J A H R E S W E C H S E L

Zu Silvester hört man mitunter den Wunsch: Komm gut hinüber! Ab Neujahr kann man der Frage begegnen: Biste gut rübergekommen? Das ist nicht nur eine oberflächliche Redensart. Dahinter steht viel mehr. Es geht um eine wichtige Grenze. Dem anderen wünsche ich, dass er gut über die Grenze des Jahreswechsels kommt.
Aus dem Übergang von einem zum anderen Jahr wurde leider an vielen Stellen ein alkoholisierter Karneval mit Knallerei. Ich beobachte: Die einen feiern ausgelassen ins neue Jahr hinein. Andere gehen 22:00 Uhr gleichgültig oder mürrisch mit Ohropax zu Bett. Sind das verpasste Chancen? Kann es sein, dass diejenigen, die sich wegsaufen ihre heimlichen Ängste verdrängen wollen? Kann es sein, dass die Gleichgültigen und Mürrischen vor der Angst kapituliert haben? Die Angst: Ich schaffe es nicht, aus dem neuen Jahr etwas Gescheites zu machen? Die Angst, ungeliebte Dinge könnten im neuen Jahr plötzlich auftauchen: eine Krankheit, die Arbeitslosigkeit oder böser Streit in der Familie. Die Angst, dass ich das kommende Jahr nicht überlebe.
Gott will jedenfalls auch auf der Schwelle zwischen den Jahren den Menschen Gutes tun und seine Hilfe für das neue Jahr schenken. Er kann mit seiner linken Hand alles schenken, was einen Menschen am Leben erhält. Mit seiner rechen Hand will er jedoch die Menschen in seiner Nähe halten. Ein Jahr gelingt nämlich nur dann, wenn ich in seiner Nähe bin. Ein Tag ist nur dann erfüllt, wenn ich mit Gott lebe.
Wohltuend ist es, wenn ein Mensch zum Jahreswechsel beten kann: Der du die Zeit in Händen hast, Herr, nimm auch dieses Jahres Last und wandle sie in Segen. Lutz Scheufler

Wissen und Leben sind Wahrheit

„Im christlichen Glauben, Wissen und Leben sind Wahrheit und Existenz von Natur aus verbunden. Die Wahrheit, die in Gottes Offenbarung gegeben wird, übertrifft offensichtlich die Fähigkeit des Menschen, zu Wissen, steht aber nicht gegen die menschliche Vernunft. Es dringt eher durch, erhebt es und appelliert an die Verantwortung aller. „(Joseph Ratzinger, „Die Grabrede des Gewissens. “ Die Wahrheit stellt das Herz in Frage. „)
Joseph Aloisius Ratzinger Papst em. Benedikt XVI

