Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera freigesprochen

Eine wichtige Botschaft: Der Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera wurde vom Vorwurf der Homosexuellen-Beleidigung freigesprochen. Ich hätte ja nicht erwartet, mich einmal über den Erfolg von Ulrich Kutschera herzlich zu freuen. Hier ist das aber der Fall. Seine Kritik des Adoptionsrechts im Rahmen der „Ehe für alle“ (Efa) ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Die FAZ schreibt:

Der Kasseler Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera ist endgültig vom Vorwurf freigesprochen, er habe Homosexuelle beleidigt. Wie das Frankfurter Oberlandesgericht am Dienstag mitteilte, hat es die Revision der Staatsanwaltschaft Kassel gegen den Freispruch des Kasseler Landgerichts für Kutschera verworfen. Der frühere Professor der Uni Kassel hatte sich 2017 auf dem Onlineportal kath.net zur „Ehe für alle“ und einem möglichen Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare geäußert … Das Landgericht habe zutreffend geurteilt, dass Kutscheras Aussagen nicht auf die persönliche Ehre Einzelner durchschlügen und von der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Auch könnten im Fall des Interviews die wertenden Bestandteile nicht von Tatsachenbehauptungen getrennt werden, ohne dass der Sinn von Kutscheras Worten verfälscht werde.

Mehr: https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/biologe-vom-vorwurf-der-beleidigung-homosexueller-freigesprochen-17840285.html?premium=0x74ea2b5ea9d64657a3ce30d6dc1f183b&GEPC=s9

Wort Lust

Die Lust an Gott und seiner Schönheit entfacht sich in der Lust an seinem Wort, das seine Schönheit ausstrahlt. Die Bibel fasziniert mit literarischer Exzellenz. Sie transportiert aber mehr als textliche Schönheit, sondern auch Gottes Schönheit selbst.

Die Bibel hat eine anerkannte literarische Exzellenz. Ein ausgewiesener Experte dafür ist Leland Ryken. Er schreibt:

Gott hat Schönheit nicht nur in die erschaffene Welt gelegt, er hat sie auch bei der Beaufsichtigung der Komposition der Bibel nicht vernachlässigt. Die literarischen Teile der Bibel sind gesättigt mit Kunst. Auf diese zu achten und auszuführen ist ein wichtiger Teil des literarischen Zugangs zur Bibel. Dies zu tun, kann eine neue Dimension und Ebene des Genusses zu unserer Lektüre und unserem Studium der Bibel hinzufügen. (Leland Ryken, eigene Übersetzung)

Gott ist ein ausgewiesener Meisterkünstler, und die Bibel deshalb ein Kunstwerk. Der Hintergrund dafür ist darin zu finden, dass etwas von Gottes Wesen, welches schön ist, sich auf die Bibel überträgt. Diverse Bibelstellen sprechen von einer Art Wesensverbundenheit zwischen Gott und seinem Wort, der Bibel. Diese Bibelstelle gefällt mir besonders gut:

Denn keine dieser prophetischen Aussagen ist je durch den Willen eines Menschen hervorgebracht worden. Sondern durch die Einwirkung des heiligen Gottesgeistes wurden Menschen bewegt und sprachen Dinge aus, die von Gott her kamen. 2.Petrus 1,21

Es lohnt sich, den ganzen Abschnitt zu lesen (2Petr 1:16–21). Der Ursprung der Worte der Bibel wird hier bei Gott selbst lokalisiert. Nicht Menschen haben dieses Buch initiiert und dessen Inhalt geprägt. Gott hat es getan. Was Gott sagt, wird in unserer Welt durch Gottes Inkarnation in Jesus Christus und durch die Bibel unglaublich konkret .

Einige Theologen bestreiten die Wesensverbundenheit von Gott und Bibel und sprechen lieber von einer Wirkungseinheit (z.B. Siegfried Zimmer in seinem Vortrag Warum das fundamentalistische Bibelverständnis nicht überzeugen kann, 7:21ff). In diesem Fall wäre die Wirkung Gottes schön, aber nicht das Vehikel, welches die Wirkung ausübt. In diesem Verständnis wäre die Bibel selbst verunreinigt, vielleicht sogar unschön. Wir können sie ausbessern, korrigieren. Wir könnten sie schöner machen.

Ich sehe das anders. Ich erkenne kein Problem darin, von mehr als nur einer Wirkungsverbundenheit zu sprechen. Die Bibel ist nicht nur deshalb schön, weil sie literarisch top ist — das ist sie auch. Die Bibel ist nicht nur deshalb schön, weil sie Gottes schöne Wirkungen in dieser manchmal wüsten Welt anbringt — das tut sie auch. Sondern die Bibel selbst ist schön, weil sich in ihr selbst Gottes Wesen widerspiegelt. Die Bibel selbst ist nicht Gott — natürlich nicht. Wir beten als Christen nicht die Bibel an, sondern Gott. Wir glauben nicht an die Bibel, sondern wir glauben der Bibel. Aber die Bibel ist wegen ihrer Wesensverbundenheit mit Gott in einer speziell ‘dichten’ Weise schön. Kirchenhistoriker RL Wilken gibt Origen’s Sicht der Bibel wider:

