Soll jeder Tag ein Sabbat sein?

„… denn Gott hat uns letztlich nichts für uns selbst gegeben, da wir und alles, was wir haben, ganz und gar ihm gehören. Und alles, was wir haben, ohne dass ein Teil davon für seinen Dienst bestimmt ist, haben wir zu seinem Missfallen. Wenn jemand versucht, diesen Standpunkt zu behaupten und zu beweisen: „Kein Teil unserer Zeit ist für die Anbetung Gottes und seinen Dienst in heiliger und besonderer Weise abgetrennt“, so wird er schnell feststellen, dass er sich in völligen Widerspruch zum Naturgesetz und zum ganzen Licht der Erkenntnis Gottes in seinem Verstand und Gewissen stellt. Diejenigen, die so etwas versucht haben, haben es unter dem trügerischen Vorwand getan, dass alle unsere Zeit Gott gewidmet werden soll und jeder Tag ein Sabbat sein soll. Wenn sie aber trotz dieses Vorwandes den größten Teil ihrer Zeit unmittelbar und sofort für sich selbst und ihre eigenen Anlässe aufwenden, so ist es offensichtlich, dass sie sie nur dazu benutzen, Gott das zu rauben, was ihm unmittelbar und sofort zusteht; denn zur heiligen Absonderung einer Sache für Gott ist es ebenso erforderlich, dass wir sie von uns selbst nehmen, wie dass wir sie ihm geben.“ John Owen über den Sabbat

Heinrich Bullinger, der Zürcher Reformator, über den Sonntag – den christlichen Sabbat (Dekaden II,4):

„Darum hat die alte Kirche den Tag des Sabbats geändert – um nicht den Anschein zu erwecken, sie wäre an das Judentum und seine Zeremonien gebunden- und hat die Versammlungen und die heilige Ruhezeit am ersten Tag nach dem Sabbat gefeiert, den Johannes den Tag des Herrn nennt [vgl. Apg 1,10], zweifellos wegen der wunderbaren Auferstehung des Herrn. Nun ist zwar in den apostolischen Briefen der Tag des Herrn nirgendwo vorgeschrieben; da jedoch in diesem vierten Gebot der ersten Tafel die Verehrung Gottes und die Ausübung des äußeren Gottesdienstes eindringlich geboten werden, wäre es dem christlichen Glauben und der christlichen Liebe zuwider, den Tag des Herrn nicht heiligen zu wollen, zumal der äußere Gottesdienst ohne festgesetzte Zeit und ohne eine heilige Ruhezeit nicht bestehen kann.“

Und wie ist das mit dem Sonntag?

