Die letzte Epiphanie

„Ich hatte dies Land in mein Herz genommen.
Ich habe ihm Boten um Boten gesandt.
In vielen Gestalten bin ich gekommen.
Ihr habt mich in keiner erkannt.
Ich klopfte bei Nacht ein bleicher Hebräer,
ein Flüchtling, gejagt, mit zerrissenen Schuhn.
Ihr riefet dem Schergen, ihr winktet dem Späher
und meintet noch Gott einen Dienst zu tun.
Ich kam als zitternde geistgeschwächte Greisin
mit stummem Angstgeschrei.
Ihr aber spracht von Zukunftsgeschlechte
und nur meine Asche gabt ihr frei.
Verwaister Knabe auf östlichen Flächen
ich fiel euch zu Füßen und flehte um Brot.
Ihr aber scheutet ein künftiges Rächen
ihr zucktet die Achseln und gabt mir den Tod.
Ich kam als Gefangner, als Tagelöhner“
verschleppt und verkauft, von der Peitsche zerfetzt.
Ihr wandtet den Blick von dem struppigen Fröhner.
Nun komm ich als Richter. Erkennt ihr mich jetzt?“
Werner Bergengruen 1944

Schutzengel?

„Ob übrigens den einzelnen Gläubigen einzelne Engel zu ihrem Schutz zugeteilt sind, das möchte ich nicht sicher zu behaupten wagen. Gewiß: wenn Daniel einen Engel der Perser und einen Engel der Griechen nennt (Dan. 10,13.20; 12,1), so zeigt er damit an, daß für Königreiche und Gebiete bestimmte Engel gewissermaßen als Vorsteher eingesetzt sind. Auch wenn Christus sagt, die Engel der Kindlein schauten allezeit das Angesicht des Vaters (Matth. 18,10), so deutet er damit an, daß gewissen Engeln ihr Wohl anvertraut sei. Aber ich weiß doch nicht, ob man daraus folgern darf, ein jeder habe seinen eigenen Engel. Jedenfalls ist das sicher, daß sich nicht etwa bloß ein Engel um jeden von uns kümmert, sondern daß sie alle einmütig über unser Heil wachen!
Denn über alle Engel zusammen wird gesagt, daß sie sich mehr freuen über einen Sünder, der Buße tut, als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen (Luk. 15,7). Von mehreren Engeln wird auch gesagt, daß sie die Seele des Lazarus in Abrahams Schoß trugen (Luk. 16,22). Und nicht ohne Grund zeigt Elisa seinem Diener so viele feurige Wagen, die für ihn besonders bestimmt waren (2. Kön. 6,17). Es gibt nun eine Stelle, die dies (nämlich, daß es „Schutzengel“ gebe) klarer zu beweisen scheint als andere. Nämlich, als Petrus nach seiner Befreiung aus dem Gefängnis an die Tür des Hauses klopfte, in dem die Brüder versammelt waren, da sagten sie, weil sie ja nicht ahnen konnten, daß er es sei, es sei „sein Engel“ (Apg. 12,15). Dies scheint ihnen in den Sinn gekommen zu sein nach der allgemeinen Anschauung, den einzelnen Gläubigen seien ihre Engel zum Schutz zugeordnet. Freilich kann man darauf erwidern, daß darunter auch jedweder Engel verstanden werden kann, dem der Herr damals den Schutz des Petrus aufgetragen hatte, ohne daß er deshalb sein steter Hüter gewesen sein müßte, wie man sich gewöhnlich vorstellt, als ob jedem Menschen zwei Engel, ein guter und ein böser, gleich wie Genien zugeteilt wären!“ (Institutio I,14,7)
http://www.reformiert-info.de/2374-0-105-21.html