Zum Tod von Papst Benedikt: Ein Leben im Dienst am Evangelium

Papst em. Benedikt XVI. ist tot. Er verstarb am 31. Dezember im Alter von 95 Jahren im Vatikan. Ein Nachruf von Prof. Christoph Raedel.
Katholiken in aller Welt betrauern den Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. Geboren im bayrischen Marktl in der Osternacht des Jahres 1927, entstammte Joseph Ratzinger, so sein bürgerlicher Name, einfachen Verhältnissen. Das Studium der Theologie und Philosophie führt ihn zunächst nach Freising, dann nach München. 1951 empfängt er die Priesterweihe, zwei Jahre später wird er zum Doktor der Theologie promoviert.
Der junge Theologe bringt es zu akademischem und kirchlichem Ansehen, wenn auch seine Karriere nicht ohne Hindernisse verläuft. Gleichwohl finden wir ihn 1966 auf dem Lehrstuhl für Katholische Dogmatik in Tübingen, ab 1969 an der Universität Regensburg. Das Zweite Vatikanische Konzil erlebt Ratzinger als Berater von Kardinal Frings. 1977 wird er zum Erzbischof von München und Freising ernannt, 1981 ruft ihn Papst Johannes Paul II. an die Spitze der Glaubenskongregation nach Rom. 2005 wird Ratzinger, schon im vierten Wahlgang, zum Oberhaupt der Katholischen Kirche gekürt.
In seiner Predigt zur Amtseinführung sagt Benedikt XVI. unter anderem: „Betet für mich, dass ich nicht furchtsam vor den Wölfen fliehe.“ Der neu gewählte Papst sieht in Kirche und Gesellschaft die Zeichen der Zeit nicht auf Konsens, sondern auf Konflikt gestellt. Er rechnet mit Widerspruch – und bekommt ihn.
Wofür evangelische Christen dankbar sein können
Vielen Beobachtern gilt Papst Benedikt XVI. als „Betonkopf“, als eisenharter Bewahrer der überlieferten katholischen Lehre. Er selbst sieht sich Zeit seines Lebens als Hirte des Gottesvolkes und Zeuge für die Wahrheit des Evangeliums von Jesus Christus.
Wofür können evangelische Christen im Blick auf das Leben und Wirken Joseph Ratzingers dankbar sein, eingedenk dessen, dass es zwischen den evangelischen Kirchen und der römisch-katholischen Kirche weiterhin tiefgreifende Lehrdifferenzen gibt? Drei Punkte möchte ich in dankbarer Anerkennung nennen:
Es ging Ratzinger um Jesus Christus
Dem Theologen und Christen Ratzinger ging es um die Person des menschgewordenen Gottessohnes, um Jesus Christus. Die drei Bände seines Buches „Jesus von Nazareth“ führen ins Herz des christlichen Glaubens.
Der Papst zeigte sich überzeugt: Jesus Christus will, „dass wir ihm glauben. Dass wir uns von Ihm führen lassen. Dass wir mit Ihm leben. Und so immer mehr Ihm ähnlich werden.“ Der Jesus, zu dem sich Ratzinger in seinem Werk bekennt, ist nicht die blutleere Gestalt moderner theologischer Entwürfe, sondern der leiblich auferstandene Herr, der das Volk Gottes der Vollendung entgegenführt.
Gründliche Arbeit am Bibeltext und leidenschaftliche Liebe zum Herrn der Kirche verschmelzen bei Ratzinger auf ergreifende Art zur theologischen Meditation der biblischen Botschaft.
Ohne Gott verliert der Mensch Mitte und Maß
Dem verstorbenen Papst ging es zweitens um die Wahrheit der menschlichen Person. Denn wo nicht mehr nach Gott gefragt wird, verliert der Mensch Mitte und Maß seines Handelns. Daran erinnerte Papst Benedikt 2011 die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, als er in seiner Rede die allgemein anerkannte Bedeutung der Ökologie ansprach, um dann fortzufahren: „Es gibt auch eine Ökologie des Menschen. Auch der Mensch hat eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren kann.“
Wenn der Mensch nicht mehr um seine Natur bzw. Bestimmung weiß, wird er zum Gefangenen hochentwickelter Technologien. Seine Unfreiheit: nicht mehr Nein sagen zu können zu deren Anwendung. Die Freiheit des Menschen besteht gerade darin, etwas sein zu lassen, also Grenzen anzuerkennen.
Für die christlichen Kirchen gründet in dieser Einsicht auch der Auftrag, sich für den Schutz des menschlichen Lebens in jedem Lebensstadium einzusetzen.
Gegen „Diktatur des Relativismus“
Schließlich hat der Theologe Ratzinger sich entschieden der „Diktatur des Relativismus“ entgegenstellt. Scharfsichtig vermochte er zu erkennen, dass die Relativierung der Wahrheit nicht zur Befriedigung gesellschaftlicher (und theologischer) Konflikte führt, sondern zur Aufrichtung neuer freiheitsfeindlicher Totalitätsansprüche.
2010 stellt er in einem Interview fest: „Dass im Namen der Toleranz die Toleranz abgeschafft wird, ist eine wirkliche Bedrohung, vor der wir stehen.“
Das Ausmaß dieser Entwicklung, die Freiheit und den Frieden gefährdet, steht uns heute deutlicher vor Augen als noch vor zehn Jahren. Ausgrenzung erfährt, wer sich der Absolutsetzung des Relativismus widersetzt. Fast die Hälfte der deutschen Bevölkerung gibt 2022 an, sich öffentlich nicht frei äußern zu können.
Über Ratzingers Werk steht ein Vers aus dem Johannesevangelium
Überblickt man Joseph Ratzingers Werk, dann könnte man es als Kommentierung eines einzigen Bibelwortes verstehen: „Die Wahrheit wird euch frei machen“ (Johannes 8,32b). Dieser Verheißung müssen sich auch die christlichen Kirchen unterstellen.
Der emeritierte Papst wusste, dass die Wahrheit, die in Jesus Christus Mensch geworden ist, am glaubwürdigsten durch eine „entweltlichte“, das heißt ihrer staatlichen Privilegien entledigte Kirche bezeugt wird. Auch darin weist sein theologisches Denken über sein Leben hinaus.
Evangelische Christen müssen nicht römisch-katholisch werden, um anerkennen zu können, dass Joseph Ratzinger sein Leben in den Dienst am Evangelium gestellt hat.
Wir glauben ihn heimgegangen zu dem Herrn, auf den er im Leben und Sterben vertraut hat.
Prof. Christoph Raedel ist Professor für Systematische Theologie an der Freien Theologischen Hochschule (FTH) Gießen und Vorsitzender des Arbeitskreises für evangelikale Theologie. 2013 erschien von ihm als Herausgeber der Band „Mitarbeiter der Wahrheit“ – Christuszeugnis und Relativismuskritik bei Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. aus evangelischer Sicht“ (Brunnen/ Edition Ruprecht).
https://www.idea.de/artikel/zum-tod-von-papst-benedikt-ein-leben-im-dienst-am-evangelium?fbclid=IwAR2U__kumNFrElGVvWkyS18ynHWEWischH3SClGAVPbi2_LLqyrR4VCB6Pg

