Zum Thema Nachfolge gibt es dazu noch etwas zu sagen?

Sicher, wie es der alte Dr. Johnson, Samuel Johnson, gesagt hat: People need more often to be reminded that they need to be instructed. Wir müssen öfter an etwas erinnert als in etwas instruiert werden.
Nachfolge macht uns nicht zu Söhnen, sondern weil wir Söhne sind, werden wir zu Nachfolgern Jesu. Martin Luther.
Gerade je fortgeschrittener jemand in der Nachfolge ist, desto mehr wird er entdecken, dass er der Versöhnung und Gnade bedarf. Kierkegaard
Nichts kann einen so zum Nachfolger Christi machen wie die Sorge um den Nächsten. Johannes Chrysostomus
„Man kann nicht Nachfolger Jesu sein und dann ein frommer Einsiedler werden.“ Friedrich von Bodelschwingh
Jeder tritt allein in die Nachfolge, aber keiner bleibt allein in der Nachfolge. Bonhoeffer
„Nachfolger Jesu müssen Menschen der Barmherzigkeit sein, denn sie haben Barmherzigkeit gefunden und Barmherzigkeit hat sie gefunden.“ Charles Haddon Spurgeon
In der Nachfolge Jesu geht keine Anstrengung verloren, deshalb geh weiter! Corrie ten Boom

Vom Sturm der Entrüstung

… und was wir daraus lernen können
Minister, die Doktorarbeiten abschreiben, Bundespräsidenten, die sich Urlaub spendieren lassen, Manager, die Abgaswerte geschönt haben.
Außer den Kommentaren in der Presse und im Fernsehen fegt ein sog. „Shitstorm“ via Internet über die Betroffenen hinweg. Lt. Duden: „Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht“.
Was ist das Kennzeichen eines solchen „Shitstorms“? Er erreicht innerhalb von Minuten über Twitter und Facebook unzählige Menschen weltweit und die Wortwahl der Kommentare ist häufig unter der Gürtellinie.
Warum lösen die Verfehlungen einzelner, meist prominenter Mitmenschen solch einen Sturm der Entrüstung aus? Ist es wirklich unser Gerechtigkeitsempfinden oder sind die hämischen Äußerungen eher von Neid, Missgunst und Schadenfreude geprägt? Fühlen wir uns besser, wenn wir andere schlecht machen? Wie sollen wir mit Menschen umgehen, die nachweisbar gegen Gesetze verstoßen und gelogen und betrogen haben? Wie geht Jesus mit ihnen um?
Im Evangelium des Johannes, Kapitel 8, Verse 3 bis 11 können wir lesen, dass eine Frau von Rechtsgelehrten auf frischer Tat beim Ehebruch ertappt wurde. Nach damaligem Recht hätte sie die Todesstrafe durch Steinigung verdient. Und weil die Gelehrten testen wollten, ob Jesus, der sich ja Sohn Gottes nannte, sich auch in den Gesetzen der Bibel auskannte, brachten sie die Frau zu ihm in den Tempel. Ein Sturm der Entrüstung brach über sie herein!
Jesus sagte den entscheidenden Satz (Johannes 8, 7): „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie!“  Die Pharisäer zu der Zeit Jesu haben mit aller Kraft versucht die Gebote zu halten und vor Gott gut da zustehen. Doch auch ihnen war bewusst, dass es keine großen oder kleinen Sünden gibt – und dass auch sie, bei aller Rechtschaffenheit, nicht ohne Sünde sind. Darum zog sich einer nach dem anderen schweigend zurück bis Jesus mit der Ehebrecherin alleine war.
Und was tat er, der als Sohn Gottes als einziger sündlos war? Er fragt die Frau: „Hat Dich niemand verurteilt?“ Sie antwortete: „Niemand, Herr!“ Jesus sprach zu ihr: „So verurteile ich Dich auch nicht. Geh hin und sündige hinfort nicht mehr!“
Der Frau wurde das Leben noch ein Mal geschenkt. Diese Barmherzigkeit Jesu  ist das Entscheidente.