In seinem Kommentar über das Hohelied der Liebe schreibt Origen, dass “die Seele bewegt ist von himmlischer Liebe und Sehnsucht, wenn es die Schönheit und Anmut von Gottes Wort erfasst”. Nebst der Wahrheit und Güte der Offenbarung Gottes, kann sie als etwas unbeschreiblich Schönes gesehen werden. (Wilken, The Spirit of early Christian Thought, eigene Übersetzung aus dem Englischen)

Unser Zeitalter ist eher bibelkritisch. Ich würde sagen, dass die Bibel keine Angst hat vor Kritik. Trotzdem: Wer nur kritisch an die Bibel herantritt, verpasst vielleicht deren tiefe Schönheit, die schlicht einfach nur genossen werden soll, statt rein rational formuliert werden will. Man kann Leonardo Da Vinci`s Kunstwerke kritisch analysieren und deren herrliche Schönheit verpassen. Wie schade wäre das!

Was kann ich tun, wenn ich die Bibel nicht mehr als etwas sehe, das gefüllt ist mit der göttlichen Schönheit? Da kann ein Blick in die Bibel selbst helfen! Und innerhalb der Bibel heilt unsere Wahrnehmung möglicherweise besonders gut, wenn wir jene Texte an unsere Seele heranlassen, wo Gläubige ihre Sehnsucht nach der Herrlichkeit des Wortes Gottes beschreiben. Zum Beispiel trieft der Psalm 119 von Schönheit. Kürzlich hörte ich, wie der Text in einer Predigt vorgelesen wurde. Der Text traf mich mitten ins Herz, denn der Autor beschreibt seine Erfahrung von der Schönheit der Bibel, von Gottes Wort und Gesetz, von Gott und seiner Wirkung! Hier einige Aussagen aus der Übersetzung ‘Das Buch’ von Roland Werner:

Ich habe die Grenzen alles Vollkommenen gesehen, doch deine Gebote reichen weit darüber hinaus. Psalm 119,96

Wie habe ich dein Gesetz doch so lieb! Den ganzen Tag lang denke ich darüber nach. Psalm 119,97

Mein Innerstes achtet auf deine Vorschriften und hat sie sehr lieb. Psalm 119,67

Mein Innerstes verzehrt sich vor Sehnsucht nach deinen Urteilen, zu jeder Zeit. Psalm 119,20

Deine Vorschriften sind meine größte Freude, sie sind für mich wie gute Berater. Psalm 119,24

Ich kann mich auf weitem Raum bewegen, denn ich frage nach deinen Anweisungen. Psalm119,45

Deine Gebote waren für mich wie Musik, selbst in dem Haus, in dem ich nur zu Gast war. Psalm 119,54

Ich empfehle meinen Lesern, sich 30 Minuten Zeit zu nehmen, um den längsten Psalm zu lesen. Geniesse den ganzen Text, der den tiefen Hunger, die Sehnsucht, die Lust nach Gottes Wort zum Ausdruck bringt, welche der Autor erlebt. Lies den Text mit einem Gebet im Herzen “Gott der Bibel, erleuchte die Augen meines Herzens, dass ich beim Lesen die tiefe Schönheit deines Wortes und deiner Selbst wahrnehmen darf!” Vielleicht liest du den Psalm 119 einmal die Woche bis Ostern, um darin aufzugehen. Es wäre super, wenn du im Kommentar-Bereich notierst, was du entdeckst. Was ist die Schönheit von Gott und von seinem Wort gemäss dem Psalm 119?

Paul Bruderer
Jahrgang 1972, als Kind von Missionaren in Afrika aufgewachsen, 1998 Gründungsmitglied der erwecklichen ‹Godi›-Jugendarbeit in Frauenfeld. Seit 2001 Pastor in der Chrischona Gemeinde Frauenfeld. Paul lebt mit seiner Familie in Frauenfeld, Schweiz.
https://danieloption.ch/featured/wort-lust/?fbclid=IwAR0RCmpOk5w30VFd_CqhbPhXg8no8Pm4e_plvLEE2Vvme1NFZz4iSzNDiEs

