Über die Wahrheitskrise heute

Der mangelnde Glaube der Philosophen an die Vernunft ist auf die allgemeine Bevölkerung übergegangen. Das Vertrauen in die Vernunft ist so erschüttert, dass heute einige Menschen in den Spiegel schauen und glauben, sie seien nicht das, was sie sehen. Thomas von Aquin sah in der Vernunft die würdige Dienerin der Theologie in einer Synthese von Glaube und Vernunft. Durch die Vernunft können wir die Wahrheit der Dinge erkennen, indem wir sie betrachten; in den Worten des Thomas von Aquin in der Summa Theologiae ist „Wahrheit die Übereinstimmung zwischen dem, was wir denken, und dem, was ist“. Durch den Glauben wissen wir, worauf alle Dinge ausgerichtet sind – auf Jesus Christus, der der Weg, die Wahrheit und das Licht ist.
Im Gegensatz dazu waren die Aufklärer des 18. Jahrhunderts so von der Macht der Vernunft überzeugt, dass sie den Glauben als legitime Quelle menschlichen Wissens über Bord warfen. Nur die Vernunft, so argumentierten sie, biete eine unvoreingenommene, unerschütterliche Grundlage für die menschliche Gesellschaft. Alles andere – Glaube, Autorität, Religion, Sitte – behindere die Arbeit der reinen Vernunft.
Ironischerweise bereitete der Dekan der Aufklärung, Immanuel Kant (1724-1804), ungewollt die Zerstörung des Prinzips der „sola ratio“ oder des Prinzips „Allein die Vernunft“ vor: Kant bestand darauf, dass wir die Wahrheit der Dinge nicht wissen könnten. Wir können äußere Fakten wie Größe und Gewicht kennen, aber wir können unsere Gedanken nicht mit Dingen an sich gleichsetzen. Auch können wir Gott nicht kennen, der jenseits der Sphäre der Vernunft wohnt.
Es bedurfte der unsagbaren Katastrophe des Ersten Weltkriegs, um aufzuzeigen, wie Kants Kastrierung der Macht der Vernunft das Prinzip „sola ratio“ zu einem aussichtslosen Unterfangen machte. Wenn die Vernunft die Dinge nicht wirklich wissen kann, kann es keine Wahrheit, keine universellen Standards, keine Hoffnung jenseits dessen geben, was wir sehen können.
Da nun die Mission der Aufklärung gescheitert war, brachte die zusammenbrechende Bewegung zwei Nachkommen hervor: die Moderne, die nun die individuelle Äußerung über die Vernunft stellte, und die Postmoderne, die meinte, alles Wissen hänge von der Sichtweise des Betrachters oder dessen Kulturraums ab. Der deutsche Historiker Oswald Spengler (1880-1936) hat dies in seinem Untergang des Abendlandes unverblümt so ausgedrückt: „Es gibt keine ewigen Wahrheiten. Jede Philosophie ist Ausdruck ihrer eigenen und nur ihrer eigenen Zeit.“
Diese gravierende Skepsis bezüglich der Wahrheit bleibt bis heute bestehen, wenn es um Fragen der Grundprinzipien, der Ethik, der Ästhetik und der Politik geht. Sie hat auch unsere Fähigkeit beeinträchtigt, selbst grundlegende Gegebenheiten zur Kenntnis zu nehmen – wir haben jetzt „fake news“ und „alternative Fakten“. Auf subtilere Weise hindert uns das daran, die grundlegendsten Aussagen über die Realität zu machen: Überlegen Sie, wie oft wir Wahrheitsansprüche mit „nur“, „irgendwie“ oder, vielleicht am verwirrendsten, „irgendwie, aber nicht wirklich“ abschwächen. Ohne Wahrheit leben wir in einer „nicht-binären“ Welt, in der nichts wahr oder falsch ist; alles ist grau.
Aber es ist vor allem das Transgender-Phänomen, das den Wahrheitsbegriff auf den Kopf stellt: Anstatt den Gedanken mit dem Ding gleichzusetzen, unterwirft es das Ding dem Gedanken, bis hin zur Verstümmelung oder kreativen Operation, um die Realität an einen Gedanken anzupassen, der vollständig von der Realität entkoppelt ist.
Wie kommen wir aus diesem Schlamassel heraus? Skepsis, die ja Anti-Vernunft ist, kann nicht leicht durch Vernunft und rationale Argumentation besiegt werden. Etwas jenseits der Vernunft, jenseits der horizontalen Ebene des menschlichen Denkens, muss da durchbrechen, um das Vertrauen wieder herzustellen, dass es Wahrheit gibt und dass die Vernunft sie finden kann. Aber für die Skeptiker der Vernunft ist der religiöse Glaube noch weiter entfernt. Wir müssen damit beginnen, Skeptiker davon zu überzeugen, den Glauben im allgemeinen Sinn des Vertrauens zu akzeptieren.Trotz des methodischen Zweifels von René Descartes an seinen fünf Sinnen – er war der Vorläufer von Kant und der heutigen misslichen Lage – führen unsere alltäglichen Sinneserfahrungen – beginnend damit, dass man sich die Zehe anhaut – direkt zu einer Einübung in die Vernunft, der wir dank des Schmerzes, den wir fühlen, vertrauen können. Obwohl der besondere Schmerz nur von der verletzten Person empfunden wird, ist Schmerz ein universelles menschliches Phänomen, ebenso wie Hunger, Müdigkeit und eine Vielzahl anderer Erfahrungen. Auf diese Weise haben wir eine allgemeine, transzendente Wahrheit gefunden, die nicht, wie die Philosophin Eva Brann in Feeling Our Feelings sagt, „kulturell verzerrt“ ist.
Das Nachdenken über unser Not im Lichte des Wortes Gottes ist ein Weg zurück zur Wiederherstellung des Glaubens an die Vernunft. Das ist vielleicht nicht das Argument, das sich aufdrängt, wenn man versucht, aufgeklärte Mitglieder unserer Gesellschaft zu überzeugen, die leugnen, dass es nur zwei Geschlechter beim Menschen gibt. Doch die menschliche Erfahrung, insbesondere die des Schmerzes, ist der sicherste Weg, Gedanken mit Ding gleichzusetzen, das heißt, die Wahrheit zu erkennen. Und wenn wir darauf vertrauen, dass wir mit dieser einen Erfahrung die Wahrheit erkennen können, können wir uns vielleicht durch die Wahrheit befreien lassen, um wieder der Vernunft zu vertrauen. ( nach Professor David G. Bonagura, Jr. ist außerordentlicher Professor
https://www.kath.net/news/80209

„Das größte Geschenk Gottes“

Technologische Entwicklungen sind eng mit der Kirchen- und Heilsgeschichte verbunden. Letztlich hat dies auch einen theologischen Grund: Gott benutzt menschliche Kommunikationstechnologien wie Wörter und menschliche Schrift, um sich zu offenbaren. Als die Hebräer in Ägypten waren, lernten sie offensichtlich das protosemitische Alphabet kennen. Die Erfindung dieser Technik, um gesprochene Sprache durch Wörter aus Buchstaben zu Papier zu bringen, ist eine der wichtigsten in der ganzen Kulturgeschichte. Gott selbst nutzte sogleich das von Menschen erdachte Werkzeug. Nach dem Auszug, beim Bundesschluss am Sinai, sagte Gott zu Mose: „Komm herauf zu mir auf den Berg und bleib daselbst, dass ich dir gebe die steinernen Tafeln, Gesetz und Gebot, die ich geschrieben habe […]“ (Gen 24,12). Das Gesetz wurde aufgeschrieben, geschrieben „von dem Finger Gottes“ (Gen 31,18).
Die frühen Christen nutzten dann bevorzugt eine ebenfalls noch recht junge Medientechnologie, den Kodex. Die heiligen Schriften wurden nicht mehr, wie in Israel und auch noch zu Jesu Zeiten, in Rollen aufbewahrt, sondern in einzelne Bögen zu Büchern zusammengebunden. Über eintausend Jahre lange mussten diese Bücher zur Vervielfältigung mühsam abgeschrieben werden. Ein weiterer Einschnitt stellte erst die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg um 1450 dar. In Die Druckmacher – Wie die Generation Luther die erste Medienrevolution entfesselte (C.H. Beck, 2022) stellt Thomas Kaufmann die Reformation als mediengeschichtliches Ereignis dar. Der Professor für Kirchengeschichte in Göttingen beschreibt in seinem neuen Buch ausführlich die enge Verzahnung von Produktionsvorgängen, theologischen Inhalten, verlegerischen Entscheidungen und gesellschaftlichen Folgen.