Wahrsager irrten 2022

Roboter übernehmen die Herrschaft der Welt, der russische Präsident Wladimir Putin zieht sich aus der Politik zurück und Zombies überfallen friedliche Städte. Auf Schloss Neuschwanstein bricht ein verheerendes Feuer aus und Ex- Präsident Trump lässt sich scheiden. All das wurde für 2022 vorhergesagt. Eingetroffen davon ist allerdings nichts.
In einigen wenigen Fragen lagen Astrologen und Zukunftsdeuter für 2022 durchaus richtig. Allerdings war das dann auch absehbar oder wurde schon seit Jahren immer wieder angekündigt; wie der Tod von Königin Elisabeth II. Und irgendwann musste die uralte Monarchin ja auch einmal sterben. Wer das also seit ihrem 80jährigen Geburtstag regelmäßig prognostizierte, der hatte nach vielen Fehlschlägen jetzt endlich Recht. Ein Nachweis für seherische Fähigkeiten aber sind solche Prognosen nicht. Auch die vagen Andeutungen auf einen Krieg zwischen Russland und der Ukraine kann man wohl keinen übernatürlichen Fähigkeiten zuschreiben. Immerhin gab es schon seit Jahren entsprechende Drohungen und heftige Kämpfe in der Ostukraine. Die stellenweise geäußerten Hinweise auf eine erhöhte Inflation waren nach den wirtschaftlichen Problemen währen der Corona- Zeit und der damit verbundenen Verschuldung des Staates durchaus naheliegend.
Katastrophenprognosen gehören eigentlich jedes Jahr zum Repertoire medialer Zukunftsdeuter. Da immer irgendwelche spektakulären Naturkatastrophen, Firmenzusammenbrüche und Kriege passieren, besteht eine relativ große Chance mit seinen Aussagen irgendwie etwas Passendes zu treffen. Erdbeben, Vulkanausbrüche, Terroranschläge, das alles hat es natürlich auch 2022 gegeben, allerdings nicht in dem Umfang, wie es von bekannten Zukunftsdeutern vorhergesagt worden war. Ein kanadisches Medium hatte für mehr als 150 Orte schwere Erdbeben vorausgesagt; darunter fast alle amerikanischen Bundesstaaten, Dänemark, die Ukraine, Großbritannien und viele Gebiete, die regelmäßig von Erdbeben betroffen sind. Die meisten dieser prognostizierten Katastrophen sind glücklicherweise ausgeblieben.
Eine als vorgeblich „sichere Prophetie“ vorhergesagte Belagerung von Paris, ein Massensterben in Indien, das Auftreten von Riesenkaninchen, die eine Stadt angreifen und der Tod des  nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un sind nicht eingetreten, wie wir heute wissen.
Niemand hatte für 2022 hingegen vorhergesagt, dass Ex-Tennisstar Boris Becker zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird. Niemand prognostizierte den drei Monate andauernden Ausbruch des Vulkan Cumbre Vieja auf den Kanarischen Inseln oder die Ermordung von 19 Schulkinder bei einem Amoklauf in Uvalde / Texas. Keiner sagte korrekt die Kandidaten der Nobelpreise voraus oder das frühe Ausscheiden der Deutschen bei der Fußball- Weltmeisterschaft. Ebenso unerwähnt blieb die Pleite der weltweit drittgrößten Börse für Kryptowährungen im November 2022.
Trotz aller Fehlschläge blüht der Markt für scheinbar zuverlässige Informationen aus der Zukunft noch immer. Es wäre halt auch wirklich phantastisch, würde man die Zukunft kennen und bei Bedarf natürlich verändern können. Das würde die Neugierde befriedigen, aber auch die Möglichkeit geben, sich auf besondere Herausforderungen des nächsten Jahres besser und vor allem rechtzeitig einstellen zu können. Man könnte andere warnen, wobei die Zukunftsprognose dann natürlich nicht mehr eintreffen würde. Man könnte auch gute Geschäfte machen, wenn man schon im Voraus wüsste, welche Produkte in der Zukunft gebraucht oder beliebt sein werden. Politiker könnten punkten indem sie frühzeitig Themen aufgreifen, die sich dann als ganz besonders relevant herausstellen. Das ganze würde natürlich nur funktionieren, wenn nicht alle über die gleichen Informationen verfügen. Sonst bieten am Ende alle dieselben Produkte an oder sprechen über dieselben Themen.
