Sektierer als Gastredner bei Willow- Creek

Willow Creek Kongress 2016. Foto: willowcreek.de

von Michael Kotsch

Die Stärken von Willow-Creek-Veranstaltungen liegen in einem abwechslungsreichen Programm, das unterhaltsam und pragmatisch dargeboten wird. Jeder Besucher kann einfache, geistliche Impulse und schnell umsetzbare Strategien mit nachhause nehmen. Das gilt auch für den jüngsten Willow-Creek-Leitungskongress in Hannover (11.-13.2.2016).

Was jedoch die Auswahl der Referenten für diese evangelikale Großveranstaltung angeht, muss eindeutig Protest erhoben werden. Mit dem überzeugten Katholiken Johannes Hartl als einem der Sprecher kann man vielleicht noch leben. Dass mit Joseph Grenny und Liz Wiseman gleich zwei der Hauptreferenten zu den Mormonen gehören ist für eine solche Veranstaltung inakzeptabel. Für beide Referate hätten sich in den USA mit Leichtigkeit hochkarätige Redner aus evangelikalem Hintergrund finden lassen. So bestand keine wirkliche Notwendigkeit, Mitgliedern einer Sekte das Wort zu erteilen.

Unverantwortlich erscheint es auch, dass man die überwiegend evangelikalen Besucher des Willow-Creek-Leitungskongress über den religiösen Hintergrund dieser Referenten bewusst im Unklaren gelassen hatte.

Der US-Unternehmensberater und Bestsellerautor Joseph Grenny studierte an der mormonischen Brigham Young University und ist bis heute ein aktives Mitglied in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen). Auf dem Willow- Creek- Kongress sprach Grenny zu den Themen „Einfluss gewinnen“ und „Schwierige Gespräche führen“.

Auch die erfolgreiche Managerin und Buchautorin Liz Wiseman erhielt ihre Ausbildung an der mormonischen Brigham Young University. Regelmäßig spricht sie in den USA bis heute bei mormonischen Veranstaltungen. Auf dem Willow-Creek-Kongress referierte Wiseman zur „Klugheit der Anfänger“.

Bedauerlich ist natürlich auch, dass auf einem christlichen Leiterschafts-Kongress statt biblischen Prinzipien in den Referenten von Grenny und Wiseman lediglich allgemeine Wahrheiten wie die vom „immerwährenden Lernen“, sowie Organisations- und Leitungsstrukturen aus der Wirtschaft angeboten wurden.

Schon 2012 wies Greg McKeown in der renommierten Harvard Business Review darauf hin, dass immer mehr Mormonen ihren Einfluss in der Wirtschaft benutzen, um auf ihre Glaubensüberzeugungen hinzuweisen.

Christen sollten sich in der Öffentlichkeit deutlich von der auch in Deutschland missionierenden Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) und ihren Vertretern distanzieren. Diese Sekte vertritt unter anderem die Auffassung, dass alle Mormonen Gott werden können. Sie lehnt die Trinität ebenso ab wie die ewige Gottheit Christi. Mormonen meinen, Jesus habe vor 2000 Jahren bei den Indianern Nordamerikas gelebt. Der mormonische Gott hat eine Frau, mit der er in grauer Vorzeit zahllose Geistkinder gezeugt habe. Ihre verstorbenen Vorfahren hoffen Mormonen durch magische Zeremonien auch noch im Jenseits retten zu können. Neben der Bibel gelten für Mormonen drei andere, vorgeblich ihrem Propheten geoffenbarte Schriften als verpflichtende, göttliche Offenbarung (Das Buch Mormon, Die köstliche Perle, Lehre und Bündnisse).

In jedem Fall muss deutlich bleiben, dass es sich bei den Mormonen um keine christliche Konfession handelt, sondern um eine neureligiöse Sekte. Ohne weiteren Kommentar mormonische Redner auf einem evangelikalen Großveranstaltung wie dem Willow-Creek-Kongress auftreten zu lassen, ist eine unverantwortliche Werbung für diese Sondergruppe, die weltweit daran arbeitet, Christen vom alleinigen Vertrauen auf die Bibel abzubringen.
http://agwelt.de/2016-03/sektierer-als-gastredner-bei-willow-creek/#comments

Gedanken zum Kreuzesgeschehen

Der Beitrag ist eine Antwort auf folgenden Artikel:
Karfreitag: Warum hing der Sohn Gottes am Kreuz?

Karfreitag: Warum hing der Sohn Gottes am Kreuz?