getimage

Die Idee hinter Gutenbergs Erfindung war ebenso einfach wie genial. Auf einmal konnten interessante Texte in deutlich höherer Zahl als früher dauerhaft verfügbar gemacht werden. Die nach Bildung Strebenden griffen diese Erfindung sofort auf, da ihr Eigenstudium deutlich erleichtert wurde. Kaufmann spricht von der „Autonomisierung der Bildungsprozesse“ und nennt als Beispiel Ulrich Zwingli, der gerade einmal ein halbes Jahr Theologie studiert hatte, sich aber dank der gedruckten Bücher ständig autodidaktisch weiterbilden konnte. Der spätere Zürcher Reformator war „ein leidenschaftlicher Buchkäufer und –besitzer und ein emsiger Leser“. Er gehörte zu den ersten von Kaufmann „Printing Natives“ (in Anspielung an die heutigen Digital Natives) Genannten. Etwa eine Generation nach der Erfindung Gutenbergs geboren wuchsen sie schon in einer Kultur des gedruckten Buches auf und nutzten die neuen Möglichkeiten zielorientiert aus.
Im Vergleich zu heute muten die Anfänge des Buchdrucks natürlich bescheiden an. Meist wurden in den ersten Jahrzehnten nur wenige hundert Exemplare eines Werks gedruckt. Vor allem das Papier war noch recht teuer und machte rund die Hälfte der Produktionskosten aus. Dennoch entwickelte sich zügig ein „gemeinsamer kultureller Kommunikations- und Erfahrungsraum“, so Kaufmann, denn nun konnte recht zeitnah über Politisches, Entdeckungen oder Naturereignisse berichtet werden. Auch die „Türkenfurcht“, die Bedrohung durch die Osmanen, wurde durch den Buchdruck verstärkt bzw. als europaweites Phänomen erst geschaffen. Diese wiederum regte den Absatz von Ablassbriefen an: „Große Ablasskampagnen […] setzten eine starke Nachfrage nach Druckaufträgen in Gang: Ablassbriefe, päpstliche Bullen, Summarien und Instruktionen in kürzeren und längeren, lateinischen der volksprachlichen Versionen, Werbeplakate und anderes mehre wurden benötigt […]. Der Ablassvertrieb brachte den Buchdruck in Schwung und förderte den Ausbau einer typographischen Infrastruktur.“
Die Kirche Roms nutzte also den Buchdruck auf allen Ebenen. Auch im katholischen Europa wurden von Anfang an zahlreiche Bücher gedruckt. Aber die Beziehung der Kirche zum gedruckten Wort blieb ambivalent. Einerseits, so Papst Leo X in der Bulle Inter sollicitudinis aus dem Jahr 1515, sei die Buchdruckerkunst „durch Gottes Gnade und Wohlwollen“ erfunden worden und schaffe großen Nutzen, doch stehen dem andererseits unabsehbare Gefahren gegenüber, da gerade Übersetzungen in die Volkssprache größte „Verirrungen“ im Glauben und Leben anrichten können. Noch im 15. Jahrhundert setzten die Bestrebungen des Papsttums zur Zensur ein.
In den Augen der deutschen Humanisten wie Conrad Celtis gereichte die Erfindung des Buchdrucks vor allem Deutschland zu Ehre: „Mit dem Buchdruck […] habe das viel geschmähte ‘Barbarenland’ nördlich der Alpen den Anschluss an das Kulturniveau der Antike und seiner zeitgenössischen Erben gefunden“, so Kaufmann. Johannes Cochläus war nun stolz darauf, dass die Deutschen nun als „nicht stumpfer und weniger erfinderisch scheinen als irgendein Volk“.
Martin Luther ging noch weiter und rückte laut Kaufmann „die technische Errungenschaft der mechanischen Textreproduktion in einen heilsgeschichtlichen Horizont: Ohne den Buchdruck sei keine Erkenntnis und Wissenschaft, keine Kunst, kein Fortbestand der Kultur und der Sprachen möglich. Auch das Evangelium sei an Buch und Schrift gebunden.“ In den Worten des Reformators: „Der Buchdruck ist das letzte und zugleich größte Geschenk, durch das Gott dem ganzen Erdkreis die Sache der wahren Religion am Ende der Welt bekannt gemacht und in alle Sprachen ausgegossen hat. Er ist gewiss die letzte, unauslöschliche Flamme der Welt.“ In diese Richtung äußerten sich auch Konrad Pellikan in Basel oder Theodor Bibliander in Zürich: „Christus habe in Straßburg durch Gutenberg das Druckhandwerk erfinden lassen, um ‘den Anschlägen des päpstlichen Antichristen mit der gewisse göttlichen Kunst, Bücher zu drucken’, entgegenzutreten.“
Auch für das konfessionelle Luthertum des 17. Jahrhunderts bestand „in dem bald erwarteten Niedergang des Papsttums […] der eigentliche Sinn des Buchdrucks“. Kaufmann teilt dieses vereinfachende „konfessionspolemisch-antikatholische Narrativ“ jedoch nicht und versucht hingegen den breiteren Kontext zu erläutern, der dann im Ergebnis dem Protestantismus starken Auftrieb gab. Eine wichtige Rolle spielte die Tatsache, dass schon vor dem Beginn der Reformation sich das Erlernen von Latein, Griechisch und Hebräisch als Schlüsselkompetenz etablierte. 1506 erschien die lateinische Grammatik der hebräischen Sprache De rudimentis hebraicis des großen Humanisten Johannes Reuchlin. Mit ihr lernten Luther wie auch Karlstadt und Zwingli als Autodidakten das Hebräische; durch Reuchlins Hebraica-Werke konnte sich die biblische Sprache als Lehrfach an den Universitäten durchsetzen.
Für die Reformation war natürlich auch Erasmus von Rotterdams Novum Instrumentum, die griechisch-lateinische Ausgabe des Neuen Testaments von 1516, von grundlegender Bedeutung. Schon die erste Ausgabe dieses neuartigen Werks war ein enormer Erfolg; nur drei Jahr später folgte eine überarbeitete Neuauflage. Die eigene Übersetzung des griechischen Text ins Lateinische in parallelen Kolumnen, exegetische Kommentare und Textkritik, d.h. Angaben zur Überlieferung des Textes, machten, so Kaufmann, „diese Neuausgabe der heiligsten Texte der Christenheit zu einem verwegenen, fundamental autoritätskritischen und insofern spektakulären Buch.“ Der damals übliche lange Titel des Buches mündete in einen Appell des Humanisten an den Leser: „Du, der du die Theologie liebst, lies, erkenn und dann urteile. Wenn du auf etwas Geändertes stößt, nimm nicht sogleich Anstoß, sondern ermesse, ob nicht zum Besseren geändert wurde.“
Erasmus schrieb für seine Ausgabe des Neuen Testaments mehrere Vorreden wie z.B. die Paraclesis oder „Ermahnung“, die später in deutscher Übersetzung einzeln gedruckt wurde und die, wie Kaufmann schreibt, „alle Christenmenschen, Kleriker wie Laien beiderlei Geschlechts, zur Bibellektüre aufforderte“. Erasmus wünschte: „Wenn doch der Bauer mit der Hand etwas davon [sc. der Bibel] vor sich sänge, der Weber etwas davon mit seinem Schiffchen im Takt vor sich summte und der Wanderer mit Erzählungen dieser Art seinen Weg verkürzte.“
„Dass man durch das Lesen gedruckter Bücher Gottes- und Heilserfahrung machen konnte, war ein der lateineuropäischen Christenheit schon vor der Reformation geläufiger Gedanke“, fasst Kaufmann zusammen. Das Medium gedrucktes Buch machte aber auch lebhafte literarische Kontroversen möglich. Der Historiker schildert ausführlich den „Judenbücherstreit“ um Reuchlin, den der Konvertit Johannes Pfefferkorn mit seinem Handspiegel von 1511 entzündete – im Heiligen römischen Reich „das erste Medienevent der Gutenberg-Ära“.
Viel Aufmerksamkeit widmet Kaufmann natürlich dem Beginn der Reformation und dem Zeitraum bis 1525. Mit seinen 95 Thesen vom Oktober 1517 suchte Luther selbst wohl noch nicht eine Breitenwirkung, aber die frühen Thesendrucke wie in Nürnberg und Basel machten den Streit um den Ablass zum Gespräch im Reich und auch in anderen europäischen Ländern (so schickte Erasmus die Baseler Ausgabe nach England). Ohne die Druckerpresse wäre der Reformationsfunke wohl sogleich erloschen. Ob Zufall oder nicht – hilfreich war in jedem Fall, dass die 95 lateinischen Thesen genau auf einen Druckbogen passten.
Ablassprediger Johannes Tetzel antwortete auf Luther mit seiner Replik, den 106 Thesen. Im Frühjahr 1518 folgte Luthers Sermon von Ablass und Gnade, dessen geringer Umfang (der Satz passte auch auf einen Druckbogen) eine hohe Auflage und weite Verbreitung begünstigte. In den Augen Kaufmanns hat der Sermon als „ein in publizistischer Hinsicht geniales Werk“ zu gelten. „Mit dieser ersten Erfolgsschrift hat Luther gewiss weitaus mehr Menschen erreicht als jeder seiner Zeitgenossen.“ Tetzel reagierte hier ebenfalls mit einem volkssprachlichen Traktat.
Luthers Werke erreichten auch Rom, wo Sylvester Prierias sich in die Debatte einschaltete. Luther Reaktion war prompt und ohne falschen Respekt. Schon 1520 hatte die publizistische Auseinandersetzung mit Vertretern Roms eine große Schärfe erreicht. Schon zuvor hatten Johannes Eck und Luthers Wittenberger Kollege Andreas Bodenstein von Karlstadt eine literarische Debatte geführt, in die sich dann auch Luther selbst einschaltete. Die Leipziger Disputation im Sommer 1519, an der die drei teilnahmen, war so publizistisch vorbereitet wie noch keine akademische Debatte zuvor.
Ganz anders als Rom zielten die Reformatoren schon damals auch auf den mündigen Laien, dem auch in theologischen Fragen eine gewisse Kompetenz zugesprochen wurde. Dabei gingen sie noch viel weiter als Erasmus und andere Humanisten. Kaufmann führt aus: „Die theologische Überzeugung der Wittenberger, dass die Laien als Urteilsinstanz nicht übergangen werden durften, ließ es als geradezu zwingend erscheinen, permanent zu publizieren. Die theologische Idee des ‘Priestertums aller Gläubigen’ war exakt die Kirchen- und Sozialtheorie, die dem durch das Printmedium herausgeführten kommunikationskulturellen Wandel entsprach.“
In publizistischer Hinsicht war 1520 ein entscheidendes Jahr für die Reformation. Insgesamt 28 Schriften aus Luthers Feder mit einem Gesamtvolumen von 1004 Seiten gingen in den Druck, darunter die sog. „reformatorischen Hauptschriften“. In dem Jahr „schrieb Luther geradezu um sein Leben“, so Kaufmann. Ohne die großen Texte des Jahres „wäre die ‘die reformatorische Bewegung’ und schließlich die Reformation selbst schwerlich zustande gekommen.“ Vor allem De captivitate Babylonica ecclesiae war ein Schlüsseldokument, da sich an Luthers Sicht der Sakramente die Geister schieden.
Im kommenden Jahr folgte Luthers Vorladung zum Wormser Reichstag. Seine Standhaftigkeit vor Kaiser und Kardinal Aleander wurde schon damals durch das Druckmedium zum Gespräch in weiten Teilen Europas. Kaufmann zu Luther in Worms: „Mehr als hundert Drucke sind aus diesem Anlass erschienen; durch keinen anderen Sachverhalt ist Luther so bekannt geworden wie durch diesen. Niemals seit Gutenberg war über ein Ereignis zeitnäher und dichter geschrieben, berichtet, publiziert worden. In Worms stand neben der Person des Ketzers sein gedrucktes Schrifttum vor dem Gericht des Reiches […].“ Aleander war bewusst, dass vor allem Luthers Ideen aus der Welt geschafft werden müssen, weshalb die vielleicht wichtigste Anordnung des Wormser Edikts auf die Vernichtung der Bücher Luthers und das Verbot des Druckes abzielte. Doch wirkungsvolle Mechanismen für die Umsetzung dieser Maßnahmen gab es nicht. Im föderal gegliederten Reich waren neue Ideen nicht mehr aufzuhalten.
Der Titel von Kaufmanns Buch spricht bewusst von der „Generation Luther“, betrachtet also auch das publizistische Wirken anderer Reformatoren wie z.B. im Kapitel „Lagerbildung in der reformatorischen Bewegung“. Kaufmann geht näher auf Luthers Kollegen Karlstadt ein, der während Luthers Monaten auf der Wartburg der natürliche Anführer der Reformbewegung in der Stadt war. Der Professor legte Anfang 1522 in einer dann auch gedruckten Predigt eine umfassende Begründung für die Entfernung der Bilder aus den Kirchen dar, die von der Obrigkeit angeordnet worden war. Zu einem „Bildersturm“, wie oft behauptet, war es in der Stadt also gar nicht gekommen, weshalb eher von „Bilderentfernung“ zu reden ist.