Auch für das Jahr 2023 gibt es natürlich schon wieder einige „absolut sichere“ Vorhersagen. Wie schon immer dominieren bei den allgemeinen, nicht ganz persönlichen Vorhersagen die negativen Prognosen. Für sich selbst möchte man gerne hören, dass alles gut geht. In der übrigen Welt aber reizt das Gruseln zumeist mehr als der normale Alltag. So wundert es kaum, dass auch 2023 wieder einmal der ultimative Krieg ausbrechen soll, unabsehbare Auswirkungen der Klimaerwärmung zu erwarten sind und die nächste Wirtschaftskrise ins Haus steht. Wenn man die gegenwärtigen Trends und Entwicklungen mit etwas Phantasie in die Zukunft verlängert, dann müssen sich manche Prognosen geradezu erfüllen. Kriege, Korruption und Wirtschaftskrisen gab es halt schon immer und wird es wohl auch immer geben, solange die Welt läuft wie sie läuft. Natürlich werden 2023 auch einige bekannte Persönlichkeiten sterben, zumeist die älteren, bedrohten oder besonders risikoreich lebenden.
Nostradamus- Experten sagen für 2023 eine große, zwei Jahrzehnte andauernde Wirtschaftskrise voraus und den Ausbruch des dritten Weltkriegs. Viele Menschen würden dann erst nach Jahren wieder ihre Bunker verlassen können. Die meisten Teile Frankreichs werden zwar in den künftigen Krieg einbezogen, nicht aber erobert. Vor diesem Hintergrund soll es 2023 in den größten Teilen Europas zu einem mehrjährigen Stromausfall kommen. Die Nahrungsmittel werden dann so knapp, dass sich die Menschen gegenseitig verspeisen werden. Im Anschluss wird, so die Vorhersagen, eine komplett neue Weltordnung aufgerichtet, um ähnliche Katastrophen künftig zu verhindern. Alle bisherigen Regierungen und Staaten werden aufgelöst. Außerdem soll es nach Nostradamus 2023 in Westeuropa mindestens einen großen Terroranschlag geben. 2023 sollen Menschen auch auf dem Mars landen. Die Klimaerwärmung soll 2023 erschreckende Formen annehmen. Das Wasser des Schwarzen Meeres soll dabei fast zum Sieden kommen und dadurch alle Fische töten. Ein weltweiter Kampf der Armen gegen die Reichen soll 2023 seinen Anfang nehmen. 2023 soll ein neuer, letzter Papst sein Amt antreten. Die meisten Astrologen und Zukunftsseher bleiben mit ihren Prognosen wohlweislich aber eher im Allgemeinen. Sie kündigen an, was derzeit als wahrscheinlich gilt und was sie in ähnlicher Weise schon seit Jahren ankündigen.
Im Gegensatz zu den meisten Zukunftssehern, die heute von sich reden machen, wurden im Leben von Jesus Christus ziemlich viele, detaillierte Vorhersagen erfüllt. Wenn man die Evangelien mit der Lebensgeschichte Jesu liest, dann stößt man immer wieder auf Aussagen, die jüdische Propheten Jahrhunderte vorher getroffen hatten, weil Gott ihnen diese Information mitgeteilt hatte. Da finden sich Hinweise zur Geburt Jesu ebenso wie über seine Predigten und Heilungen, sein Sterben und Auferstehen. Diese biblischen Vorhersagen sind weitaus zuverlässiger als die jedes Jahr zu hörenden Prognosen für die nahe Zukunft. Wenn diese Aussagen der Bibel über Jesus aber stimmen, dann wahrscheinlich auch die über das eigene Leben. Demnach überlebt die Seele den Tod des Körpers. Aber nur derjenige, dessen Schuld von Gott vergeben wurde, wird dann auch in der Ewigkeit mit Gott zusammenleben können.
Jesus spricht: „Ich habe euch das alles gesagt, damit ihr in meinem Frieden geborgen seid. In der Welt habt ihr Angst. Aber verliert nicht den Mut! Ich habe die Welt besiegt!“ (Joh 16, 33)
Denen, die mit ihm leben wollen verspricht Jesus: „Seid gewiss: Ich bin jeden Tag bei euch bis zum Ende der Welt!“ (Mt 28, 20) (von Michael Kotsch)
https://xuvu7p.podcaster.de/2022/12/29/wahrsager-irrten-2022/

