipe. Sie trinken gemeinsam ein Bier. Mit seiner unsensiblen Art bringt er sie in kürzester Zeit so in Rage, dass sie ihm direkt ins Gesicht sagt, was sie über ihn denkt: „Du wirst durchs Leben gehen und glauben, dass die Mädchen dich nicht mögen, weil du ein Computer-Freak bist. Aber es liegt daran, dass du ein Arschloch bist.“
Da muss wohl etwas Wahres dran sein, denn „du kannst nicht 500 Millionen Freunde haben, ohne dir ein paar Feinde zu machen!“
The sozial Network erzählt, wie wir das wurden, was wir sein werden, vernetzte Monokraten. Wie kommt das? Weil wir genauso beziehungsgestört werden, wie der Macher von Facebook es schon ist, indem wir uns einreden lassen große Entscheidungsfreiheiten zu haben. In gewisser Weise, so legt es der Film nahe, hat uns Mr. Zuckerberg nach seinem Ebenbild geschaffen. Zu sozial völlig unverträglichen Typen. Der 26 jährige Milliardär hat keine wahren Freunde – den einzig echten Freund, den er hatte, Eduardo Saverin, hat er wegen seines unerträglichen Narzismus aus der Firma gedrängt – aus diesem Grund will er sich rächen und unsere Vorstellung von Freundschaft jetzt ganz neu definieren. Das ist doch das faszinierende an Facebook, dass man sich Leuten näher fühlt, die man nur selten sieht (oder gar nicht kennt), obwohl sie einem nur im virtuellen Raum begegnen. Und dass der Abgleich mit der Wirklichkeit womöglich gar nicht mehr notwendig ist, um sich nahe zu fühlen. So in etwa sehen die neuen alten Freundschaften aus, etwas überspitzt geschildert. Alles nur Verschwörungstheorie, könnte man meinen. Warten wir es mal ab was in zehn Jahren sein wird, wenn man sich das alles gar nicht mehr weg denken kann!
Lass dir nicht von Facebook – Gründer Zuckerberg vorschreiben, wie du soziale Beziehungen und Freundschaften zu leben hast. Gott hat uns dazu geschaffen, um echte reale soziale Netzwerke zu leben und nicht virtuelle. Wir sind nach Seinem Ebenbild geschaffen worden, der schon immer in Beziehung zu seinem Sohn gelebt hat.
Mark Zuckerberg will sich selbst zu diesem Streifen nicht äußern. Er sagt: „Dieser Film ist nur Fiktion!“ Wir werden sehen.
Mein Vorschlag an dieser Stelle ist, lasst uns eine neue Gruppe „Zuckerberg needs Jesus“ gründen.
Wer dazu bock hat kann mich dann gerne einladen.
Jesus ist die einzige Chance für ihn aber auch für uns, ein Beziehungsmensch zu bleiben.
Pasquale

Kreativer und existenzieller Zweifel

„Niemand braucht zu zweifeln, dass wir ab und zu zweifeln!“ (Karl Barth)
Kreativer Zweifel – das Fragen, ob es sich auch wirklich so verhält, schult einen darin, genauer hinzusehen und in seinem Urteil kritisch zu sein. Das ist gut so, schliesslich haften uns häufig falsche Denkvoraussetzungen und Unwissenheit an. Von den Christen in Beröa wird berichtet, dass sie sich „vorteilhaft von den Christen in Thessalonich unterschieden, da sie in aller Bereitwilligkeit das Wort annahmen und täglich in den Schriften nachforschten, ob sich die Dinge so verhielten“ (Apostelgeschichte 17,11).
Existenzieller Zweifel ist der Zweifel, der uns das Gefühl vermittelt, dass die Antworten auf unsere Fragen für unser ganzes Dasein bestimmend sind. Die Glaubenshelden der Bibel wurden immer wieder von solchen Zweifeln heimgesucht. Zum Beispiel Thomas, Jünger von Jesus: Er wollte lieber mit Jesus sterben, als ohne ihn zu leben. Er hatte Sehnsucht danach, alles hinzugeben und gleichzeitige Angst davor, alles hinzugeben.