Luther kehrte im März zurück und nutzte die Situation, so Kaufmann, um den „zur Subordination nicht bereiten Kollegen Karlstadt zu inkriminieren und zu isolieren.“ Luthers Version der Vorgänge setzte sich durch und fand natürlich wieder in gedruckten Texten Niederschlag. „Der ordnungsstiftende Reformator sei chaotisch-aufrührerischen Fehlentwicklungen, zu denen es unter der Führung Karlstadt in seiner Abwesenheit gekommen sei, kraftvoll entgegengetreten und habe das Ruder herumgeworfen.“ Kaufmann hält dieses Narrativ so nicht für haltbar. Luthers „literarischer Vernichtungsschlag gegen Karlstadt“, seinen in Luthers Worten „höchsten Feind“, stellte dann die Schrift Wider die himmlischen Propheten aus dem Jahr 1525 dar.
Das Druckwesen führte aber unweigerlich zu einer dauerhaften Pluralität der Auslegungen und Lehrauffassungen. Auch die Zahl der Autoren, „die nun die publizistische Bühne betraten, vermehrte sich sprunghaft“, so Kaufmann. Karlstadt wurde zwar in Wittenberg, das er bald verlassen musste, gleichsam geächtet, erzielte aber mehr Wirkung im Süden Deutschlands. In Zürich veröffentlichte Ludwig Hätzer (bald ein wichtiger Vertreter der Täuferbewegung) 1523 die am weitesten verbreitete Schrift zu Bilderfrage. In diesen Jahren veröffentliche in der Schweizer auch Zwingli zahlreiche Werke, allein 1522 sieben Schriften.
Die Kirche Roms nutzte also den Buchdruck auf allen Ebenen. Auch im katholischen Europa wurden von Anfang an zahlreiche Bücher gedruckt. Aber die Beziehung der Kirche zum gedruckten Wort blieb ambivalent. Einerseits, so Papst Leo X in der Bulle Inter sollicitudinis aus dem Jahr 1515, sei die Buchdruckerkunst „durch Gottes Gnade und Wohlwollen“ erfunden worden und schaffe großen Nutzen, doch stehen dem andererseits unabsehbare Gefahren gegenüber, da gerade Übersetzungen in die Volkssprache größte „Verirrungen“ im Glauben und Leben anrichten können. Noch im 15. Jahrhundert setzten die Bestrebungen des Papsttums zur Zensur ein.
In den Augen der deutschen Humanisten wie Conrad Celtis gereichte die Erfindung des Buchdrucks vor allem Deutschland zu Ehre: „Mit dem Buchdruck […] habe das viel geschmähte ‘Barbarenland’ nördlich der Alpen den Anschluss an das Kulturniveau der Antike und seiner zeitgenössischen Erben gefunden“, so Kaufmann. Johannes Cochläus war nun stolz darauf, dass die Deutschen nun als „nicht stumpfer und weniger erfinderisch scheinen als irgendein Volk“.
Martin Luther ging noch weiter und rückte laut Kaufmann „die technische Errungenschaft der mechanischen Textreproduktion in einen heilsgeschichtlichen Horizont: Ohne den Buchdruck sei keine Erkenntnis und Wissenschaft, keine Kunst, kein Fortbestand der Kultur und der Sprachen möglich. Auch das Evangelium sei an Buch und Schrift gebunden.“ In den Worten des Reformators: „Der Buchdruck ist das letzte und zugleich größte Geschenk, durch das Gott dem ganzen Erdkreis die Sache der wahren Religion am Ende der Welt bekannt gemacht und in alle Sprachen ausgegossen hat. Er ist gewiss die letzte, unauslöschliche Flamme der Welt.“ In diese Richtung äußerten sich auch Konrad Pellikan in Basel oder Theodor Bibliander in Zürich: „Christus habe in Straßburg durch Gutenberg das Druckhandwerk erfinden lassen, um ‘den Anschlägen des päpstlichen Antichristen mit der gewisse göttlichen Kunst, Bücher zu drucken’, entgegenzutreten.“
Auch für das konfessionelle Luthertum des 17. Jahrhunderts bestand „in dem bald erwarteten Niedergang des Papsttums […] der eigentliche Sinn des Buchdrucks“. Kaufmann teilt dieses vereinfachende „konfessionspolemisch-antikatholische Narrativ“ jedoch nicht und versucht hingegen den breiteren Kontext zu erläutern, der dann im Ergebnis dem Protestantismus starken Auftrieb gab. Eine wichtige Rolle spielte die Tatsache, dass schon vor dem Beginn der Reformation sich das Erlernen von Latein, Griechisch und Hebräisch als Schlüsselkompetenz etablierte. 1506 erschien die lateinische Grammatik der hebräischen Sprache De rudimentis hebraicis des großen Humanisten Johannes Reuchlin. Mit ihr lernten Luther wie auch Karlstadt und Zwingli als Autodidakten das Hebräische; durch Reuchlins Hebraica-Werke konnte sich die biblische Sprache als Lehrfach an den Universitäten durchsetzen.
Für die Reformation war natürlich auch Erasmus von Rotterdams Novum Instrumentum, die griechisch-lateinische Ausgabe des Neuen Testaments von 1516, von grundlegender Bedeutung. Schon die erste Ausgabe dieses neuartigen Werks war ein enormer Erfolg; nur drei Jahr später folgte eine überarbeitete Neuauflage. Die eigene Übersetzung des griechischen Text ins Lateinische in parallelen Kolumnen, exegetische Kommentare und Textkritik, d.h. Angaben zur Überlieferung des Textes, machten, so Kaufmann, „diese Neuausgabe der heiligsten Texte der Christenheit zu einem verwegenen, fundamental autoritätskritischen und insofern spektakulären Buch.“ Der damals übliche lange Titel des Buches mündete in einen Appell des Humanisten an den Leser: „Du, der du die Theologie liebst, lies, erkenn und dann urteile. Wenn du auf etwas Geändertes stößt, nimm nicht sogleich Anstoß, sondern ermesse, ob nicht zum Besseren geändert wurde.“
Erasmus schrieb für seine Ausgabe des Neuen Testaments mehrere Vorreden wie z.B. die Paraclesis oder „Ermahnung“, die später in deutscher Übersetzung einzeln gedruckt wurde und die, wie Kaufmann schreibt, „alle Christenmenschen, Kleriker wie Laien beiderlei Geschlechts, zur Bibellektüre aufforderte“. Erasmus wünschte: „Wenn doch der Bauer mit der Hand etwas davon [sc. der Bibel] vor sich sänge, der Weber etwas davon mit seinem Schiffchen im Takt vor sich summte und der Wanderer mit Erzählungen dieser Art seinen Weg verkürzte.“
„Dass man durch das Lesen gedruckter Bücher Gottes- und Heilserfahrung machen konnte, war ein der lateineuropäischen Christenheit schon vor der Reformation geläufiger Gedanke“, fasst Kaufmann zusammen. Das Medium gedrucktes Buch machte aber auch lebhafte literarische Kontroversen möglich. Der Historiker schildert ausführlich den „Judenbücherstreit“ um Reuchlin, den der Konvertit Johannes Pfefferkorn mit seinem Handspiegel von 1511 entzündete – im Heiligen römischen Reich „das erste Medienevent der Gutenberg-Ära“.
Viel Aufmerksamkeit widmet Kaufmann natürlich dem Beginn der Reformation und dem Zeitraum bis 1525. Mit seinen 95 Thesen vom Oktober 1517 suchte Luther selbst wohl noch nicht eine Breitenwirkung, aber die frühen Thesendrucke wie in Nürnberg und Basel machten den Streit um den Ablass zum Gespräch im Reich und auch in anderen europäischen Ländern (so schickte Erasmus die Baseler Ausgabe nach England). Ohne die Druckerpresse wäre der Reformationsfunke wohl sogleich erloschen. Ob Zufall oder nicht – hilfreich war in jedem Fall, dass die 95 lateinischen Thesen genau auf einen Druckbogen passten.
Ablassprediger Johannes Tetzel antwortete auf Luther mit seiner Replik, den 106 Thesen. Im Frühjahr 1518 folgte Luthers Sermon von Ablass und Gnade, dessen geringer Umfang (der Satz passte auch auf einen Druckbogen) eine hohe Auflage und weite Verbreitung begünstigte. In den Augen Kaufmanns hat der Sermon als „ein in publizistischer Hinsicht geniales Werk“ zu gelten. „Mit dieser ersten Erfolgsschrift hat Luther gewiss weitaus mehr Menschen erreicht als jeder seiner Zeitgenossen.“ Tetzel reagierte hier ebenfalls mit einem volkssprachlichen Traktat.
Luthers Werke erreichten auch Rom, wo Sylvester Prierias sich in die Debatte einschaltete. Luther Reaktion war prompt und ohne falschen Respekt. Schon 1520 hatte die publizistische Auseinandersetzung mit Vertretern Roms eine große Schärfe erreicht. Schon zuvor hatten Johannes Eck und Luthers Wittenberger Kollege Andreas Bodenstein von Karlstadt eine literarische Debatte geführt, in die sich dann auch Luther selbst einschaltete. Die Leipziger Disputation im Sommer 1519, an der die drei teilnahmen, war so publizistisch vorbereitet wie noch keine akademische Debatte zuvor.
Ganz anders als Rom zielten die Reformatoren schon damals auch auf den mündigen Laien, dem auch in theologischen Fragen eine gewisse Kompetenz zugesprochen wurde. Dabei gingen sie noch viel weiter als Erasmus und andere Humanisten. Kaufmann führt aus: „Die theologische Überzeugung der Wittenberger, dass die Laien als Urteilsinstanz nicht übergangen werden durften, ließ es als geradezu zwingend erscheinen, permanent zu publizieren. Die theologische Idee des ‘Priestertums aller Gläubigen’ war exakt die Kirchen- und Sozialtheorie, die dem durch das Printmedium herausgeführten kommunikationskulturellen Wandel entsprach.“
In publizistischer Hinsicht war 1520 ein entscheidendes Jahr für die Reformation. Insgesamt 28 Schriften aus Luthers Feder mit einem Gesamtvolumen von 1004 Seiten gingen in den Druck, darunter die sog. „reformatorischen Hauptschriften“. In dem Jahr „schrieb Luther geradezu um sein Leben“, so Kaufmann. Ohne die großen Texte des Jahres „wäre die ‘die reformatorische Bewegung’ und schließlich die Reformation selbst schwerlich zustande gekommen.“ Vor allem De captivitate Babylonica ecclesiae war ein Schlüsseldokument, da sich an Luthers Sicht der Sakramente die Geister schieden.
Im kommenden Jahr folgte Luthers Vorladung zum Wormser Reichstag. Seine Standhaftigkeit vor Kaiser und Kardinal Aleander wurde schon damals durch das Druckmedium zum Gespräch in weiten Teilen Europas. Kaufmann zu Luther in Worms: „Mehr als hundert Drucke sind aus diesem Anlass erschienen; durch keinen anderen Sachverhalt ist Luther so bekannt geworden wie durch diesen. Niemals seit Gutenberg war über ein Ereignis zeitnäher und dichter geschrieben, berichtet, publiziert worden. In Worms stand neben der Person des Ketzers sein gedrucktes Schrifttum vor dem Gericht des Reiches […].“ Aleander war bewusst, dass vor allem Luthers Ideen aus der Welt geschafft werden müssen, weshalb die vielleicht wichtigste Anordnung des Wormser Edikts auf die Vernichtung der Bücher Luthers und das Verbot des Druckes abzielte. Doch wirkungsvolle Mechanismen für die Umsetzung dieser Maßnahmen gab es nicht. Im föderal gegliederten Reich waren neue Ideen nicht mehr aufzuhalten.
Der Titel von Kaufmanns Buch spricht bewusst von der „Generation Luther“, betrachtet also auch das publizistische Wirken anderer Reformatoren wie z.B. im Kapitel „Lagerbildung in der reformatorischen Bewegung“. Kaufmann geht näher auf Luthers Kollegen Karlstadt ein, der während Luthers Monaten auf der Wartburg der natürliche Anführer der Reformbewegung in der Stadt war. Der Professor legte Anfang 1522 in einer dann auch gedruckten Predigt eine umfassende Begründung für die Entfernung der Bilder aus den Kirchen dar, die von der Obrigkeit angeordnet worden war. Zu einem „Bildersturm“, wie oft behauptet, war es in der Stadt also gar nicht gekommen, weshalb eher von „Bilderentfernung“ zu reden ist.
Luther kehrte im März zurück und nutzte die Situation, so Kaufmann, um den „zur Subordination nicht bereiten Kollegen Karlstadt zu inkriminieren und zu isolieren.“ Luthers Version der Vorgänge setzte sich durch und fand natürlich wieder in gedruckten Texten Niederschlag. „Der ordnungsstiftende Reformator sei chaotisch-aufrührerischen Fehlentwicklungen, zu denen es unter der Führung Karlstadt in seiner Abwesenheit gekommen sei, kraftvoll entgegengetreten und habe das Ruder herumgeworfen.“ Kaufmann hält dieses Narrativ so nicht für haltbar. Luthers „literarischer Vernichtungsschlag gegen Karlstadt“, seinen in Luthers Worten „höchsten Feind“, stellte dann die Schrift Wider die himmlischen Propheten aus dem Jahr 1525 dar.
Das Druckwesen führte aber unweigerlich zu einer dauerhaften Pluralität der Auslegungen und Lehrauffassungen. Auch die Zahl der Autoren, „die nun die publizistische Bühne betraten, vermehrte sich sprunghaft“, so Kaufmann. Karlstadt wurde zwar in Wittenberg, das er bald verlassen musste, gleichsam geächtet, erzielte aber mehr Wirkung im Süden Deutschlands. In Zürich veröffentlichte Ludwig Hätzer (bald ein wichtiger Vertreter der Täuferbewegung) 1523 die am weitesten verbreitete Schrift zu Bilderfrage. In diesen Jahren veröffentliche in der Schweizer auch Zwingli zahlreiche Werke, allein 1522 sieben Schriften.