Jörg Lauster: Die Verzauberung der Welt

Der Marburger systematische Theologe Jörg Lauster hat das Wagnis unternommen, auf knapp 700 Seiten eine Kulturgeschichte des Christentums zu erzählen.
Der Titel „Verzauberung der Welt“ führt etwas in die Irre, geht es nicht vielmehr um eine „Entzauberung der Welt“ durch das Christentum? Auch der Untertitel weckt falsche Erwartungen – es handelt sich ausschließlich um eine Kulturgeschichte des abendländischen Christentums mit einem deutschen Schwerpunkt. In elf Kapiteln erzählt Lauster die Kulturgeschichte des Christentums, in der Gliederung dabei durchaus konventionell.
Auf ca. 70 Seiten wird die Geschichte der Anfänge bis zur konstantinischen Wende eher knapp behandelt. Die Geschichte des Christentums beginnt mit dem Auferstehungsglauben, der sich auch historisch aufzeigen lässt. Die erstaunlich schnelle, aber geografisch sehr unterschiedliche Ausbreitung des Christentums wird kurz gestreift.
Der italienischen Renaissance widmet Lauster ein umfangreiches Kapitel, das ihn als Kenner und Liebhaber dieser Epoche ausweist. Im Verhältnis dazu wird die Reformation, die er mit Recht als „die Reformationen“ interpretiert, außerordentlich knapp und mit deutlicher Distanz behandelt, was angesichts einer etwas ausufernden Reformationsdekade zwar verständlich ist, aber nicht ganz angemessen erscheint. Einige seiner Urteile fordern zum Widerspruch heraus. Kann man Luthers Abendmahlslehre einfach „traditionell“ nennen? Auch Städte wie Zürich oder die Reichsstädte, auf die er leider nicht eingeht, haben Obrigkeiten, die wie die Fürsten bei der Durchsetzung der Reformation eine wichtige Rolle spielen. Bei Lausters Erzählung der Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts findet man immer wieder faszinierende Einzelbeobachtungen wie z.B. über die Entstehung des Romans aus dem Geist des Pietismus. Aber die Darstellung hat im Ganzen etwas Zufälliges. Es handelt sich eher um durchaus hochinteressante Essays. Was Lauster nach Kosellek als „Sattelzeit“ (ca. 1770-1830) behandelt, ist dabei kenntnisreich und nicht selten originell. Die Kulturgeschichte des Christentums wird hier fast zu einer allgemeinen europäischen Kulturgeschichte mit einem deutlichen Schwerpunkt in Deutschland. Angesichts vieler interessanter Entdeckungen gerät der Zusammenhang etwas aus dem Blick. Karl Barths Äußerungen über Mozart kann man originell finden, über Mozart sagen sie eigentlich nichts. Gelungen ist dagegen die als Säkularisierungsprozess gedeutete Loslösung der Kirchenmusik aus ihrem bisherigen liturgischen Rahmen. Ein glänzend geschriebenes Buch, das viele Entdeckungen bereithält, aber immer wieder auch zur Diskussion und manchmal zum Widerspruch reizt. Hanns Christof Brennecke Der gesamte Artikel ist auf der  Internetseite http://www.sehepunkte.de/2015/07/26427.html

Als Wir Noch Gott Fürchteten

„Was waren das noch für Zeiten, als wir Deutsche Gott fürchteten, aber sonst nichts auf der Welt! Die Angst vor dem Herrn haben wir ja inzwischen weitgehend überwunden, doch jetzt fürchten wir uns vor ziemlich allem anderen: dass die Welt zu warm wird (rein meteorologisch gesehen) und sozial zu kalt, dass die Griechen an unsere Sparbücher herankommen und dass Horst Seehofer doch noch Bundeskanzler wird. Am meisten aber fürchten wir uns immer noch vor uns selbst.“ Berthold Kohler, FAZ.

Gott abzuschaffen, ist niemals der Weg ins echte Leben. Ihn nicht zu lieben, fürchten und anzubeten, bringt uns nur dazu, dass wir von der Liebe, Furcht und Anbetung von allen anderen Dingen versklavt werden. Bei Christus aber ist eine bleibende Freiheit (Joh 8: 32; Gal 5:1).http://www.mehrerekanonen.blogspot.de/2016/04/als-wir-noch-gott-furchteten.html

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Buchvorstellung – Das Leben und das Schreiben von Stephen King