Zeichen einer höheren Wirklichkeit
Wir leben in einer Welt, in der eigentlich an allem gezweifelt wird und in dem in gewisser Hinsicht Zweifel einen viel höheren Stellenwert bekommt als Gewissheit.
Ich kann gar nicht anders, als dasjenige, was ich glaube, anhand der Wirklichkeit zu überprüfen. Dafür bieten sich zwei Bereiche an:
1. Die Struktur der Welt um uns herum: Die Wirklichkeit ausserhalb unserer selbst weist über sich selbst hinaus.
2. Die Wirklichkeit in mir: Nach Peter Berger gibt es fünf Zeichen, die auf eine höhere Wirklichkeit hinweisen: Eine Mutter, die ihr Baby tröstet (Worte in Richtung einer letztendlichen, alles umfassenden Harmonie); spielende Menschen (sie schaffen sich eine Welt, in der andere Regeln gelten); das Phänomen der Hoffnung; die Radikalität, mit der jeder Mensch Formen des Bösen verurteilt; Humor – zwei Wirklichkeiten, die in einem Vorfall miteinander zusammenstoßen.
Gefühl ist Folge, nicht Ursache des Glaubens
Der christliche Glaube beruht nicht auf Gefühl, auch nicht auf unbewussten Sehnsüchten, sondern auf historischen Tatsachen. Gefühl, Erfahrung und Empfinden sind Folge und nicht die Ursache des Glaubens.
Es ist eine der auffälligsten Dinge, dass die Bibel Glaube nicht an Bedürfnisse oder deren Befriedigung knüpft, sondern an historische Geschehnissen. Der christliche Glaube steht und fällt mit historischen Geschehnissen.
Gottes Führung verläuft ohne Untertitel
Nur zu gerne würden wir wissen, ob Gott an unseren Entscheidungen beteiligt ist und wenn ja, was er entsprechend von uns will und was dann die beste Entscheidung ist.
Gott wird häufig als jemand gesehen, der alles für uns ausgedoktert und für jedes seiner Kinder einen fix-und-fertigen Plan vorbereitet hat. Als würde unser Leben der Bauzeichnung eines Architekten gleichen, der ein Haus entworfen hat, wobei die Handwerker sich nur den Entwurf ansehen müssen, um dann das Haus zu errichten. Die Aufgabe des Gläubigen bestünde entsprechend darin, in grossen und kleinen Dingen Gottes spezifisches Ziel im Hinblick auf das persönliche Leben zu suchen.
Das Problem bei dieser Art von Umgang mit Führung ist mehrschichtig: Zum einen, wenn man davon ausgeht, dass Gott so das individuelle Leben führt, bildet dies häufig eine Quelle für Sorgen und Angespanntheit. Denn man hat immer Angst davor, dass man den Plan Gottes für sein Leben verpassen könnte. Zweitens lähmt es Menschen im Hinblick darauf, Verantwortung zu übernehmen. Zum Dritten führt es häufig zu sehr armseligen Entscheidungen, die nicht auf einer gesunden Abwägung sämtlicher Umstände beruhen, sondern auf einer plötzlichen Eingebung oder einem zufälligen Geschehnis.
Aus: Wim Rietkerk, „In dubio, Handbuch für Zweifler“, 186 Seiten, Verlag für Kultur und Wissenschaft, Bonn 2010 Pb.190 S. 16.00 €. ISBN 978-3-938116-96-8

„In dubio“ – Handbuch für Zweifler – Wim Rietkerk

„Zweifel ist ein Thema, über das jeder mitreden kann“, so beginnt Wim Rietkerk in seinem Buch „In dubio – Handbuch für Zweifler“, das soeben erschienen ist. Als Leiter des holländischen Zweigs und Vorsitzender der internationalen L’Abri-Arbeit, die einst mit Francis Schaeffer begann, schöpft Rietkerk aus einem jahrelangen Erfahrungsreichtum mit Menschen, die sich Klärung ihrer unterschiedlichen Zweifel wünschen. L‘Abri gibt in seinen Zentren seit vielen Jahren die Möglichkeit, offene Fragen zu stellen und auszudiskutieren. Der größte Teil dieses Buch ist daher jenen gewidmet, die keinen persönlichen Zugang zu Gott haben.