Fragt man, welche Gebote aus dem Alten Testament für Christen heute noch gültig sind, so wird sehr oft geantwortet: die zehn Gebote. Dieser Antwort kann man im Großen und Ganzen zustimmen. Damit stellt sich jedoch die Frage: Wie ist es dann heute mit dem Sabbat?
Nach dem genauen Wortlaut des alttestamentlichen Gebotes geht es tatsächlich nicht um das Halten eines „Feiertages“, sondern konkret um den Sabbat. Dieser Tag wäre bei einem wörtlichen einhalten der Samstag. Darum gibt es auch christliche Gruppierungen, die sich für die Einhaltung des Sabbats einsetzen bzw. diesen halten. Zu Recht?
Die Frage nach dem Sabbat wird umso brisanter, wenn man bedenkt, welchen Stellenwert dieser im Judentum bis heute hat. Jeder Israelreisende, der einen Sabbat in Israel erlebt, wird davon Zeuge.
Einige Überlegungen dazu:
Zunächst können wir davon ausgehen, dass Jesus als Jude den Sabbat hielt und am Gottesdienst in der Synagoge teilnahm (Lk 4,16). Gleichzeitig kam es jedoch relativ häufig zum Konflikt mit Jesus im Blick auf den Sabbat, vor allem weil Jesus am Sabbat auch heilte. Zwei Leitworte von Jesus sind dabei wichtig. Zum einen sagt Jesus:
„Der Menschensohn ist ein Herr über den Sabbat.“ (Mt 12,8). Dies bedeutet: Jesus ist auch in der Auslegung dieses Gebots souveräner Herr.
Zum andern sagt Jesus: „Der Sabbat ist um des Menschen willen geschaffen worden und nicht der Mensch um des Sabbats willen.“ (Mk 2,27).
2. DIE URGEMEINDE UND DER SABBAT
Es ist davon auszugehen, dass die große Mehrheit der ersten Christen, die Juden waren, den Sabbat noch hielten. Außerdem wurde der Sabbat von den Juden in der Zerstreuung gehalten.
Von Paulus wissen wir, dass er auf seinen Missionsreisen häufig am Sabbat in die Synagoge ging, um dort das Evangelium zu verkündigen (Apg 13,1).
Allerdings kristallisiert sich schon sehr schnell für die Gemeinde der erste Tag der Woche als Gottesdiensttag heraus (Apg 20,7; 1Kor 16,2; Offb.1,10). es zeugt von einer großen geistlichen Kraft der ersten Christen, dass der neue Gottesdiensttag nicht länger mehr vom Schöpfungs-Sabbat als siebtem Tag der Woche begründet wurde. Vielmehr ist jetzt der erste Tag der Woche, der Tag der Auferstehung Jesu entscheidend. Diese neue Situation machte es, mit Rücksicht auf die arbeitenden Menschen (Apg 20,7-12) jedoch notwendig, dass die Gottesdienste früh am Morgen oder am Abend gefeiert wurden.
Im Neuen Testament beobachten wir weiter, dass die Apostel das Halten des Sabbats im Sinne der Arbeitsruhe nicht als ein Gebot weitergegeben und den Heidenchristen das Halten des Sabbats nicht auferlegen. Wenn es anders wäre, müsste dies greifbar sein, weil in der Umwelt Israels zwar viele Feste, aber kein Wochen-Ruhetag bekannt war.
Paulus gibt den Grundsatz aus: „Der eine hält einen Tag für höher als den andern; der andere aber hält alle Tage für gleich. ein jeder sei in seiner Meinung gewiss.“ (Röm 16,5; vgl. Kol 2,16).
Damit wird jedoch vom Ursprung her der Sonntag nicht mit dem Sabbat als identisch angesehen. im Vordergrund steht jetzt der Gottesdienst am Auferstehungstag, nicht das Ruhegebot gemäß den zehn Geboten.
Exkurs: Israel als Theokratie
Neben der Begründung des Gottesdiensttages durch die Auferstehung Jesu dürfte noch ein weiterer Aspekt für die urgemeindliche Sabbat-Auslegung eine Rolle spielen. Israel war von der Gründung her eine Theokratie. D.h.: Volk und Religion sind identisch. entsprechend waren die Gebote des Alten Testaments Volksgesetz. Für die Gemeinde Jesu als Minderheit in einer heidnischen Umwelt war die Einhaltung eines solchen Ruhetages nicht zu verwirklichen, vor allem nicht bei den Sklaven.