Zugegeben – ich bin kein Freund von Horror-Literatur und kann daher mit den meisten Romanen von Stephen King wenig anfangen. Bisher habe ich drei Romane von ihm gelesen. Das erste Buch war „The Green Mile“, an den zweiten Titel kann ich mich nicht mehr erinnern und das dritte hieß „Das Mädchen“. King schreibt gut, dass muss man ihm lassen. Ansonsten wäre er heute nicht dort angelangt, wo er wäre (und wo jeder Schriftsteller gerne einst hinkommen würde).Doch selbst wer niemals „Es“ und „Carrie“ lesen möchte, sollte mindestens ein Buch von Stephen King gelesen haben – Das Leben und das Schreiben.
Dieses Buch ist halb Autobiografie, halb Schreibratgeber. Stephen King schildert darin seinen literarischen Weg und die Arbeitsweise, mit der er an Romane herangeht.
King gibt zum Teil dieselben Ratschläge wie andere Schreibratgeber auch. Vor allem, das erste Gebot: Wer gut schreiben will, muss viel lesen.

Anregende Zitate aus dem Buch

Wenn sie Schriftsteller werden wollen, müssen Sie vor allem zweierlei tun: viel lesen und viel schreiben. Um diese beiden Dinge kommen Sie nicht herum, nicht daß ich wüsste. Da gibt´s keine Abkürzung. S.159

Von jedem Buch, dass man in die Hand nimmt, kann man etwas lernen, und oft sind es die schlechten Bücher, die mehr lehren als die guten. S.160

Was könnte ermutigender sein für einen von Selbstzweifeln geplagten Autor, als festzustellen, daß seine Arbeit fraglos besser ist als das Werk eines anderen, der sogar Geld dafür bekommen hat? S.161

Trotzdem bin ich der Meinung, daß die erste Fassung eines Buches, auch eines langen, nicht länger als drei Monate dauern sollte, so lange wie eine Jahreszeit. S.169

Wenn ich nach dem Geheimnis meines Erfolgs gefragt werde […] nenne ich meistens zwei: Gesundheit (wenigstens bis zum Sommer 1999, als mich ein Lieferwagen am Straßenrand überfuhr) und eine intakte Ehe. Die Antwort ist gut, weil die Frage damit vom Tisch und sie durchaus etwas Wahres enthält. Die Kombination von gesunder Physis und einer stabilen Beziehung zu einer selbstsicheren Frau, die sich weder von mir noch von anderen etwas vormachen läßt, hat mein regelmäßiges Arbeiten überhaupt erst möglich gemacht. Auch der Umkehrschluß trifft zu: Das Schreiben und mein Vergnügen daran haben zur geringen Anfälligkeit von Körper und Ehe beigetragen. S.170

Die meisten können es [gemeint ist schreiben] am besten an einem ganz persönlichen Platz. Solange Sie noch keinen haben, wird es Ihnen sehr schwerfallen, den Entschluß, Schriftsteller zu werden, ernsthaft in die Tat umzusetzen. S.171

Unser Job hat nichts mit Quija-Brettern oder Geistern zu tun, sondern ist genauso eine Arbeit wie Rohre verlegen oder Lkw fahren. S.173

Natürlich kennt sich John Grihsam mit Anwälten aus. Auch Sie haben ein Spezialgebiet, das Sie einzigartig macht. Versuchen Sie es! Erzählen Sie, was Sie wissen! S.179
Der gesamte Text ist unter folgenden Link zu finden
http://www.andreas-muench.com/buchvorstellung-das-leben-und-das-schreiben-von-stephen-king/

Digitale Geheimnisse?