Kaufmann geht auch auf Thomas Müntzer und den radikalen Flügel der Reformation sowie die Bauernaufstände ein. Er weist darauf hin, dass die Zwölf Artikel gemeiner Bauernschaft „einer der meistgedruckten Text der Zeit überhaupt“ waren. Seine breite Rezeption schufen „erst jenen Zusammenhang, der es sinnvoll und möglich macht, von dem Bauernkrieg zu sprechen.“ Anfangs dem Anliegen der Bauern wohlwollend gegenüber verschärfte Luther wegen Gewaltausbrüchen seinen Ton und sprach in Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern vom „Werk des Teufels“. „Luthers eigenen Agieren im Bauernkrieg erzeugte vor allem unter den oberdeutschen Anhängern der Reformation den Eindruck, dass Gott ihn wegen seiner Hoffart ‘den wahrhaftigen geyst entzogen‘ habe“, so Kaufmann. Dieser „publizistisch induzierte Imageschaden“ war nicht mehr zu korrigieren.
Der Buchdruck führte die Streitkultur auf ein neues Niveau, was in Kaufmanns Buch gut deutlich wird. Der Autor zusammenfassend: „Der unablässige literarische Wortwechsel, die gleichsam auf bedrucktem Papier geführte Dauerdisputation wurde im Zuge der Reformation zu einem Kennzeichen der theologischen Diskurskultur – zwischen den sich ausformenden konfessionellen Lagers, aber auch innerhalb derselben.“
Ein weiteres wichtiges Ergebnis der ersten Medienrevolution war der Auftrieb für nationale Sprachkulturen. Volkssprachliche Drucke erlangen immer höheren Anteil an der Gesamtproduktion. Damit verbunden stieg der des Lesens kundige Bevölkerungsanteil. Als neues Genre entstanden Gesangbücher für die Gemeindeglieder. Sie und zahlreiche Katechismen, von denen in der Reformationsepoche insg. über 700 deutsche und knapp 800 lateinische Ausgaben erschienen, gelangten in die Häuser der Gläubigen. Auf ein breites Lesepublikum zielte auch Luthers Übersetzung des Neuen Testaments von 1522. Seine Vorreden auf die einzelnen Bücher darin zielten ebenfalls auf die Laien. „Bis zu Luthers Todesjahr lagen dann über vierhundert Voll- und Teilausgaben seiner Übersetzung vor – etwa eine halbe Million Exemplare“, so Kaufmann. Die Bibel wurde zu einem religiösen Volksbuch.
Gedruckte Bücher sind Wissensspeicher. In Kompendien und Enzyklopädien, Predigtsammlungen und Traktaten, Flugblättern und theologischen Kommentaren wurden Ideen verschiedenster Art – ob orthodox oder häretisch, traditionell oder fremdartig – verschriftlicht und aufbewahrt. „War das Fremde erst bibliothekarisch eingelagert, konnte es allerlei unerwartete, eigenständige Wirkungen entfalten“, stellt Kaufmann fest. Er nennt das Beispiel von Calvins Zeitgenossen und Gegner Sebastian Castellio, der in seiner Schrift gegen die Ketzerverfolgung von 1554 Texte zusammenstellte, die die Tötung von Ketzern zurückwiesen – darunter Zitate aus Luthers Von weltlicher Obrigkeit oder auch von Calvin. Einmal gedruckte Ideen bleiben in der Welt und können Jahre oder gar Jahrhunderte ungewohnte Resonanz in neuen Kontexten finden. Dies gilt für die Idee der Toleranz oder des „allgemeinen Priestertums“ wie auch für Luthers antijüdische Schriften, die bald in Vergessenheit gerieten und dann erst wieder Ende des 19. Jahrhunderts auf breites Echo stießen.
Kaufmanns Buch ist – dem Thema entsprechend – sehr ansprechend gestaltet. Zahlreiche Illustrationen zeigen die im Text besprochenen Werke. Hat man sich an die manchmal etwas abgehobene Sprache des Professors gewöhnt, ist Die Druckmacher ein echtes Lesevergnügen. Man hätte sich gewünscht, dass Kaufmann sich ein wenig ausführlicher zur Frage geäußert hätte, welche Erkenntnisse für die Gegenwart und das Leben in der zweiten, der digitalen Medienrevolution zu gewinnen wären. In Einleitung und Epilog bleibt der Autor nur sehr skizzenhaft.
In Wir amüsieren uns zu Tode (1985) grenzt Neil Postman das „Zeitalter der Erörterung“, das der Buchdruck hervorbrachte, scharf vom „Zeitalter des Showbusiness“ ab, das durch das Fernsehen entstand. Kaufmann hilft, diesen Eindruck des radikalen Kontrastes zu verfeinern, denn bei allen offensichtlichen Unterschieden zwischen den Medienzeitaltern zeigen sich eben auch nicht wenige Parallelen und überraschende Kontinuitäten. So verbinden wir heute Geschwindigkeit mit dem blitzschnellen Internet und der digitalen Revolution. Doch schon im 16. Jahrhundert publizierten die Reformatoren und andere teilweise äußerst schnell. Luther z.B. (wie Kaufmann selbst nachwies) gab manchmal Manuskriptteile schon in den Satz, bevor er ein Werk abgeschlossen hatte, d.h. die Produktion des Buchs in der Druckerei begann schon vor der Fertigstellung des eigentliches Textes. Die Generation Luther fühlte genau den Puls der Zeit und reagierte möglichst zügig auf die immer neuen Herausforderungen. Von der ersten Medienrevolution gibt es heute noch viel zu lernen. Der Druckmacher hilft dabei.
https://lahayne.lt/2023/01/19/das-groste-geschenk-gottes/