3. Der Sonntag im Leben der Kirche Bei der Situation der Urgemeinde blieb es zunächst. Die Christen hatten keinen gesetzlich geschützten Ruhetag. Der Gottesdiensttag blieb der erste Tag der Woche. Die entscheidende Wende kam jedoch durch den römischen Kaiser Konstantin im Jahr 321 n.Chr. er verfügte, dass die Sklaven zum Gottesdienstbesuch am Sonntag frei bekommen.
In die gleiche Richtung zielen die Äußerungen von Martin Luther in der Erklärung des Sabbatgebots im Kleinen und Großen Katechismus. Für ihn steht ebenfalls die Möglichkeit zum Gottesdienstbesuch im Mittelpunkt.
Das Ruhegebot ist für ihn irrelevant, da sind Christen frei vom Gebot (so ausführlich im Großen Katechismus).
Im Kleinen Katechismus bezieht sich Luther nur auf den Gottesdienst: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir die Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern dasselbe heilig halten, gerne hören und lernen.“
Durch die Dominanz des Christentums in Deutschland über viele Jahrhunderte hat sich der Schutz des Sonntags in der staatlichen Gesetzgebung niedergeschlagen. Artikel 139 der Weimarer Verfassung wurde ins Grundgesetz übernommen mit folgender Formulierung: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“
4. BEDEUTUNG FÜR HEUTE
Aus meiner Sicht ergeben sich aus dem biblischen und kirchengeschichtlichen Befund folgende Konsequenzen:
1. Das Sabbatgebot wurde schon von den Aposteln und dann in der frühen Kirche nicht mehr im Wortsinn aus dem Alten Testament übernommen. Der Sonntag ist nicht der „christliche Sabbat“.
2. Die Hauptfrage stellt sich nach dem Gebot der Arbeitsruhe. Wenn die Arbeitsruhe nicht konsequent und verbindlich an einen Tag gebunden ist, dann steht jeder einzelne in der Pflicht, sein Leben im Rhythmus von Arbeit und Ruhe entsprechend und verantwortlich zu gestalten.
3. Das Ruhegebot wurde aus dem Alten Testament in einer heidnischen Umgebung nicht zum Gebot erhoben. Allerdings wurde von Anfang an versucht, den Gottesdienst am Auferstehungstag zu ermöglichen. Staatliche Initiativen des Sonntagschutzes waren dabei eine Hilfe.
4. Im Blick auf das Ruhegebot sind Christen auch angesichts der gesellschaftlichen Situation frei. ich würde jedoch nicht im Zeichen dieser Freiheit den Sonntag unterlaufen. Die bestehenden Möglichkeiten des Sonntags geben den Gemeinden große Möglichkeiten, die man nicht selbst gefährden sollte. in einer säkularen Gesellschaft werden christliche Privilegien mehr und mehr in Frage gestellt werden.
5. Ist somit das Sabbatgebot überholt?
es ist nicht überholt, sondern heilsgeschichtlich neu ausgeformt. Es stellt sich vielmehr die Frage, wie die vielen Aspekte, die das Sabbatgebot anspricht in der veränderten Situation heute gelebt werden können. Das Verhältnis von Arbeit und Ruhe ist ein Aspekt. Dabei geht es jedoch nicht nur um die Arbeitsruhe, sondern auch um die Zeit für Gott und die Gemeinde. Das Sabbatgebot hat nach wie vor den wichtigen Impuls, mit der von Gott geschenkten Zeit verantwortlich umzugehen. Der soziale Aspekt tritt hinzu, ebenso die Ablehnung der Vergottung der Arbeit. So spricht das Sabbatgebot Aspekte an, die zu allen Zeiten eine Herausforderung für die Lebensgestaltung sind.
Dr. Hartmut Schmid
https://lgv.org/fileadmin/LGV-Verband/Medien/10gebote/10_Gebote_-_04_Sabbath_heiligen_02_-_Sonntag.pdf