Dass die ersten Christen dafür bekannt waren, den Bedürftigen und Fremden Gutes zu tun, jedem mit Liebe zu begegnen und ihren Feinden bedingungslos zu vergeben, ist kein glückliches Nebenprodukt des Evangeliums.
1. Ein Denkfehler liegt bereits darin, dass angedeutet wird, dass „verschiedene Deutungen“ des Kreuzestodes im NT vorlägen. Dies ist aber irreführend. Vielmehr sind es unterschiedliche soteriologische und christologische Aspekte, die gleichzeitig das „eine“ Kreuzesereignis Christi beschreiben, wie Gott es wollte, dass es zu verstehen sei. Hier ist von Komplementarität zu reden, nicht von (möglicherweise unterstellten) Alternativen.
2. Die christologische Deutung des Kontextes von Jes. 53,5 erläutert, dass die Strafe (Gottes) auf „ihm“ (dem Gottesknecht – Jesus-Deutung vom NT her) liege, auf dass wir Frieden (mit Gott) hätten. Was „Strafe“ im Gottesknechtslied ist, ist gewiss von Anselms Lösungsansatz her unterschieden zu deuten. Doch den „Strafe-Gedanken“ des Kreuzestodes Jesu ausblenden zu wollen, ist soteriologisch fragwürdig. Das lässt sich sühne- und opfer-theologisch vom AT her näher bestimmen, erweitert durch Offenbarungen Gottes dazu im NT.
3. Die „Sühne“ lediglich als Illustration damaliger jüdischer Opfervorstellungen des kultischen Opferbetriebs zu sehen, ist ungenügend und – wie es im Text klingt – abwertend. Der AT-Opfergedanke (Stellvertretung, Sühne, Sündenvergebung, Blut etc.) in seinen Facetten ist zentral notwendig, das Kreuzesgeschehen im NT zu begreifen (Joh. 3,14-18.36 – erhöhte Schlange; Hebräerbrief, z.B. Kap. 9 usw.).
4. Christus trägt die „Sünde“ der Welt ans Kreuz, erleidet den Fluch (des mosaischen Gesetzes) und die Gottverlassenheit des am Holz Gekreuzigten stellvertretend für Sünder (Röm. 5 usw.).
5. Den Akzent darauf zu legen, dass es beim Kreuzesgeschehen um das Plädoyer für Gewaltlosigkeit oder um eine Zeichenhandlung der Feindesliebe als Vorbild „für uns“ gehe, ist neu-theologisch ausgedacht worden, aber kaum biblisch-theologisch plausibel. Das ist „Möchte-Gern-Theologie“, nicht besser als Anselm verdrehte Satisfaktionstheorie.
6. Die Liebe Gottes gibt den Sohn am Kreuz hin, dass jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat (Joh. 3,14-16). Das Kreuz Christi demonstriert die Liebe Gottes zur verlorenen Welt (kosmos). Wer der Liebesdemonstration Gottes in Jesus glaubt, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht (Joh. 5,24). Wer nicht an den Sohn glaubt, BLEIBT unter dem Zorn Gottes (und kommt ins Gericht Gottes). Ob paulinisch oder johanneisch oder lukanisch etc., wie auch immer, das soteriologische Ergebnis der Kreuzigung Jesu ist insgesamt das Gleiche, jeweils unterschiedlich akzentuiert.
7. Anselms Satisfaktionslehre muss man in wesentlichen Gesichtspunkten kritisieren. Luther, Calvin und andere seit dem haben es sinnvoll getan und Alternativdeutungen des biblischen Befundes vorgestellt. Doch die hier im Artikel vorgetragene Lösung überzeugt in den wesentlichen theologisch substantiellen Behauptungen nicht. Die theologiegeschichtlich relevanten Grundlagen dieser hier vertretenen Gedanken erwachsen teilweise aus den liberal-theologischen Theologien des 19. und 20. Jahrhunderts heraus. Sie tragen aber nicht wirklich durch, den „Karfreitag“ zu verstehen. Damit kann man weder richtig leben, noch richtig sterben (Heidelberger Katechismus, Fr. 1). Und ob theologisch etwas „heutzutage intuitiv einleuchtet oder nicht“, das spielt letztlich entscheidend keine Rolle in der christlichen Lehrbildung. Solche Überlegungen gehören vielleicht in den Bereich der Vermittlung des Evangeliums (praktische Theologie, Predigtlehre, Seelsorge), sie sind jedoch dogmatisch geurteilt kein Kriterium zur Urteilsbildung, was denn nun der Kreuzestod Jesu bedeutet und was nicht (vgl. z.B. Reinhard Slenczka, Kirchliche Entscheidung in theologischer Verantwortung, Göttingen 1991)
Gottfried Sommer