Die Bedeutung des Begriffs „Scheol“

Der Begriff „Scheol“ hat im Alten Testament ein breites Bedeutungsspektrum, das sich um Tod, Grab, das Totenreich und die Nachwelt dreht.
Der Scheol ist mehr als ein Ort, der unter der Erdoberfläche liegt und zu dem die Toten hinab fahren (Hiob 7,9; Hesekiel 31,15.17; 32,27). Der Begriff beschreibt, was Menschen empfinden, wenn sie vor einem Grab stehen, in dem ein guter Freund beigesetzt wird. Angesichts des Scheols wird diese Grube von zwei mal drei mal drei Metern zum spürbaren Gegensatz zwischen absolutem Tod und intensiver Lebendigkeit. Wer in den Scheol hinabsteigt ist von der Heilsgeschichte1) abgeschnitten, nimmt nicht mehr an der gemeinschaftlichen Begegnung mit Gott teil. Deshalb ist der Scheol eine ewige Realität, die durch das Grab in Raum und Zeit symbolisiert wird. Der Scheol ist das Ende, er ist ein „Land ohne Wiederkehr“ (Hiob 7,9). Einmal dort angekommen, gibt es nur noch eine Hoffnung, nämlich dass Gottes Zusage aus Hosea 13,14 auf mich zutrifft: „Von der Gewalt des Scheols werde ich sie erlösen, vom Tod sie befreien“ (vgl. 1Korinther 15,54-55)2). Wo das nicht der Fall ist, wird Scheol zum Inbegriff absoluter Verlorenheit und ist – als Gegensatz zum ewigen Leben – mit dem neutestamentlichen Begriff „Hölle“ identisch (vgl. Sprüche 15,24).
1) Die Heilsgeschichte beschreibt Gottes rettendes Handeln mit der Welt. Solange ein Mensch lebt, ist er Teil dieser Geschichte und kann Vergebung finden (kleine Ausnahmen wie die Sünde gegen den Heiligen Geist bestätigen diese Regel).
2) Bei den Söhnen Korachs hört sich das so an: „Gott aber wird meine Seele erlösen von der Gewalt des Scheols; denn er wird mich entrücken.“ (Psalm 49,16)
https://www.frogwords.de/bibel_at_nt/hohelied/kommentar/anhang_1