Dalai Lama kritisiert christliche Mission

Das Oberhaupt des tibetischen Buddhismus, der Dalai Lama, hat bei seinem Deutschland Besuch im Juli 2007 in Hamburg die christliche Missionsarbeit in Asien kritisiert.
In einem Interview sagte er, er habe in der Mongolei christliche Missionare darauf hingewiesen, dass dies ein buddhistisches Land sei »und kein Ort für Bekehrungen«.
Wir erwidern:
1. Eigenartige Argumente: Er selbst kommt nach Europa und speziell immer wieder nach Deutschland und missioniert hier für den Buddhismus – auch wenn er den Begriff dafür nicht verwendet (was ein Etikettenschwindel seines Auftretens ist).
2. Das Christentum ist keine europäische Religion oder Botschaft – es kommt übrigens aus Asien!
3. Nirgends erhält der Mensch größere Freiheit, sich für oder gegen einen Glauben zu entscheiden, als im christlichen Glauben.
4. Wir sind allen Menschen das Evangelium schuldig, dass nur Christus zum ewigen Leben führt.
https://www.die-apis.de/fileadmin/BILDER/5-Bibel-und-Medien/2-Gemeinschaft_Magazin/1-Archiv/PDFs%20Gemeinschaft%202007/Gemeinschaft_2007-11.pdf

Fluch des Tutanchamun

Auf den Fluch des Tutanchamun kann ich verzichten. Schon an sich sind Flüche keine angenehme Sache, doch der Fluch dieses längst verstorbenen ägyptischen Herrschers soll es ganz besonders in sich haben.
Nachdem Howard Carter 1922 unverhofft auf das Grab des geheimnisvollen Königs stieß, verbreite zuerst der Korrespondent des „Daily Express“ die Geschichte vom „Fluch des Pharao“. Demnach solle im Grab des Tutanchamun eine Inschrift hängen, die unliebsame Eindringlinge warnt: „Wer dieses geheiligte Grab betritt, soll rasch von den Schwingen des Todes heimgesucht werden“.
Als Lord Carnarvon, der Finanzier der Ausgrabung, kurze Zeit später plötzlich starb, wurde das als Beleg für den „Fluch des Pharao“ betrachtet. Insbesondere die damals bekannte Sensationsautorin Marie Corelli nahm sich des Themas an und spekulierte über eine Verschwörung aus dem Alten Ägypten. Ärzte konnten bei Lord Carnarvon allerdings lediglich eine Sepsis feststellen, die er sich durch einen infizierten Mückenstich zugezogen hatte.
Auch Sir Arthur Conan Doyle, der Erfinder des Superdetektivs Sherlock Holmes, hielt den „Fluch des Pharaos“ durchaus für real. Schon vor den Grabungen Carters im Tal der Könige wurden literarische Bedrohungen aus der Welt des Alten Ägypten entworfen. Die englische Schriftstellerin Jane Webb Loudon beispielsweise erfand in ihrem Roman „The Mummy“ („Die Mumie“) 1828 das Motiv der wieder zum Leben erwachenden Mumie, die sich an den Grabschändern rächte. Seitdem wurde die Mumienstory jedes Jahrzehnt erneut aufgewärmt und neu zum Leben erweckt.
Horror-Abenteuerfilm „Die Mumie“
„Die Mumie“ heißt dann auch ein von Karl Freund gedrehter Horrorfilm aus dem Jahr 1932. Darin erweckt der Archäologe Sir Joseph Whemple ungewollt die Mumie des ägyptischen Hohepriesters Im-Ho-Tep (gespielt von Boris Karloff) zum Leben. Der Archäologe wird daraufhin verrückt und die Mumie stiftet allerlei Unheil. Der amerikanische Horror-Abenteuerfilm „Die Mumie“ greift 1999 das Thema erneut auf. Wieder ist es die Leiche des Hohepriesters Im-Ho-Tep, die durch das rezitieren magischer Formeln versehentlich wieder lebendig wird. Die Mumie saugt den Teilnehmern der Grabungs-Expedition das Leben aus, bringt einige der zehn biblischen Plagen über das Land und versucht die schöne amerikanische Wissenschaftlerin Evelyn zu kidnappen. Letztendlich wird der größenwahnsinnige Im-Ho-Tep natürlich auch hier wieder in die Welt der Toten zurückgeschickt.
Fluch-Text nie gefunden
In geheimnisvollen Büchern über paranormale Phänomene und globale Verschwörungstheorien ist bis heute zu lesen, dass der „Fluch des Pharao“ 26 Menschen das Leben gekostet haben soll. Noch bei einer Ausstellung der Funde aus Tutanchamus Grab in den USA (1970) berichte einer der wachhabenden Polizisten er habe durch den „Fluch der Mumie“ einen Schlaganfall erlitten. Die Wirklichkeit sieht auch hier wieder ganz anders aus als der Mythos. Obwohl die Geschichte vom „Fluch des Pharao“ später sogar von der „Daily Mail“ und der „New York Times“ aufgegriffen wurde, ist bis heute ein solcher Fluch-Text in keinem einzigen ägyptischen Pharaonengrab gefunden worden. Ähnlich lautet höchstens der Text auf einem dem Gott Anubis geweihten Schrein: „Ich bin es, der den Sand daran hindert, die geheime Kammer zu verschütten. Ich bin zum Schutz der Verstorbenen da.“ Das klingt zwar auch etwas unheimlich, von einem Archäologen verfolgenden-Geist oder Fluch aber ist hier nicht die Rede.
Nach den im „British Medical Journal“ 2002 publizierten Untersuchungen sind von den 26 „Opfern“ des Pharaonen-Fluchs nur sechs in den ersten zehn Jahren nach Öffnung des Grabes gestorben. Obwohl sich „Tutanchamuns Fluch“ doch zuerst gegen den Hauptverantwortlichen, Howard Carter, wenden müsste, lebte der noch weitere 17 Jahre und starb relativ unspektakulär an einem Hodgkin-Lymphom. Bei einer erneuten gründlichen Untersuchung der Mumie Tutanchamus wurden keine geheimnisvollen Krankheitserreger gefunden, auch starben die daran beteiligten Wissenschaftler nicht unverhofft. Stattdessen fand man heraus, dass der 19-Jährige Pharao nur 1,70 Meter groß und sehr dünn war. Er starb offensichtlich an einem infizierten Knie.
Gott zieht Menschen zur Rechenschaft
Die Relevanz des Fluches ist offensichtlich von dem abhängig, der flucht, und davon inwieweit er die Möglichkeit und den Willen hat seine Ankündigungen wahr zu machen. Ein längst verstorbener Pharao hat offensichtlich in der Gegenwart keinerlei Macht mehr, außer über diejenigen, die sich in ihre magischen Ideen versteigen. Ein Chef, der flucht, weil er sauer auf einen ist, hat schon mehr Möglichkeiten einem das Leben schwer zu machen. Übernatürliche Wesen, die einem Böses wollen, sind da wohl noch gefährlicher – weshalb man sich tunlichst nicht mit echten okkulten Mächten einlassen sollte.
Gott ist zwar noch mächtiger, flucht aber nicht willkürlich. Trotzdem zieht er manche Menschen schon während ihres Erdenlebens zur Rechenschaft, wenn sie sich immer wieder gegen ihn wenden oder ihn herausfordern. Von Michael Kotsch
https://agwelt.de/2012-11/fluch-des-tutanchamun/

„Die Sprache Kanaans“- IST SIE EIN HINDERNIS FÜR MODERNE ZUHÖRER?