Gott nach unserem Bild

Luke Stannard schreibt in seinem Aufsatz „Gott nach unserem Bild“ über den Open Theism (Glauben und Denken heute, Nr. 30, 2/2022, S. 16–27):

Der Offene Theismus hat es mit einem grundlegenden Problem zu tun, das tiefer geht als die bloße Darbietung einer alternativen Sichtweise von Gottes Charakter. Ungeachtet gegenteiliger Beteuerungen präsentieren die Anhänger des Offenen Theismus kein Bild von Gott, das dem Zeugnis der Heiligen Schrift besser entspräche. Vielmehr verbirgt sich hinter der Fassade eines Wesens, das liebevoller und sympathischer ist, eine radikal andere Sicht von Gott. Der Schaden, der dadurch angerichtet wird, ist sehr ernst, weil er so subtil ist. Was so ansprechend klingt und so logisch erscheint, verdeckt ein größeres Problem – nämlich dass ein neues Bild von Gott entworfen wird, das den Menschen als Ausgangspunkt nimmt. Das Ergebnis ist eine Figur, die eine idealisierte Version des Geschöpfes ist, ein Schöpfer, der erschaffen wurde, und ein Gott, der nichts anderes ist als ein vergöttlichter Mensch. Dies zeigt nicht nur einen schwerwiegenden Mangel des Offenen Theismus auf, sondern beinhaltet auch zahlreiche Konsequenzen für unsere Werke und Gemeinden.
Der vollständige Aufsatz kann hier heruntergeladen werden: OT_LS.pdf.
https://theoblog.de/gott-nach-unserem-bild/38958/