Mut zur Wahrheit

„Sei ein lebendger Fisch, / schwimme doch gegen den Strom! / Auf, und wag es frisch: / Freude und Sieg ist dein Lohn“. Margret Birkenfelds Lied aus dem Jahr 1973 habe ich immer noch gut aus dem Kindergottesdienst in Erinnerung. Die toten Fische, die immer mit dem Strom schwimmen, sich treiben lassen und „in der großen Masse“ bleiben wollen – dieses anschauliche Bild für einen toten Glauben stand mir als Warnung schon in jungen Jahren vor Augen. Ein lebendiger Christ dagegen solle „Mut“ haben, „auch einmal anders zu sein / als die meisten Leute um dich her“; und weiter: „Frage du nur: Was will denn der HERR?“ – selbst oder gerade dann, „wenn sie dich auch alle als nicht ganz normal verschrein“. Birkenfelds Mut zu diesen deutlichen Worten nötigt bis heute Respekt ab. Ihr war es gelungen, in einfacher Sprache Hauptwahrheiten des Neuen Testaments auszudrücken: das Christein ist auch mit Kosten verbunden; und wir brauchen Mut zum Unterschied, zum anders Sein als Christ, was schließlich auch das zentrale Thema der Bergpredigt Jesu ist.
„Doch aus eigner Kraft wirst du nie ein lebendiger Fisch“. Kraft zum Unangepasst sein kommt von Gott. Christen können und sollen ihn darum bitten, denn in oder durch Jesus Christus dürfen sie Mut haben, sich ihm zuversichtlich zu nähern (s. 1 Joh 2,28; 3,21; 4,17; 5,14; Hbr 4,16). Diese Haltung wird an den eben genannten Stellen mit dem gr. Begriff parrhesia bezeichnet. Die Wortgruppe taucht über 30 Mal im Neuen Testament auf und wird meist mit „Freimut/freimütig“ übersetzt. Weil der Christ sich frei und offen an Gott wenden darf, kann er auch mutig, unerschrocken und zuversichtlich das Evangelium weitersagen, den Glauben bekennen. Die Apostel geben uns Beispiele: „Die Unerschrockenheit, mit der Petrus und Johannes sich verteidigten, machte großen Eindruck auf die Mitglieder des Hohen Rates“ (NGÜ), heißt es in Apg 4,13 (s. auch Apg 2,29; 4,29; 2 Kor 3,12; 7,4; Eph 6,19). Von allen Glaubenden wird auch heute noch – oder gerade wieder – solche Unerschrockenheit gegenüber dem Bösen und allen Widrigkeiten verlangt. Der Christ soll sich nicht anpassen an das, was ist. Nichts anderes sagen die Worte vom „Salz der Erde“ und vom „Licht der Welt“ (Mt 5,13–16).
Joseph Ratzinger, der spätere Papst, erinnerte 1962 an den Freimut, als „eine der im Neuen Testament am meisten genannten Grundhaltungen des Christenmenschen“. Im hohen Mittelalter betonte Kirchenlehrer Thomas von Aquin: „Das vornehmlichere Werk der Tapferkeit, vornehmlicher denn Angreifen, ist Standhalten, das ist: unbeweglich feststehen in der Gefahr.“ Wer mutig oder tapfer ist, der ist auch geduldig, besitzt eine „innere seelische Festigkeit“, so der Anglikaner James I. Packer (1926-2020): „Tapferkeit kann unbeständig sein und vergehen, doch Festigkeit ist eine Verbindung von Mut und Durchhaltevermögen. Sie hält an. Glaube wirkt Festigkeit, denn er hält vor uns die Hoffnung vor Augen… Die Idee der Festigkeit stammt von Aristoteles, doch die Kraft sie zu praktizieren, kommt nur aus dem Evangelium.“
Biblischer Mut ist erstens untrennbar verbunden mit der Gegenwart und Macht des Herrn: „Sei getrost und unverzagt. Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der Herr, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tust“ (Jos 1,9). Zweitens ruht dieser Mut auf der vollkommenen Zuverlässigkeit und Wahrheit der Worte Gottes. Unerschrockenheit in dieser Welt hat immer den Gehorsam gegenüber dem biblischen Wort zur Voraussetzung. Und drittens ist solch ein Mut auf die Zukunft ausgerichtet. Mut wird inspiriert durch Hoffnung und Vertrauen auf die Zukunft.
Auch der französische Historiker und Philosoph Michel Foucault hat sich gegen Ende seines Lebens in einer Vorlesungsreihe der Freimut gewidmet (er starb 1984 an AIDS; sein Lebensstil und seine Schriften sind natürlich in mancher Hinsicht auch sehr kritisch zu bewerten, aber darum soll es hier nicht gehen). In Mut zur Wahrheit analysierte er die parrhesia als „Schlüsseltugend“ in antiken Texten der Griechen, aber auch der frühen Christen. Für diese ist sie der „Mut, der im Vertrauen auf Gott besteht, und dieses Vertrauen kann nicht von der Haltung der Tapferkeit getrennt werden, die man gegenüber Menschen hat“. Es ist der „Mut, trotz aller Bedrohungen die Wahrheit, die man kennt, die man weiß und für die man Zeugnis ablegen will, zur Geltung zu bringen.“ Im Kontrast dazu steht die Rhetorik als eine Technik, die etwas hervorbringen soll.  Ein guter Rhetoriker ist, so Foucault, „in der Lage, etwas ganz anderes als das zu sagen, was er weiß, was er glaubt,… was er denkt“; er kann ein „wirkungsvoller Lügner“ sein. Hauptsache, das Ergebnis stimmt. Wer die Tugend der Freimut besitzt ist dagegen derjenige, der zwischen sich „und dem, was er sagt, eine feste, notwendige Verbindung herstellt“. Wer Mut zur Wahrheit besitzt, geht daher ein Risiko ein. Er riskiert „sein eigenes Leben und seine Beziehung zum anderen“. Denn die ausgesprochene Wahrheit beinhaltet immer das Risiko, „einen anderen zu verletzen, ihn zu reizen, ihn zu erzürnen“. Dem die Wahrheit gesagt wird, sollte daher „Seelengröße“ zeigen, „indem er akzeptiert, dass man ihm die Wahrheit sagt“, so Foucault.
Der Freimütige will „nichts verbergen, die wahren Dinge sagen“; er will keine Maske aufsetzen; „er unterzeichnet gewissermaßen selbst die Wahrheit, die er ausspricht, er bindet sich an diese Wahrheit und verpflichtet sich folglich auf sie und durch sie“. Doch diese Verpflichtung wird auch „von der Gefahr begleitet, die das Wahrsprechen mit sich bringt.“ Die ausgesprochene Wahrheit kann ins gesellschaftliche Abseits führen, weshalb sie auch ein „politischer Begriff“ war und ist. Zur Theorie und Praxis der modernen Demokratie gehört die freimütige Rede, die eng mit dem Gedanken der Zivilcourage verwandt ist. Die Tyrannei hingegen bezeichnete Foucault als „Wahlheimat für das Schweigen und die Schmeichelei“. Wer die Freimut verliert, ist wie ein antiker Sklave (der sie schon allein rechtlich meist nicht besaß), und er muss die Dummheit der Mächtigen ertragen. „Wenn es keine parrhesia gibt, sind die Menschen, die Bürger und alle anderen dem Wahnsinn des Mächtigen ausgeliefert“, warnte Foucault.
http://lahayne.lt/2022/01/05/mut-zur-wahrheit/