Sieg der Flüchtlingsfeinde

Der große Sieger der vergangenen drei Landtagswahlen ist die AfD. In Sachsen-Anhalt erhielt sie 24,2 % der Stimmen, Baden-Württemberg 15,1 % und in Rheinland-Pfalz 12,6 %. Aktuellen Umfragen zufolge äußerte die weitaus größte Zahl der AfD- Wähler, ihre Stimme dieser Partei gegeben zu haben, um damit ihrem Ärger über die momentane Bundesregierung zum Ausdruck zu bringen und, um den weiteren Zuzug von Flüchtlingen zu verhindern. Analysen zufolge bekam die AfD die größte Zustimmung bei Arbeitslosen und bei einfachen Arbeitern. Ihnen konnte man am besten vermitteln, dass sie auf Kosten der Flüchtlinge verlieren würden und, dass ihr sozialer Status in Gefahr sei.
Diese Landtagswahlen sind ein deutliches Signal aus der Bevölkerung gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Zum Teil müssen sich die verantwortlichen Politiker der CDU und SPD diese Niederlage selbst zuschreiben. Zu euphorisch hatten sie im vergangenen Jahr mit Willkommenspartys die Ankunft von mehr als einer Millionen Flüchtlingen gefeiert ohne gleichzeitig auf die enormen Lasten und Herausforderungen hinzuweisen. Jede sachliche Kritik wurde vorschnell im Keim erstickt und als nationalistische bzw. fremdenfeindlich abgetan. Gerade damit wurde der Unmut vieler Bürger noch weiter angeheizt und eine wirklich fremdenfeindliche Stimmung konnte sich in den Köpfen vieler Menschen festsetzen. Das ist mehr als traurig.
Für die vielen wirklichen Flüchtlinge, die aus realer Todesgefahr nach Deutschland gekommen sind ist die große Zustimmung zu einer flüchtlingsfeindlichen Partei zurecht beängstigend. Der AfD und den Bürgern kann man nur wünschen, dass diese Partei baldmöglichst in Regierungsverantwortung kommt. Dann müssen die Politiker der AfD beweisen, ob sie mehr zustande bringt als Stänkern und Stammtischparolen entwerfen. Wirklich praktikable Lösungen oder konstruktive Überlegungen waren in den öffentlichen Meinungsäußerungen der AFD bisher allerdings Mangelware. Zuallererst zeichnete sich der AfD- Wahlkampf durch die undifferenzierte Ablehnung der EU der Bundesregierung und der Flüchtlinge aus. Sehr wahrscheinlich hätten wir schon nach einer Legislaturperiode ein realistischeres Bild von dem, was die AfD wirklich zu leisten vermag und was nicht.
Insgesamt sind Christen in der gegenwärtigen politischen Lage Europas umso stärker zum Gebet herausgefordert. Überall nehmen Nationalismen zu, Abgrenzungen und landesegoistische Alleingänge. Immer stärker schaffen es die lauten, aggressiven und radikalen Politiker, Wähler auf ihre Seite zu ziehen und für ihre zumeist grob vereinfachte Ideologie zu gewinnen. In den vergangenen Jahrhunderten waren solche Tendenzen schon öfter Vorboten einer kriegerischen Auseinandersetzung. Michael Kotsch

Aus Toleranz werden Millionen von Familienangehörigen nicht mehr repräsentiert

1. Beispiel Niedersachsen
Niedersachen wollte in seinem Gesetzesentwurf für ein neues Mediengesetz in dem zukünftig größer geplanten Gremium der Landesmedienanstalt den Vertreter des Deutschen Familienverbandes (DFV) durch einen Vertreter des Lesben- und Schwulenverbandes ersetzen. Ab sofort wären 1,1 Millionen Familien dort nicht mehr vertreten gewesen. Erst in der Ausschusssitzung des Landtags wurden die vielen Proteste aufgegriffen und ein Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der Familienverbände Niedersachsen (AGF), zu dem auch der DFV gehört, in das Gremium aufgenommen.
Aber was geht in Regierenden und Parteien vor, die so etwas planen? Obwohl man als Begründung von Toleranz, Vielfalt und Gleichberechtigung spricht, ist das Ergebnis: Man schafft Toleranz, Vielfalt und Gleichberechtigung ab. Man straft die ganz große Mehrheit ab und ersetzt sie durch eine kleine Minderheit. Der größte Teil der Deutschen lebt in einer Familie. Warum nur hassen alle die Familie so, dass sie nicht mehr mit am Tisch der Großen sitzen darf? Warum kann man nicht der Minderheit die gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen, ohne die Mehrheit anzutasten.
Fazit: Hat früher die Mehrheit die Minderheit diskriminiert, wird jetzt die Mehrheit im Namen der Minderheit diskriminiert, ja die Existenz der Mehrheit wird schon mal gerne geleugnet.
2. Beispiel Baden-Württemberg
Im Gesetzesentwurf des Landes Baden-Württemberg zum Bildungsplan und darin zum Umgang mit Sexualität in der Schule heißt es zu den Kompetenzen, die die Schüler erwerben sollen:
„Schülerinnen und Schüler kennen Formen des Zusammenlebens wie gleichgeschlechtliche Partnerschaft oder Regenbogenfamilie als gleichberechtigte Möglichkeiten des Lebens in der Gemeinschaft“.
Nur indirekt kommt hier noch vor, dass es auch andere Formen der Familie gibt. Sie werden weder erwähnt noch thematisiert, und ein Leben in ihnen gehört offensichtlich nicht mehr zu den Kompetenzen des Lebens. Oder anders gesagt: Obwohl das Wort ‚gleichberechtigt‘ vorkommt, geht es gerade nicht um eine Gleichberechtigung oder um eine Wahl, sondern um die Einführung des Einen auf Kosten des Anderen.
Auch hier: Hat früher die Mehrheit die Minderheit diskriminiert, wird jetzt die Mehrheit im Namen der Minderheit diskriminiert, ja ihre Existenz fast schon geleugnet.
http://www.thomasschirrmacher.info/archives/4386