Das Privileg der Adoption

„Was ist ein Christ? Man kann diese Frage verschieden beantworten, aber die Antwort, die am meisten aussagt, ist: ein Christ ist jemand, der Gott zum Vater hat. (…)
Die Rechtfertigung ist nicht der höchste Segen des Evangeliums. Die Annahme als Kinder ist ungleich höher, denn sie bedingt eine wesentlich höhere Beziehung zu Gott. (…) Rechtfertigung ist eigentlich ein juristischer Terminus, von Gesetzen abgeleitet, wobei Gott Richter ist. Im Zusammenhang mit der Rechtfertigung erklärt Gott bußfertigen Gläubigen, dass sie nicht mehr und nie mehr dem durch Sünde verdienten Tod anheimfallen werden, weil Jesus Christus, ihr Fürsprecher und Opfer, an ihrer Stelle am Kreuz den Tod gekostet hat. Diese Gabe der Tilgung und des Friedens, deren Kosten auf Golgotha getragen wurden, ist wunderbar genug, wirklich. Aber sie schließt keineswegs eine tiefe und unmittelbare Beziehung zu dem Richtergott ein. Wenn man rein theoretisch überlegt, wäre Rechtfertigung auch ohne ein näheres Verhältnis zu Gott denkbar.
Mit der Annahme als Kind dagegen ist das anders. Dem liegt der Gedanke einer familiären Beziehung zugrunde, mit Liebe und mit Gott als Vater. Durch die Adoption nimmt uns Gott in seine Familie und seine Umgebung auf. Er erklärt uns zu seinen Kindern und Erben. Nähe, Zuneigung und Großmut sind Kern dieser Beziehung. Mit Gott dem Richter ins reine zu kommen, ist sicher sehr viel. Von Gott, dem Vater, geliebt und umsorgt zu werden aber, ist viel mehr.“ J I Packer, Gott Erkennen. Aus dem Kapitel „Kinder Gottes.“
http://mehrerekanonen.blogspot.de/2015/10/das-privileg-der-adoption.html

Gefühl

Die gewohnt sind, mit dem Gefühl zu urteilen, begreifen nichts von dem, was nur der Verstand erkennt, denn sie wollen gleich mit einem Blick alles durchdringen und sind nicht daran gewöhnt, die Prinzipien zu suchen. Die anderen dagegen, die daran gewöhnt sind, nach Prinzipien zu denken, begreifen nichts von dem, was nur das Gefühl erfaßt und sind nicht imstande, etwas mit einem Blick zu erfassen. Blaise Pascal

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Christen kämpfen für Familie und gegen die Kollektivierung unseres Daseins

Grundsatz christlicher Ethik ist der Primat der Familie vor dem Staat. …
Alter war für die Gesellschaft keine Last, sondern ein wichtiger Schatz von Lebenserfahrungen, Lebensweisheit und Gotteserfahrung. All das konnte nur durch das Alter weitergegeben werden. Die Familie ertrug die Alten in Ehrfurcht bis zu ihrem Tod. Heute sind alte Menschen zumeist mehr oder weniger hilflose Geschöpfe. Sie gehören zur ‚Versorgung Altfälle‘. In Pflegeheimen können sie zum Abfall der Gesellschaft werden. Es ist erschütternd zu sehen, wie aus selbständigen und selbstbewussten Leuten, die verantwortungsvolle Positionen in ihrem Leben wahrgenommen haben, ängstliche, psychisch und physisch verkrüppelte Kreaturen werden, die zumeist noch um Taschengeld bitten müssen, weil ihr Vermögen, ihre Rente oder Pension durch Pflege draufgeht und sie – mit Psychopharmaka vollgepumpt – nur noch müde und kapitulationsbereit dahinvegetieren. … Dass man in Alterspflegeheimen schneller stribt, dass bei den mit Psychopharmaka, Herzmitteln und anderen Medikamenten reichlich versehenen und mit Kathedern ans Bette verkabelten Zimmergefangenen der Lebesnwille relativ schnell erlischt, versteht sich von selbst …
Rächt sich nun, dass Familien entfunktionalisiert wurden, dass die ganz natürliche Konsequenz der Kinderkrippe die Alterskrippe ist, weil Leben, das in die Familie gehört, von Anfang bis zum Ende kollektiver Betreuung übertragen wurde, um Platz für Emanzipation und Selbstverwirklichung zu schaffen? Haben wir, die wir alle einmal alt werden, dafür nicht einmal einen zu hohen Preis zu bezahlen, wenn 90 % aller Menschen, die in diesem Lande zu 90 % in Heimen und Krankenhäusern sterben müssen, eben lieber zu Hause, möglichst gar in der Familie, die letzten Tage ihres Lebens verbringen möchten?
Wir erinnern uns: Nicht Fernsten-, sondern Nächstenliebe ist gefragt. … Dass es mehr Kinderkrippen und Alterheime, vor allem Alterspflegeheime geben müsse, ist heutzutage eine Forderung, der kein Mensch zu widersprechen wagt, weil sie anscheinend den Wert eines Dogmas für alle Ewigkeit hat. Aber warum sollen Kinder nicht in der Familie erzogen werden, Frauen ihrem Beruf als Hausfrau und Mutter leben? Warum sollen und können alte Menschen nicht zu Hause gepflegt werden? Warum können nicht mehr Generationen im Erfahrungsaustausch von Lebensweisheiten in einem Haus zusammenleben? Welchen Gewinn bringt diese Art von Freiheit? Leidet unsere Gegenwart nicht unter ‚unbehausten‘ Menschen, der seine Unbehaustheit nur noch mit Drogen ertragen kann? Sind unsere aus den Familien herausdemontierten Jugendlichen wirklich die glücklichsten Menschen aller Zeitalter?
Human leben wir nur, wenn wir das Ganze unseres Lebens sehen, die Einheit unseres Lebens als Kindheit, Jugendzeit, aber eben auch als Alter und Ende des Lebens. Wer human, christlich, barhmherzig, aber auch vernünftig leben will, inder er an sein eigenes Alter denkt, der wird die ‚Alterspflege‘ als ein Politikum ersten Grades mit Vehemenz unterstützen.
Wer gegen die Familie ist, ist gegen das Leben.
Georg Huntemann. Gottes Gebot oder Chaos – was bringt Europas Zukunft? Der politische Auftrag des Christen in der sogenannten Wendezeit. VLM: Liebenzell, 1992. (140-143)