Gott, die sichere Zuflucht

Ulrich Parzany
Ich las gerade, dass der leitende Rabbi in der Ukraine die Christen aufgerufen hat, in dieser schweren Zeit gemeinsam Psalm 31 zu beten. Beten wir mit:
Herr, ich suche Zuflucht bei dir. / Lass mich doch niemals scheitern; / rette mich in deiner Gerechtigkeit!
Wende dein Ohr mir zu, / erlöse mich bald! Sei mir ein schützender Fels, / eine feste Burg, die mich rettet.
Denn du bist mein Fels und meine Burg; / um deines Namens willen wirst du mich führen und leiten.
Du wirst mich befreien aus dem Netz, das sie mir heimlich legten; / denn du bist meine Zuflucht.
In deine Hände lege ich voll Vertrauen meinen Geist; / du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott.
Dir sind alle verhasst, die nichtige Götzen verehren, / ich aber verlasse mich auf den Herrn.
Ich will jubeln und über deine Huld mich freuen; / denn du hast mein Elend angesehn, / du bist mit meiner Not vertraut.
Du hast mich nicht preisgegeben der Gewalt meines Feindes, / hast meinen Füßen freien Raum geschenkt.
Herr, sei mir gnädig, denn mir ist angst; / vor Gram zerfallen mir Auge, Seele und Leib.
In Kummer schwindet mein Leben dahin, / meine Jahre verrinnen im Seufzen. Meine Kraft ist ermattet im Elend, / meine Glieder sind zerfallen.
Zum Spott geworden bin ich all meinen Feinden, / ein Hohn den Nachbarn, ein Schrecken den Freunden; / wer mich auf der Straße sieht, der flieht vor mir.
Ich bin dem Gedächtnis entschwunden wie ein Toter, / bin geworden wie ein zerbrochenes Gefäß.
Ich höre das Zischeln der Menge – Grauen ringsum. / Sie tun sich gegen mich zusammen; / sie sinnen darauf, mir das Leben zu rauben.
Ich aber, Herr, ich vertraue dir, / ich sage: «Du bist mein Gott.»
In deiner Hand liegt mein Geschick; / entreiß mich der Hand meiner Feinde und Verfolger!
Lass dein Angesicht leuchten über deinem Knecht, / hilf mir in deiner Güte!
Herr, lass mich nicht scheitern, / denn ich rufe zu dir. Scheitern sollen die Frevler, / verstummen und hinabfahren ins Reich der Toten.
Jeder Mund, der lügt, soll sich schließen, / der Mund, der frech gegen den Gerechten redet, / hochmütig und verächtlich.
Wie groß ist deine Güte, Herr, / die du bereithältst für alle, die dich fürchten und ehren; du erweist sie allen, / die sich vor den Menschen zu dir flüchten.
Du beschirmst sie im Schutz deines Angesichts / vor dem Toben der Menschen. Wie unter einem Dach bewahrst du sie / vor dem Gezänk der Zungen.
Gepriesen sei der Herr, der wunderbar an mir gehandelt / und mir seine Güte erwiesen hat zur Zeit der Bedrängnis.
Ich aber dachte in meiner Angst: / Ich bin aus deiner Nähe verstoßen. Doch du hast mein lautes Flehen gehört, / als ich zu dir um Hilfe rief.
Liebt den Herrn, all seine Frommen! / Seine Getreuen behütet der Herr, / doch den Hochmütigen vergilt er ihr Tun mit vollem Maß.
Euer Herz sei stark und unverzagt, / ihr alle, die ihr wartet auf den Herrn.

Das automatische Warnsystem der Seele

Ein ausgebildetes, empfindsames Gewissen ist Gottes Überwachungseinrichtung. Sie macht uns aufmerksam auf die moralische Qualität dessen, was wir tun oder zu tun beabsichtigen. Sie verbietet uns Gesetzlosigkeit und Unverantwortlichkeit. Sie lässt uns Schuld, Scham und Furcht vor kommender Strafe empfinden. Diese Strafe lässt sie uns als verdient erkennen, wenn wir gegen die Warnung des Gewissens gehandelt haben. Die Strategie Satans ist es, zu verderben, uns unempfindlich zu machen und, wenn möglich, unser Gewissen abzutöten. Relativismus, Materialismus, Eigenliebe, Weltlichkeit und Lustsucht der heutigen westlichen Welt, verhelfen ihm kräftig zu seinem Ziel. Sein Vorhaben wird ihm noch dadurch erleichtert, dass die moralischen Schwächen der Welt so sehr von der heutigen Gemeinde absorbiert werden. J. I. Packer

Auge um Auge, Zahn um Zahn…“ (2.Mose 21,23-25)– gerecht oder doch brutal?

Nächstenliebe, Mitgefühl, Vergebung – das sind wohl kaum die Begriffe, die einem als erstes zu diesem Gesetz in 2.Mose einfallen würden. Es ist nicht zu leugnen: Die Stelle klingt gewalttätig und archaisch und scheint vom Geist der Rache geprägt. So muss uns auch nicht überraschen, dass sie gerne als Beispiel für die dunklen Seiten im Alten Testament rezitiert wird. Passt ein solch harsches Gesetz denn zu dem Gott der Liebe?
Bestrafung durch Verstümmelung?
Vielleicht haben wir gehört, dass dieses Gesetz dennoch positiv zu verstehen sei, denn es geht nicht um Rache, sondern gerade um den Schutz vor willkürlicher und maßloser Rache. Und doch bleibt bei dem Gedanken an Bestrafung durch Verstümmelung ein ungutes Gefühl zurück. Könnte es aber vielleicht sein, dass das Gesetz gar nicht wörtlich, sondern in einem übertragenen Sinne zu verstehen ist? Um dies zu ergründen, hilft ein Blick auf den biblischen Zusammenhang.
Talio = Vergeltung
Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die sogenannte „Talionsformel“ (von lat. talio=Vergeltung) nicht nur im AT vorkommt, sondern auch aus anderen Gesetzessammlungen der damaligen Zeit bekannt ist. In der Bibel steht sie in einem Abschnitt, der als Bundesbuch bezeichnet wird (2.Mose 20,22-23,33). Das Bundesbuch bildet, wie der Name schon sagt, eine wichtige Grundlage für den Bund, den Gott mit seinem Volk am Berg Sinai geschlossen hat (2.Mose 19-24). Interessant ist nun die Beobachtung, dass die einzelnen Gesetze im Bundesbuch auf eine besondere, aussagekräftige Art und Weise zusammengestellt sind:
Solidarische Gesellschaft
Das Bundesbuch beginnt und endet mit Abschnitten, die von der rechten Verehrung Gottes handeln (20,22–26 und 23,13–33). In diesen äußeren Rahmen eingeschlossen ist ein weiterer, innerer Rahmen (21,2-11 und 22,20-23,12), der sich mit dem Schutz der Schwachen befasst. Die Ethik des Bundesbuches ist damit von zwei rahmenden Prinzipien bestimmt: Die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten. Gott will keine kalte Gerechtigkeit, bei der jeder bekommt, was er verdient, sondern eine solidarische Gemeinschaft, in ihm selbst gegründet, in der auch der Schwache seinen Platz im Leben finden kann.
Gerechter Ausgleich
In diesen doppelten Rahmen ist nun (neben zwei kurzen Texten, die ich heute überspringe) der zentrale Abschnitt 21,23- 22,14 eingebettet, der von der so oft missverstandenen Talionsformel eröffnet wird. Dieser zentrale Abschnitt stellt das Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit vor und illustriert es anschließend an einer Reihe von Beispielfällen aus verschiedenen Bereichen des Lebens. Alle Beispiele wenden das Talionsprinzip übrigens im übertragenen Sinne an. Von körperlicher Verstümmelung ist also nicht die Rede. Vielmehr geht es darum, dass Rechtsprechung im Kern die Aufgabe hat, nach dem gerechten Ausgleich zu suchen – und zwar, gemäß der rahmenden Prinzipien, in Verantwortung vor Gott sowie in einer sozial verträglichen Weise. Julius Steinberg – Christsein Heute 05/2010