Besser Gott als Geld

Der Amerikaner Stephen Curry gilt derzeit als einer der besten Basketball-Spieler weltweit. Vielen denen es so ergeht wie Curry, steigt der plötzliche Ruhm zu Kopfe. Plötzlich halten einen alle für wahnsinnig wichtig. Viele suchen die Freundschaft eines bekannten Sportlers. Ständige Interviews mit den Medien vermitteln den Eindruck, irgendetwas Besonderes zu sein. Viele nehmen Abstand vom Glauben, wenn sie erst berühmt geworden sind. Irgendwie scheint ihnen die Bibel plötzlich peinlich und provinziell.
„Gott hat mich dazu vorbereitet, ihn auf dem Basketball-Feld zu repräsentieren und ein Zeugnis für ihn zu sein“, berichtete Curry dem „Fellowship of Christian Athletes“-Magazin. „Meine Mutter sagte mir während meiner Uni-Zeit, dass Gott seine Leute in verschiedenen Bereichen des Lebens stellt, damit sie noch mehr Menschen für ihn erreichen können. Und ich versuchte, diese Zeit zu seiner Ehre zu nutzen.“
Curry kann das, wovon tausende andere nur träumen: von seinem Hobby leben. Trotzdem ist sich der All-Star-Athlet bewusst, dass ihm trotz seines Erfolgs noch einiges fehlt. „Gott hat mir das Talent gegeben, vom Basketball leben zu können, aber ich muss trotzdem jeden Tag hart arbeiten, um mich zu verbessern. Ich weiß, dass dies letztlich nur ein Spiel ist … Aber ich liebe es, dass ich beim Basketball die Chance bekomme, andere Leute … auf den Mann hinzuweisen, der für unsere Sünden am Kreuz gestorben ist. Ich weiß, dass durch ihn im Himmel ein Platz für mich bereit ist, und das ist etwas, das kein Preis und keine Trophäe dieser Erde je toppen könnte. Das wichtigste ist, … Christus lebt in mir!“
Stephen Currys Wunsch, andere Menschen auf Jesus Christus aufmerksam zu machen lässt sich der Top- Sportler auch etwas kosten. Kürzlich verzichtete er auf einen 2,5-Millionen-Werbevertrag mit Nike, weil man ihm nicht erlauben wollte, seinen Lieblingsbibelvers auf die Schuhe drucken zu lassen.
Auch zu Beginn jedes Spiels macht Curry ganz offensiv auf seinen Glauben aufmerksam: „Ich schlag mir auf die Brust und zeige zum Himmel. … Das mache ich jedes Mal, wenn ich auf den Platz komme, um mich daran zu erinnern, für wen ich spiele. … Die Leute sollen wissen, wen ich repräsentiere und warum ich bin, wer ich bin. Denn das bin ich wegen Jesus, meinem Herrn und Retter!“
Für die meisten „normalen“ Christen kostet es weit weniger auf Jesus hinzuweisen, als für einen Prominenten, der Gefahr läuft, von Millionen ausgelacht zu werden. Auch wenn der Glaube von vielen säkularen Medien in Deutschland tabuisiert worden ist, sollten Christen ihre Menschenangst überwinden und frei von Jesus sprechen. Der Glaube an Gott hat sich millionenfach bewährt. Vielen anderen kann noch geholfen werden, wenn sie ein neues Leben mit Gott beginnen. Da lohnt es sich allemal, mutig von Jesus Christus zu reden.
Michael Kotsch