Wahrscheinlich ist Ihnen diese Formulierung auch schon begegnet. Meistens wird sie etwas spöttisch und abwertend für einen Sprachschatz gebraucht, der mit biblischen und christlichen Begriffen durchzogen ist. „Die Sprache Kanaans“, so wird gesagt, „sei ein großes Hindernis um dem Glauben fernstehende Menschen zu Christus zu führen.“ Manche sind regelrecht bemüht, jeden Anflug von „Kanaanäisch“ in ihrer Verkündigung zu vermeiden. Andere beschleicht ein bedrückendes Gefühl, wenn abwertend und etwas ironisch über das „Kanaanäisch“ geredet und geurteilt wird. Was ist nun davon zu halten? Haben die Kritiker der „Sprache Kanaans“ recht oder ist Gefahr in Verzug, dass biblische Inhalte verwischt werden? Eine verständliche Sprache ist wichtig Ohne Zweifel ist es wichtig, eine Sprache zu sprechen, welche die Menschen heute verstehen. Dabei muss sauber differenziert werden zwischen biblischen Begriffen und einer antiquierten Sprache. So haben Wörter wie z.B: „sintemal“, „fürbass““ oder „weiland“ nichts mit biblischen Begriffen zu tun und können durch „weil/da“, „weiter/weitergehen“ sowie „früher“ problemlos ersetzt werden, ohne dem biblischen Text Abbruch zu tun. Ebenso ist eine süßlich säuselnde oder pomadige Predigt nicht mit einer vollmächtigen Verkündigung zu verwechseln. Sicher sollte auch kein wahlloses „Feuerwerk“ von christlichen Begriffen abgebrannt werden, ohne sich über deren eigentliche Bedeutung und inhaltliche Füllung im Klaren zu sein. Aber bei der abschätzigen Beurteilung der „Sprache Kanaans“ geht es oft um mehr. Eine alarmierende Bibelstelle Immer wieder hat mich ein bedrückendes Gefühl beschlichen, wenn Personen, meistens aus einem gutgemeinten missionarischen Eifer heraus, sich abfällig oder sogar sehr spöttisch über die „Sprache Kanaans“ äußerten. Dabei wurde oft allzuschnell die Grenze zwischen einem altmodischen Deutsch und biblischen Sachverhalten verwischt. Als ich dann in der Bibel tatsächlich auf die Sprache Kanaans stieß, begannen alle „Alarmlichter“ zu blinken. In Jesaja 19, 18 steht: „An jenem Tag werden fünf Städte im Land Ägyptens sein, die die Sprache Kanaans reden und dem HERRN schwören werden.“ Hier geht es um Gottes zukünftige Segenszeit mit Israel im Tausendjährigen Reich. Das Reden der „Sprache Kanaans“ ist somit im biblischen Zusammenhang nichts Abwertendes, sondern ein Zeichen für Gottes erneuerndes Handeln an Ägypten! Wie aber kann es sein, dass ein biblischer Sachverhalt, der Gottes rettendes Handeln zum Ausdruck bringt, zunehmend als eine abfällige oder spöttische Redewendung gebraucht wird? Wenn dies auch oft aus Unwissenheit geschieht wird doch damit deutlich, dass der abwertende Gebrauch der „Sprache Kanaans“ nicht dem Heiligen Geist und der biblischen Wahrheit entspringen kann. Neue Begriffe – neue Inhalte? Leider bleiben bei Kritikern der „Sprache Kanaans“ im Bemühen um ein verständlicheres Deutsch oft biblische Wahrheiten auf der Strecke. So werden bei dem Feldzug gegen das „Kanaanäisch“ biblische Begriffe wie z. B. Lamm Gottes, Blut und Kreuz Christi, Gnade, Heiligkeit Gottes, Gericht, Sünde, Hölle, Verdammnis etc. aus der Verkündigung verbannt. Damit werden aber nicht nur Begriffe, sondern biblische Inhalte über Bord geworfen. So ist es ein grosser Unterschied, ob ich in einer Verkündigung das biblische Sündenverständnis erkläre oder lediglich von „Fehler machen“ rede. Bedeutende biblische Begriffe können wir nicht einfach auswechseln, ohne inhaltliche Einbußen hinzunehmen. Stattdessen sollte es uns ein Anliegen sein, z.B. das Lamm Gottes, das Kreuz Christi, die Heiligkeit Gottes, Sünde usw. ganz neu unseren Mitmenschen zu erklären. Könnte es vielleicht auch sein, dass eine lau gewordene Christenheit viele biblische Begriffe leichtfertig wegwirft, weil sie selbst nichts mehr damit anzufangen weiß? In diesem Zusammenhang stimmt es bedenklich, dass Bibelübertragungen wie „Hoffnung für alle“ oder die „Gute Nachricht“ innerhalb der Gemeinde Jesu mehr und mehr Verbreitung finden. Sicher können solche Übertragungen nach genauer Prüfung auch eine Verständnishilfe im heutigen Deutsch bieten. Aber um persönlich tiefer in Gottes Wort hineinzuwachsen, benötigt man eine gründliche und gute Übersetzung des biblischen Grundtextes1 und nicht etwa eine menschliche Interpretation (Bibelübertragung) oder sogar stellenweise eine handfeste Verfälschung des biblischen Sachverhaltes (wie z.B. in der Guten Nachricht). Prägung oder Preisgabe? Die Bekämpfer des „Kanaanäisch“ führen oft als Vorbild Martin Luther an, der für seine Bibelübersetzung dem Volk „aufs Maul geschaut hat“. Zweifellos war Luther von dem gottgewirkten Anliegen getrieben, eine für das Volk verständliche Bibel zu übersetzen. Aber etwas sehr Wichtiges wird dabei übersehen: Luther hechelte mit seiner allgemeinverständlichen Übersetzung nicht etwa dem Zeitgeist hinterher, sondern prägte und formte durch das Wort Gottes die deutsche Sprache, indem er die Bibel übersetzte! Das ist der grundlegende Unterschied zur postmodernen angepassten Verkündigung, in der zunehmend eine Preisgabe der biblischen Begriffe und Inhalte festzustellen ist. Durchdringung oder Verdrängung George Whitefield wurde von Gott in eine Generation gerufen, die vom völligen moralischen Zerfall und einer gesellschaftlichen Verrohung gekennzeichnet war. Gott gab ihm mit einer lebendigen und bildlichen Verkündigung den Zugang zu allen Bevölkerungsschichten. Die Durchschlagskraft seiner Botschaft machte ihn zu einem der grössten Verkündiger in der Kirchengeschichte. Whitefields Wirken wurde dadurch gekennzeichnet, dass seine Verkündigung immer mehr von Gottes Wort durchdrungen war. Benedikt Peters lässt in seiner Biographie über George Whitefield einen Zeitzeugen zu Wort kommen: „Er bedient sich ausgiebig der Sprache des Neuen Testaments. Dazu besitzt er eine bewundernswerte Gabe, die Schrift zu erklären.“ 2 Vorlesen und auslegen In Neh 8, 8 wird uns über die „Erweckung“ der Israeliten folgendes berichtet: „Und sie lasen aus dem Buch, aus dem Gesetz Gottes, abschnittsweise vor, und gaben den Sinn an, so dass man das Vorgelesene verstehen konnte.“ So und nicht anders wurde dem Volk, welches inzwischen „anders geprägt“ war, der Zugang zur göttlichen Offenbarung wiedergegeben. Wir brauchen biblisch durchdrungene Verkündigung Könnte es sein, dass es dem Widersacher Gottes gelungen ist, mit der spöttischen Abwertung der „Sprache Kanaans“, trotz begrüßenswerter missionarischer Motive, ein „Trojanisches Pferd“ in die Gemeinden einzuschleusen? Entspricht es dem Wirken des Heiligen Geistes, wenn sich eine Verkündigung mehr an der Sprache einer gottlosen und ehebrecherischen Gesellschaft orientiert, als an der Bibel? Was wir dringend brauchen ist kei- ne „knackige“ und „fetzige“ Verkündigung, die mehr dem Verlangen nach „Entertainment“ und „Stammtischkumpelei“ entspricht, wie der Ehrfurcht vor Gott und seinem irrtumslosen, ewig gültigen Wort. Wir brauchen heute mehr denn je Menschen, deren Leben und Denken zutiefst von der Heiligen Schrift geprägt und verändert ist. Deren Glaube nicht auf theologisch-intellektuellen Theorien, sondern auf der Erkenntnis biblischer Wahrheiten gründet. Menschen, die mit einem Herz voller Liebe bereit sind, anderen die biblischen Wahrheiten zu bezeugen und zu erklären. Wir brauchen eine Verkündigung, die ganz neu von Gottes Wort durchdrungen ist.?
1Der Verfasser möchte in diesem Zusammenhang die revidierte Schlachter- Übersetzung der Genfer Bibelgesell- schaft sehr empfehlen.
2 Peters, Benedikt: Georg Whitefield Seite 144, CLV, Bielefeld 1997
https://www.fest-und-treu.de/index.php?id=2&a=1972

Der Baum

In Theologistan lebte ein Baum. Viele Jahre blühte er prächtig und brachte Frucht. Immer wieder spendete er Menschen Schatten, die auf der Flucht waren. Er machte ihnen Mut und sie lernten von seiner Standfestigkeit für ihr eigenes Leben. Sie sahen: Der Baum ist nicht einfach nur irgendwie gewachsen, wie es ihm gerade passte. Er hat sich am Licht ausgerichtet, er wurde durch Stürme stark.

Mit der Zeit kamen immer weniger Menschen. Bald wurde ein Zaun um den Baum gemacht, weil nur die ausgebildeten Gärtner von Theologistan den Baum von Nahem sehen und pflegen durften. Gärtnern durfte nur lernen, wer alle Pflanzen gut kannte, und so wurde unser Baum immer einsamer. Alle sprachen von ihm, jeder berief sich gern auf ihn, doch immer aus dem sicheren Abstand von jenseits des Zaunes.

Plötzlich fehlte auf einer Seite der Zaun. Nun gab es zwei Parteien in Theologistan, die Hinterzäuner und die Vorderzäuner. Die Hinterzäuner hielten weiterhin Abstand und blieben hinter dem Zaun. Die Vorderzäuner näherten sich von der anderen Seite, wo sich kein Zaun mehr befand. Die Vorderzäuner fanden es wichtig, dass jeder Mensch freien Zugang zum Baum haben soll.

Eines Tages kam ein Vorderzäuner auf die Idee, den Baum nicht nur anzuschauen, er wollte auch wissen, woraus der Baum besteht. Er brachte ein Messer mit und hatte eine Schrift verfasst „Abhandlung von freier Untersuchung des Baumes“. Er forderte, dass der Baum ganz genau seziert und untersucht werden muss. Mit der Zeit gibt es immer mehr Universitäten, die davon leben konnten. Die Hinterzäuner fühlten sich bestätigt und fanden, sie hätten recht damit, dass sie niemanden zu nahe an den Baum heranlassen würden.

Ein Professor der Baumologie wollte die Jahresringe des Baumes untersuchen. Er schnitt ein Stück vom Stamm des Baumes auf und je mehr er sich in die Jahresringe vertiefte, je mehr er die frühe Zeit des Baumes betrachtete, desto mehr sah er Unterschiede zu seiner Zeit und sprach von einem unüberbrückbaren garstigen Graben zwischen der Frühzeit des Baumes und seiner Zeit.

Ein anderer Baumologe wollte über das Leben des Baumsamens schreiben. Er brachte eine ganze Forschungsrichtung hervor, die sich damit beschäftigten, was man über den Baumsamen herausfinden kann, wenn man alle Veränderungen, die sich in den Jahresringen niederschlugen, entfernt. Nach hundert Jahren Baumsamenforschung kam man zum Schluss, dass jeder Forscher am Ende immer genau das herausfinden wird, was er zu Beginn schon voraussetzte.

Wieder ein anderer Baumforscher wollte die Methoden der Forschung wissenschaftlicher gestalten. Er fand, dass man alles am Baum in Frage stellen müsse, und dann dürfe nur das übrigbleiben, was wissenschaftlichen Erklärungen entspricht: Nur das, was sich durch das Prinzip von Ursache und Wirkung erklären lässt, und nur das, was auch in der jetzigen Zeit festgestellt werden kann, darf als wahr betrachtet werden.

Schon lange gab es Bestrebungen, den Baum als Pflanze zu betrachten, die von vielen Generationen von Gärtnern immer wieder manipuliert, verfälscht und mit Fehlern behaftet worden war. Viele Erklärungsmodelle für alle möglichen Verästelungen waren publiziert worden. Und irgendwann fanden auch die Hinterzäuner, dass sie nicht mehr um den Gebrauch dieser zahllosen Methoden herum kämen.

Erst spät bemerkten die Theologistaner, dass der Baum immer weniger Blätter und Frucht trug. Nur wenige kamen auf die Idee, dass dies am ständigen Zerlegen des Baumes liegen könnte. Es gab viele Versuche, dem Baum zu helfen. Einige dachten, es gehe dem Baum so schlecht, weil es noch so viel zu tun gab, um die Ungerechtigkeit in der Welt zu beseitigen. Manche nehmen die Frucht des Baumes und pflanzen sie anderswo wieder in den Boden. Daraus wachsen schnell weitere Pflanzen, die ihrerseits Frucht tragen. Doch auch dort sammeln sich bald wieder Gelehrte, die auch diese Bäume sezieren wollen. Sie sind der Meinung, dass es zu viel Streit um die Baumologie gebe. Man müsse den Gegensatz zwischen den Sezierern und den Nichtsezierern aufheben, indem man immer nur ein wenig aufs Mal seziert. Wie diese Geschichte weiter geht, wird sich noch zeigen. Manches davon liegt nun auch in unser aller Händen. 

https://blog.jonaserne.net/category/bibelkritik/

Friedrich Dürrenmatt zum 101. Geburtstag.