Nichts ist leichter als ein Vaterunser zu beten

Vom mittelalterlichen Theologen Bernhard von Clairvaux wird erzählt, er sei bei einer Visitationsreise mit einem Bauern ins Gespräch über das Beten gekommen und dabei habe Bernhard geklagt, wie schwer doch das Beten sei. Als der Bauer ihm widersprach und behauptete, nichts sei leichter als ein Vaterunser zu beten, habe der Theologe ihm versprochen, ihm solle sein Pferd gehören, wenn es ihm gelinge, das Vaterunser ohne einen abirrenden Nebengedanken zu beten. Daraufhin sei der Bauer ein Stück zur Seite gegangen, um still das Vaterunser zu sprechen. Kurz darauf sei er aufgeschreckt und habe Bernhard gestanden, kaum habe er begonnen, da sei ihm die Frage gekommen, ob er zum Pferd wohl auch das Zaumzeug dazu bekäme.

Durch Den Heiligen Geist

Durch den Heiligen Geist kannst du Jesus in 21 Jahrhundert in deinem Wohnzimmer besser sehen und kennen, als die Aposteln ihn in 1 Jahrhundert in ihrem Obergemach sehen und kennen konnten.  Lewis Roderick
Wieso Glaube Ich?
„Ich glaube, dass ich nicht… aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann, sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten…“ (M. Luther, Erklärung zum 3. Glaubensartikel im Kleinen Katechismus)
Keine Tropfen In Uns
„Sonderlich von himmlischen Leben haben wir keine Tropfen in uns, wenn es nicht der Heilige Geist einflößt, der in Christus seinen Sitz aufgeschlagen hat, damit von ihm aus aller himmlische Reichtum, dessen wir so bedürftig sind, reichlich auf uns flöße.“ Johannes Calvin
Gottes Geist wirkt den Glauben
Der Heilige Geist wirkt den Glauben. Wenn ein Mensch das Evangelium von Jesus Christus hört und dies für ihn nicht eine Botschaft neben anderen ist, sondern die frohe Botschaft, dann hat das der Heilige Geist gewirkt. Er öffnet Menschen für den Glauben: „Ohne den Heiligen Geist ist das Evangelium Jesu Christi weit weg von mir, ist so etwas wie ein tiefer Graben zwischen ihm und mir, historisch und sachlich. Ohne den Heiligen Geist geht es mir nach dem Spruch Goethes: ‚Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube …‘“ (Eberhard Busch).
„Der Geist der Verheißung“
„Das Werk des Heiligen Geistes ist das letzte, das vollendende, das eschatologische Werk Gottes“ (Eberhard Busch).
Keine Zimmerlinde
„Der Heilige Geist ist keine Zimmerlinde, vielmehr vergleicht die Schrift ihn mit dem Winde.“ (Kurt Marti 2000).
Reserviert für Gott
Den Geist Gottes nennt alte christliche Tradition den Heiligen Geist. „Heilig“ heißt: „reserviert für Gott“ (Eberhard Busch).


Bullinger: Es droht ein hartes Gericht

Heinrich Bullinger schreibt über die Missachtung göttlicher Gerichtsandrohungen (Schriften II, 2006, S. 21): 
Wir lesen im Evangelium, dass unser Herr Jesus Christus beredt gegen sein Volk vorgebracht bat [Mt 12,41f.]: »Die Männer von Ninive werden im Gericht gegen dieses Geschlecht auftreten und es verurteilen; denn sie taten Buße auf die Predigt des Jona hin, und siehe, hier ist mehr als Jona. Die Königin aus dem Süden wird im Gericht gegen dieses Geschlecht auftreten und es verurteilen, kam sie doch von den Enden der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören, und siehe, hier ist mehr als Salomos.« Und während wir diese Urteile unseres Erlösers durchaus kennen, schätzen sie doch nur wenige von uns mit gläubiger Einsicht richtig ein und erkennen, was für ein hartes Gericht unserer Zeit droht. Denn obwohl es unzählige Beispiele der Vorfahren gibt, die zur Verteidigung des Gesetzes unseres Gottes hätten anspornen können, werden alle diese Beispiele von uns missachtet, und wir verfaulen entweder in tiefstem Müßiggang oder geben uns ganz Lappalien, nichtigen Streitereien und unserer Neugierde hin. Indes wird das Wort Gottes bekämpft, gefangen gesetzt und äußerst schändlich behandelt.
https://theoblog.de/bullinger-es-droht-ein-hartes-gericht/38979/