Wir sind oft erstaunt, dass sich Menschen selbst mit den besten Argumenten nicht zufrieden geben. Rietkerk unterscheidet zwischen dem Verstandeszweifel, dem man argumentativ begegnen kann, dem Gefühlszweifel, der u.a. Depressionen begleitet und dem Willenszweifel aufgrund fehlender Bereitschaft. Christen wiederum kennen die Zweifel an Gottes Führung.
Er beantwortet ganz grundsätzliche Fragen, wie „Ist Gott eine Projektion?“ oder: „Wenn ich in der Türkei geboren wäre, wäre ich jetzt auch Moslem!“. Der Leser bekommt hier wertvolle Antworten für die derzeitige Kritik an Evangelikalen hinsichtlich Mission, die jeder von uns präsent haben sollte, wenn auch hier mehr das missionarische Herz als der Wunsch nach Abgrenzung und Differenzierung zu spüren ist.
Das gilt ebenso bei der Antwort auf die Frage „Kommt meine ungläubige Schwester in die Hölle?“, bei der Rietkerk darum ringt, die notwendige biblische Balance zwischen Dringlichkeit und Zuspruch in dieser äußerst schwierigen Problematik zu finden. In großer Ehrlichkeit verschweigt er nicht, dass die Definition „ewig“ in evangelikalen Kreisen unterschiedlich ausfällt. Sehr sorgfältig wird die Frage „Wie kann Gott soviel Böses zulassen?“ behandelt, doch besonders empfehlenswert ist der letzte Teil des Buches über die Kunst des Überzeugens. Wir lernen noch einmal die Kriterien der Wahrheit: „Wird sie der Wirklichkeit gerecht?“, „Enthält sie keinen internen Widerspruch?“, „Kann ich mit ihr leben?“. Es ist selbst für Christen wunderbar zu wissen, dass der Glaube wie ein Handschuh auf eine Hand passt.
Die besten Antworten schaffen jedoch noch keinen Zugang zum Vater. Es ist daher hilfreich, am Schluss Erklärungen zu finden, wie der Glaube persönlicher Besitz werden kann.
Wim Rietkerk, „In dubio, Handbuch für Zweifler“, 186 Seiten, Verlag für Kultur und Wissenschaft, Bonn 2010 Pb.190 S. 16.00 €. ISBN 978-3-938116-96-8  Hildegund Beimdieke

Indikativ und Imperativ der Heiligung

Das neue Leben ist ein Werk Gottes. Es hat seinen Ursprung im Tod und in der Auferstehung Christi, kommt durch den Heiligen Geist zustande und ist auch in seiner Verwirklichung im einzelnen Menschen neue Schöpfung, Wiedergeburt, dh also Frucht göttlicher Taten. Dieses neue Leben läßt sich nicht aus dem Menschen selbst heraus erklären, etwa als eine ethische Veränderung, die die schlummernden Kräfte zum Guten aufweckt und deshalb gleichnishaft als eine Wiedergeburt bezeichnet und mit dem Sterben und Auferstehen Christi in Zusammenhang gebracht werden kann. Es ist andererseits aber auch nicht als ein transzendenter Lebensstrom zu verstehen, der sich von außen her in den Menschen ergießt und sich eo ipso durchsetzt, wobei dann für die menschliche Verantwortlichkeit und Entscheidung kein Platz mehr bliebe. Paulus beschreibt das neue Leben in den verschiedensten Wendungen: als neue Menschlichkeit, Erleuchtung des Verstandes (nous), Erneuerung des Herzens und Bereitstellung des Leibes und der Glieder für den Willen Gottes. Bisher haben wir schon untersucht, welche Bedeutung dem Glauben hier zukommt als dem Weg, auf dem sich die neue Schöpfung Gottes in der Wirklichkeit dieses irdischen Lebens auswirkt und mitteilt und sich als neuer Gehorsam charakterisieren läßt. Unter dem gleichen Gesichtspunkt wollen wir jetzt auch den sittlichen Inhalt der paulinischen Verkündigung betrachten.