Schon wieder sind sensible Informationen aus den Weiten des Cyberspace an die Öffentlichkeit gelangt. Die sogenannten „Panama Papers“ lassen jetzt alle nervös werden, die anonyme Briefkastenfirmen in exotischen Steuerparadiesen besitzen und darüber undurchsichtige Geschäfte abgewickelt haben. Ich jedenfalls gehöre nicht zu den rund 1000 Deutschen die in der Vergangenheit die Dienste der Kanzlei „Mossack Fonseca“ in Anspruch genommen haben, um ihre Geldflüsse zu verschleiern. Der Besitz einer solchen Offshore-Firma ist zumeist nicht strafbar. Die meisten der von Politikern, Geschäftsleuten, Sportlern und anderen Prominenten betriebenen Briefkastenfirmen aber wickeln keine wirklichen Geschäfte ab.
Zuallererst dienen die Scheinfirmen dazu, Gelder zu anonymisieren, Steuerbehörden oder anderen Ermittlungseinrichtungen den Durchblick bei den eigenen Finanzen zu erschweren. Man überweist Gelder hin und her, bevorzugt in Länder, die keine Auskunft über den Kontoinhaber erteilen. Am Ende, so hofft man, weiß niemand mehr wem welches Geld gehört und woher es stammt. So kann man zweifelhafte Geldgeber ebenso verschleiern wie steuerfreie Zusatzeinkommen. Wer zu seinen Zahlungen steht, benutzt nur selten die Dienste teurer Briefkastenfirmen im Nirgendwo. Bei aller Empörung über diejenigen, die solche Offshore-Firmen betrieben haben, sollte man aber auch nie vergessen, dass diese Informationen durch Datendiebstahl an die Öffentlichkeit gelangt sind. Und das ist eigentlich auch ein Verbrechen. Würden auf dieselbe Weise beispielsweise private Kontodaten geklaut, würden sich auch viele Normalverdienende zurecht aufregen.
Jedem Internetnutzer sollte wieder einmal klar geworden sein, dass es absolute Sicherheit oder Anonymität nicht gibt. Wahrscheinlich noch weit mehr als zu Stasi- Zeiten ist heute jeder Mensch überprüfbar und überwachbar. Da fast alles über den Computer läuft, kann ziemlich schnell jedes Geheimnis an die Öffentlichkeit gelangen. Da manche Information aber ohne den entsprechenden Hintergrund schnell missverstanden oder missbraucht werden kann, und da manche Informationen eben aus gutem Grund nur für wenige Augen und Ohren gedacht sind, wird das Leben zukünftig immer unsicherer. Immer leichter wird es, unliebsame Personen unter Druck zu setzen – mit echten oder falschen Enthüllungen.
Wirklich gefährlich wird es da, wo auf dieselbe Weise wie jetzt Informationen abgeschöpft werden auch Desinformation produziert und auf anderen Rechnern deponiert werden kann. Ohne unüberwindliche Hürden könnten Strafvergehen auf Polizeidatenbanken erfunden werden oder fiktive Emails auf privaten Computern, um diese Personen später öffentlich bloßzustellen.
In jedem Fall ermutigt der jetzt erst beginnende Skandal um die „Panama- Papers“ Christen, ehrlich und authentisch zu leben. Ein wie auch immer geartetes Doppelleben kann, wie hier deutlich wird, sehr schnell auffliegen. Und eigentlich werden Christen von Jesus ja auch aufgefordert: „Euer Ja sei ein Ja und euer Nein ein Nein! Alles, was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen.“ (Matthäus 5, 37) Wer danach strebt kann ruhiger schlafen, auch in Zeiten offengelegter Scheinfirmen und Steuermogelleien.
https://www.facebook.com/michael.kotsch.9/posts/738286866311094

Das zwölfte Gebot

Manchmal haben Anekdoten eine Kraft in sich, weil sie den Sinn fürs Skurrile ansprechen. Natürlich muss ich sehr vorsichtig sein, denn es handelt sich um eine Art Tradition der Väter, dass es falsch ist, am Sonntag zu lachen. Das elfte Gebot lautet, dass wir einander lieben sollen, und sodann, folgt man einigen Leuten, lautet das zwölfte Gebot: „Ihr sollt am Sonntag ein langes Gesicht machen.“
Ich muss gestehen, dass ich die Leute lieber lachen höre, als dass ich sie im Hause Gottes schlafen sehe; und ich würde lieber die Wahrheit in sie hineinbekommen und mich des Lachens bedienen, als dass ich die Wahrheit vernachlässige… Ich glaube in meinem Herzen, dass Lachen genauso heilig ist wie Weinen, und dass, manchmal, das Lachen das bessere von beiden ist, denn ich mag weinen und raunen und murren und alle möglichen bitteren Gedanken gegen Gott hegen, während ich andererseits ein sarkastisches Lachen gegen die Sünde von mir geben kann und so einen heiligen Ernst bei der Verteidigung der Wahrheit bekunde.
Ich weiß nicht, warum Hohn dem Satan als Waffe gegen uns überlassen werden soll und wir sie nicht als Waffe gegen ihn wenden sollen. Ich will wagen zu behaupten, dass wir der Reformation einen Sinn für das Lächerliche in der menschlichen Natur wie auch alles andere verdanken, und dass diese humorigen Glossen und Karikaturen, die von den Freunden Luthers veröffentlicht wurden, mehr dazu beitrugen, die Augen der Deutschen für den Gräuel der Priesterschaft zu öffnen als die äußerst gründlichen und schwerfälligeren Argumente gegen die römische Kirche. Ich kenne keinen Grund, warum wir nicht auch bei passenden Gelegenheiten versuchen sollten, den gleichen Stil der Argumentation anzuwenden. „Es ist eine gefährliche Waffe“, wird man sagen, „und die Leute werden sich in den Finger schneiden.“ Nun, das ist ihre eigene Sicht; aber ich weiß nicht, warum wir uns so sehr darum kümmern sollten, dass sie sich in den Finger schneiden können, wenn sie zugleich der Sünde die Kehle durchschneiden und dem großen Feind der Seelen großen Schaden zufügen können.
Spurgeon, C. H. (2009). Lectures to my Students, Vol. 3: The Art of Illustration; Addresses Delivered to the students of the Pastors‘ College, Metropolitan Tabernacle (43–44). Bellingham, WA: Logos Research Systems, Inc.