Zitat der Woche: Christen kämpfen für Familie und gegen die Kollektivierung unseres Daseins

Egozentrische Frömmigkeit

“Der moderne Christ neigt dazu, die Befriedigung zu seiner Religion zu erheben. Man macht sich viel mehr Gedanken über die eigene Selbstverwirklichung als darüber, Gott zu gefallen. […] Nun ist aber dieses Mit-sich-selbst-beschäftigt-Sein, wie sehr es in seiner Gesinnung auch religiös sein mag, der Gegensatz von Heiligung. Heiligkeit bedeutet Frömmigkeit, und Frömmigkeit wurzelt in der Ausrichtung des Lebens auf Gott; und jene, die meinen, daß Gott zu ihrem Nutzen existiert, statt zu erkennen, daß vielmehr sie selbst zu seinem Lob geschaffen wurden, sind gewiß nicht als Heilige zu bezeichnen. Ihre Haltung muß ganz anders beschrieben werden. Es ist eine gott-lose Form der Gottesfurcht, bei der das Ich im Mittelpunkt steht.” James I. Packer“Auf den Spuren des Heiligen Geistes”

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Stell dir vor, du öffnest deine Türe morgen für Flüchtlinge

„Stellt euch vor, ihr besitzt am Stadtrand einen schönen Schrebergarten. Mit viel Liebe und Mühe habt ihr die Beete neu gestaltet, einen Weg mit Platten gelegt, Blumen gezogen, ein neues Gartenhaus mit Cheminee selber gebaut, bequem ausgestattet und sogar einen kleinen Startplatz für eure Drohne eingerichtet. Das Wochenende verbringt ihr oft in diesem kleinen Paradies. Ihr sitzt an eurem Lieblingsplatz in eurem Lieblingsstuhl. Vor euch steht ein Glas Wein, ausgewählt aus dem kleinen „Weinkeller“ des Häuschens. Was wäre euch das wichtigste Anliegen?“
Mit diesem Vergleich begann eine angeregte Diskussion in der Familie. Wir überlegten uns, was sich bei uns ändern würde, wenn wir Flüchtlinge bei uns aufnehmen würden.
1. Es könnte sein, dass Gott uns Europäer aus der Komfortzone unserer selbstgebauten Paradiese treiben wird. Die Götzen Ruhe (ich will nicht gestört werden) und Wohlstand (die Paradiese werden immer mehr ausgebaut) haben uns träge und unempfindlich für die Not anderer gemacht.
2. Die Veränderung ist umso müheloser zu bewerkstelligen, je mehr wir schon losgelassen haben. Zum Beispiel: Wohnungseinrichtung, Urlaub, Ausgang, teure Kleider. Wir merkten, dass uns der „einfache Lebensstil“, den wir seit Jahren als Grossfamilie leben, in der Zukunft entgegen kommen wird. Jeder überlegte sich, was am schwierigsten wäre loszulassen.
3. Am schwersten würde uns wohl die Umstellung im Tagesablauf ankommen. „Ich will im Lernen nicht gestört werden.“ „Und wie ist es mit der Ruhe am Abend, wenn ich erschöpft bin?“ Die privaten Rückzugszonen wären nochmals spärlicher und müssten gut geplant und eisern eingehalten werden.
