Unter Christen gibt es gewisse Streitthemen, die daher rühren, dass die Bibel gewisse Dinge nicht so umfassend und klar behandelt, wie wir es uns oftmals wünschen würden.
In diese Kategorie würde ich auch die Frage eines Lesers einordnen:
Ist es für Christen in Ordnung, Tattoos zu haben?
In meiner Vergangenheit habe ich mir diese Frage oft selber gestellt und es gab Momente, wo ich kurz davor war einen Tätowierer aufzusuchen – als bibeltreuer Sohn eines Pastors wohlgemerkt. Mittlerweile bin ich froh, dass ich es nicht getan habe.
Tattoos im Alten Testament
Meine liebe Mutter hatte immer etwas Sorge um ihren Sohn, da sie von meinem Wunsch eines Tattoos wusste und zitierte mir deshalb bei gegebenen Anlässen folgende Stellen:
Und einen Einschnitt wegen eines Toten sollt ihr an eurem Fleisch nicht machen; und geätzte [tätowierte] Schrift sollt ihr an euch nicht machen. Ich bin der HERR. Levitikus 19,28
Sie [die Priester] sollen keine Glatze auf ihrem Kopf scheren, und den Rand ihres Bartes sollen sie nicht abscheren, und an ihrem Fleische sollen sie keine Einschnitte machen. Levitikus 21,5
Ihr seid Kinder für den HERRN, euren Gott. Ihr dürft euch nicht wegen eines Toten Schnittwunden beibringen und euch nicht zwischen euren Augen kahl scheren. Denn ein heiliges Volk bist du dem HERRN, deinen Gott. Und dich hat der HERR erwählt, dass du ihm zum Volk seines Eigentums wirst aus allen Völkern, die auf dem Erdboden sind. Deuteronomium 14,1
Diese Stellen werden von vielen Christen herangezogen um aufzuzeigen, dass die Bibel gegen Tattoos ist.
Das Problem hierbei ist allerdings der Kontext. Denn die oben genannten Stellen machen deutlich, dass es sich bei diesen Einschnitten oder Ritzungen um religiöse Rituale handelte, etwa die Trauer um einen Toten. Solche heidnischen Bräuche sollten für das heilige Gottesvolk tabu sein.
Das die Nachbarvölker Israels solche Riten durchführten zeigt das Beispiel der Baals Propheten in 1.Könige 18,28:
Da riefen sie mit lauter Stimme und ritzten sich, wie es bei ihnen Brauch war, mit Messern und Spießen, bis das Blut an ihnen herabfloss.
Ein weiteres Problem, um hier ein Tattoo Verbot für Christen zu sehen ist dieses, dass unsere moderne Praxis des Tätowierens sich erheblich von der Art der Einritzungen des Alten Testamentes unterscheidet. Diese alten Rituale dürften sehr wenig mit der Tätowierkunst von heute gemeinsam haben. Die Ansicht, dass Gott den Israeliten den Gang zum Tätowierer im modernen Sinne verboten habe, finde ich schwierig anhand der oben genannten Stellen zu begründen.
Wenn jemand sich heute ein Tattoo machen lässt, dann steckt der Gedanke des Schmucks, der Körperkunst und nicht eine religiöse Praxis des alten vorderen Orients dahinter.
Ist Gott tätowiert?
An einer Stelle im Alten Testament benutzt Gott selber ein Bild, welches an eine Tätowierung erinnert. In Jesaja 49,16 sagt Gott:
Siehe, in meine beiden Handflächen habe ich dich eingezeichnet. Deine Mauern sind beständig vor mir.
Das hebräische Wort, welches hier mit eingezeichnet wiedergegeben wird, meint eingraben, einritzen, schreiben. Klingt doch verdächtig nach einem Tattoo, oder?
Natürlich ist diese Aussage nur ein Bild, durch welches Gott Seine ewige Treue zu Seinem Volk ausdrücken möchte. Dennoch wird hier das Einzeichnen und Einritzen in einem positiven Sinn gebraucht. Allein diesen Vers als positive Begründung für ein Tattoo zu nehmen ist allerdings auch sehr fraglich.