„Mein Herr und Gott“

Die Bibel selbst nennt Christus an vielen Stellen direkt und ausdrücklich „Gott“ (Röm.9:5; 1.Joh.5:20, Joh.1:18; Tit.2:13). Sogar das Alte Testament kündigt Christus mit dem Titel „starker Gott“ (Jes. 9:5) Schon der Kirchenvater Irenäus stellte fest, dass die Apostel niemand Jesus Gott genannt hätten, ohne zugleich sofort eine falsche Interpretation auszuschließen. Vor allem da der Apostel Thomas selbst Christus als „Mein Herr und Gott“ anredet (Joh. 20:30)!

Orpheus, Odysseus und die Sirenen

Der antike griechische Poet Homer erzählt in seiner Odyssee die Geschichte der Sirenen. Die Sirenen waren Fabelwesen, eine Mischung aus Mensch, Fisch und Vogel, die vor allem eines kennzeichnete: Ihr Gesang war betörend. So betörend, dass die Sirenen, die auf einer Insel beheimatet waren, ihn zu einem bösartigen Schachzug einsetzten: Sie lockten damit vorbeifahrende Seefahrer an und machten sie so zu ihrer Beute. Sie sangen so bezaubernd schön, dass niemand, der das hörte, widerstehen konnte. Und so waren alle Seeleute, die auf ihrer Reise in die Nähe der Sirenen-Insel mussten, der List der Sängerinnen schutzlos ausgeliefert. Viele tapfere Männer und heldenhafte Krieger waren überzeugt, die ersten zu sein, die dem Gesang widerstehen konnten. Doch nie schaffte es ein Schiff an der Insel vorbei. Homer schreibt im XII. Buch: “Wenn jemand unvorsichtigerweise zu nahe herankommt und den Gesang der Sirenen hört, werden ihn seine Frau und seine Kinder nie wieder zu Hause begrüßen, denn sie sitzen auf einer grünen Wiese und trällern ihn mit der Süße ihres Gesangs zu Tode.
Schaurig. Doch griechische Mythologie wäre nicht griechische Mythologie, wenn es nicht doch einen Helden gäbe, der stärker wäre als die bösen Fabelwesen. In dieser Geschichte gibt es gleich zwei davon. Zum einen ist da Odysseus. Glauben wir Homer, so war Odysseus besessen davon, den verlockenden Gesang der Sirenen zu hören und dem Drang widerstehen zu können, die Insel anzusteuern. Um das zu schaffen, befragte er die Zauberin Kirke, die ihm riet, die Ohren seiner Gefährten auf dem Schiff mit Wachs zu verschließen. Er selbst solle sich von seinen Männern an den Mast binden lassen. Gesagt, getan. Odysseus machte sich auf den Weg und hielt sich an den Rat der Kirke. Als sie in die Nähe der Insel kamen, begannen die Sirenen bald, ihre betörenden Lieder zu singen. Es kam, wie es zu erwarten war: Odysseus, ganz außer sich, versuchte, sich loszureißen. Doch die Matrosen, die wegen des Wachses nichts hören konnten, hielten sich an ihre Anweisung und zerrten die Riemen, die Odysseus hielten, noch fester zu, bis sie es an der Insel vorbei und außer Hörweite geschafft hatten.
Orpheus, der gemeinsam mit den Argonauten losfuhr, um den unwiderstehlichen Klängen zu widerstehen, entschied sich, anders an die Sache heranzugehen. Er hielt nichts davon, sich festzubinden. Apollonius von Rhodos erzählt, dass Orpheus ein begnadeter Sänger war, dessen Gesang noch schöner war als der der Sirenen. Und so begann er, als die Insel in Sichtweite war, zu singen. Die Argonauten und alle Seefahrer auf dem Schiff hörten ihm so gebannt zu, dass sie alles um sich herum vergaßen. Den Wind, die Wellen, das Gewitter. Und vor allem nahmen sie die Lieder der Sirenen nicht wahr, weil sie etwas viel besseres direkt bei sich hatten: Die wunderschöne Stimme von Orpheus, der keine bösen Intentionen hegte, sondern für die Rettung und den Schutz seiner Männer sang.