Das Alte Testament und Mythologie

Gibt es mythologische Elemente im Alten Testament? Und falls ja, was bedeutet das für die Auslegung der hebräischen Bibel? Da sich die Diskussionen bezüglich der Präsenz und Bedeutung von Mythologie im AT leider oftmals auf Genesis 1-11 beschränkt, möchte ich zur Beantwortung der oben genannten Fragen an einer anderen Stelle, nämlich bei Psalm 74 ansetzen. Das heißt nicht, dass das hier besprochene für die Urgeschichte irrelevant ist, bedeutet aber auch nicht, dass es schlicht übertragbar wäre.

chaoskampf

Zunächst einmal zum Begriff des “Mythos”. Bedingt durch den Einfluss der Gräzistik und des griechischen Wortes “μῦθος (mythos)”, welches bekanntlich auch in 2 Petr 1, 16 vorkommt, ist das Mythologische häufig mit dem Erfundenen gleichgesetzt worden. Während ein solches Verständnis vielleicht für bestimmte Sparten griechischer Literatur zutreffen mag, wird der Begriff der Mythologie im Bereich der Altorientalistik anders verwendet. Was der Altorientalist meint, wenn er vom “Mythos” spricht, ist keine erfundene Geschichte, sondern eine bestimmte Literaturgattung deren Verhältnis zur Realität zunächst nicht genauer definiert ist. Kenton Sparks nennt hier das funktionelle Kriterium, welches einen Text zum Mythos macht: eine heilige Geschichte, die den menschlichen Zustand beschreibt oder eine Institution bestätigt (Sparks, Kenton, Ancient Texts for the Study of the Hebrew Bible, Peabody [Hendrickson] 2005, 306). Richard Averbeck unterscheidet zusätzlich die Literaturgattung des “historischen Mythos”, der sich durch “analogical thinking about what is perceived by the writer(s) as reality, specifically historical, natural, geographical, cultural, economic, or social reality” auszeichnet. Nach Averbeck beschreibt die Literaturgattung des Mythos den Eindruck des altvorderorientalischen Menschen von seinem Zustand oder der Welt im Ganzen (Averbeck, Richard, Ancient Near Eastern Mythography. In: The Future of Biblical Archeology. James Hoffmeier & Alan Millard [Ed.]. Grand Rapids [Eerdmans] 2004, 332f).
Aber gibt es solche Mythographie auch im Alten Testament? Der jüdische Exeget Jon Levenson versucht in seinem breit gelesenen Buch “Creation and the Persistence of Evil” aufzuzeigen, wie das Weltbild des Alten Testamentes das Problem des Bösen mythologisch auflöst. Während Levenson diese Annahme zwar auch in der Genesis beweisen will, möchte ich an dieser Stelle gerne seinen Gebrauch von Ps 74 diskutieren (vgl. Levenson, John, Creation and the Persistence of Evil. Princeton [Princeton University Press] 1988).
Ps 74,12-18 lautet nach Luther 1984 folgendermaßen:

12 Gott ist ja mein König von alters her,

der alle Hilfe tut, die auf Erden geschieht.

13 Du hast das Meer gespalten durch deine Kraft,

zerschmettert die Köpfe der Drachen im Meer.

14 Du hast dem Leviatan die Köpfe zerschlagen

und ihn zum Fraß gegeben dem wilden Getier.

15 Du hast Quellen und Bäche hervorbrechen lassen

und ließest starke Ströme versiegen.

16 Dein ist der Tag und dein ist die Nacht;

du hast Gestirn und Sonne die Bahn gegeben.

17 Du hast dem Land seine Grenze gesetzt;

Sommer und Winter hast du gemacht.

18 So gedenke doch, HERR, wie der Feind schmäht

und ein törichtes Volk deinen Namen lästert.

Levenson bemerkt nun völlig zurecht, dass sich hier ein offensichtlicher Anklang an das sogenannte Chaoskampf-Motiv aus der Kanaanäischen Literatur wiederfindet, die wir aus Ugarit kennen. Der Ba’al-Mythos z.B. beschreibt das Ringen des Gottes Ba’al mit dem Seegott Yammu (dem Leviathan), welchen Ba’al besiegen muss, um das Gleichgewicht zwischen Chaos und Ordnung bzw. Gut und Böse einhalten zu können.
Hier nun der Vergleich zum ugaritischen Text:

“Du schlugst den Leviathan, the fliehende Schlange, hast zu Ende gebracht die gewundene Schlange, den Tyrannen mit sieben Köpfen” (KTU 1.5 i.1-3; Vgl. außerdem mit Jesaja 27,1)
In der Vorstellung der altorientalischen Menschen geschah Schöpfung oftmals durch den Kampf gegen das Chaos (“Chaoskampf”). Die gute Gottheit besiegt sowie schlachtet die böse Gottheit, welche das Chaos verkörpert und typischerweise als ein Seemonster oder in Form einer Schlange dargestellt wird. Im babylonischen Mythos “Enuma Elisch” z.B. stiegt Gottheit Marduk an die Spitze des Pantheons und wird zum Herrn aller Götter, weil sie die Gottheit  Tiamat besiegt und die Welt in Ordnung aus dem Chaos heraus erschafft.