Meines Erachtens verbietet die Bibel moderne Tattoos nicht ausdrücklich – aber sie befürwortet sie auch nicht unbedingt.
Ein Tattoo gefährdet nicht mein Heil
Konservative Christen mögen das Heil an Äußerlichkeiten festmachen, wie etwa der Haarlänge, dem Gebrauch von Schmuck und eben Tattoos. Das wiederum ist eine falsche und gefährlich verdrehte Sicht vom Evangelium! Denn wir werden gerettet alleine aus Gnade und ein Tattoo wird diese Gnade nicht rückgängig machen (vgl. Römer 8).
Eine Frage der Weisheit und Reife im Glauben
Ob ein Christ sich ein Tattoo stechen lassen soll oder nicht, ist für mich viel mehr eine Frage der Weisheit und Reife im Glauben. Denn Paulus sagt uns Christen:
Ob ihr nun esst oder trinkt oder sonst etwas tut, tut alles zur Ehre Gottes! Seid unanstößig, sowohl für Juden als auch für Griechen als auch für die Gemeinde Gottes! 1.Korinther 10,31.32
In allen Entscheidungen – und ein Tattoo sollte gut überlegt werden – sollen wir uns die Frage stellen:
Ehre ich Gott mit dem, was ich tue?
Repräsentiere ich meinen Herrn in einer guten Art und Weise?
Als Christen sollen wir durch unser Aussehen und durch unser Verhalten keinen Anstoß bei anderen Menschen erregen. Wie sollen wir auch Menschen für Jesus gewinnen, wenn wir uns so benehmen, dass sie von uns abgestoßen werden?
Ich persönlich verurteile keine Christen für ihre Tattoos. Da die Bibel Tattoos nicht ganz eindeutig als Sünde deklariert, muss das jeder mit seinem Gewissen vereinbaren. Aber ich würde andererseits auch niemanden ermutigen, sich tätowieren zu lassen.
Der Heiligkeitscharakter des Bundesvolkes
Als Christen gehören wir zu Gottes erwähltem Bundesvolk und sollen damit die Heiligkeit unseres Gottes reflektieren.
Ihr seid Kinder für den HERRN, euren Gott. Ihr dürft euch nicht wegen eines Toten Schnittwunden beibringen und euch nicht zwischen euren Augen kahl scheren. Denn ein heiliges Volk bist du dem HERRN, deinen Gott. Und dich hat der HERR erwählt, dass du ihm zum Volk seines Eigentums wirst aus allen Völkern, die auf dem Erdboden sind. Deuteronomium 14,1
Das Prinzip der Unterscheidung von allen anderen Menschen gilt für uns gleichermaßen. Paulus sagt im Neuen Testament, dass wir als Christen dieser Welt nicht gleichförmig sein sollen (vgl. Römer 12,2). Tattoos werden immer beliebter und werden von der Gesellschaft immer mehr akzeptiert und damit normal.
Wäre es dann nicht eine super Gelegenheit sich nicht tätowieren zu lassen um noch deutlicher zu signalisieren, dass wir nicht nach den Maßstäben und Prinzipien dieser Welt leben und als Christen nicht jedem Trend hinterherlaufen, den die Welt gerade bejubelt?
John Piper sagte einmal: In 20 Jahren werden Tattoos kein Zeichen von persönlicher Freiheit, sondern von sozialer Anpassung sein!
Ich bin heute froh, dass ich mich nie habe tätowieren lassen. Denn Gott hat mich zum Dienst an Seinem Wort berufen und ein oder mehrere Tattoos sind dabei eher hinderlich als förderlich.
Falls jetzt der Einwand kommt, dass ein christliches Tattoo der Einstieg zu einem evangelistischen Gespräch sein kann, möchte ich folgendes anmerken:
Jesus sagte:
Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt. Johannes 13,35
Unsere Liebe soll uns als Nachfolger Jesu kennzeichnen – nicht unsere Tattoos!
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