Glaube als Verdrängung?

Georg Huntemann geht in Angriff auf die Moderne der Frage nach, ob der Mensch, wie Freud behauptet hat, das Glück auch ohne Umweg über den Glauben finden kann (1966, S. 55–56):
Auf die Frage, ob die Religion dem Menschen irgendwie nützlich sein könnte, antwortet Freud: »Wenn der Gläubige sich endlich genötigt findet, von Gottes unerforschlichem Ratschluss zu reden, so gesteht er damit ein, daß ihm als letzte Trostmöglichkeit und Lustquelle im Leiden nur die bedingungslose Unterwerfung übrig geblieben ist. Und wenn er zu dieser bereit ist, hätte er sich wahrscheinlich den Umweg ersparen können.« Es stellen sich einige herausfordernde Fragen: Ist man nur »religiös«, weil man mit dem Leben nicht fertig wird? Sind nur diejenigen Christen, die sich in ihrem Leben nicht durchsetzen können?
Viele Schüler Freuds (sie bestimmen insbesondere in Amerika die psychologische Forschung) meinen: Die Triebe und Wünsche des Menschen müssen erfüllt werden. Wir müssen ihn locken und reizen, daß er seine Wünsche nicht unterdrückt. Der Mensch ist ein Triebwesen. Erfüllt ihm seine Wünsche, und die Religion wird überflüssig. Ist die Religion nicht schon überflüssig geworden, weil wir heute viel unbefangener unsere Wünsche aussprechen und erfüllen als in der »gläubigen«, letzten Endes »gehemmten« Welt unserer Väter und Großväter? Unsere Hobbys, unsere Reisen, unsere sexuellen Befriedigungen, die vielen Dinge auf dem Konsummarkt — die zunehmende Befreiung von der Qual der Arbeit — ist das alles nicht viel handfester als die letztlich ungedeckten Versprechungen der Religion? Haben wir nicht das Glück heute erfunden?
In vollem Ernst meinen viele Psychologen, den Menschen dadurch glücklich machen zu können, daß sie die Welt in einen riesigen Spielplatz für Erwachsene verwandeln und das Leben zu einem einzigen Vergnügen, in dem immer wieder neue Freuden ersonnen, geplant und geliefert werden.
Als Freud um die Jahrhundertwende seine Entdeckungen über die menschliche Seele verkündete, war man zunächst erschüttert. Man dachte, der Mensch sei ein moralisches und geistiges Wesen, das von Ideen, aber nicht von Trieben geleitet würde. Diese »Erschütterung« ist heute längst abgekühlt. Sie war eigentlich auch unberechtigt. In einem gewissen Sinne hatte Freud ja recht.
Die Bibel weiß seit je, daß der Mensch von der Gier nach Welt überfallen wird. Der Apostel Paulus gebraucht den Ausdruck »Fleisch«, wenn er die Zügellosigkeit der Weltverkrampfung meint. Stand nicht auf den ersten Seiten der Bibel, daß der Mensch – wissend geworden – sterben muß, daß Kain seinen Bruder Abel erschlägt, daß neben der Gier nach Leben die Lust am Zerstören und Morden steht?
In diesem Punkt aber unterscheiden wir uns von Freud und seinen Schülern: Die Kräfte der Seele können nicht wie die Wasser eines Stauwerkes manipuliert werden. Man kann dem Menschen keine restlose Triebbefriedigung »verschaffen«. Man würde ihn dadurdi audi nidit glücklich machen können. Im Gegenteil: Wenn der Mensch alles bekommt, wonach er giert, dann hat er gar nichts mehr. Es ist noch etwas anderes in der Seele des Menschen. Es ist ein Verlangen, das die Welt nicht befriedigen kann, weil es über die Welt hinausgeht.
http://theoblog.de/glaube-als-verdraengung/27450/#comments