https://lgv.org/fileadmin/LGV-Verband/Medien/10gebote/10_Gebote_-_04_Sabbath_heiligen_01.pdf

Weil Christus Noch Nicht Gekommen War…

„Israel brauchte einen Tabernakel und einen Tempel, weil Gott noch nicht in der Person Jesu Christi gekommen war, um unter uns zu wohnen.
Israel brauchte einen Tabernakel und einen Tempel mit einem Vorhang, der Gott von den Israeliten getrennt hielt, um es zu verdeutlichen, dass Gott noch nicht mit den Menschen wohnen könnte: ein Mittler, der Gottmensch Jesus Christus, musste noch kommen.
Israel brauchte einen Altar, worauf die Opfer der Versöhnung verbrannt wurden, weil Christus noch nicht gekommen war, um seinen Leben als das vollkommene Sühneopfer zu geben.
Israel brauchte eine Bundeslade, um sich an Gottes Herrschaft zu erinnern, weil Christus noch nicht gekommen war, um seine Herrschaft über sein Königreich zu festigen.
Israel brauchte Propheten, Priester und Könige, weil Christus noch nicht gekommen war, als der wahre und letzter Prophet, Priester und König.
Israel brauchte die Gesetze über Krankheit, Behinderung und Unreinheit, weil Christus noch nicht am Kreuz die unendliche Hässlichkeit der geistlichen Krankheit, Behinderung und Unreinheit der Sünde gezeigt hatte.
Israel brauchte die Ritualen der Reinigung, weil der Tod Christi die tiefste Art der Unreinheit und die wirksamste Reinigung noch nicht gezeigt hatte.
Israel brauchte die aus kostbaren Metallien gemachten Werkzeuge und Leuchter des Tempels und die Absonderung der Priester zum Willen Gottes, weil Christus noch nicht gezeigt hatte, dass Er ewiglich kostbar ist, und dass Er von Gott abgesondert wurde, für die Aufgabe, die Gott ihm gegeben hatte.
Israel brauchte sein eigenes Land, weil Christus es noch nicht klar gemacht hatte, dass die ganze Welt Gott gehört, und dass Gottes Volk nicht an einem Land gebunden ist, sondern aus allen Nationen, Völker und Sprachen kommt.
Israel brauchte einen Sabbat, weil Christus es noch nicht klar gemacht hatte, dass Er die beste und vollkommenste Ruhe anbietet, wovon der irdische Sabbattag nur ein Schatten ist.
Israel brauchte ein Passah bis die Ankunft Christi, weil Gottes Volk Gott durch ein Vorbild Christi Person und Werk anbeten sollte.
Ich vermute, wir könnten den ganzen Tag lang so weiter gehen, wenn wir wollten. Eins ist klar. Jede Seite des Alten Testaments spricht von Jesus Christus.“
https://mehrerekanonen.blogspot.com/2012/09/weil-christus-noch-nicht-gekommen-war.html

„Gedenke des Sabbat-Tages“

Das Sabbat-Gebot ist neben dem Bilderverbot das längste Gebot im Dekalog:
V.8 Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligst.
V.9 Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun.
V 10 Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes.
Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in
deiner Stadt lebt.
V 11 Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn.
Aufbau
Eine klare Struktur ist zu erkennen:
V. 8 Gebot
V. 9 – 10 Ausführung
V. 9 positiv: Arbeitsgebot
V. 10 negativ: Arbeitsverbot
V. 11a Schöpfungstheologische Begründung
positiv: Schaffen Gottes
negativ: Ruhe Gottes
V. 11b Segen
Dem einleitenden Gebot entspricht der abschließende Segen als Rahmenworte. Dazwischen wird zuerst die Bedeutung für den Menschen positiv und negativ ausgeführt mit dem Tagesverhältnis sechs zu eins. Dieses wird anschließend genau im gleichen Zahlenverhältnis durch Gottes Handeln in der Schöpfung begründet.
Das Gebot
Es beginnt im Unterschied zu den meisten Geboten nicht mit einem „nicht“, ist also zunächst kein Verbot, sondern ein Gebot. Israel soll sich erinnern. An was? Der Zusammenhang legt den Sabbattag der Schöpfung nahe, den Arbeits- und Ruherhythmus Gottes von sechs zu eins Tagen. Zu denken ist auch an die erste Sabbaterfahrung Israels mit dem Manna (2Mo 16,22-26).
„Sabbat“ bedeutet Ruhe bzw. Arbeitsruhe. Daneben tritt ein weiterer Aspekt, die „Heiligung“. Damit ist der Tag ein besonderer Tag für Gott, denn was heilig ist, steht in einer besonderen Gottesbeziehung.
Das Arbeitsgebot
Die Ausführung beginnt mit einem Gebot: „Sechs Tage arbeite und tue alle deine Werke.“ Damit wird deutlich, dass Arbeit zur Grundexistenz des Menschen gehört. Sie nimmt sogar einen großen Teil seiner Zeit in Anspruch. Aber – wichtig! – die Arbeit wird auf „sechs Tage“ begrenzt.
Unser Verhältnis zur Arbeit schwankt oft zwischen Verdruss und Vergötzung.
Das Arbeitsgebot wehrt beidem. Es begründet einen positiven Arbeitsbezug, wehrt aber dem Exzess. Gott gewährt viel Zeit „für alle deine Werke“, aber Gott will nicht, dass alle unsere Werke alle unsere Zeit brauchen.
Das Arbeitsverbot
Das Arbeitsverbot beginnt nochmals mit einer Begründung: „Der siebte Tag ist Sabbat für den HERRN, deinen Gott.“ Wieder verbindet sich Ruhetag und Gottesbezug. Das Arbeitsverbot entspricht negativ dem Arbeitsgebot „nicht tue alle deine Werke“. Es ist umfassend und gilt in einer in der Zeit des Alten Testamentes stark landwirtschaftlich geprägten Kultur gerade auch für die Feldarbeit (2Mo 34,21).
Auch der Kreis der Betroffenen ist umfassend. Er schließt die Familie, die Angestellten (Knecht und Magd), das Vieh (Arbeitsgerät) und sogar den Fremdling ein. Der Sabbat schenkt eine Gleichheit bei sonstiger Verschiedenheit. Herr und Knecht werden gleich im Blick auf die Ruhe und vor Gott. Offen bleibt, wie der Doppelaspekt von Ruhe und Heiligung damals gestaltet wurde.
DieBegründung
Die Begründung ist keine soziale oder anthropologische, sondern eine theologische. Sie orientiert sich am Schöpfungshandeln Gottes. Gott hat nach dem biblischen Bericht in den sechs Schöpfungstagen alles geschaffen und vollendet. Der göttliche Arbeits- und Ruherhythmus ist Vorbild für den menschlichen Rhythmus – für Arbeit und für Ruhe.
Der Segen
Der Tag, an dem der Mensch nichts tut, ist gesegnet. Warum? Weil der Mensch sich auf den besinnt, der den Segen gibt. Wenn der Mensch nicht innehält und an den Segnenden denkt, vergisst er, wem er den Segen verdankt und verliert damit letztlich den Segen. Die Begrenzung der Arbeit soll dem Menschen bewusst machen, dass er abhängig ist von Gott, der die Arbeit segnet.
Dr. Hartmut Schmid
https://lgv.org/fileadmin/LGV-Verband/Medien/10gebote/10_Gebote_-_04_Sabbath_heiligen_01.pdf
https://lgv.org/unsere-publikationen/zehn-gebote