Da nun Psalm 74 als Ganzes an vielen Stellen die Schöpfung rekapituliert und durch die Parallelen mit dem ugaritischen Ba’alsmythos offensichtlich das Element des Chaoskampfes enthält, geht Levenson ganz selbstverständlich davon aus, dass sich hier der mythologische Hintergrund des Alten Testamentes zeigt. Im Angesicht dieser sprachlichen Parallelen, muss ich ihm zumindest zustimmen, dass das Chaoskampf-Motiv aus dem alten vorderen Orient in Psalm 74 erkennbar ist. Das Alte Testament ist daher nicht frei von Mythologie. Da diese Beobachtung nun die erste oben genannte Frage beantwortet, muss noch geklärt werden, welche Bedeutung die Präsenz mythologischer Motive im AT hat. Was ist das Verhältnis zur Wirklichkeit? Was bedeutet dies für die Auslegung des AT? Levenson führt eine weitere Stelle auf, der er meiner Meinung nach zu wenig Beachtung schenkt, um das Chaoskampf-Motiv in Ps 74 adäquat zu erklären.
In Jes 51,9-11 lesen wir:

9 Wach auf, wach auf, zieh Macht an, du Arm des HERRN! Wach auf, wie vor alters zu Anbeginn der Welt! Warst du es nicht, der Rahab zerhauen und den Drachen durchbohrt hat? 10 Warst du es nicht, der das Meer austrocknete, die Wasser der großen Tiefe, der den Grund des Meeres zum Wege machte, dass die Erlösten hindurchgingen? 11 So werden die Erlösten des HERRN heimkehren und nach Zion kommen mit Jauchzen, und ewige Freude wird auf ihrem Haupte sein. Wonne und Freude werden sie ergreifen, aber Trauern und Seufzen wird von ihnen fliehen.

Hier in Jesaja verschwimmt das Chaoskampf-Motiv mit dem Auszug aus Ägypten (welcher offensichtlich nicht im Chaoskampf erwirkt wurde), um den zukünftigen Exulanten Hoffnung zu geben, dass Yahweh auch sie aus der Gefangenschaft in Babylon befreien wird. Ebenso beschreibt der Psalmist in Ps 74 eine konkrete historische Begebenheit (das Heiligtum ist zerstört, die Propheten sind weg), in welcher er Trost in Yahwehs Hilfe sucht. Durch die Anspielungen auf das Trockenlegen der Wasser in Psalm 74, könnte man sogar hier von Anklängen an das Exodus-Motiv ausgehen. Averbeck zeigt auf, dass in Jes 51,9-11 und in Ps 74 die konkrete und reale historische Situation Israels “mythologisiert,” jedoch nicht “fiktionalisiert” wird. Der Prophet Jesaja und der Psalmist bedienen sich des mythologischen Chaoskampf-Motives, um ihre Situation analogisch zu beschrieben. Der Punkt ist schlichtweg, dass Israel keinen Chaoskampf in Genesis 1 kannte. Einige Alttestamentler würden sicher mit dem Einwand antworten, dass spätere Redaktoren in der nachexilischen Zeit die mythologischen Aspekte der israelitischen Religion entfernt haben könnten. Warum aber haben es diese Redaktoren dann nicht geschafft Psalm 74 oder Jesaja 51 von der Mythologie zu befreien?
Ich glaube, Ps 74 und Jes 51 sind hilfreiche Beispiele, um zu verstehen welche Funktion altvorderorientalische Mythologie im Alten Testament hat: eine analoge Beschreibung der historischen Situation, keine Fiktionalisierung oder Abwanderung in den Bereich der Fabeln und Legenden, denn weder der Exodus noch das Exil sind fabelartige Ereignisse. Das heißt nun auch, dass Mythographie nicht fiktional sein muss, historische Wahrheit jedoch über andere sprachliche “Codes” als Historiographie vermittelt. Durch den Gebrauch dieser mythologischen Elemente machen sowohl der Prophet Jesaja als auch der Psalmist eine Aussage über eine historische Wirklichkeit, die in analoges bzw. mythologisches Denken gekleidet ist. Eventuell ist der Chaoskampf hier sogar eine Rekapitulation von Gottes Kampf gegen die ägyptischen Gottheiten. Auf jeden Fall aber wird er verwendet, um analog über Gottes rettendes Handeln in der Geschichte zu reflektieren. Somit ist die Präsenz von Mythologie im AT nicht zwangsläufig ein Indikator für Fiktion. Es ist daher sinnvoller über den “historischen Mythos” zu sprechen, welcher sich durch konzeptuelle Analogien zwischen der Welt der Götter und der Menschen auszeichnet.
(Vgl. Averbeck, Richard, Ancient Near Eastern Mythography. In: The Future of Biblical Archeology. James Hoffmeier & Alan Millard [Ed.]. Grand Rapids [Eerdmans] 2004, 336)
Ein kurzes Nachwort: Während Averbeck die Frage nach dem Locus der Mythologie in der Religionsgeschichte Israels offen lässt, verstehe ich Mythologie vor allem als Mythographie. Mythologische Sprache ist ein “code”, um Informationen zu vermitteln. Daher ist Mythologie für mich vor allem eine sprachliche Kategorie, ein Motiv oder ein literarisches Genre. Ich glaube nicht, dass die Autoren der Bibel ernsthaft an einen urgeschichtlichen Chaoskampf zwischen Yahweh und dem Leviathan glaubten, aus welchem schlussendlich die Schöpfung resultierte. Sie verwenden dieses Motiv oder diese Sprache, um Aspekte ihrer eigenen Geschichte wie den Exodus zu mythologisieren und dadurch mit tieferem Inhalt zu füllen.
https://gesellschaftsfaehigblog.wordpress.com/2016/01/30/das-alte-testament-und-mythologie/