http://steinberg-theologie.de/wp-content/uploads/2014/12/CH-2010-05-Auge-um-Auge.pdf

Das Problem mit Jesus ist nicht, dass seine Aussagen unklar sind

„Das Problem mit Jesus ist nicht, dass seine Aussagen unklar sind. Sondern dass sie unmissverständlich klar sind. Es ist die schockierende Abwesenheit von Uneindeutigkeiten, die irritiert. Eines kann man mit Jesus nicht machen: Sich häppchenweise an ihm bedienen. … Ihn gibt es entweder als ganzes Paket oder gar nicht. Entweder versuchen wir, ihn nach unserem Bild umzugestalten, oder er gestaltet uns nach seinem Bild um.“ (Start in den Tag – die Bibel, mehr als ein Buch“) Nicola Vollkommer Sperry

Hat Hesekiel über Russland geweissagt?

Ist in den alttestamentlichen Prophezeiungen ein Hinweis auf Rußland zu finden? Das wäre natürlich außergewöhnlich interessant. Über „Rosch“, womit Rußland gemeint sein soll, schreibt z.B. W. Kelly in seinem bekannten Kommentar über Hesekiel.

Der Leser, der anschließend in seiner Bibel das Wort „Rosch“ zu finden versucht, kann enttäuscht werden. Die NBG‘ spricht über „Gog… grootvorst van Mesech en Tubal“, die St. Vert.2 von „hoofdvorst“. Die engli­schen Übersetzungen KJV3 und NIV4 haben „chief prince“, und schlägt man die deutschen Übersetzungen auf, dann findet man bei Luther „oberster Fürst“ und bei Schlachter „Hauptfürst“. Aber Beharrlichkeit führt zum Ziel! Das zu Rate ziehen einiger weiterer Überset­zungen liefert bei der [rev.1 Elberfelder den Ausdruck „Fürst von Rosch“ und bei der ASV5 „prince of Rosh“.
Welche Übersetzung ist nun richtig? Und wenn wir dann „Fürst von Rosch“ lesen müßten, ist damit dann wirklich Rußland gemeint?

Großfürst oder Fürst von Rosch?
Nicht allein die modernen Übersetzungen, sondern auch die alten Übersetzungen waren alle uneinig, was die Wiedergabe des hebräischen Textes betrifft. Die Septuaginta6 (LXX), Symmachus7 und Theodotion8 übersetzen „Fürst von Rosch“, während die Vulgata9, die Targumw, Aquila“ und die Peschitta’2 für die Wiedergabe „Großffirst“ gewählt haben, also das Hehr. „rosch“ als „Haupt“ aufgefaßt haben. Es ist dabei die Anmerkung wert, daß die LXX nur ungefähr drei Jahrhunderte nach der Prophezeiung von Hesekiel zustande gekommen ist.
Was ist nun die richtige Übersetzung? Es gibt (wie manche Ausleger dargelegt haben) Schriftstellen, wo wir ähnliche Ausdrücke mit „rosch“ finden, und wo dies „Haupt-“ oder „Ober-“ bedeutet (NBG „Oberprie­ster“ in 2.Kön 25,18; „Hoherpriester“ in 1.Chr 27,5; Esra 7,5). So soll man in Hes 38,2 ebenso „großer Fürst“, „Hauptfürst“, „Großfürst“ übersetzen können. Das Problem damit ist jedoch, daß nicht „Fürst“ sondern „rosch“ der Hauptbegriff ist, jedenfalls wenn wir der Lesart des uns von den Masoreten überlieferten hehr. Textes folgen. Nun ist es wahr, daß nach den meisten Historikern der Name Rußland (Rossija) erst im frühen Mittelalter auftaucht. Ebenso ist es jedoch wahr, daß kaum andere Völker in der Zeit Hesekiels gezeigt werden können, deren Benennung „Rosch“ ähnelt. Wenn hier also schon der Name eines Volkes gemeint ist, dann ist es ein äußerst geheimnisvoller Hinweis. Sprachkundlich hat diese Übersetzung aber ein so starkes Zeugnis, daß wir nicht ohne weiteres daran vorbei gehen können. Wir werden also gut daran tun, einerseits nicht zu undurchdacht einen Hinweis auf Rußland in den Text hineinzulesen, andererseits aber auch nicht eine Übersetzung von „Rosch“ als Ortsan­deutung aus dem einfachen Grund abweisen, weil solche Spekulationen daraus entstanden sind.