4. Es braucht Verständigung. Es wurde uns bewusst, wie wichtig das Erlernen von Fremdsprachen ist. In Französisch und Englisch wären wir wahrscheinlich schon genügend sattelfest. Und wie wäre es erst, wenn wir im Gegenzug zum Beispiel Arabisch lernen würden?
5. Ohne das übernatürliche Wirken des Heiligen Geistes sind wir verloren. Mit unserem Latein sind wir schnell am Ende. Er hilft uns damit umzugehen, wenn traumatisierte Menschen in der gleichen Wohnung leben und nachts schreien oder das Bett nässen. Wenn wir versuchen, zusammen Gottes Wort zu lesen, braucht es sein Eingreifen, damit die Worte auf zubereiteten „Boden“ fallen.
6. Es geht nicht ohne tragende Gemeinschaft in der Ortsgemeinde. Wir bräuchten eine solidarische Gemeinschaft von Singles und Familien, Älteren und Jüngeren, Handwerkern und Bürolisten, Menschen mit der Gabe des Evangelisten und des Hirten. Alle Hände wären gefragt.
7. Alle müssten mithelfen. Kochen, putzen, nähen, einkaufen: Alle diese Tätigkeiten könnten wir nicht alleine erbringen, sondern wären Gemeinschaftswerk.
8. Es bräuchte verbindliche Regeln. Ohne Abmachungen, an die sich alle halten, wäre das tägliche Leben erschwert. Es bräuchte eine elastisch-feste Tagesstruktur und Gefässe für Aussprache.
9. Wir würden uns vernetzen: Wir würden Bücher über Flüchtlinge lesen, andere Menschen mit Erfahrung interviewen, schwierige Situationen besprechen und Rat einholen. Damit können wir schon jetzt beginnen.
10. Was nicht ist, kann (wird) werden. Die Beschäftigung mit diesem Szenario hat uns als Familie gut getan. Nicht nur das: Wir beteten zum Schluss viel konkreter – für die Menschen, die in unsere Länder kommen und für einen Aufbruch bei und in uns selbst.
Anhang: Die Bibel ist ein Buch, das voll ist von Geschichten über Immigration und Flucht

Kolumnne: Stell dir vor, du öffnest deine Türe morgen für Flüchtlinge

Frieden haben heisst sich getragen zu wissen, sich geliebt zu wissen

„Frieden haben heisst sich getragen zu wissen, sich geliebt zu wissen, sich behütet zu wissen, heisst still, ganz still werden können, mit einem Menschen Frieden haben heisst auf seine Treue unerschütterlich bauen können, heisst sich mit ihm eins wissen, sich von ihm vergeben wissen.
Frieden haben heisst eine Heimat haben in der Unruhe der Welt, heisst festen Boden unter den Füssen haben, da mag nun die Welle branden und toben, sie können mir meinen Frieden nicht mehr rauben, mein Friede hat mich frei gemacht von der Welt, stark gemacht gegen die Welt, reif gemacht für die andere Welt. Dass wir aber solchen Frieden mit Gott haben sollen, dass ist seine Sache, die über alles menschliche Begreifen über alle Vernunft geht.“
(Dietrich Bonhoeffer, zitiert aus: Mystik für Christen, ein Jahreslesebuch, Gütersloher Verlag. Lesung zum 19. Sept.)

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