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Christen passen in kein Schema

Die Christen waren Fremde … Sie waren nicht wie die Griechen, sie waren nicht wie die Römer, sie waren nicht wie die Juden … Sie waren Fremde! Gut Du sagst das war damals! Nun denk darüber mal für eine Sekunde nach. Wenn da eine Gruppe von Leuten heute wäre … welche den selben biblischen Werten folgen würde: Ablehnung von blutrünstigen Veranstaltungen, Militarismus, Stärkung von Frauen, schwelgend in der Vermischung von Rassen und Klassen und dem radikalen Schutz für Arme … Welche Gruppe ist das? Hört sich ziemlich links an! Verbot von Abtreibung, Verbot von Sex außerhalb der Ehe, Verbot von Homosexuellen Praktiken, darauf bestehend, daß Jesus der einzige Weg zum Himmel ist … Wonach klingt das? Nach einer schrecklich konservativen Gruppe! Rate mal … Wir sind immer noch Fremde! Wir passen nicht in den westlichen relativistischen Individualismus, wir passen nicht in die traditionelle hierarchische Gesetzlichkeit. Wir passen nicht! Wir passen nicht in den Konservativismus – und wir passen nicht in die progressive Bewegung! Wir waren immer schon Fremde! Timothy Keller 

Veröffentlicht unter Zitate

Überwindung des Todes heißt Auferstehung

Wie wir mit dem Sterben fertigwerden, ist uns wichtiger, als wie wir den Tod besiegen. Sokrates überwand das Sterben. Christus überwand den Tod als ἔσχατος ἐχθρὸς (1. Kor 15, 26; Anm.: „der letzte Feind“). Mit dem Sterben fertig werden bedeutet noch nicht mit dem Tod fertig werden. Die Überwindung des Sterbens ist im Bereich menschlicher Möglichkeiten, die Überwindung des Todes heißt Auferstehung. Bonhoeffer 27. März 1944