https://bibelkreismuenchende.wordpress.com/2023/07/21/kein-missbrauch-des-namens-gottes/
https://bibelkreismuenchende.wordpress.com/2023/06/05/du-sollst-dir-kein-bildnis-machen/
https://bibelkreismuenchende.wordpress.com/2023/05/18/was-gott-will-die-alleinverehrung/






Gedanken zum Sabbat (von Erich Fromm)

Um die Rolle des Sabbats zu verstehen, müssen wir zum Kern dieser Institution vordringen. Es handelt sich nicht um Ruhe per se in dem Sinne, daß man jegliche physische oder geistige Anstrengung meidet; es geht um Ruhe im Sinne der Wiederherstellung vollständiger Harmonie zwischen den Menschen und zwischen Mensch und Natur. Nichts darf zerstört und nichts aufgebaut werden; der Sabbat ist ein Tag des Waffenstillstandes im Kampf des Menschen mit der Natur. Sogar das Abreißen eines Grashalms wird ebenso als eine Verletzung dieser Harmonie angesehen wie das Entzünden eines Streichholzes. Auch keine gesellschaftlichen Veränderungen dürfen vorgenommen werden. Das ist der Grund, warum es verboten ist, etwas auf der Straße zu tragen, selbst wenn es so wenig wiegt wie ein Taschentuch, während es erlaubt ist, im eigenen Garten eine schwere Last zu tragen. Nicht das Tragen als solches ist verboten, sondern der Transport eines Objekts von einem privaten Grundstück zu einem anderen, da es sich bei einem solchen Transfer ursprünglich um die Veränderung von Eigentumsverhältnissen handelte. Am Sabbat lebt der Mensch als hätte er nichts, als verfolge er kein Ziel außer zu sein, d. h. seine essentiellen Kräfte auszuüben – beten, studieren, essen, trinken, singen, lieben. (E.Fromm, Haben oder Sein, S.57)