Friedrich Dürrenmatt wird am 5.Januar 1921 in Konolfingen, Kanton Bern, geboren. Sein Vater, Reinhold Dürrenmatt, ist der protestantische Pfarrer des Dorfes. Sein Großvater, Ulrich Dürrenmatt, ist Berner Nationalrat, Redakteur einer Zeitung und Verfasser satirischer Gedichte. 1924 wird seine Schwester Vroni geboren. Von 1933 an besucht Dürrenmatt zwei Jahre lang die Sekundarschule im Nachbardorf Großhöchstetten. 1935 zieht die Familie nach Bern, vermutlich aus finanziellen Gründen. Dort besucht er 2 ½ Jahre ein freies Gymnasium, danach das Humboldtianum, wo er 1941 die Maturitätsprüfung ablegt. Er ist kein besonders guter Schüler. Von 1941 bis 1946 studiert er Philosophie und Literatur in Bern und Zürich. Er studiert vor allem Kant, Platon und Kierkegaard. Schon während des Studiums entstehen erste schriftstellerische Versuche, „Der Sohn“, „Die Wurst“, „Weihnacht“ und „Der Folterknecht“. Sie werden 1980 unter dem Titel “Untergang und neues Leben“ veröffentlicht. „Der Alte“ ist 1945 seine erste Publikation in der Berner Tageszeitung „Der Bund“. 1946 heiratet er die Schauspielerin Lotti Geißler. 1947 ziehen sie nach Bern, wo im gleichen Jahr sein Sohn Peter geboren wird. Zwei Jahre später wird seine Tochter Barbara geboren.
In seinen Werken griff er immer wieder christlichen Werte sowie biblische Motive auf. Zum Glauben selbst entwickelte er im Laufe seines Lebens ein ambivalentes Verhältnis.
Wie die F.A.Z. aktuell berichtet, habe ihn seine Mutter ‚mit ihrem siegesgewissen Gottesglauben‘ abgeschreckt.
Ulrich Weber, der zum hundertsten Geburtstag von Dürrenmatt seine eine mehr als 700-seitige Biographie veröffentlicht hat, gab gegenüber dem NDR ein Interview über Dürrenmatt. Dabei nahm er auch Bezug auf dessen Glauben. Auf die Frage, ob der Schweizer Schriftsteller ein gläubiger Mensch gewesen sei und ob daher auch sein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn komme, erklärte Ulrich Weber:

„Das ist eine wichtige Frage, weil er gläubig war und zugleich eigentlich alles andere.“

So habe er schon als Kind „gegen die Glaubenswelt seiner Eltern rebelliert“. Während seines Studiums in den 40er Jahren habe sich Dürrenmatt „immer mehr vom protestantischen Glauben distanziert“. Zu seinem Lebensende hin habe er sich gar als Atheisten bezeichnet. Diesbezüglich betonte Ulrich Weber:

„Aber was geblieben ist, waren die inneren Werte des Christentums, die ihn immer begleitet haben, und auch die Motive, die er immer wieder aus der Bibel aufgriff.“

In seiner Jugend ließ Friedrich Dürrenmatt in einem Brief an seine Mutter, den er ihr im Alter von 21 Jahren zu ihrem 56. Geburtstag im Jahr 1942 schrieb, eine Sehnsucht nach Geborgenheit und Urvertrauen durchblicken.

Wie die Tagespost berichtete, schrieb Dürrenmatt darin folgende Zeilen:
„Du hättest einen tausendmal besseren Sohn verdient, als ich es bin. Ich gäbe alles drum, wenn ich die Wunden heilen könnte, die ich Dir geschlagen. Aber vielleicht ist dies unmöglich. Warum sind wir beide doch so verschieden, Du und ich, sind wir doch Mutter und Sohn! Warum kann ich nicht an einen Gott glauben wie Du! Es ist mir manchmal, als wären alle meine Gefühle erfroren, und wenn ich fühle, gibt es keinen Namen dafür. Ich möchte meinen Kopf in Deinen Schoß legen und schlafen.“

Letztlich stand wohl sein von frühester Jugend angelegter Drang nach absoluter Unabhängigkeit dem Glauben an Gott entgegen.
Quellen: domradio.de, faz.net, ndr.de, ref.ch, die-tagespost.de https://promisglauben.de/biograph-ueber-friedrich-duerrenmatt-er-war-glaeubig-und-zugleich-eigentlich-alles-andere


Impfen als Religion

Jetzt geht sie los die Zeit des gegenseitigen Beschuldigens. Irgendeinen Schuldigen muss es ja geben für die vierte Welle. Und sicher scheint nur eines: Schuld haben die anderen!
Impfen oder nicht impfen hat religiöse Züge angenommen. Jetzt fällt es beiden Seiten schwer, vom Glauben abzulassen. Natürlich ist Impfen sinnvoll, denn es schützt den einzelnen vor schwerer Erkrankung. Zumindest für ein paar Monate. Dann lässt die Wirkung nach. Die Impfung schützt aber nicht zu 100% vor Infektion mit dem Corona-Virus. Auch Geimpfte können sich anstecken und könne ansteckend sein. Nicht so sehr wie Ungeimpfte, aber wenn es um Fragen des Glaubens geht fallen solche Details gerne unter den Altar.
Ungeimpft heißt aber ungeschützt. Auch das gehört zur Wahrheit. Ungeimpft heißt: ich werde erkranken. Wie schwer? Das kann keiner wissen. Dem Virus entfliehen kann keiner. Ungeimpfte können sich nicht aus der Verantwortung stehlen und sagen: Ich habe mit der Situation auf den Intensivstationen nichts zu tun. Ungeimpfte können auch nicht fordern, dass Maßnahmen fallen, dass das Leben für Kinder und Jugendliche erleichtert wird, aber für sich selbst sagen: Das Entscheidende tue ich dafür nicht.
Und wer jemals noch mal das Wort „Eigenverantwortung“ in den Mund nehmen sollte, dem empfehle ich die Bilder aus den Karnevalshochburgen in Mainz und Köln von letzter Woche. Auch 2G heißt ja nicht, dass die Pandemie vorbei ist. Auch Geimpfte und Genese tragen zum Infektionsgeschehen bei.
Also zu sagen: Die Ungeimpften sind Schuld und wir Geimpften sind das auserwählte Volk, das von den Höhnern persönlich durchs Pandemiemeer in die Freiheit geführt wird, das ist mir a)zu religiös und b)zu weit entfernt von der Realität.
Und jetzt? Schuldzuweisungen helfen uns jedenfalls nicht weiter.
Neulich las ich einen Text von jemandem, der schrieb, dass er sich jetzt endlich auch in Deutschland eine Triage wünscht. Eine völlige Überlastung der Intensivstationen. Bilder wie aus Bergamo. Tod. Massengräber. Damit es endlich alle kapieren.
Ich wünsche mir Einsicht, Rücksicht und ein gesundes Leben für alle. Aber ich war halt schon immer ein wenig naiv. (C.S) FB161121

ICF, Hillsong und Co.

Dieser Artikel soll dir einen kleinen Einblick in die neuen Gemeinden der evangelikalen Gemeindelandschaft geben. Exemplarisch werden dabei die ICF- und Hillsong-Bewegung thematisiert.

ICF, Hillsong und Co.

Ob auf der Fahrt in den Urlaub nach Dänemark oder zur nächsten Besprechung – häufig läuft bei mir im Auto nicht das Radio, sondern ein Predigtpodcast. Auch Predigten von Tobias Teichen oder Stefan Hänsch sind dabei. Sie schaffen es mit ihrer lebendigen Art zu predigen, biblische Botschaften lebensnah zu kommunizieren.

Doch manchmal passiert es, dass ich während einer Predigt innerlich zusammenzucke: „Das hat er doch jetzt nicht etwa gesagt? Hat er? Hat er nicht?“, schießt es mir durch den Kopf. Ich spule zurück und höre mir die Stelle nochmal an. Obwohl ich von ihren Predigten profitiere, kann ich nicht allen Ansichten zustimmen.

Aus meiner Sicht haben etablierte Gemeinden wachsende Berührungspunkte mit neuen Freikirchen. Besonders junge Geschwister werden durch ihre Podcasts, Musik und Bücher geprägt. Gerade bei einem Ortswechsel kommen moderne Freikirchen für sie in Betracht – da ist es gut, wenn sie Orientierung bekommen.

Dieser Artikel soll dir einen kleinen Einblick in die neuen Gemeinden der evangelikalen Gemeindelandschaft geben. Exemplarisch werden dabei die ICF- und Hillsong-Bewegung thematisiert.

Überblick

HillsongICF
Gemeinden in DeutschlandKonstanz, DüsseldorfAugsburg , Balingen, Berlin (2), Bielefeld, Freiburg, Heilbronn, Karlsruhe, Kraichgau, München (2), Nürnberg, Paderborn, Schorndorf, Reutlingen, Rhein-Neckar, Singen, Stuttgart
Prägende PersonenBrian Houston, Freimut HaverkampLeo Bigger, Tobias Teichen, Stefan Hänsch
Mission Statement / Vision„To reach and influence the world by building a large Christ-centered, Bible-based church, changing mindsets and empowering people to lead and impact in every sphere of life.“Wir träumen von einer Kirche, die am Puls der Zeit steht.Hier finden Menschen eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus.In dieser Kirche erleben Menschen echte Liebe und Gemeinschaft.Begabungen werden entdeckt und gefördert.Die Kirche, von der wir träumen, ist leidenschaftlich, wächst ständig und hat positive Auswirkungen auf unsere Gesellschaft.
Websiteswww.hillsong.com
www.hillsong.com/germany/
www.icf.church
www.icf-muenchen.de
www.icf-berlin.de

Einfluss

Platz 5 der Podcasts-Charts in der Kategorie „Christentum“ hält die „Hillsong Church Germany“ – dicht gefolgt vom vom Audiopodcast der „ICF München“ auf Platz 7. [Stand: 03.06.2015] Die Predigten auf dem YouTube-Kanal von „ICF München“ haben mehrere tausend Aufrufe. Die Predigten dieser Gemeinden werden weit über ihre Gemeindegrenzen hinaus konsumiert und haben so Einfluss auf viele Menschen.