Wir stehen hier vor der Erscheinung, die in der neueren Literatur allgemein als das Verhältnis von Indikativ und Imperativ bezeichnet wird. Damit ist gemeint, daß das neue Leben, auch in seiner sittlichen Offenbarung, einmal als Frucht des Heilswerkes Gottes in Christus durch den Heiligen Geist proklamiert und dargestellt wird: der Indikativ, dann aber nicht weniger kräftig als kategorische Forderung: der Imperativ. Sowohl das eine als auch das andere geschieht mit einer solchen Kraft und Konsequenz, daß man von einer “dialektischen Paradoxie” und “Antinomie” gesprochen hat.
Dieses Miteinander von Indikativ und Imperativ ist in den paulinischen Briefen (wie auch im übrigen NT) so stark verbreitet, daß wir uns mit einigen charakteristischen Beispielen begnügen können. So ist Röm 6,2.12 der Heilsindikativ des Sterbens und Auferstehens mit Christus nicht von dem Imperativ des Streits gegen die Sünde zu trennen. Nicht weniger deutlich ist Kol 3,3ff: Das Gestorbensein mit Christus macht das Ertöten der Glieder, die auf Erden sind, nicht überflüssig, sondern nötigt gerade dazu. Ebenso ist bei den Aussagen über das Leben im und durch den Geist der Imperativ im Indikativ begründet, wie andererseits die Befolgung des Imperativs die Voraussetzung ist für das, was der Indikativ kategorisch aussagt (vgl. Röm 8,2.9 mit 8,12f). In Gal 4 und 5 folgt der Beschreibung der Gaben des Geistes die Aufforderung, nun auch nach dem Geist zu wandeln (Gal 5,16.25), und die Beschwörung, nicht abzuirren; denn Gott läßt seiner nicht spotten, und was der Mensch sät, das wird er ernten, es sei Verderben aus dem Fleisch, es sei das ewige Leben aus dem Geist (Gal 6,7f). Audi das neue Leben als Schöpfung Gottes erscheint in dieser Spannung. Einmal heißt es vom neuen Menschen, daß er in Christus geschaffen ist (Eph 2,15), in ihm besteht (Gal 3,28) oder daß die, die in Christus sind, den alten Menschen abgetan und den neuen angetan “haben” (Eph 4,21ff; Kol 3,9ff), dann ist es wieder ein Auftrag, den die Gemeinde täglich neu zu erfüllen hat: “Zieht den Herrn Jesus Christus an!”
Die innere Zuordnung dieser doppelten Redeweise läßt klar erkennen, daß der Imperativ auf dem Indikativ beruht und daß these Reihenfolge nicht umkehrbar ist. Jedesmal folgt der Imperativ konkludierend (mit “so”, “darum”, “deshalb”) auf den Indikativ (Röm 6,12ff u. 6.). Regelmäßig wird auch das Ziel der positiven Heilsaussagen genannt: der Ruf zum neuen Leben (”damit”, “um… zu” usw.; vgl. Röm 7,4 u. 6.). Am deutlichsten ist wohl Phil 3,12f:
Mühet euch um euer Heil mit Furcht und Zittern! Denn Gott ist es, der in euch sowohl das Wollen als das Vollbringen wirkt um seines Wohlgefallens willen.
Das “denn” in der zweiten Satzhälfte begründet den Aufruf in der ersten. Der gleiche Zusammenhang liegt Röm 6,14 vor: “Die Sünde wird keine Herrschaft über euch haben; ihr steht ja nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade.” Weil Gott wirkt und gewirkt hat, deshalb mug und deshalb kann der Mensch auch wirken. Was der neue Mensch an neuem Leben offenbart, was er wirkt, an Frucht des Geistes und guten Werken zeigt, das wirkt er aus und durch die Kraft Gottes, aus dem Vermögen des Geistes und kraft seiner Zugehörigkeit zu Christus. Indikativ und Imperativ sind nicht im Sinne einer Erbteilung zwischen göttlichem und menschlichem Anteil im neuen Leben zu unterscheiden; dann stünde nebeneinander, was im Evangelium und in der Wirklichkeit ineinander liegt, und es gäbe eine neue Werkheiligkeit. Der Imperativ ist in der Wirklichkeit begründet, die mit dem Indikativ gegeben ist, beruft sich auf sie und will sie zu voller Entfaltung bringen.
[aus: Herman Ridderbos, Paulus – Ein Entwurf seiner Theologie (Brockhaus, 1970), S. 176-178] http://www.lebensquellen.de/?p=278