Gog, Magog
Wir lesen in Hes 38,2 nach dem masoretischen Text wörtlich: „Gog vom Land des Magog“, und in Hes 39,6 wird aufs neue Magog genannt. Wer sind Gog und Magog: Zwei Personen? Oder zwei Länder? Und was ist der Zusammenhang mit Offb 20,8 , wo „Gog und Magog“ wieder genannt werden?
Gog finden wir sonst im masoretischen Text des hebräischen AT nirgends wieder, wohl aber in anderen alten Versionen, z.B. in der griechischen Übersetzung, der Septuaginta (LXX). In 4.Mose 24,7 LXX steht „sein (Israels) Königreich wird erhaben sein über Gog“ (MT: Agag); ebenso auch im samaritischen Pentateuch. In Amos 7,1 LXX steht „eine Heuschrecke ist der König Gog“. Eine wichtige Handschrift der LXX (Codex Vaticanus) liest in 5.Mose 3,1.13; 4,47 „Gog“ statt „Og“. Diese Hinweise deuten darauf, daß der Name bekannt war. Selbst wenn man annehmen muß, daß in all diesen Fällen „Gog“ nicht die ursprüngliche Lesart ist, dann ist es doch eigentlich undenkbar, daß ein Abschreiber einen Namen eingetragen haben soll, der ihm unbekannt wäre. In den Jahrhunderten vor unserer Zeitrechnung muß in Israel also bekannt gewe­sen sein, wer Gog war.
Aber können wir jetzt noch dahinterkommen? Man hat an verschiedene Fürsten in der Zeit um die Gefan­genschaft gedacht, z.B. an Gugu = Gyges, König von Lydia, oder an Gagi, der in den Chroniken von Assurbanipal vorkommt. Auf diesem Wege bleibt es jedoch Vermutung. Die jüdische Tradition bringt uns wohl etwas weiter. Nach Josephus, Altertümer 1, 123 (1, 6, 1) ist mit Magog das Volk der Skythen gemeint. Nach verschiedenen Stellen im Talmud“ hat Psalm 2 Bezug auf Gog; wenn das richtig ist, hilft es uns auch Hes 38,17 zu erklären, wo ja doch steht, daß bereits in einer Anzahl prophetischer Vorhersagen über Gog gesprochen wurde. Eine andere Stelle in der rabbini­schen Literatur (Midr.“ Tanchuma) stellt Gog und Magog, mit allen versammelten Völkern des Erdbodens gleich, weil der Zahlenwert von Gog und Magog zusammen 70 beträgt, nach 1.Mose 10 die Gesamtheit der Völker in der (alten) Welt. Vielleicht hilft uns dies bei der Betrachtung der Auslegung von Oftb 20,8 , wo nach vielen Auslegern „Gog und Magog“ ein Sammel­name der aufständischen Völker ist. Nach dem palästi­nensischen Talmud ist Magog das Land der Goten (jMeg7lb); nach dem babylonischen Talmud ist damit Kandia gemeint. Das Problem ist dann aber wieder, daß wir nicht wissen was Kandia ist; man hat vermutet, daß es Kreta sein soll, aber das ist geraten.