Auch die Musik aus den Gemeinden findet weite Verbreitung. Hier ist insbesondere die Musik der verschiedenen internationalen Hillsong-Gemeinden zu nennen, die natürlich auch ihre Theologie transportieren.

Die Verbreitung der Gemeinden nimmt weiter zu. ICF z.B. möchte an allen zentralen Orten in Deutschland Gemeinden gründen.

Kennzeichen

Moderne Freikirchen zeichnen sich durch attraktive Gottesdienste, lebensnahe Predigten von guten Kommunikatoren, lebendige Gemeinschaft in Kleingruppen und durch eine klare Vision aus. Diese Gemeinden wollen am Puls der Zeit leben und verständlich für Menschen sein, die keinen Bezug zum christlichen Glauben haben. Dabei verbinden sie den Anspruch von Bibeltreue mit dem Wunsch nach Innovation und Professionalität.

Trotz ihres Anspruches „am Puls der Zeit“ zu sein, legen sie Wert auf biblische Werte. So vertreten sie beispielsweise die Ansichten, dass Sex in die Ehe gehört, dass Homosexualität Sünde ist oder dass 10% des Einkommens gespendet werden sollten. Bei diesen Ansichten berufen sie sich auf die wörtliche Auslegung der Bibel.

Im folgenden habe ich einige Kennzeichen formuliert und Herausforderungen für bestehende Gemeinden formuliert.

BeobachtungHerausforderung
Attraktive GottesdiensteDie Gottesdienste sind verständlich für Menschen ohne christlichen Hintergrund – aber auch für bewusste Christen. Die Form entspricht dem Lebensgefühl der heutigen Zeit.Wie können Gottesdienste verständlich und attraktiv gestaltet werden?
Lebensnahe PredigtenSehr praxisorientierte Verkündigung mit vielen Beispielen, eigenen Erfahrungen und konkreten Anwendungen, was ich als Zuhörer tun kann. Echt herausfordernd.Wie kann die zeitlose Botschaft der Bibel in unsere Zeit transportiert werden?
Lebendige GemeinschaftNeben den Gottesdiensten spielen Kleingruppen eine große Rolle, in denen Gemeinschaft gelebt wird. Die Teilnahme an diesen Gruppen wird aktiv gefördert.Wie wird das persönliche Miteinander in eurer Gemeinde gestaltet?
Klare VisionDie Gemeinden haben sehr klare Vorstellungen davon, wohin sie wollen und stellen sich gemeinsam hinter diese Vision.Welche Vision hat eure Gemeinde?
Vermittlung biblischer WerteGerade im Bereich der Sexualität gelingt es, biblische Positionen verständlich zu vermitteln.Welche Werte müssen heute vermittelt werden? Auf welcher Art kann dies gewinnend kommuniziert werden?

Kritische Anfragen

Trotz ihres Bibelverständnisses haben sie in einigen Bereichen andere Positionen als die, die ich in der Bibel erkenne. Einige davon habe ich im Folgenden als kritische Anfrage formuliert. Zu jeder kritischen Anfragen habe ich eine Herausforderung formuliert, die sich aus meiner Sicht in diesem Bereich für Gemeinden stellen.

Kritische AnfrageHerausforderung
Predigten und Gemeindeleitung von FrauenNach meinem Bibelverständnis ist sowohl der Lehr- als auch der Leitungsauftrag für die Gesamtgemeinde Männern vorbehalten.Wie kann das Verhältnis von Mann und Frau biblisch und verständlich vermittelt und gelebt werden?
Umgang mit dem Heiligen GeistIn etlichen Predigten, Gebeten und Liedern wird der Heilige Geist direkt angesprochen, was in der Bibel nicht zu beobachten ist.Wie kann die Bedeutung des Heiligen Geistes und seine Aktivität vermittelt werden?
Umgang mit GeldIn den Predigten wird sehr häufig von der finanziellen Unterstützung gesprochen. Natürlich ist es schwer zu beschreiben, ob dies zu häufig ist.Der Finanzbedarf der Gemeinden scheint durch die Anzahl der angestellten Mitarbeiter sowie der Kosten für Räume, Technik und Events relativ hoch zu sein.Wie kann die finanzielle Unterstützung der Gemeinde gut und ausreichend thematisiert werden?
Einfluss der PastorenDie Pastoren scheinen in den Gemeinden einen sehr hohen Einfluss zu haben – sie sind auf jeden Fall in der Außenwahrnehmung sehr präsent. Wie passt das zum Modell gemeinsamer Gemeindeleitung, das in der Bibel beschrieben wird?Wie kann gemeinsame Gemeindeleitung im Sinne biblischer Ältestenschaft gelebt werden?
Wachstumsphilosophie„Wachstum“ ist ein zentrales Thema der Vision. Als Gebetsanliegen und Arbeitsmotivation ist dies sicherlich nicht falsch. Aber für mich besteht schon ein Unterschied darin, ob jemand sagt: „Gott will, dass alle Menschen errettet werden“ oder „Wir wollen eine Kirche, die ständig wächst“.Wie gelingt eine ausgewogene Balance zwischen dem Wunsch nach Wachstum und dem Bewusstsein der Abhängigkeit von Gott?
Inszenierung und ÄsthetisierungUm ansprechende Gottesdienste zu feiern, wird viel Wert gelegt auf eine gute Inszenierung und Ästhetik. Auch das ist sicherlich nicht falsch. Fraglich ist jedoch, wie man verantwortungsbewusst mit dem manipulativen Potential umgeht, dass gerade in der professionellen Nutzung der technischen Möglichkeiten liegt. Auch hier kann ich kein Urteil fällen – nur eine Wahrnehmung spiegeln.Wie sieht eine gewinnende und verantwortungsvolle Inszenierung und Ästhetik aus?
ZielgruppengemeindeDie Gemeinden orientieren sich primär an einem jungen, städtischen Publikum. Eine generationenübergreifende Gemeindekultur gibt es nur eingeschränkt. Viele junge Christen aus den umliegenden Gemeinden wechseln – diese Gemeinden werden geschwächt.Wie kann generationenübergreifende Gemeinde gelebt werden?

Herausforderungen

Moderne Freikirchen suchen Wege, wie Gemeinde verständlich für diese Generation gelebt werden kann. Die Frage, die sich hier für etablierte Gemeinden stellt, lautet, inwieweit sie selber diesem Anspruch gerecht werden und was sie von den neuen Gemeinden lernen können.

Konkret sollten sich Gemeinden mit den folgenden Fragen auseinandersetzen:

  • Wie kann Gemeinde sowohl nah an der Bibel als auch nah am Menschen gelebt werden?
  • Wie können Predigten so gestaltet werden, dass die biblische Botschaft verständlich kommuniziert wird?
  • Wie können Formen gefunden werden, die zu den Menschen in unserer Zeit und dem Umfeld unserer Gemeinde passen?
  • Wie bereiten wir Geschwister darauf vor, sich an einem neuen Wohnort eine neue geistliche Heimat zu suchen?

Schlussbemerkung

Meine Berührungspunkte mit diesen Gemeinden liegen vor allem darin, dass ich ihre Podcasts relativ regelmäßig höre, einige Bücher lese und versuche, mich im Netz auf dem Laufenden zu halten. Außerdem habe ich mich beim Schreiben dieses Artikels mit einigen Freunden unterhalten. Manche von ihnen lassen sich durch ICF & Co. inspirieren. Andere haben eher negative Erfahrungen gemacht und distanzieren sich von diesen Gemeinden. Das ist meine (eingeschränkte) Bewertungsgrundlage.

Ich bin mir bewusst, dass ich mich mit diesem Artikel angreifbar mache. Einigen Lesern werde ich zu kritisch sein, anderen viel zu behutsam. Trotzdem habe ich mich an die Aufgabe gewagt und ich wünsche mir, dass sich der geneigte Leser mit diesen Gemeinden beschäftigt und sich eine eigene Meinung bildet, denn sie haben einen großen Einfluss.

Oliver Last ist Leiter von cj-lernen.de und Jugendreferent der Christlichen Jugendpflege e.V.

https://www.steps-leaders.de/beitrag/icf-hillsong-und-co

GemEINSchaft … L(i)eben

Ich war eine Stunde mit meinem Vater auf seiner Bankfiliale, da er etwas Geld überweisen musste. Ich konnte nicht widerstehen stellt ihm einen Frage:

′′Dad, warum aktivieren wir nicht ein Internet-Banking?′′ 

′′Warum sollte ich das tun?′′ 

Ich fragte ihn zurück:

′′Na dann musst du ja keine Stunde hier verbringen, um Dinge wie eine Überweisung machen. Sie können heute sogar online deine Einkäufe erledigen. Alles ist so  einfach geworden! ′′ 

Ich war so aufgeregt, ihn in die Welt von Net-Banking zu locken.

Er fragte zurück: ′′Wenn ich das mache, muss ich nicht aus dem Haus?”

′′Ja, ja sagte ich, selbst Lebensmittel können jetzt vor deine Tür geliefert werden und Amazon&Co. liefert dir alles ins Haus!

Seine Antwort hat mich platt gemacht.

Er sagte: ′′Seit ich heute diese Bank betrat, habe ich mich nebenbei mit  vier meiner Freunde getroffen, dann habe ich eine Weile mit dem Personal geplaudert, die mich mittlerweile sehr gut kennen.

Weißt du, ich bin allein, darum ist das die Art Bank, die ich brauche.

Ich mache mich hübsch und gehe zu meiner Bank. Ich habe genug Zeit. Es ist einfach die soziale Berührung, nach der ich mich sehne.

Vor zwei Jahren war ich krank. Der Ladenbesitzer von dem ich das Obst kaufe, kam zu mir und saß an meinem Bett und weinte mit mir.

Als deine Mutter vor ein paar Tagen bei ihrem morgendlichen Spaziergang hingefallen ist, hat unser lokaler Lebensmittelhändler  sie gesehen und er hat sofort sein Auto geholt, um sie nach Hause zu bringen. Ich weiß wo und wie ich lebe.

Würde ich diesen sozialen und menschlichen Umgang haben, wenn ich alles würde online machen würde?

Warum sollte ich mir alles liefern lassen wird und warum sollte ich alles mit dem unpersönlichen Computer machen?

Ich mag es, wenn ich die Personen kenne, mit denen ich zu tun habe.

Nur der Umgang  mit Menschen schafft Verbindungen und Beziehungen.

Das kann Amazon nicht.

Technologie hat kein echtes Leben.

Verbringe Zeit mit Menschen, nicht mit Geräten.
Autor unbekannt.