Trump macht Angst

Dass im Wahlkampf nicht gerade sanft und sachlich miteinander umgegangen wird, daran ist man zwischenzeitlich gewöhnt. Die massiven Ausfälle und Beschimpfungen mit denen der amerikanische Präsidentschaftskandidat der Republikaner Donald Trump immer wieder von sich reden macht, lassen einige dann aber doch erschrecken. Selbst viele amerikanische Evangelikale, sonst klassische Republikaner- Wähler, gehen auf Distanz zu dem polemischen Polterer.
Wirklich praktikable Vorschläge kommen von dem Milliardär auch nur selten. Vor allem macht er stattdessen deutlich wogegen er ist, nämlich gegen so fast alles, was derzeit politisch momentan so entschieden wird. Vor allem wird Trump von seinen Anhängern geliebt, weil er Präsident Obama gnadenlos kritisiert, weil er auf amerikanisches Nationalbewusstsein pocht und weil er sich für eine konservative Ethik ausspricht, insbesondre bei der Sexualmoral. Doch ob das reicht, um die mächtigste Nation der Welt zu führen, das dürfte mehr als fraglich sein.
Wenn Trump wider Erwarten jedoch Präsident der USA werden sollte, und er auch nur einen kleinen Teil von dem umsetzt, was er jetzt seinen Wählern angekündigt hat, dann dürfte es weltweit vor allem deutlich mehr Konflikte und Konfrontationen geben.
Zwischenzeitlich gehen selbst einflussreiche Republikaner wie Senator John McCain und der Präsidentschaftskandidat Mitt Romney auf Distanz zu Trump. Sie scheinen zu ahnen, dass Trump als republikanischer Präsident wahrscheinlich nicht nur seinem Land, sondern auch der eigenen Partei schweren Schaden zufügen dürfte.
Der Republikaner Mitt Romney: „Donald Trump ist ein Schwindler und Betrüger. Seine Versprechen sind so wertlos wie ein Abschluss an der Trump-Universität.“ Trump fehle das Urteilsvermögen eines stabilen und umsichtigen Staatsmannes, kritisierte Romney. Er missbrauche die Ängste der Bürger und mache Muslime und Einwanderer aus Mexiko zu Sündenböcken. Er befürworte Folter und wolle die Freiheit der Presse einschränken. Auch sei er als notorischer Angeber und Provokateur charakterlich ungeeignet für das Präsidentenamt.
Mit seiner protektionistischen Wirtschaftspolitik werde Trump Amerika in Handelskriege verwickeln und in eine Rezession stürzen, warnte Romney. Seine Außenpolitik werde Amerika und die Welt unsicherer machen. Anders als von Trump behauptet, sei dieser kein Unternehmer-Genie. Es gäbe da eine lange Liste von gescheiterten Geschäftsprojekte: von der Trump-Universität über Trump-Airline bis zum Trump-Steak.
Christen hoffen auf einen konservativeren, amerikanischen Präsidenten, der biblische Werte stützt, gleichzeitig aber auch an die Bedürftigen und Schwachen denkt, der sich mit vernünftigen Mitteln für den Frieden in der Welt engagiert und sich der verfolgten Christen annimmt. Es sollte aber auch ein Mann sein, dessen Persönlichkeit und Auftreten christlichen Werten entspricht. Einen bloßen Demagogen können Gläubige kaum unterstützen.
https://www.facebook.com/michael.kotsch.9?fref=ufi

Die Freundlichkeit Luthers

Am 20. November 1539 beschrieb Calvin in einem Brief an seinen Freund Farel, wie wertschätzend Luther sich in einem Brief an Martin Bucer zu ihm geäußert hatte. Da sage doch mal einer, die Reformatoren seien kaltherzig gewesen!

… Krafft, einer unserer Buchdrucker, kam neulich von Wittenberg zurück und brachte einen Brief Luthers an Butzer mit, in dem stand: „Grüße mir Sturm und Calvin ehrerbietig; ich habe ihre Büchlein mit großem Vergnügen gelesen.“ Nun erinnere dich an das, was ich dort vom Abendmahl sage und bedenke Luthers Aufrichtigkeit. Leicht ists jetzt zu sehen, wie wenig Grund die haben, die sich so hartnäckig von ihm fernhalten. Philippus aber schrieb: „Luther und Pommer lassen Calvin und Sturm grüßen. Calvin ist sehr in Gunst gekommen.“ Ferner ließ Philippus durch den Boten erzählen, man habe, um Luther aufzuhetzen, ihm gezeigt, wie scharf er samt den Seinen von mir getadelt werde. Er habe also die Stelle näher angesehen und gemerkt, dass sie ohne Zweifel auf ihn gehe. Schließlich habe er gesagt: „Ich hoffe, er wird einmal besser von uns denken; es ist nur billig, dass wir von einem so tüchtigen Geist einmal etwas hinnehmen.“ Wenn uns nun solche Mäßigung nicht überwände, wir müssten wahrlich von Stein sein. Ich bin überwunden. So habe ich etwas geschrieben, das ihm Genugtuung leistet; das soll ins Vorwort zum Römerbrief eingerückt werden. Wenn du noch nicht gelesen hast, was Philippus über die Autorität der Kirche schreibt, so lies es, bitte. Du wirst ihn da viel mutiger sehen, als er in seinen andern Schriften schien. Capito, Butzer, Sturm, Hedio, Bedrot und Andere grüßen freundlich. Grüße auch alle Brüder, bitte, gar sehr.

Leb wohl, bester Bruder.

Straßburg, 20. November.
Dein Calvin.

[Die Anführungsstriche habe ich eingefügt, um den Brief lesbarer zu machen. Für ihre Korrektheit kann ich nicht garantieren.]

Gefunden habe ich den Brief auf der wunderbaren Seite von Andreas: www.glaubensstimme.de. Danke für diesen wertvollen Dienst, es lohnt sich!
http://theoblog.de/die-freundlichkeit-luthers/27349/