Glaube und Gehirn

Dass religiöse Menschen sich seit einigen Jahren aus einer ganz bestimmten weltanschaulichen Ecke pausenlos anhören müssen, sie seien dumm, irrational, ja: wahnsinnig (kurz: “Religioten”) und gehörten eigentlich in die Geschlossene (so wie in der guten alten Sowjetunion), ist das eine. Nun das andere: Die Zeitschrift Focus summiert die Erträge einer Studie der Case Western Reserve University (Cleveland, Ohio) wie folgt: “Wer an Gott glaubt, verwendet mehr Hirnzellen für Mitgefühl als für analytisches Denken. Das Gehirn von Atheisten arbeitet genau andersherum. Dadurch sind sie intelligenter, aber auch kaltherziger. Diese Eigenschaften definieren auch Psychopathen.”
Das können diejenigen, die sich angesprochen fühlen, natürlich nicht auf sich sitzen lassen und beschweren sich beim Presserat über den Focus, denn: “Die dramaturgische Gegenüberstellung des Atheisten mit ‘Psychopathen’ ist provozierend geeignet, die Weltanschauung einer bestimmten Personengruppe zu schmähen” (Humanistischer Pressedienst). Hier wäre nun zu fragen, wer diese “Gegenüberstellung” auf welcher Grundlage und mit welchen Motiven vornimmt: Bereits die Autoren der Studie (aufgrund der Ergebnisse) oder erst die Journalisten beim Focus (um Atheisten zu schmähen)? Geben diese die Quelle richtig wieder, rekonstruieren sie das Studienresultat korrekt? Das müsste man jetzt prüfen, so als Presserat.
Ich darf mir das sparen, denn erstens ist jetzt Wochenende und zweitens denke ich, ein solches Urteil kann in der allgemeinen Diktion nur falsch sein. Es kommt immer auf den Einzelnen an. “Wer an Gott glaubt” ist ebenso wenig eine sinnvolle wissenschaftliche Kategorie wie “das Gehirn von Atheisten”. Beides gibt es nicht im suggerierten Singular. Jeder kennt wohl Beispiele kaltherziger Katholiken, egoistischer Evangelikaler und scharfsinniger Juden, kennt Moslems ohne Mitleid, Atheisten mit Anstand und hochempathische Heiden. Und wenn nicht, wird es Zeit, sie kennenzulernen. Oder auch nicht. Und der Unglaube allein sorgt nicht notwendig für überragende Intelligenz. Umgekehrt auch nicht.
So wenig ich von Pauschalurteilen in die eine oder die andere Richtung halte und so sehr ich eine differenzierte Analyse von Studienergebnissen (einschließlich einer standesgemäßen methodologischen Kritik) schätze, so wichtig finde ich es, einmal festzuhalten, wie dünnhäutig bestimmte Menschen reagieren, wenn unvorteilhafte Zuschreibungen, deren Vornahme zur Diffamierung des weltanschaulichen Gegners sie üblicherweise applaudieren, sich plötzlich einmal gegen sie selbst richten. Wer sich erst dann empört, wenn er selbst von unsachlichen Zuspitzungen betroffen ist, darf sich nicht wundern, damit ganz unfreiwillig als sprechender Beleg für die Ohio-Focus-These zu gelten. Denn wer sich erst dann schlecht fühlt, wenn er selbst Opfer einer wilden Pathologisierung wurde, kann nicht gleichzeitig beanspruchen, über ein hohes Maß an Mit-Gefühl zu verfügen.
Die Frage, wer hier eigentlich das pathologisch relevante Hirn aufweist, sollte jedenfalls nicht allzu voreilig beantwortet werden. Vielleicht sollte man sich mit einer Antwort insgesamt und allgemein zurückhalten. Das ist die Lehre – für alle. Für die netten Gotteswahnsinnigen und die eiskalten Intelligenzbestien. Auch kein schlechtes Ergebnis einer US-amerikanischen Studie und ihrer deutschen Rezeption.  (Josef Bordat) https://jobo72.wordpress.com/2016/04/01/glaube-und-gehirn