Ich finde, dass diese Sage ein großartiges Bild dafür ist, wie wir Christen Versuchungen widerstehen können. Ich frage mich, ob wir es nicht ganz oft versuchen wie Odysseus. Wir widerstehen krampfhaft, beißen auf die Zähne – und schaffen es womöglich, irgendwie frei zu werden. Vielleicht sind wir erfolgreich bei unserem Versuch, an der Insel der Sünde vorbeizufahren. Unsere Methode mag bisweilen funktionieren. Wir stopfen unsere Ohren zu, verbinden uns die Augen – und wir schaffen es, den Begierden zu entfliehen. Irgendwie. Aber ist es nicht so, dass diese Art, unseren Lüsten zu entfliehen, selbst wenn sie erfolgreich ist, nichts als reinen Moralismus darstellt? Wir reden uns ein, stark genug zu sein. Wir sind aktiv. Wir siegen. Wir sind gute Seefahrer, auf die Gott stolz sein muss.
Aber genau das scheint Jesus in Matthäus 12, 43-45 zu beschreiben: “Wenn aber der unreine Geist von dem Menschen ausgefahren ist, so durchzieht er wasserlose Stätten und sucht Ruhe und findet sie nicht. Dann spricht er: Ich will in mein Haus zurückkehren, aus dem ich gegangen bin. Und wenn er kommt, findet er es leer, gesäubert und geschmückt. Dann geht er hin und nimmt sieben andere Geister mit sich, die bösartiger sind als er; und sie ziehen ein und wohnen dort, und es wird zuletzt mit diesem Menschen schlimmer als zuerst. So wird es auch sein mit diesem bösen Geschlecht!” Was ist das Problem des Hausbesitzers? Sollten wir uns nicht mitfreuen, wenn jemand frei wird? Wenn jemandes Herz sauber, ausgekehrt und geschmückt ist?
Das Problem ist, dass es leer ist. Wir neigen so schnell dazu, uns der Leere zu erfreuen. Wir sind in der Lage, eine Sünde zu lassen und einer Versuchung zu widerstehen und freuen uns an unserer sauberen Moral. Wie Odysseus. Aber Jesus zeigt uns mit eindringlichen Worten, dass unsere Sicherheit sehr wacklig ist. Die Leere, die wir für etwas Gutes halten, wird schnell anderweitig gefüllt – und es wird zuletzt mit diesem Menschen schlimmer als zuerst.
Wenn Jesus zu uns sagt, dass wir ihm nachfolgen sollen, dann heißt das nicht, dass er uns an einen Mast bindet und uns die stürmischen Weltmeere voller Versuchung, Sünde und Tod durchfahren lässt. Sein Ziel ist nicht, auf alles in dieser Welt zu zeigen und zu sagen: Das kriegst du nicht, weil du den Weg mit mir gewählt hast. Selbst schuld! Sein Ziel ist es nicht, uns für unser Streben nach Glück zu bestrafen und dieses zu einem schmerzhaften Stachel in der Brust zu machen, das wir nur durch festes Auf-die-Zähne-Beißen überstehen können.
Ja, das Schiff ist real. Versuchungen und Sünde sind real. Unser Streben nach Erfüllung und Glück ist real. Aber Nachfolge bedeutet, dass Jesus wie Orpheus den Menschen an Bord etwas viel Besseres bietet als das, was es draußen gibt. Er ist so schön, seine Worte der Liebe sind so tief, dass wir nichts anderes wahrnehmen, wenn wir bereit sind, uns von ihm füllen zu lassen. Evangelium ist nicht Absenz, sondern Existenz. Evangelium wird nicht durch Leere erlebt, sondern durch Fülle. Evangelium bedeutet nicht einfach, von etwas wegzusehen, sondern auf jemanden zu schauen: Jesus, in dem wir Überfluss und wahres Glück finden.
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