Mesech und Tubal

Wir setzen unsere Nachforschungen fort und untersu­chen, welche anderen Namen uns im Anfang von Hes 38 weiterhelfen können. Die in Vers 5 genannten Perser sind nicht schwer zu lokalisieren. Die Äthiopier (hebr. Kusch) und Put sind nach Hes 30,4.5 Völker des Niltals. Sehr phantasiereich hat man wohl spekuliert, daß mit Gomer die Germanen gemeint sein sollen, verbunden mit dem Haus von Togarma („Beth­Togarma“[NBG] das ja doch „im äußersten Norden“ gesucht werden muß), aber dies ist mehr dem Klang nach, als daß dafür wirkliche Gründe anzuführen wären. Die meisten Forscher halten gegenwärtig die bei Homer und Herodot genannten Kimmeräer für Gomer.
Mehr Anhaltspunkte haben wir vielleicht bei Mesech und Tubal. In 1.Mose 10,2 treffen wir ebenfalls wieder auf diese Namen. Einige Forscher meinten, die Auflö­sung des Rätsels von Rosch dort gefunden zu haben, indem sie das dort genannte Tiras mit Rosch identifi­zierten, aber dieses Wort endet mit dem hebr. Buchsta­ben Samech anstelle von Schin, und ist auch durch die Masoreten anders vokalisiert. Siehe für Mesech und Tubal auch noch weiter 1.Chr 1,5.17; Hes 27,13; 32,26; Ps 120,5.
Viele denken zur Zeit an Muschku und Tabalu, Volksstämme in Klein-Asien südöstlich des Schwarzen Meeres. Andere Lokalisierungen wurden vorgeschla­gen, aber sie stimmen doch alle insoweit überein, daß sie Mesech und Tubal nördlich von Israel auf der Strecke zum südlichen Kaukasus suchen. Das ist auch in Übereinstimmung mit Hes 38, wo gesagt wird, daß Gog und Magog „vom äußersten Norden her“ kommen werden (Vers 15).
Eine interessante, aber höchst spekulative Verbin­dung ist durch einige gezogen worden, die Mesech mit Moskau identifizieren wollen, und nach denen Tuhal eine Bezeichnung für Tobolsk sein soll; die beiden Namen umfassen so den europäischen und asiatischen Teil Rußlands. Dies ist aber mehr eine Ähnlichkeit der Laute, als daß historische oder sprachkundliche Gründe dafür angeführt werden können. Außerdem wird dann vergessen, daß Mesech und Tuhal in den anderen angeführten Stellen, wo nicht prophetisch in die Zu­kunft verwiesen wird, auch eine Bedeutung haben müssen.

Abermals: was oder wer ist Rosch?
Aus Hes 38,6.15; 39,2 ergibt sich, daß wir die genannten Völker in bezug auf Israel im äußersten Norden suchen müssen, und das stimmt mit dem überein, was anderswo hinsichtlich Mesech und Tuhal zu finden ist. Es scheint, daß auch unter den Historikern noch eine ziemliche Diskussion über die Herkunft des Namens Russija im Gange ist. Der russische Historiker
G. Vernadsky nennt verschiedene geographische Namen, (u.a. die Benennung „Ros“ für den Fluß Wolga) die zu Beginn unserer Zeitrechnung oder sogar davor genannt werden, und die vielleicht auf Völker mit verwandten Namen hindeuten. Sehr interessant ist auch, daß die byzantinische Kirche Hes 38 auf die Invasion der Hunnen in das oströmische Reich (5. Jahrhundert n.Chr.) und auf die spätere Invasion der Russen in dasselbe Gebiet (9. Jahrhundert) angewandt hat. Ganz abgesehen von der Auslegung zeigt dies, daß in diesen dicht an Süd-Rußland grenzenden Gebieten, das Be­wußtsein einer Verbindung zwischen dem Ausdruck Rosch und den dort lebenden Völkern, oder sogar konkret den Russen, existierte.

Schlußfolgerung
Wir besprechen hier nicht die genaue Auslegung von Hes 38. Im Rahmen dieses Artikels folgern wir allein, daß es durchaus nicht undenkbar ist, in diesem Feind aus dem äußersten Norden die Großmachtzu sehen, die wir gegenwärtig als Sowjetunion kennen, oder eine große politische Macht, die vielleicht in der nahen Zukunft (nach einem Bürgerkrieg in der UDSSR?) in diesem Gebiet entstehen könnte. Die Verbindung Mesech = Moskau und Tuhal = Tobolsk scheint jedoch ungenügend begründet zu sein. Auch hei der Interpre­tation der biblischen Prophezeiungen gehört sich einer­seits ein ehrerbietiger Respekt vor dem Text der Schrift, wie er uns vorliegt, und andererseits ein sorgfältiges auf der Hut sein vor unbegründeten Speku­lationen.
Henk P. Medema

Quellenangaben
1 NBG = Ausgabe der Niederländischen Bibelgesell­schaft
2 St.Vert. = Staten Vertaling (Niederländische Bibe­lausgabe)
3 KJV = King James Version
4 NIV = New International Version
5 ASV = American Standard Version
6 Septuaginta (LXX) = griechische Übersetzung des AT aus dem 3. Jahrhundert v.Chr.
7 griechische Übersetzung des AT durch Symmachus um 170 n.Chr.
8 eine revidierte griechische Übersetzung durch Theo­dotion Ende des 2. Jahrhunderts n.Chr.
9 Vulgata = lateinische Übersetzung des AT durch den Gelehrten Hieronymus
10 aramäische Übersetzung des AT
11 griechische Übersetzung des AT durch Aquila um 130 n.Chr.
12 Peschitta = syrische Übersetzung des AT
13 Talmud = mündlich überliefertes Gesetz, neben der Bibel das wichtigste jüdische Gesetzbuch
14 Midrasch = Texterklärung und Auslegung (entstan­den zwischen 100 v.Chr und 300 n.Chr.)
(Aus der holt. Zeitschrift BODE, Jahrgang 134, Nr. 4)

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